Protocol of the Session on December 20, 2017

Festzustellen ist, dass Glyphosat in erheblichen Mengen im Umlauf ist und durch seine einfache und vielseitige Verwendung eine weite Verbreitung erfahren hat. Die Auswirkungen sind bekannt.

Glyphosat findet sich nicht nur im Boden und im Wasser, sondern in wachsendem Maße in Lebensmitteln und im Körper von Menschen und Tieren wieder. Diese Entwicklungen und die wachsenden Erkenntnisse über Aus- und Nebenwirkungen dieses Wirkstoffs weltweit beunruhigen nicht nur Fachleute, sondern zunehmend auch die Öffentlichkeit.

Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion über die Zulassung und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere unter anderem von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln, mehr als notwendig, sie ist zwingend. An erster Stelle stehen die Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Schutz der Umwelt und Natur vor negativen Wirkungen.

Wenn wir etwas nicht genau beurteilen und bewerten können, wenn der Erkenntniszuwachs über ein Produkt steigt, wenn Nebenwirkungen erst langfristig sichtbar werden, dann ist Vorsorge zu treffen.

Wissenschaft und Forschung sowie die Entwicklung neuer Techniken, Verfahren und Mittel müssen Risiken und Gefahren für Mensch, Umwelt und Natur minimieren und nach Möglichkeit ausschließen.

Der Wirkstoff Glyphosat ist seit über 40 Jahren auf dem Markt. Er wird in vielen Kulturen zur Bestandspflege und zur Pflanzenregulierung eingesetzt. Bei sachgerechter Anwendung und unter Praxisbedingungen dachten viele bisher, Glyphosat sei unbedenklich. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Auftretens von Nebenwirkungen und Resistenzen kamen in den letzten Jahren zunehmend Zweifel an dieser Einschätzung auf. Die Aussage, nur ein nicht sachgemäßer Einsatz bzw. eine fehlerhafte Anwendung hat negative Wirkungen zur Folge, ist meines Erachtens zu einfach.

Verwirrend ist zudem, dass es zum Thema Glyphosat sehr unterschiedliche und widersprüchliche Aussagen von Wissenschaftlern, Instituten und Behörden gibt. So kam die Europäische Chemikalienagentur ECHA bei ihrer Bewertung zu dem Ergebnis, Glyphosat sei nicht krebserregend. Die Organisation International Agency for Research on Cancer IARC, ein Tochterunternehmen der WHO, stuft Glyphosat dagegen als wahrscheinlich krebserregend ein. Das ist nach der Stufe „krebserregend“ die zweithöchste Gefährdungsstufe. Um Klarheit und Vertrauen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln für eine sichere und umweltneutrale Nahrungsmittelerzeugung zu schaffen, bedarf es daher weitergehender Beurteilungen.

Auch wenn ich die Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs ohne Ausstiegsszenario falsch finde, begrüße ich doch, dass diese Zustimmung wenigstens an die nachfolgenden Bedingungen geknüpft wurde: erstens stärkere Berücksichtigung des Schutzes und der Auswirkungen auf die Biodiversität in den Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, zweitens Aufklärung widersprüchlicher Bewertungen und drittens Erhöhung der Transparenz der Bewertungen in den Geneh

migungsverfahren der Pflanzenschutzmittelzulassung.

Auch die EU-Kommission hat umgehend reagiert und hierzu am 12. Dezember dieses Jahres angekündigt, mehr Transparenz bei der wissenschaftlichen Bewertung von Glyphosat einzuräumen. So sollen unter anderem zukünftig wissenschaftliche Studien öffentlich zugänglich sein.

In Sachsen-Anhalt haben wir uns im Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben, unser wertvolles Naturerbe zu bewahren und weiterzuentwickeln und die biologische Vielfalt zu schützen. Genau hier müssen wir ansetzen. Über den dramatischen Insektenschwund in Deutschland und Teilen Europas haben wir erst kürzlich in diesem Hause debattiert. Mit der verstärkten Förderung des ökologischen Landbaus in Sachsen-Anhalt gehen wir bereits in die richtige Richtung, um wieder mehr Biodiversität in die Agrarlandschaft zu bringen.

