Protocol of the Session on January 25, 2018

denn so bestätigt sich doch, dass in SachsenAnhalt viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu lange unterdurchschnittlich und unter dem Level des Mindestlohns verdient haben.

Auch bezüglich der Zahl der geringfügig Beschäftigten gibt es unterschiedliche Auffassungen. Nimmt man tatsächlich alle, die geringfügig beschäftigt sind, erhöht sich die Zahl um 30 000. Der Rückgang ist längst nicht so opulent wie dargestellt.

Wenn wir uns über einen Rückgang freuen, ist hier auch auf die Menschen einzugehen, die neben ihrer Arbeit noch einen weiteren Job brauchen, damit sie über die Runden kommen. Auch das hätte ich mir von einem SPD-Wirtschaftsminister gewünscht, nämlich diejenigen im Blick zu behalten, die eben nicht von den Jubelmeldungen profitieren. Die LINKE wird Sie stets an diese Menschen erinnern.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Selbst vom Aufschwung insgesamt profitiert unser Bundesland nur unterdurchschnittlich. Man hätte jetzt sogar die Frage stellen können, ob das Brummen, das der Minister hier hört, vielleicht eher als Resonanz aus den Nachbarländern entsteht.

(Zuruf von der Regierungsbank: Das ist Populismus!)

- Natürlich. Das ist kein Schlechtreden, wollte ich nur noch sagen, sondern ein Befund.

Dann kam wieder so ein bemerkenswerter Satz, nämlich dass die Zahlen besser ausgefallen wären, wenn die Raffinerie nicht zeitweilig hätte stillgelegt werden müssen. Das stimmt, ist aber auch wert anzumerken: Dass unsere wenigen Großansiedlungen eine solche Auswirkung haben, zeigt auch eine gewisse Anfälligkeit unserer kleinteiligen Wirtschaft,

(Beifall bei der LINKEN)

auch wenn diese sich in der Finanzkrise als robuster erwiesen hat.

Auch die Verbesserung der Messetätigkeit ist wichtig und es ist auch nicht unbedingt abzulehnen, dass es mehr Export geben soll. Jedoch gehört zum weltweiten Befund der Verteilungsungerechtigkeiten dazu, dass gerade das hohe Exportaufkommen Deutschlands ein Problem wird.

Umso wichtiger ist es, die Binnenstrukturen zu stärken. Dazu gehören auch die guten Löhne, die gezahlt werden müssen,

(Beifall bei der LINKEN)

damit regionale Nachfrage erzeugt wird. In diesem Sinne unterstützen wir auch die Streiks der IG Metall.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Es ist richtig, auch ausländische Investoren für den Standort Sachsen-Anhalt noch stärker zu interessieren. Ich glaube aber, dass gerade der starke Einzug einer offen rechtsradikalen, ausländerfeindlichen Partei

(Oh! bei der AfD)

zu einem echten Imageproblem wird. Ich werde hier sehr oft daraufhin angesprochen

(André Poggenburg, AfD: Das haben wir ja gesehen!)

und die Verunsicherung ist auch bei internationalen Beschäftigten an unseren Hochschulen groß.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sollte sich auch die CDU hin und wieder einmal in das Gedächtnis rufen, wenn sie wieder einmal mit der rechten Seite liebäugelt.

(Zurufe von der AfD)

Meine Damen und Herren! Der Minister freut sich zu Recht, dass die Fördermittel des Landes auch angenommen werden. Wir hatten schon viele Jahre, in denen der Mittelabfluss nicht so besonders war. Gleichwohl wies er auf die beihilferechtlichen Veränderungen hin. Ab diesem Jahr gibt es weniger Geld. Es ist schon seit Langem eine Vermutung, die sich nunmehr bestätigt: Die Unternehmen haben das Jahr 2017 noch einmal genutzt. Ob das so weitergeht, werden wir sehen.

Was ich allerdings nicht wieder erleben möchte, sind Fälle wie Fricopan und Lieken, in denen auf der einen Seite enorme Mitnahmeeffekte erzeugt wurden und auf der anderen Seite auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Gewinnmaximierungsstrategien der Unternehmen öffentlich gefördert wurden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir stehen sehr hinter Instrumenten wie der Meistergründungsprämie, dem Nachfolgepro

gramm und der Unterstützung von Forschung und Entwicklung bis hin zur Patentförderung. Kritisch bleiben wir bei Instrumenten, die lediglich Mitnahmeeffekte erzeugen. Es muss vielmehr um eine Verbesserung auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen.

Das werden wir im Blick behalten, zumal wir als Fraktion eher auf die Entwicklung der Standorte insgesamt setzen, sei es Infrastruktur oder die sogenannten weichen Standortfaktoren, die nicht zu unterschätzen sind, wenn es um Ansiedlungspolitik geht.

Wir bleiben dabei, dass die wirtschaftlichen Kristallisationskeime in der Fläche wichtig sind. Es sind Haltefaktoren für die Menschen im ländlichen

Raum. Auch diese dürfen bei der Förderpolitik nicht hinten runterfallen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Damit bin ich bei einem wichtigen Standortfaktor, dem schnellen Internetzugang. Ich bleibe dabei: Dass die Landesregierung stur bei ihrem 50- bis 100-MbitAusbauziel bis 2021 bleibt, ignoriert die Bedürfnisse und ist eine Fördermittelverschwendung sondergleichen.

