Wie mein Kollege Ströbele schon im Bundestag ausführte, wird der Träger einer elektronischen Fußfessel doch überhaupt nicht daran gehindert, zu laufen, sich irgendwo hinzubegeben, in einen Lastwagen oder - wie in diesem Fall - in ein Flugzeug zu steigen oder gar zu morden. Die Fußfessel setzt, wie auch ein israelischer Hersteller solcher Geräte bemerkt, zwingend die Kooperation des sie Tragenden voraus; denn die Fußfessel selbst ist nur ein Band mit Sender, der ein Signal an eine Station abgibt, wenn die Person einen bestimmten Bereich betritt, der Sender sich außerhalb der Reichweite dieser Station befindet oder man sich an dem Sender in irgendeiner Form zu schaffen macht.
Das eigentliche Problem ist doch: Wie sollen insbesondere in Städten alle Bereiche festgelegt werden, denen sich eine überwachte Person nicht nähern darf? - Dann müssten überall potenzielle Anschlagziele, das heißt Kaufhäuser, Restaurants, Flughäfen oder Bahnhöfe, an denen Menschen zusammenkommen, in mögliche Aufenthalts- und Näherungsverbote einbezogen werden. Wie sollen all diese Bereiche mit einem Verbot versehen, die daraus folgenden, damit zahlreich einhergehenden Verstöße, obwohl es doch in den meisten Fällen vermutlich nicht mal vorsätzlich vorkommt, verfolgt oder gar geahndet werden?
Ein zu allem entschlossener Terrorist wird jederzeit auf andere Ziele ausweichen, wie schon Prof. Dr. Jörg Kinzig, der eine umfassende Studie zur
elektronischen Aufenthaltsüberwachung angestellt hat, in der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages ausführte.
Ebenso unwahrscheinlich erscheint es, dass ein terroristischer Gefährder, der möglichst eine Vielzahl von Menschen verletzen oder töten will und gerade die öffentliche Aufmerksamkeit sucht, die Entdeckung aufgrund der Überwachung durch die Fußfessel fürchtet und sich deshalb von der Begehung von Straftaten abhalten lassen wird.
Dennoch führt Sachsen-Anhalt die Fußfessel ein. Wir GRÜNE tun das mit. Wir tun dies trotz erklärter Skepsis und mit der Maßgabe, dass wir dieses Instrument - darin sind wir uns auch mit dem Innenminister einig - einem tatsächlichen Praxistest unterwerfen wollen.
Wir haben uns dafür eingesetzt, die Einführung der elektronischen Fußfessel hart zu befristen, sodass die gesetzliche Befugnis nach drei Jahren auslaufen wird. In dieser Zeit kann die Fußfessel ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen; das ist die Hoffnung der Befürworter. Ich fürchte, sie wird diese Tauglichkeitserwartung nicht einlösen können, sie wird nicht erbringen, was die Befürworter erhoffen. Wir werden den Praxistest ermöglichen. Dann lässt sich auch solide absehen, ob die Fußfessel unter den konkreten Gegebenheiten, die wir in Sachsen-Anhalt haben, ein geeignetes Instrument ist.
Wir meinen, es gibt ganz andere und viel besser geeignete Möglichkeiten, für Sicherheit im Land zu sorgen. Daran arbeitet diese Koalition ganz engagiert, CDU, SPD und GRÜNE gemeinsam. Das sind gut ausgestattete, vernetzt arbeitende Polizei- und Sicherheitsbehörden. Die können mehr für die innere Sicherheit erreichen, als es die elektronische Fußfessel je kann. Daran und an einem weiterhin starken Grundrechtsschutz werden wir GRÜNE in Sachsen-Anhalt weiter arbeiten. Daran lassen wir uns messen. - Herzlichen Dank.