Im Leitbild „Landwirtschaft 2030“ werden wir unsere Vorstellungen zur grundsätzlichen Verfahrensweise im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln einschließlich Glyphosat darlegen, und wir werden darauf drängen, dass vonseiten der Bundesregierung alles unternommen wird, um den Schutz von Verbrauchern und Verbraucherinnen und der Umwelt zukünftig besser zu gewährleisten. Nach fünf Jahren muss ein endgültiger Ausstieg erfolgen - ohne Wenn und Aber.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Damit ist uns für die nächste Zeit eine große Aufgabe gegeben. - Herzlichen Dank.

Frau Ministerin, Herr Roi hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Roi, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank. - Frau Ministerin, Sie haben jetzt wieder davon gesprochen, was alles in den nächsten fünf Jahren zu machen ist. Die Frage ist: Es gibt bereits einige Dinge. Sie haben Glyphosat in Körpern von Tieren und Menschen angesprochen. Nun gibt es den Rückstandskontrollplan. Meine Frage ist, was Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten vor dem Hintergrund dieses schon existierenden Rückstandskontrollplanes als Land Sachsen-Anhalt vorgeschlagen haben, dass deutschlandweit verstärkt auf diese Pflanzenschutzmittel in Lebensmitteln - in dem Fall besonders Glyphosat - beprobt wird. Nur mit solchen Planproben kann man bestimmte Äußerungen, die momentan in der Gesellschaft diskutiert werden, überprüfen. Mich interessiert, was Sie dazu bereits unternommen haben.

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Ich habe dazu ausgeführt, dass wir im Moment in einer Situation sind, dass auf EU-Ebene die Genehmigung von Glyphosat um fünf Jahre verlängert wurde, was wir sehr bedauern. Die Regelungsmöglichkeiten liegen jetzt bei der Bundesregierung. Dabei geht es einmal um die Vorsorgeaspekte bei der Wirkstoffbewertung. Es geht um die Forschung und Entwicklung von Alternativen, auch um den vollständigen Verzicht von Glyphosat in Parks, Gärten und auf Spielplätzen, dass Glyphosat nicht mehr in Bau- und Gartenmärkten verkauft wird und vieles mehr. Der Ball liegt jetzt im Feld der Bundesregierung. Das ist Regelungszuständigkeit der Bundesregierung. Wir werden im engen Kontakt mit der Bundesregierung darauf drängen, dass diese Maßnahmen ergriffen werden. - Herzlichen Dank.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zu Fragen und danke der Ministerin für die Ausführungen. - Wir fahren fort. Für die CDU spricht der Abg. Herr Heuer. Herr Heuer, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es wird Sie nicht verwundern, dass wir dazu eine ganz andere Meinung haben, Frau Eisenreich. Ihr Antrag ist aus unserer Sicht ein Schaufensterantrag, weil Sachsen-Anhalt diesen nur bedingt umsetzen kann. Die Ministerin hat es ganz klar gesagt. Der Ball liegt beim Bund. Die CDU-Fraktion begrüßt die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat um weitere fünf Jahre. Diese Entscheidung der Europäischen Union ist die einzig richtige. Bei einem Verbot des Glyphosats hätte das unvorhersehbare Folgen - nicht nur für die Landwirtschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, Ihr Antrag zeugt von Hysterie und Panikmache. Ich fordere Sie auf, wieder wissenschaftlich fundierte Argumente zur Basis von Entscheidungen zu machen. Der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung Hensel fordert zu Recht, die Wissenschaft nicht als Kampfmittel zu missbrauchen. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, wurde das BfR unter einer grünen Ministerin 2002 geschaffen.

