Protocol of the Session on January 25, 2018

(Beifall bei der LINKEN)

Wir helfen nicht mit Zahlentricks, wenn wir die Zukunft sichern wollen, hier nicht und an unseren Hochschulen auch nicht. Denn wir sind uns doch einig: Dass die Hochschulen wesentliche Innovationsmotoren in unserem Land sind und junge Menschen zu uns kommen und die Zukunft mit uns gestalten, das ist ein unschätzbarer Faktor.

Auch das Gründungsgeschehen aus der Wissenschaft heraus zu fördern ist ein wichtiger und richtiger Ansatz. Ich lebe in Halle. Der WeinbergCampus ist ein Vorzeigeobjekt, wenn es um die Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft geht.

Allerdings dürfen wir den Bogen nicht überspannen und Fehlanreize setzen. Forschung und Lehre müssen frei sein und frei bleiben. Sie dürfen nicht einer einseitigen wirtschaftlichen Verwertungslogik allein unterworfen sein. Vielmehr werden wir als Linksfraktion immer auch das Gegengewicht zum Drang nach Anwendungsorientierung darstellen. Denn es ist die Grundlagenforschung, die erst einmal zweckfrei laufen muss, um die Basis für künftige Innovationen zu legen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wird die Grundlagenforschung beschnitten, sägen wir an dem Ast der fortschrittlichen Entwicklung unserer Gesellschaft. Das darf nicht passieren.

Ich bin beeindruckt, Herr Thomas, dass Sie von den Reden, die ich sonst hier gehalten habe, wenigstens das einmal mitgenommen haben. Das finde ich toll.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)

Meine Damen und Herren! Die Aufgaben der Hochschulen sind Forschung und Lehre. Bei aller Third Mission, die unsere Hochschulen ohnehin schon ewig leisten, müssen sie finanziell in die Lage versetzt sein, unabhängig zu forschen und zu lehren.

Ich weiß, dass auch die Verknüpfung mit der Wirtschaft wichtig ist und dass in unserer forschungsschwachen Privatwirtschaft den Hochschulen besondere Verantwortung zukommt. Wir bleiben aber bei dem Prinzip: Was mit öffentlichem Geld an öffentlichen Einrichtungen als Forschungsergebnis produziert wird, muss allen zugänglich sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern blicke ich mit einer gewissen Skepsis, noch nicht mit Ablehnung, auf die Pläne der Lan

desregierung, dass sich Hochschulen an Unternehmen beteiligen können. Denn eines ist auch klar: Die Third Mission darf nicht das Potenzial von Forschung und Lehre einschränken.

Übrigens wäre es hierbei wichtig, Herr Willingmann, wenn Sie die Patentförderung wieder entsprechend aufnehmen und wir hier nicht nur die Patente bekommen und die Forschung machen, sondern aus der Forschung auch in die Produktion gehen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier gibt es noch eine riesige Förderlücke.

Meine Damen und Herren! Ich habe deutlich gemacht, dass wir in Sachsen-Anhalt deutlich Luft nach oben haben, wenn es um die wirtschaftliche Entwicklung geht. Lassen Sie uns den digitalen Wandel nicht verschlafen und Ladenhütertechnologien fördern, sondern lassen Sie uns unsere Stärken ausbauen. Sorgen wir für ein Land mit bester Bildungs- und Wissenschaftsstruktur. Dann ist die Zukunft gewinnbar. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Lange. Es gibt drei Wortmeldungen. Möchten Sie die Fragen beantworten?

Es kommt darauf an, von wem.

Es sind Herr Farle, Herr Lehmann und Herr Scheurell.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

- Sie ziehen die Wortmeldung zurück, wunderbar. In Anbetracht unserer Zeit - -

Ich denke, die Zeit ist so weit - -

Deswegen haben Sie trotzdem die Möglichkeit der Kurzintervention, ebenso Herr Scheurell. - Bitte, Herr Lehmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank für das Wort. - Ich habe den Ausführungen von Herrn Lange aufmerksam Folge geleistet. Bei seinen Ausführungen über abschreckende Faktoren für die Wirtschaft und den Tourismus sowie den

Dauergeschichten vom ewig aufrechtzuerhaltenden Märchen vom rechten Gespenst, das hier Tourismus und Wirtschaft vergrault, muss ich sagen, da zuckt man zusammen und bekommt wirklich sprichwörtlich Ohrenkrebs.

Herr Lange, ich erkläre Ihnen einmal, wann und wo Wirtschaft und Tourismus wegbleiben. Mein Bekannten- und Familienkreis sowie ich selbst haben keine Lust mehr, Wochenendtrips und Urlaube in solche Städten wie Hamburg oder Köln zu machen. Nicht wegen des rechten Gespenstes fahren meine Bekannten und Freunde sowie viele Menschen nicht mehr dorthin, sondern wegen Messerstechereien und Ficki-fickiBereicherern, wie wir es im Fachdeutschen gesagt haben. Deshalb bleiben nämlich die Touristen weg.