Danke. Ich sehe keine Fragen an den Redner. - Zum Abschluss der Debatte spricht für die CDUFraktion der Abg. Herr Schulenburg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Uns liegt zur ersten Beratung der Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Polizei und Sicherheitsbehörden sind im Rahmen der Gefahrenabwehr gesetzlich verpflichtet, das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Freiheit des Einzelnen zu schützen, den Einzelnen also auch
vor rechtswidrigen Eingriffen anderer zu bewahren. Dieser Schutzauftrag des Staates hat Verfassungsrang.
In Zeiten des islamistisch motivierten Terrorismus stehen die Sicherheitsbehörden damit vor einer der größten Herausforderungen. Wir müssen die Polizei modern aufstellen; dazu gehören auch neue technische Einsatzmittel wie die elektronische Fußfessel.
Immer wieder gibt es traurige Beispiele von Anschlägen in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt. Terrorismus zielt darauf ab, Angst und Schrecken zu verbreiten, und beeinträchtigt unser Sicherheitsempfinden nachhaltig. Um die Sicherheit und Ordnung für unsere Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, müssen wir tätig werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen daher die Befugnisse der Polizei erweitert werden.
Das Instrument der Meldeauflage ist bereits nach jetziger Gesetzeslage möglich. Da es sich hierbei um eine polizeiliche Standardmaßnahme handelt, die insbesondere im Zusammenhang mit Hochrisikospielen bei Hooligans oder bei potenziellen linken und rechten Straftätern im Rahmen von Versammlungslagen angewendet wird, ist es nur sachgerecht, eine ausdrückliche Regelung in das Gesetz aufzunehmen.
Die vorgesehenen Neuregelungen zur Aufenthaltsanordnung und zum Kontaktverbot sollen die bisher bestehenden Möglichkeiten der Erteilung eines Platzverweises ergänzen. Das bedeutet, dass das LKA, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person mit konkreter Wahrscheinlichkeit eine terroristische Straftat begehen wird, anordnen kann, dass sich diese Person von einem bestimmten Ort nicht entfernen darf, einen bestimmten Ort nicht aufsuchen darf und/oder zu bestimmten Personen keinen Kontakt aufnehmen darf. Natürlich wird eine solche Anordnung immer unter den Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit ergehen.
Um das Einhalten dieser Aufenthaltsver- oder -gebote zu kontrollieren, soll das Landeskriminalamt zudem die Befugnis erhalten, das Tragen sogenannter elektronischer Fußfesseln auf entsprechende richterliche Anordnung hin anzuweisen.
Die elektronische Fußfessel hat sich bei Sexualstraftätern bewährt. Wir erweitern dieses Einsatzmittel auf Gefährder und erleichtern dadurch die Aufklärung von Straftaten und die Fahndung nach Tatverdächtigen.
Es ist immer gut, für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Agieren ist besser als reagieren. Wir schaffen die Befugnisse, die die Polizei benötigt.
Danke, Herr Schulenburg. Auch hierzu sehe ich keine Nachfragen. - Deswegen können wir jetzt zur Abstimmung übergehen.
Es ist eine Überweisung beantragt worden, wie eben gehört, zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen. Alternativen gibt es dazu nicht, wie ich sehe.
Dann können wir darüber abstimmen. Wer die Drs. 7/2402 in die beiden genannten Ausschüsse überweisen will, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das ist das gesamte Haus. Ich frage trotzdem nach Gegenstimmen. - Keine. Gibt es Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden.
Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 6 beendet und sind in der Lage, in die Mittagspause einzusteigen. Sie dauert, wie immer, 60 Minuten. Das bedeutet, wir setzen die Sitzung um 13:45 Uhr fort. - Danke.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt ist seit seiner Wiedergründung zweifellos ein etabliertes Musikland. Das hat historische Ursachen, hängt viel mit Händel, Telemann, Bach,
aber auch regionalen Musikgrößen wie Fasch oder Schütz zusammen. Wir haben es geschafft, was das kulturelle Erbe betrifft, viele erfolgreiche Musikfestivals zu installieren, die auch über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus wirken.