Wie Institutionen zum Teil für eigene Interessen bewusst unterschiedlich interpretiert werden, zeigen Bewertungen der ECHA. Bei der Verbotsdis

kussion von Neonicotinoiden beriefen sich viele gern auf die ECHA. Bei der Glyphosat-Diskussion tun sie das natürlich nicht; denn hier taugen die Aussagen des derzeitigen Präsidenten nicht für Panikmache. Auch die Krebsforschung der WHO kam lediglich zu dem Schluss, Glyphosat ist wahrscheinlich krebserregend.

Jetzt frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN: Wer raucht von Ihnen? - Einige treffe ich ab und zu einmal im Innenhof. Wer trinkt auch einmal ein Schnäpschen? - Sie hatten gestern Weihnachtsfeier.

(Zurufe von der LINKEN)

Wer isst Pommes? Wer isst rotes Fleisch? - Salami ist nachweislich krebserregend. Oder Bitterschokolade: Nachweislich ist der aus Südamerika importierte Kakao mit Cadmium versetzt. Warum importieren wir diesen?

Auch ist es inzwischen unerträglich, dass die konventionelle Landwirtschaft massiv diskreditiert wird. Warum wird der Glyphosateinsatz nur in der Landwirtschaft thematisiert? - Niemand von Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, spricht über die 75 t Glyphosat, die die Bahn auf ihren 33 500 km Schienennetz einsetzt. Das entspricht einer Fläche von 50 000 bis 70 000 ha. Niemand von Ihnen spricht von kommunalen Aufgaben wie Straßenunterhaltung.

(Zuruf von der LINKEN)

Sie haben gesagt, im öffentlichen Bereich wollen Sie es nicht mehr einsetzen. - Wollen wir das Unkraut im Straßenpflaster in Wohngebieten wieder mit dem Messer herausschneiden? Oder was wollen wir tun?

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Wollen wir in der Landwirtschaft wieder zum dauernden Pflügen und zum Rübenhacken zurückkehren? Oder sind Sie der Meinung, das Pflügen wäre besser für die Biodiversität der Böden?

Wer weiß von Ihnen, wofür Glyphosat eigentlich entwickelt wurde? - Es wurde für die Bekämpfung der Quecke entwickelt. Was passiert, wenn man eine Quecke mechanisch bekämpft? - Als Kind musste ich im Garten beim Graben diese Quecken heraussuchen, was heute übrigens nach der Logik vieler aufgrund der Feinstaubbelastung undenkbar wäre. Es ist Queckenvermehrung; denn aus einer werden zwei, dann vier, dann acht usw. Der Rest ist Mathematik.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Da ich auch in dieser Welt lebe, ist mir bewusst, dass diese gesellschaftliche Debatte nicht mehr umkehrbar ist. Jedoch brauchen wir jetzt kein Verbot, sondern eine Diskussion darüber, in welchen Be

reichen wir diesen Wirkstoff noch benötigen. Diese Diskussion muss auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und nicht auf der Basis von Vermutungen, Verdächtigungen und unangebrachter Panikmache geführt werden.

Diese Diskussion können wir gern in den Ausschüssen führen. Dort gehören sie auch hin. Deshalb beantragen wir die Überweisung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend und mitberatend in den Ausschuss für Umwelt und den Ausschuss für Inneres. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Wortmeldungen für Fragen und danke dem Abg. Heuer für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Loth. Herr Loth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen und Kolleginnen! Die Totalherbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat sind mittlerweile wortwörtlich in aller Munde. Die Debatte um diesen Wirkstoff ist, gelinde gesagt, sehr verengt, hochemotional und - wir haben es von den LINKEN gehört - oft unsachlich.

(Beifall bei der AfD)

Zu den Fakten gehört leider auch, wie ein Film über den Einsatz zum Beispiel von „Roundup“ in Argentinien deutlich zeigt, dass das Mittel, wenn es nicht ordnungsgemäß angewandt wird, zu schweren Schäden führen kann. Ebenfalls gehört zur Wahrheit, dass mit dem Mittel „Roundup“, das Sie vorhin beworben haben, oft Emotionen verbunden sind, die man der Firma Monsanto zufügt. Wenn man darüber nachdenkt, muss man sagen, dass diese Firma wieder mit dem bösen Genmais verbunden wird und eine Weltfirma darstellt, die alle Bauern mit patentiertem Saatgut unterjochen und abhängig machen möchte.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: So ist es!)

