Protocol of the Session on November 24, 2017

- Und genau das war auch die große Frage, die in der Debatte aufkam: Warum bringen wir immer wieder solche Schaufensteranträge, solche ShowAnträge? Warum bringen wir überhaupt solche Anträge in das Parlament von Sachsen-Anhalt ein?

Ich möchte es Ihnen sagen: Es ist unsere Möglichkeit als AfD, unsere Möglichkeit als Bürger, endlich die Katze aus dem Sack zu lassen und aufzuzeigen, was in den letzten Jahrzehnten in Deutschland überhaupt politisch passiert ist. Wir wollen, dass den Menschen draußen die Augen geöffnet werden, damit sie sehen, wofür sie

eigentlich Beiträge erwirtschaften. Ich sage Ihnen eines: Wenn die Leute wüssten, wofür sie das Geld einzahlen, dann würden sie verrückt werden.

Herr Farle hat es gerade sehr richtig gesagt: Bitte machen Sie das weiter!

(Zurufe von Dr. Falko Grube, SPD, und von Dr. Verena Späthe, SPD)

- „Herr Farle hat es gerade sehr richtig gesagt“, habe ich gesagt, Herr Grube. - Wenn die Menschen das wüssten, wären unsere Ergebnisse wesentlich besser. Genau deshalb machen wir das, damit die Menschen in diesem Land die Wahrheit erkennen, welche politischen Ziele Sie wirklich verfolgen und wer der einzige und letzte verbliebene Anwalt der Bevölkerung ist.

(Beifall bei der AfD - Dr. Falko Grube, SPD, lacht - André Poggenburg, AfD: Der deut- schen Bevölkerung! - Zuruf von der SPD)

- Nein, die AfD-Fraktion.

Das ist unsere einzige Möglichkeit hier, endlich mit der Wahrheit herauszurücken.

Worüber ich sehr erschrocken bin, auch als Steuern zahlender Bürger, war die Aussage, dass wir hier über lächerliche Summen sprechen würden. Wie gesagt, bei dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen sind das Schätzungen. Die Bundesrepublik Deutschland hat selbst zugegeben, dass sie die Summe nicht exakt beziffern kann. Die Schätzungen schwanken zwischen 100 Millionen € und 150 Millionen €. Ich halte das für sehr viel Geld.

Uns wird hier jeder Antrag zerfleddert, der auch nur wenige Euro kostet. Im Land Sachsen-Anhalt wurde beispielsweise das Blinden- und Gehörlosengeld um 1 Million € gekürzt - einfach um Geld für diese Aktivitäten hier bereitzustellen. Es ist doch ein Leichtes, das Geld entsprechend umzuschichten, damit es die Menschen erhalten, die es erwirtschaftet haben.

Bei dem zweiten Punkt sprechen wir doch nun wirklich nicht über Peanuts, sondern wir sprechen über viele Milliarden Euro, die eigentlich in einem Fonds liegen sollten, der für schlechte Zeiten gedacht ist und dafür aufgebaut wurde. Aber hier wurde das Geld abgesaugt.

Ich hoffe, es sehen möglichst viele Menschen in diesem Land, was mit ihrem Geld passiert ist, das eigentlich für die Zukunft gedacht war. - Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Herr Siegmund, Herr Dr. Grube hat eine Frage. - Bitte, Herr Dr. Grube, Sie haben das Wort.

Herr Siegmund, Sie haben gerade gesagt, dass im Land Sachsen-Anhalt das Blinden- und Gehörlosengeld gekürzt wurde, um das zu finanzieren, was Sie hier anprangern. Das würde bedeuten, dass wir aus dem Landeshaushalt diese Krankenkassen stützen.

(André Poggenburg, AfD: Das hat er so nicht gesagt!)

Nennen Sie mir doch bitte einmal die Stelle im Haushaltsplan, wo das steht.

Wissen Sie, Herr Dr. Grube, das Erste, was ich hierzu anmerken möchte, ist: gesunder Menschenverstand. Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Mir ist es völlig egal, in welchem Haushaltstitel das wie verplant wird. Das ist das Geld unserer Steuerzahler. Ob es nun bei der Krankenversicherung investiert wird - - Das wird doch auch irgendwie rückfinanziert. Natürlich ist das Geld der Steuerzahler; das wird dafür entsprechend aufgewendet.

Wir haben in den Haushaltsverhandlungen im Ausschuss Dinge aufgetan, die die Menschen in diesem Land wissen sollten. Dazu gehörte beispielsweise eine Reduzierung des Blinden- und Gehörlosengeldes von ca. 10 Millionen € auf 9 Millionen €. Das wurde im Ausschuss sogar noch als - Zitat - Verschiebebahnhof bezeichnet.