Was nicht so im Fokus steht, ist zeitgenössische Musik heute noch lebender Künstlerinnen und Künstler, Komponistinnen und Komponisten, deren Werke auch zu Gehör gebracht werden sollten. Das Land Sachsen-Anhalt hat sich schon vor vielen Jahren darüber Gedanken gemacht, wie man für die zeitgenössische Musik ein ähnliches Festival, einen ähnlichen Rahmen finden kann, in dem diese würdig präsentiert werden kann.
So entstand im Jahr 2008, nachdem es viele kleinere Festivals gab, das Impuls-Festival als Plattform für neue Musik mit der Idee, neue Musik in den Orchestern zu verankern und hiermit möglichst auch ein breites Publikumsspektrum aller möglichen Altersklassen anzusprechen.
Um diesen Auftrag umzusetzen, verband das Impuls-Festival Praxis und Förderung durch zwei grundsätzliche Bausteine: erstens die ImpulsKonzerte in einem Netzwerk mit Theatern und Orchestern des Landes und zweitens die ImpulsNachwuchsförderung, die bei den Masterclasses in Dessau angesiedelt ist.
Es ist gelungen, mit Herrn Rotman einen renommierten Intendanten zu gewinnen, der seitdem dieses Festival sehr erfolgreich leitet.
Mit dem einzigartigen Netzwerk für neue Musik aus allen Kulturorchestern des Landes ist Impuls mittlerweile Bestandteil der festen Abo-Reihen der Orchester in Magdeburg, Halle, Dessau, Wernigerode und Halberstadt. Kein anderes Bundesland verfügt über eine derartige Zusammenarbeit für neue Musik. Mit diesem Netzwerk verfügt Sachsen-Anhalt über ein Alleinstellungsmerkmal, das die Ressourcen des Landes, nämlich die regionalen Orchester, im besten Sinne für neue Musik nutzt und ausschöpft. Die Kulturpolitik kann stolz sein, dass wir uns hierbei so um die Nachwuchsförderung gekümmert haben.
Die Zuschauerzahlen haben sich seit 2008 vervierfacht, auf ca. 9 000 Besucher in 25 Veranstaltungen. Das war im Jahr 2015. Das entspricht durchschnittlich 360 Zuschauern pro Veranstaltung. Ich denke, auch das ist eine Zahl, die sich für diese Sparte sehen lassen kann.
Für Konzerte mit neuer Musik ist das - vor allem weil die Konzerte außerhalb von Großstädten stattfinden - ein außergewöhnliches Ergebnis. Die Festivals waren in insgesamt 18 Städten mit Kon
zerten und Veranstaltungen präsent, unter anderem in Blankenburg, Dessau-Roßlau, Halberstadt, Halle, Köthen, Magdeburg, Quedlinburg, Eisleben, Querfurt, Schulpforta, Stendal, Schönebeck, Weferlingen usw.
Dem entgegen steht aber die Absenkung von Fördermitteln des Landes; denn von 2008 an sank der Zuschuss des Landes von seinerzeit 250 000 € auf 150 000 €. Dennoch konnten bis 2017 die Einnahmen und die Akquise von Drittmitteln um das Dreifache gesteigert werden, sodass der Gesamtetat für das Impuls-Festival erhalten blieb. Es spricht auch für das Festival an sich und für dessen Akteure, dass sie in der Lage sind, die Drittmittel um das Dreifache zu steigern.
Jetzt brauchte es eigentlich nur noch Planungssicherheit, damit auch größere Fördermittelgeber perspektivisch mit ins Boot geholt werden könnten. Diese Planungssicherheit müsste vom Land kommen.
Meine Damen und Herren! Am 6. Dezember 2016 bekam das Impuls-Festival einen Fördermittelbescheid vom Landesverwaltungsamt mit der Zusage von 150 000 € für das Haushaltsjahr 2018. Sie konnten also ein Jahr lang mit diesen Mitteln seriös planen und das Festival für 2018 vorbereiten, wenn es nicht - das ist das zweite Schreiben - ein Jahr später, im Dezember 2017, geheißen hätte: April, April. - Ich zitiere: