Protocol of the Session on December 20, 2017

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Nach der Rede der Ministerin zu diesem speziellen Punkt bin ich ein bisschen irritiert. Ich habe extra unseren Antrag mitgebracht. Der Antrag ist das gemeinsame Ergebnis der Beratung aller Fraktionen. Da steht unter Punkt 2 genau dieser Punkt, den ich nachher noch erwähnen werde.

Im Grunde wurde schon alles Wichtige gesagt, aber ich möchte trotzdem beginnen. Der entscheidende Unterschied zur normalen Schweinepest ist der, dass die Afrikanische Schweinepest - ich habe drei Punkte - hochansteckend ist, die Sterblichkeitsrate bei den Schweinen 100 % beträgt, also somit für die Schweine absolut tödlich ist. Der Mensch ist nicht gefährdet.

Um aber den volkswirtschaftlichen Schaden beim Ausbruch so gering wie möglich zu halten, müssen wir jetzt handeln. In Deutschland werden bis zu 23 Millionen Schweine gehalten, in SachsenAnhalt nach meiner Kenntnis über eine Million, ungefähr 1,3 Millionen.

Die Fraktionen der Koalitionsparteien beantworten die gegenwärtige Entwicklung der Afrikanischen Schweinepest mit einem gemeinsamen Antrag.

Wie gesagt, der Schutz der eigenen Tierhaltung hat höchste Priorität. Die Präsenz der Afrikanischen Schweinepest in unserem Ökosystem verschärft diesen Anspruch und stellt die ganze Gesellschaft vor neue Herausforderungen.

Der Seuche kann durch Bestandshygiene und Biosicherheit begegnet werden. So müssen die Übertragungswege für das Virus rechtzeitig erkannt und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterbrochen werden. - Was immer jetzt jeder denken mag.

Die Landwirte werden zur Biosicherheit unter anderem die Vorgaben der Schweinehaltungshygieneverordnung umsetzen. Zum Schutz vor der Afrikanischen Schweinepest hat die Stallhaltung gegenüber der Freilandhaltung Vorteile.

Das Virus konnte in Portugal und Spanien erst nach 30 Jahren ausgerottet werden. Die Etablierung der Afrikanischen Schweinepest würde unter diesen Bedingungen in Deutschland automatisch eine erhebliche Einschränkung der ursprünglich gemeinten ökologischen Landwirtschaft bedeuten.

Durch Verbraucher darf keine Verschleppung von infektiösen Speiseabfällen erfolgen. Darauf wurde heute schon mehrfach hingewiesen.

Im Fleisch - das ist jetzt interessant - bleibt das Virus bei 4 °C auch noch nach 150 Tagen infektiös. Daraus ergeben sich für die Regionen mit Tourismus und Wildschweinen gefährliche Übertragungswege, die bis zu den Nutztierhaltungsbetrieben führen können. Wie gesagt, in Deutschland werden bis zu 23 Millionen Schweine gehalten. Das muss man sich einmal richtig vor Augen führen.

Die Forschung steht vor der großen Herausforderung der Impfstoffentwicklung. Das Virus ist sehr komplex und bedient sich verschiedener Mechanismen, um dem Immunsystem seiner Wirte zu entgehen. Wann ein Impfstoff zur Verfügung stehen wird, ist heute nicht absehbar.

Die Politik muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Anwendung von Impfstoffen zur Bekämpfung aller Tierseuchen schaffen und Barrieren im Jagdrecht lösen.

Bei Auftreten wird die Afrikanische Schweinepest den Markt verändern. Die Verbraucher reagieren sensibel auf Lebensmittelskandale, wenn man das so sagen kann. So ging während der BSEKrise um die Jahrtausendwende die Nachfrage nach Rindfleisch stark zurück. Ich werde wohl auch kein Schnitzel mehr essen, wenn die Schweinepest auftritt. Sie soll für den Menschen zwar ungefährlich sein; aber ich werde dann doch lieber die Finger davon lassen.