Denken Sie, Herr Striegel. Aber zu Ihnen kommen wir auch noch. - Auf der anderen Seite gehört auch zur Wahrheit, dass dank der Altparteien und der GRÜNEN der Diesel teuer ist und somit die Behandlung eines Feldes mit Spritzmitteln weitaus günstiger ist als die mechanische Unkrautbekämpfung, zum Beispiel mit einem Striegel - nicht dem GRÜNEN hier, das machen wir nicht, aber das Ackergerät.

(Beifall bei der AfD)

Ein Ausstieg aus dem Gebrauch von Glyphosat ist gesellschaftlich gewollt. Dieser Wunsch ist klar,

und natürlich muss dem gefolgt werden. Aber wir können unsere Landwirte nicht ungebremst vor eine Mauer fahren lassen. Wie schon die Energiewende gezeigt hat, darf ein Ausstiegsprozess nicht überstürzt werden. Nein, er muss durchdacht schrittweise und kontrolliert erfolgen.

Wie das mit dem vorliegenden Antrag der LINKEN geschehen soll, kann man nur erahnen, da die Forderungen wie sehr oft fachlich nicht untermauert sind. Eine inhaltliche Zusammenarbeit mit den LINKEN, um im Rahmen des Wählerauftrages ein Problem zu lösen, ist leider nicht möglich, da offenbar ideologische Barrieren errichtet werden, die den LINKEN weitaus lieber sind, als das Volk zu retten. Darum werden wir zukünftig grundsätzlich keinem ihrer Anträge mehr zustimmen oder überhaupt Beachtung schenken, wenn es darin weiterhin gravierende sachliche Mängel wie in diesem Antrag gibt.

Sie fordern im Antrag einen Leitfaden zur Minimierung des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Zu Ihrer Information: Es gibt seit Langem länderübergreifende Arbeitsgruppen, die sich genau mit diesen Strategien befassen. An dieser Stelle meinen Dank an Herrn Prof. Dr. Holz von der LLG und seine unterfinanzierten Arbeitsgruppen, die regelmäßig ein Pflanzenschutzberatungsheft herausgeben, in dem solche Strategien veröffentlicht werden - in Ostdeutschland zusammengefasst.

Sie fordern, dass Alternativen zum Glyphosat, zum Beispiel vielleicht das reproduktionstoxische Glufosinat oder andere Pflanzenschutzmittel, die auch im Ökolandbau angewandt werden, wie zum Beispiel Kupferpräparate, die wiederum Salze von Schwermetallen bilden und den Boden belasten, verstärkt gefördert werden. Man fragt sich, liebe LINKE: Haben Sie einen neuen Sponsor?

Damit - Herr Lange ist leider nicht mehr hier - noch einige Worte zu Ihrem rot-grünen Zukunftsgarten, für den Sie bei Frau Ministerin Dalbert sicherlich einige Schmusepunkte sammeln werden, weil Sie mit einer Pflanzenschutzsteuer und mit der ausschließlich ökologisch bewirtschafteten Art und Weise im Land vorwärtskommen wollen. Ich sage Ihnen, in Sachsen-Anhalt hängen 15 000 Arbeitsplätze an der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie, dem Hauptindustriezweig in diesem Land. Diese Arbeitsplätze werden von Firmen getragen, die hochqualifizierte Lebensmittel für den Weltmarkt herstellen und deshalb entsprechend nachgefragt werden. Wie wollen Sie diese Lebensmittelherstellung mit Ökolandbau bedienen?

Der Anstieg der Weltbevölkerung und damit der Nachfrage nach Lebensmitteln scheint Herrn Lange offenbar nicht bekannt zu sein. Stattdessen macht die LINKE die europaweit besten Acker