Protocol of the Session on March 9, 2018

Der Bundestag hat im Januar 2017 ein rechtsgültiges Gesetz zur regulären Abgabe von Cannabis als Medizin beschlossen. Wir wissen aber auch, dass Cannabis nach wie vor die am häufigsten konsumierte und illegal gehandelte Droge ist. Viele illegale Plantagen, die ausgehoben werden, zeugen davon. Es gibt immer wieder Menschen, die meinen mit der Zucht von Cannabispflanzen Geschäfte machen zu müssen. Ich glaube nicht, Herr Kollege Striegel, dass wir dieses Problem der Illegalität damit lösen, dass wir zu einer Entkriminalisierung ohne Grenzen kommen.

Der Konsum von Cannabis birgt gesundheitliche Risiken, wie die Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten, insbesondere nachgewiesen für psy

chische Erkrankungen, wie Depressionen, Psychosen, Angststörungen, sowie ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial.

Dennoch, glaube ich, ist es an der Zeit, darüber nachzudenken und darüber zu diskutieren, ob es eine Entkriminalisierung geben kann, ohne die Gefahren zu kennen. Aber ich glaube, an dieser Stelle muss man mit Blick auf die Grenzen der Diskussion sehr genau unterscheiden.

Eine vollständige Legalisierung von Cannabis würde nach jüngsten Studien nur geringe Auswirkungen auf die Reduzierung der organisierten Rauschgiftkriminalität haben, da kriminelle Gruppierungen oftmals mit mehreren oder ganz anderen illegalen Substanzen handeln und dies nur verlagert werden würde.

Zu der Frage, ob der Konsum von Cannabis mit einem kontrollierten legalen Markt und einer legalen Abgabe beseitigt werden kann, gibt es in der Tat unterschiedliche Auffassungen. Daher wird es spannend werden, in den Ausschüssen darüber zu reden.

Richtig ist, dass es bei dem Thema Prohibition und Repression sehr unterschiedliche Beurteilungen gibt. Dies bedeutet aber nicht, dass der Besitz und der Konsum von Cannabis völlig legalisiert werden sollten.

Es ist die Rede von Modellprojekten. Aber auch Modellprojekte brauchen eine gesetzliche Grundlage, die ich im Moment so nicht sehe, weil einige andere Gesetze, wie das Betäubungsmittelgesetz, dagegen sprechen.

Im Straßenverkehr sollte weiterhin ein absolutes Drogenverbot gelten, da die Dosis des konsumierten Stoffes und weiterer Inhaltsstoffe nicht eingeschätzt werden kann. Diesbezüglich steht die Sicherheit an erster Stelle.

Meine Damen und Herren! Vielmehr sollte es uns darum gehen, weiterhin auf die Gefahren des Konsums von legalen und illegalen Drogen aufmerksam zu machen. Das gilt insbesondere für junge Menschen.

Daher freue ich mich darüber, dass wir diese Diskussion in den Ausschüssen für Arbeit, Soziales und Integration sowie für Inneres und Sport - die Frage der Federführung ist schon angesprochen worden - fortsetzen werden. Dieses Thema wird zu gegebener Zeit nach ausgiebigen Diskussionen im Ausschuss im Plenum wieder aufgerufen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Steppuhn, Herr Striegel hat eine Frage.

Herr Steppuhn, ich will Sie nicht aufs Glatteis führen. Mich interessiert nicht die genaue Zahl. Aber ist Ihnen bekannt, wie viele Hospitalisierungen es in Sachsen-Anhalt pro Jahr aufgrund der Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit wegen Cannabis und wie viele es wegen Alkohols gegeben hat? Bitte nennen Sie einen Faktor bzw. sagen Sie, wie hoch die Schwelle bzw. das Verhältnis zueinander ist.

Das kann ich Ihnen nicht sagen, Herr Kollege Striegel. Aber wir werden dieser Frage nachgehen und im Ausschuss darüber diskutieren. - Danke schön.

Ich will die Frage in Vorbereitung auf die Ausschusssitzung bereits jetzt beantworten. Es gibt in Sachsen-Anhalt im Jahr ca. 60 Hospitalisierungen aufgrund der Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit in Folge von Cannabiskonsum. Die Zahl der Hospitalisierungen wegen Alkoholmissbrauchs, also wegen des problematischen Konsums von Alkohol, liegt um den Faktor 70 höher; es sind 4 125 Hospitalisierungen.

Ich glaube, das beschreibt ein Stück weit das Problem. Wir müssen uns um die Frage legal bzw. illegal auch unter dem Aspekt Gedanken machen, was gefährlicher ist. Mir scheint, an dieser Stelle gehört Alkohol stärker in den Blick als Cannabis.

Das mag sicherlich so sein, Kollege Striegel. Allerdings ist es für die Diskussion nicht hilfreich, wenn wir Drogen miteinander vergleichen oder Alkohol mit Drogen vergleichen; denn alle Drogen bergen Gefahren und haben gesundheitsschädigende Auswirkungen. Deshalb muss man sich die Bereiche einzeln anschauen, was im Sozialausschuss und im Innenausschuss geschehen wird. Wir werden diese Diskussion, glaube ich, wie in der letzten Legislaturperiode sehr ausgiebig führen.

(Zustimmung bei der SPD)

Zum Abschluss der Debatte spricht die Abg. Frau Quade noch einmal für die einbringende Fraktion.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Herr Gürth, Sie scheinen von der Frage tatsächlich sehr angetrieben zu sein. Fahren Sie einfach einmal nach

Amsterdam und machen sich ein schönes Wochenende. Dort finden Sie Antworten auf die Fragen, die Sie gestellt haben.