(Beifall bei der AfD)

Bevor ich Herrn Scheurell das Wort erteile, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Sachs-Förderschule aus Quedlinburg hier im Hohen Hause recht herzlich begrüßen zu dürfen. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Scheurell, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin. - Sehr verehrter Herr Kollege Lange, ich finde es schade, dass Sie in diesem Diskurs so ausweichen. Ich wollte Ihnen eigentlich die Chance geben, etwas dazuzulernen und ein Stück weit die Kritik, welche Sie geäußert haben, zu relativieren.

Ist Ihnen bekannt, in welchem Bundesland sich die größte private, rein wirtschaftlich finanzierte Forschungseinheit der fünf neuen Bundesländer befindet? - In Sachsen-Anhalt. Und wissen Sie, in welcher Stadt? - In Wittenberg. Der tschechische Ministerpräsident unterhält diese in den SKW. Dort sind 150 Ingenieure, Doktoren und Forscher jeden Tag damit beschäftigt - rein privat finanziert! -, zugunsten und zum Nutzen unserer Wirtschaft zu forschen und innovativ tätig zu sein. Das wollte ich Ihnen einfach nur mitgeben.

Sehr geehrter Herr Scheurell, Sie haben das Glück, dass Herr Lange doch noch auf Ihre Frage erwidern möchte. - Bitte.

(Ulrich Thomas, CDU: Ob das ein Glück ist - schauen oder hören wir mal!)

Herr Thomas, von Ihnen musste ich ja nun auch schon einiges ertragen, obwohl: Heute war es gar nicht so schlecht. Es wäre einmal interessant, wer Ihnen bei der Rede geholfen hat. Aber egal!

(Ulrich Thomas, CDU: Aber das ist nicht zu Ihrem Nachteil!)

Herr Scheurell, selbstverständlich setze ich mich mit einer so faktenbasierten Anmerkung gern auseinander; das haben ja nicht alle hier im Raum so gut drauf. Wir sind doch froh, wenn es genau solche Entwicklungen auch in unserer Privatwirtschaft gibt. Es ist auch nicht so, dass ich gesagt habe, es gebe überhaupt keine Forschung in der Privatwirtschaft; das wäre ja auch Quatsch. Aber dass wir im Vergleich zu anderen Bundesländern meist nicht die Firmensitze haben, in denen die Forschungsabteilungen zumeist angesiedelt sind, müssen wir als Fakt anerkennen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es!)

- Genau. - Aber das müssen wir als Fakt auch hinnehmen, dass wir in der Privatwirtschaft Forschungsbereiche nicht in dem Maße haben wie andere Bundesländer. Dass es einzelne Leuchttürme gibt und wir uns darüber freuen und diese gern unterstützen, das ist alles in Ordnung. Aber solange es so ist, dass in unserem Bundesland die Forschungsaktivitäten weniger stark in der Privatwirtschaft stattfinden, sind unsere öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen wie die Hochschulen, denen hierbei eine besondere Rolle zukommt, umso wichtiger.

Gleichwohl betone ich noch einmal: Es geht nicht nur um Anwendungsorientierung, sondern die Grundlagenforschung muss immer mitgedacht werden, meine Damen und Herren.

Vielen Dank, Herr Lange. Es gibt keine weiteren Anfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Redner. Dies wird für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Herr Meister sein. Bitte, Herr Abgeordneter; Sie haben das Wort.

Danke. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die gesamtdeutsche Wirtschaft geht, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, in ein weiteres Jahr des Wachstums. Auch die ostdeutsche Wirtschaft und Sachsen-Anhalt profitieren von der aktuellen Lage. Hinzu kommt - der Herr Minister ist darauf eingegangen -, dass auch eigene Weichenstellungen zu wirken beginnen.

Wenn man auf die Zahlen blickt, so sind wir am Arbeitsmarkt bei Werten, die wir vor einigen Jahren noch als utopisch angesehen hätten. Wir ha

ben inzwischen - im Gegenteil - die immer drängendere Situation, dass wir viele Stellen nicht mit entsprechend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern besetzen können.

Die wirtschaftliche Entwicklung ist - auch das gehört zur Wahrheit - weniger stark als in vielen anderen - insbesondere westdeutschen - Regionen. Eine der Ursachen für die Differenz ist unsere deutlich schwächere Exportquote. Unserer Wirtschaft fehlen die großen, international tätigen Unternehmen mit den eigenen Forschungsabteilungen und Unternehmenszentralen.

Unsere aktuelle Wirtschaftsstruktur ist dabei maßgeblich von der schwierigen Geschichte des Landes geprägt, die über Generationen hinweg genau zu dieser Ausprägung geführt hat. Diese Strukturen zu ändern und den Anschluss an die anderen Regionen zu finden ist ein ebenso langwieriger Prozess.

Hinzu kommen die notwendigen Prozesse des Strukturwandels, die auch Sachsen-Anhalt treffen. So steigen wir aus der Nutzung der Braunkohle aus und müssen natürlich für Kompensationen für die betroffenen Regionen sorgen.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)