Sollte die Afrikanische Schweinepest in Deutschland eintreffen, ist von dem gleichen Effekt wie bei der BSE-Krise auszugehen. Das daraus resultierende Überangebot an Schweinefleisch wird zu einem Preisverfall führen, der die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe erheblich belastet.

Das im Rahmen von Präventionsmaßnahmen steigende Angebot von Wildschweinfleisch wird den Preisverfall in diesem Sektor noch befeuern. Das Angebot an Wildschweinen kann von Schlachthöfen aktuell nicht genutzt werden - so meine Information -, weil die Kapazitäten der Schlachthöfe auf das Management der Nutztierproduzenten abgestimmt sind.

Lassen Sie uns neue Wertschöpfungswege ergründen. Noch einmal: Es ist mit verheerenden Folgen bei einem Ausbruch der ASP zu rechnen. Betroffen sind Landwirtschaftsbetriebe, Fortbetriebe, Nahrungsmittelindustrie sowie Handel und auch Grundeigentümer.

In Thüringen zum Beispiel könnte sich das auf mehrere Millionen Euro jährlich summieren. In Niedersachsen wurde ein Gesamtschaden auf einen Milliardenbereich für vor- und nachgelagerte Bereiche prognostiziert. In der Tat: Es herrscht Alarmstufe rot.

Der Seuchenschutz muss durch ein nachhaltiges Präventionsmanagement verfolgt werden. Lassen Sie uns deshalb zügig die vom Friedrich-LoefflerInstitut beschriebenen Maßnahmen im Falle eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen auf Umsetzbarkeit prüfen.

Gleiches gilt auch für die Entschließung

„Schwarzwildbestände reduzieren, Schweinepest verhindern!“ des hessischen Bauernverbandes gemeinsam mit dem Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Hessen.

Weil Wildschweine nachtaktive Tiere sind, sollte der Einsatz - so das Ergebnis der Beratung - von Nachtzielgeräten und Zielscheinwerfern für die Wildschweinjagd unbedingt zeitlich zugelassen werden.

Ich begrüße die aktuell gültige Erlaubnis zur beschränkten Jagdausübung in den befriedeten Bezirken Großer Werder und Stadtpark Rotehorn in Magdeburg. Die Voraussetzung für eine beschränkte Jagdausübung für weitere befriedete Bezirke mit hohem Wildschweinaufkommen muss unbedingt geprüft werden und die Jagd muss dann bei Erfüllung der Voraussetzungen verfolgt werden.

Nebenbei ein anderes Thema: Die hohen Wildschweinbestände gefährden außerdem auch die Verkehrssicherheit. Ein Video, welches ich mir in den vergangenen Tagen anschauen durfte, wo eine Rotte Wildschweine die Autobahn überquerte, spricht Bände. In Panik sind diese äußerst sportlich.

Die integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung kann von den Tierproduzenten zur Seuchenbekämpfung genutzt werden. Die Gewährung der Beihilfe für Tierkörperbeseitigung durch die Tier

seuchenkasse und die Beteiligung des Landes an den Gesamtkosten der Tierkörperbeseitigung begünstigt die Tierproduzenten bei der Bewältigung der Folgen der Schweinepest.

Ich begrüße die Nutzung von Tierausfallversicherungen im Rahmen des Risikomanagements von Tierproduktionsbetrieben, insbesondere von ökologisch orientierten Tierproduktionsbetrieben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Aussitzen einer sich anbahnenden Belastungswelle mit vielen Anschlussproblemen kann nicht unser Ziel sein. Lassen Sie uns jetzt handeln. Meine persönliche Lebenserfahrung ist: Probleme löst man am besten, bevor sie entstehen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen könnten. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Radke, warten Sie kurz. Herr Büttner hat noch eine Nachfrage oder eine Intervention, je nachdem.

Herr Büttner?

Ja.

Danke, Herr Präsident. - Herr Radke, ich habe eine Frage. Die Antragsteller, allen voran die CDU als stärkste Fraktion, geben selbst in ihrem Begründungstext an, dass das erhöhte Risiko von Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest

meist auf den Reiseverkehr und durch unkontrolliert aus dem Ausland eingeführte Fleisch- und Wurstwaren zurückzuführen sei. Erkennen Sie eigentlich den Widerspruch zwischen diesem Antrag und Ihrer Europapolitikposition der offenen Grenzen?