Menschen, die in Amsterdam, wo der Cannabiskonsum legalisiert ist, Coffeeshops oder Hanffachgeschäfte betreiben, können Ihnen Antworten auf Ihre Fragen geben, beispielsweise auf die Frage, wie viel Wirkstoff darin enthalten ist, wie es wahrscheinlich wirken wird und was Leute berichten, die es probiert haben. Das ist ein Argument dafür, Cannabiskonsum zu legalisieren.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren! Ich freue mich auf die Debatte in den Ausschüssen, und ich freue mich, dass sie zustande kommt. Die bisherige Debatte zeigt, dass sie notwendig ist.

Herr Krull, Herr Steppuhn, ein wenig betrifft dies auch Ihre Rede. Wir sind uns darin einig, dass Legalität nicht das Kriterium ist, an dem man Gefährlichkeit festmachen kann. Sie sagen, das heißt nicht, dass man sagen kann, weil Alkohol erlaubt ist, kann man Cannabis, was auch gefährlich ist, legalisieren. Sind Sie dann für ein Verbot von Alkohol? - Das wäre doch dann konsequent. Das ist eine nicht nachzuvollziehende Irrationalität in den Debatten um den Drogengebrauch.

Es geht nicht darum zu sagen, das sind die guten Drogen und das sind die schlechten Drogen. Es geht nicht darum, Drogengebrauch quantitativ zu vergrößern. Es geht nicht darum, zu sagen, Cannabis ist komplett harmlos. Alles hat seine Risiken, das haben Sie gesagt, Herr Steppuhn. Es ist aber absolut nicht nachvollziehbar, warum ein Gesetzgeber sagt, das eine ist erlaubt, das andere aber nicht, obwohl die Risiken so klar zu bewerten sind. Das ist der Punkt, auf den wir abzielen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu den Ausführungen der Landsregierung. Frau Ministerin, die Aussage - das muss ich Ihnen ehrlich sagen -, dass Cannabis nicht legalisiert werden kann, weil es verboten ist, ist wirklich eine dünne Argumentation, insbesondere mit Blick auf Ihre Rolle als Gesundheitsministerin. Ich finde, an dieser Stelle muss sich eine Landesregierung besser aufstellen. Ich hoffe, dass es in der Ausschussberatung die Bereitschaft gibt, sich dies anzuschauen und sich davon überzeugen zu lassen.

Sie stellen darauf ab, dass es für den Bereich Medizin, in dem es wichtige Erkenntnisse gab, bereits geregelt worden ist. Schauen wir uns die Realität an. Seit März des letzten Jahres, also seit genau einem Jahr, gibt es in der Tat eine Änderung in diesem Bereich.

Die Umsetzung der teilweisen Freigabe von Cannabis als Medikament durch die Änderung des BtMG ist in der Praxis für viele unbefriedigend. Wenn man sich die Einzelfälle der Konsumierenden, nunmehr legalisiert Konsumierenden anschaut, dann gibt es sogar Verschlechterungen. Beispielsweise müssen sich Patienten, die vorher eine Ausnahmegenehmigung hatten, nun mit einem anderen Medikament substituieren lassen, das den Zustand deutlich verschlechtert.

Wir haben nach vor das Problem, dass viele Ärzte nicht oder nur unzureichend informiert sind, dass es Lieferengpässe bei den Apotheken gibt, überhöhte Preise und zu eng gefasste Regeln. Das ist ein Punkt, bei dem man sagen kann, es ist eben noch lange nicht so, dass Cannabis als Medikament ohne Einschränkung wirken kann. Das kann man tatsächlich nur mit einer vollständigen Legalisierung erreichen.

Herr Dr. Tillschneider, um Ihnen einmal annährend auf der Ebene zu begegnen, auf der Sie mir begegnen: Was Sie nehmen, frage ich mich auch oft. Das ist keine Frage.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass die deutsche Jugend lieber mit Pervitin angezüchtet werden soll, ist schon klar. Dies ist schließlich eine deutsche Tradition. Wenn man sich den Blick auf die Tradition, auf die Sie abstellen, erschließt, dann ist es schon bemerkenswert, dass Sie die wirklich lange Kulturgeschichte des Hanfanbaus und -konsums auch in Deutschland komplett aus Ihren Darstellungen ausklammern. Von der Leistungsfähigkeit, insbesondere in Bezug auf die kognitiven Fähigkeiten, die Sie so beschwören, überzeugt mich das nun wirklich nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Schmidt, haben Sie eine Frage oder möchten Sie intervenieren?

Ich habe eine Frage.

Wollen Sie die Frage beantworten, Frau Quade?

Dann sind wir am Ende der Debatte angelangt. Wir können nunmehr in das Abstimmungsverfahren einsteigen.

Ich habe gehört, dass der Antrag überwiesen werden soll. Mir müsste noch einmal gesagt werden, in welchen Ausschuss der Antrag überwiesen werden soll. Ich gehe davon, dass er in den Sozialausschuss überwiesen werden soll.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Federführend! Sozialausschuss federführend, Innenaus- schuss mitberatend!)

Der Antrag soll zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss überwiesen werden. Gibt es alternative Vorschläge? - Nein. Dann lasse ich darüber abstimmen.

Wer dafür ist, den Antrag in der Drs. 7/2517 zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überwiesen, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das ist die AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist der Antrag in die genannten Ausschüsse überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 5 beendet.

Wir kommen zu dem letzten Punkt unseres Prioritätenblocks vor der Mittagspause.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 6

Erste Beratung

Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/2402