Protocol of the Session on May 24, 2018

(Zuruf)

- Nicht zulässig. Es hat also keinen Zweck, eine solche Regelung irgendwo zu fordern und sie aufzunehmen, weil wir damit an den beiden medizinischen Fakultäten einer Situation Vorschub leisten würden, vor der uns vor allen Dingen die dortigen Dekanate warnen. Die haben bereits, lieber Herr Siegmund, 500 Zulassungsklagen pro Jahr in jeder dieser beiden Fakultäten wegen Unsicherheiten im Vergabeverfahren. Das ist ein Problem, das wir bundesweit kennen.

Wenn wir versuchen, eine Klausel wie die Landeskinderklausel festzuschreiben, bei der wir schon wissen, dass sie evident rechtswidrig ist, dann potenzieren wir diese Klagemöglichkeiten.

(Zustimmung bei der SPD und von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Das mit den Landeskindern hört sich immer gut an. Ich freue mich auch, wenn junge Menschen aus Sachsen-Anhalt in Sachsen-Anhalt arbeiten. Sie müssen dafür nicht zwangsläufig hier ausgebildet werden. Aber wir bekommen hier nichts eingeführt, was von Anfang an rechtswidrig ist. Deshalb haben Sie bitte Verständnis dafür, wenn ich da etwas zurückhaltender bin.

Dann: Was wir dringend brauchen, ist eine Landarztquote. Da bin ich ganz bei Ihnen, übrigens auch bei allen anderen, die das gefordert haben: Denn wir sind davon überzeugt, dass man durch vernünftige Zugangsregelungen mit einer entsprechenden vertraglichen Verabredung, dass nach der Ausbildung im Lande auch eine Tätigkeit als Landarzt im Lande angestrebt wird, tatsächlich einiges steuern kann.

Allein, wir haben nur noch etwa 5 % der Studienplätze zur Verfügung, die wir für so ein Verfahren nutzen könnten. Das heißt, wir wären in der Lage, etwa 22 Plätze mit einer Landarztquote zu vergeben. Da sind wir auf einem Weg, übrigens zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Das wollen wir ähnlich der Vergabe von Studienplätzen bei der Bundeswehr bei den Sanitätsoffizieren machen. Ich glaube, das ist etwas, womit wir ein ganzes Stück weiterkommen.

Nicht ganz aktuell ist Ihr Sachstand in Bezug auf die „Klasse Allgemeinmedizin“. Ganz richtig, wir haben sie erfolgreich in Halle eingerichtet. Sie ist aber inzwischen auch durch eine verstärkte allgemeinmedizinische Ausbildung an der Uniklinik in Magdeburg Realität. Und wir sind gerade in Verhandlungen darüber, dass die Allgemeinmedizin dort noch weiter gestärkt wird.

Das gilt übrigens auch für die sogenannte Allianz für Allgemeinmedizin, die im Jahr 2015 auf Initiative des Sozialministeriums eingerichtet wurde und in der sich die entsprechenden Körperschaften zusammenschließen, um die Frage von Hausärztinnen und Hausärzten insbesondere im ländlichen Raum befriedigend zu lösen.

Ein letzter Punkt aus Ihrem Antrag, nämlich Punkt 2, die ausländischen Ärzte. Meine Damen und Herren! Bei so einer Formulierung stolpere ich,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

weil ich nicht ganz sicher bin, was Sie meinen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wer ist denn eigentlich „der ausländische Arzt“? Ist es der im Ausland ausgebildete Arzt, also auch ein Magdeburger, der in Ungarn und Amerika studiert hat, oder der ausländische Mitbürger, der in Halle und Magdeburg ausgebildet wurde? Oder sind es eben nur Ausländer, die im Ausland Medizin studiert haben? - Kurzum: Das Ganze ist schon etwas schlankweg formuliert, aber nicht sehr differenziert.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Völlig richtig ist der Fakt, wir haben in SachsenAnhalt 13 % ausländische Ärzte, also Ärzte aus dem Ausland. Sie leisten einen erheblichen Beitrag zur medizinischen Versorgung.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ohne sie gäbe es Engpässe, ambulant wie stationär. Die Anwerbung ausländischer Ärzte ist selbstverständlich keine generelle langfristige Lösung für den Fachkräftemangel in der Medizin. Aber sie ist ein Baustein zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im Land, auch im Land Sachsen-Anhalt.

Und nun, wie man es auch dreht und wendet, der Antrag der AfD ist nicht geeignet, um diese evidenten Probleme, die wir haben, wirksam zu bekämpfen. Das Ziel ist richtig. Die geforderten Maßnahmen sind aber entweder ungeeignet, rechtlich nicht umsetzbar, kaum finanzierbar oder es gibt sie bereits. Daher kann man ihn eigentlich nur ablehnen. - Vielen Dank.

Es gibt zwei Nachfrager, einmal Herr Raue und der Abg. Herr Gürth. - Herr Raue, bitte.

Herr Willingmann, wenn unser Antrag ja so wenig geeignet ist, welche Maßnahmen sind denn geeignet, um das Problem zu beheben?

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Es ist nun Ihre Aufgabe, dieses Problem nicht nur zu analysieren - das haben Sie ja gemacht -, sondern es auch zu lösen.

Das Zweite ist: Sie sprechen an, dass das verfassungsmäßig mindestens fragwürdig ist, ja. Aber Sie sind ja nicht nur Regierungspartei in SachsenAnhalt, in unserem schönen Land, sondern auch auf Bundesebene. Das heißt, Sie haben auch auf Bundesebene die Möglichkeit, das Verfassungs

recht so zu ändern oder zumindest die Bundesregierung darum zu bitten,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Die Bundes- regierung ist für Verfassungsänderungen nicht zuständig!)

und wahrscheinlich wird es anderen Bundesländern nicht anders gehen. Sie haben auch die Möglichkeit, das Verfassungsrecht zu ändern. Ich frage Sie jetzt: Werden Sie sich denn in dieser Beziehung einsetzen und halten Sie das dann für eine vernünftige Lösung?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Ich fange mal mit der zweiten Frage an. Wir müssten verfassungsrechtlich unter anderem den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz ändern, den wir an anderer Stelle sehr dringend brauchen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Ich halte das also für keine sehr sinnvolle Lösung. Und, Herr Raue, die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Thema im Jahr 1972 entschieden hat und seitdem keine andere Entscheidung gefällt wurde bzw. das Problem auch in diese Richtung nicht mehr weiter verfolgt wurde, spricht sehr dafür, dass diese Entscheidung dauerhaften Bestand hat, jedenfalls dann, wenn wir uns an unsere Verfassung und an das Grundgesetz halten.

Zu dem anderen: Sie haben völlig recht, ich würde Ihnen gern jetzt eine halbe Stunde lang erklären, welche Maßnahmen wir schon ergreifen. Das sollten wir aber sinnvollerweise im Wissenschaftsausschuss tun.

(Beifall bei der SPD)

Ein Stück weit habe ich es angedeutet. Wir werden bei der Landarztquote weiter arbeiten. Sie haben von mir an anderer Stelle schon öffentliche Äußerungen gehört, dass wir die Zulassung zum Medizinstudium insbesondere unter Berücksichtigung von Praxiselementen und Praxiserfahrungen der Bewerber anders steuern wollen.

Da bringen wir uns auch auf Bundesebene ein, weil das Bundesverfassungsgericht im letzten Herbst gesagt hat, wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen nicht einfach nur durch ein gutes Abitur und langes Warten einen Studienplatz bekommen, sondern beispielsweise auch dann, wenn sie schon als Sanitäter oder Sanitäterin oder wenn sie als Krankenpfleger oder als Kran

kenschwester ausgebildet wurden. Das sind solche Maßnahmen, mit denen man das machen kann. Das können wir auch bereits innerhalb des nächsten Jahres angehen.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Abg. Gürth, Sie haben jetzt die Möglichkeit, Ihre Fragen zu stellen. Bitte.

Sehr geehrter Minister, jetzt sind Sie doch teilweise auf das eingegangen, wozu ich fragen wollte. Da werde ich es einmal so formulieren: Haben wir da nicht noch eine erhebliche Anzahl an potenziellen Medizinern, also Ärzten und Fachärzten, die wir mehr haben könnten, wenn die Hochschulen vielleicht schon jetzt etwas großzügiger von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, jungen Leuten, die den NC nicht schaffen, dennoch eine Chance zu geben?

Ich habe eine Reihe von Beispielen, bei denen junge Leute dann eben eine Sanitätsausbildung machen. Sie haben ein hervorragendes Abitur, aber knapp den NC nicht geschafft. Reiche Eltern schicken die dann nach Bratislava und sie machen dort ein Jahr lang ein Privatstudium oder so etwas oder nehmen andere Umwege, die für die Gewinnung von Medizinern im Land nicht immer förderlich sind.

Müsste man und könnten wir da nicht jetzt schon sozusagen die Hochschulen ermuntern, etwas großzügiger die Zulassung zu ermöglichen, wenn die sonstige Eignung wie die Persönlichkeit und die Vorbildung dafür sprechen? - Ich habe das Gefühl, das Potenzial dafür ist in Halle und in Magdeburg nicht ausgeschöpft.

Herr Minister, bitte.

Herr Abg. Gürth, Sie sprechen einen wichtigen Punkt an. Ich kann Ihnen sagen, ich habe im Monat sicherlich drei bis vier Gespräche dieser Art mit Verbandsfunktionären aus der Ärzteschaft und auch mit Medizinern, die praktizieren und die dieses Thema immer wieder ansprechen.

Unser Dilemma: Jegliche Unsicherheit, die wir ins Vergabeverfahren für Medizinstudienplätze hier im Lande hineinbringen, erhöht nicht die Chancen für junge Menschen, die möglicherweise den Numerus Clausus nicht geschafft haben,

sondern sie erhöht einfach nur die Klagemöglichkeit für Menschen, die sich aus unterschiedlichen Orten dann

(Siegfried Borgwardt, CDU: Arbeitsbeschaf- fungsprogramm für klagewillige Anwälte!)

hier in Magdeburg und in Halle bewerben werden, um dadurch leichter an einen Studienplatz zu kommen. Deshalb - darauf habe ich an verschiedenen Stellen schon hingewiesen - brauchen wir absolute Rechtssicherheit. Es muss so nachvollziehbar wie möglich sein und es muss deutlich werden, dass die Kriterien, die wir anlegen, auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Ansonsten schicken wir die beiden Universitäten in Dauerklagen. Herr Borgwardt hat es gerade gesagt, wir organisierten ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für klagewillige Anwälte, die diese jungen Menschen begleiten. Und die gibt es jetzt schon.

Also: An dieser Stelle haben wir zwar Potenzial, aber wir brauchen vor allen Dingen Rechtssicherheit. Bitte verstehen Sie mich; die beiden Fakultäten sind sehr daran interessiert, dass wir diese Verfahren eröffnen, aber sie sind nicht daran interessiert, dass wir sie in rechtliche Unsicherheit stürzen, und davor sollten wir sie auch bewahren.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt keine weiteren Anfragen. - Wir steigen nunmehr in die Fünfminutendebatte der Fraktionen ein. Der erste Debattenredner wird für die CDU-Fraktion der Abg. Herr Philipp sein. Sie haben das Wort, Herr Abg. Philipp.