Wenn Fördermittel eingesetzt werden, dann kann man doch gleich richtig und zukunftssicher investieren. Man muss ja dabei nicht von seinem Paradigma der Technologieneutralität abrücken. Das muss man gar nicht machen. Aber man kann doch das Ziel setzen, dass man ein Gigabit-Netz entwickeln will. Dann ist es eben die Glasfaser, die am Ende als förderfähig übrig bleibt. Es ist eben alles eine Frage der Zielbestimmung. Die Landesregierung hat sich hierbei enttäuschenderweise für die „Schnecke“ entschieden.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die Breitbandstrategie ignoriert doch besonders die Bedürfnisse der Wirtschaft. Meine Kollegin Eisenreich hat in der letzten Debatte schon darauf hingewiesen.

Wo sitzen denn die Architekturbüros, die Kreativwirtschaft und die vielen kleinen Dienstleister, die auf schnelle Up- und Downloadgeschwindigkeiten angewiesen sind? - Richtig, sie sitzen in den Wohngebieten. Mit der Orientierung auf Gewerbegebiete ignoriert die Landesregierung die Bedarfe vor Ort dermaßen, dass man nur fassungslos „Skandal“ rufen oder sich nur aufregen kann, wie es meine Kollegin Eisenreich in der letzten Debatte zu Recht gemacht hat.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Auch wenn es unbequem ist, werden wir die Digitalisierung der Wirtschaft nicht ignorieren können. Eine weitere Automatisierungswelle ist absehbar. Wir werden darauf kaum mit den alten Rezepten reagieren können. Wir werden auch in Sachsen-Anhalt intensiv darüber diskutieren müssen, wie sich diese Entwicklung auswirkt und wie wir sie auch zum Wohle der Menschen gestalten können.

Ein „Augen zu“ und „Weiter so“ kann es an der Stelle nicht geben, wollen wir nicht die Gruppen von Menschen anwachsen lassen, die sich abgehängt fühlen. Denn viele dieser Prozesse laufen schon, Stichworte Clickworker, Soloselbstständige, aber auch der Kurierdienst, der das billige Amazon-Paket bringt. An diese Menschen müssen wir denken, wenn das digitale Zeitalter gerecht gestaltet werden soll.

Meine Damen und Herren! Glauben wir nicht, dass nur Menschen mit geringer Ausbildung von prekären Lebensverhältnissen und Arbeitsbedingungen betroffen sind. Selbst an unseren Hochschulen gibt es genügend prekär beschäftigte Menschen. Ja, ich weiß, dass ein Teil der BAföGMittel zum Ausbau der festen Beschäftigung genutzt werden soll. Aber an der Stelle muss ich doch noch einmal einen großen Schluck Wasser in den Wein gießen.

Man darf sich nicht durch so charmant vorgetragene Mythen des Ministers einnebeln lassen. Es ist ja zweifellos richtig, dass die jetzige Regierung und die Koalition eine Kehrtwende in der Kürzungspolitik im Bereich der Wissenschaft vollzogen haben. Aber es muss einmal eine Bilanz der letzten fünf Jahre gezogen werden. Da gab es eben einen Finanzminister Bullerjahn, der die Hochschulen samt Klinika geknebelt hat, und das alles mit tapferer Unterstützung des ach so richtlinienkompetenten Ministerpräsidenten Haseloff.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin froh, dass Sie zur Besinnung gekommen sind. Denn dieses Handeln war nun wirklich schädlich für den Standort Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber der große Wurf war es eben auch nicht, können die 15 Millionen € mehr für die Hochschulen doch lediglich kompensieren, was ihnen vorher weggenommen wurde. Rechnet man die ausgebliebenen Tarifaufwüchse dazu, rechnet man die W-Besoldung und den nicht gewährten Inflationsausgleich dazu, dann bleibt ein saftiges Minus, das weiterhin zu Schließungsdebatten führt, wie wir sie derzeit in Halle haben.

Dann, meine Damen und Herren, ein wunderbarer Trick, der auf Täuschung und Vergessen setzt und die Realität völlig ignoriert. Ich spreche von der Anhebung der Investitionszuschüsse für die Uniklinika um 3,4 Millionen € auf 4,2 Millionen €. Wow, mag man dazu sagen, zumal das ja für beide Klinika gelungen ist.

Allerdings ignoriert diese Betrachtung, dass die Zuschüsse von ehemals 7 Millionen € zunächst auf unfassbare 1,8 Millionen € gekürzt wurden, die ach so opulente Erhöhung dann aber nur eine Linderung gebracht hat, weil eben längst nicht der Verlust in der Vergangenheit kompensiert wurde. Schon gar nicht erreicht die Finanzierung die eigentlichen Investitionsbedarfe, die bei jährlich 9,5 Millionen € im Minimum liegen.

Meine Damen und Herren! Es geht bei den Uniklinika um unsere Landeseinrichtungen, die als

Maximalversorger wichtige Aufgaben bei der Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land übernehmen.

(Beifall bei der LINKEN)