In diese Richtung diskutiere ich mit Ihnen nicht. Fest steht, wir hatten vor zwei bis drei Wochen ein Gespräch mit der Tierärztekammer im Landtag. Deren Vertreter haben das so geschildert und wir sollten uns daran orientieren. Das war es. Tut mir leid.

Okay, danke. - Wir können mit der Debatte der Fraktionen fortfahren. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. Sie hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Afrikanische Schweinepest ist auf dem Vormarsch. Sie hat 2007 ihren Ausgangspunkt in Georgien genommen, gelangte bereits 2013 an die EU-Außengrenzen in Osteuropa und ist inzwischen in unseren Nachbarländern Polen und Tschechische Republik angekommen. Das ist alles nicht neu und wurde heute bereits besprochen.

Der widerstandsfähige Virus wird direkt vom Tier, aber eben auch indirekt durch Verschleppung durch den Menschen übertragen. Auch das haben wir schon gehört.

Die von der Afrikanischen Schweinepest drohenden Gefahren sollten am Ende der heutigen Diskussion allen klar geworden sein. Denn von der zu 100 % tödlichen Seuche droht ein immenser volkswirtschaftlicher Schaden für Sachsen-Anhalt, der für den neben der chemischen Industrie umsatzstärksten Sektor der Ernährungswirtschaft verheerende Folgen haben könnte. Dies und auch die Folgen für die Ernährung der Bevölkerung, die stark auf den Verzehr von Schweinefleisch orientiert ist, müssen wir uns ebenfalls vor Augen führen.

Wir haben es dabei mit einem hohen Gefahrenpotenzial zu tun; das ist unstrittig. Nun wurden uns heute zwei Anträge zur Prävention gegen die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest vorgelegt. Sowohl der Antrag der Regierungskoalition als auch jener der AfD zielen im Wesentlichen darauf ab, dass die Landesregierung ihre originären Aufgaben wahrnimmt. Das sollte doch als selbstverständlich gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Dabei stellt der Antrag der AfD aber offenbar darauf ab, dass hier noch gar nichts passiert ist. Das halte ich nun wirklich für gewagt. Es passiert sehr wohl einiges, vielleicht nicht immer in der Wahrnehmung des Einzelnen. Einen Gipfel zur Erarbeitung von weiteren Schutzmaßahmen durchzuführen halte ich für einen unnötigen Zeitverzug. Denn wir müssen dringend handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher ist die Forderung des Koalitionsantrages, alle präventiven Maßnahmen zu verstärken, aus unserer Sicht eher sinnvoll. Hierbei unterstützen wir die geforderten Maßnahmen, wohl wissend, dass auch diese nicht erschöpfend sein können.

Unsere unmittelbaren osteuropäischen Nachbarn sind an dieser Stelle schon ein ganzes Stück weiter. So will man in Tschechien zum Beispiel Risikogebiete großräumig mit einem engmaschigen Zaun versehen. Das ist eine recht drastische Maßnahme. Aber mit dieser will die tschechische

Regierung eine weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest nach Westeuropa verhindern.

Ähnliches hat Polen vor. Dort soll nach Meldungen aus dem Sommer dieses Jahres ein immerhin 729 km langer Zaun zur Ukraine und zu Weißrussland gebaut werden - es gibt hier im Haus durchaus Menschen, die das richtig gut fänden -,

(Daniel Roi, AfD: Wer hat denn früher eine Mauer gebaut? - Zuruf von Hannes Loth, AfD)

um ein weiteres Vordringen der Seuche zu verhindern.

Im Übrigen wurde diese Maßnahme bereits im Sommer 2013 gemeinsam mit Estland, Lettland und Litauen ins Auge gefasst. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2017. Man befasst sich also schon seit Langem mit dieser Problematik. Ich denke, das passiert auch hier im Lande.