Es gibt aber noch mehr Summen, über die wir sprechen können. Ich habe jetzt noch ein wenig Redezeit. Was ist denn beispielsweise mit den 32 Millionen € in den Haushaltsplänen für den gendergerechten Umgang in den Ministerien? Erzählen Sie das einmal den Menschen. Es werden Mittel in Höhe von 32 Millionen € bereitgestellt, damit alles schön gendergerecht ist.

All das sind Positionen, die in diesem Schinken verschwinden, die wir in mühevoller Arbeit endlich aufgezeigt haben. Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, den Menschen in diesem Land ein paar Zahlen dazu aufzuzeigen. - Danke schön.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Ich danke dem Abg. Herrn Siegmund für die Ausführungen.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Einen Antrag auf Überweisung in einen Ausschuss konnte ich nicht wahrnehmen. Dann stimmen wir direkt über den Antrag der AfD-Fraktion in der Drs. 7/2097 ab. Wer für den Antrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die

AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Regierungskoalition und die Fraktion DIE LINKE. Stimmenthaltungen? - Diese sehe ich nicht. Damit hat der Antrag keine Mehrheit gefunden.

Wir kommen nunmehr zum letzten Tagesordnungspunkt, zu dem

Tagesordnungspunkt 15

Beratung

Überarbeitung und Fortschreibung der entwicklungspolitischen Leitlinien (EPL) Sachsen-Anhalt von 2000

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/2088

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/2127

Einbringer für die Fraktion DIE LINKE ist der Abg. Herr Gallert. Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es hat dann vielleicht doch eine etwas unfreiwillige Symbolik, dass dieser Tagesordnungspunkt heute als letzter aufgerufen wird.

Es geht um die Überarbeitung und Fortschreibung der entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 2000. Wir wollen, dass ein Dokument, das in den Jahren 1998 und 1999 erarbeitet und im Jahr 2000 vom damaligen Kabinett beschlossen worden ist, überarbeitet wird, und zwar zu einem durchaus, so finde ich, wichtigen Thema, nämlich dem Thema der Entwicklungspolitik.

Dazu kann man als Erstes die Frage stellen: Warum ist - zumindest auf der Ebene der Erarbeitung von Konzepten innerhalb der Landesregierung oder in diesem Parlament - seit 17 Jahren nichts passiert? Man wird - ich weiß nicht, wie es bei der AfD aussieht, aber bei den anderen Fraktionen ist es sicherlich so - wohl kaum jemanden finden, der sagt: Entwicklungspolitik ist völlig uninteressant, ist egal, ist ein unwichtiges Thema. Auf diese Frage wird man andere Antworten bekommen.

Wir haben aber ein Problem bei diesem Thema, und zwar die Frage nach der Relevanz des eigenen politischen Handelns. Wenn wir hier über mehr oder weniger Lehrer diskutieren - mein Fraktionsvorsitzender ist sozusagen ein beredtes Beispiel dafür -, dann wissen wir: Stellen wir 1 000 Lehrer mehr ein, dann haben wir demnächst weniger Unterrichtsausfall. Das kann man messen.

Bei der Entwicklungspolitik sieht die Situation ein wenig anders aus. Wenn wir im Land Sachsen

Anhalt mehr oder weniger CO2 in die Atmosphäre pusten, mehr oder weniger fair internationale Handelsbeziehungen pflegen, uns über Zulieferer mehr oder weniger an Waffenexporten beteiligen, hat das überall Auswirkungen, aber wir bemerken sie nicht direkt, sondern nur vermittelt. Das ist das Problem von Entwicklungspolitik, insbesondere im regionalen Bereich, insbesondere auch auf der Landesebene.

Das ist aber genau das Herangehen, das weltweit die Konflikte, das weltweit die Probleme verschärft. Deshalb ist es eben keine Überraschung, dass Waffenlieferungen in Krisengebiete am Ende über Kriege, die dort entstehen, und über Flüchtlinge, die zu uns kommen, auch uns in irgendeiner Art und Weise berühren.

Wir haben dann die Situation, dass häufig gesagt wird: Na ja, selbst wenn wir diese Relevanz anerkennen, was sollen wir denn machen? Wenn wir die Waffen nicht exportieren, dann verkaufen sie andere. Wenn wir das CO2 nicht in die Luft blasen, dann machen es andere. Wir machen sowieso so wenig Kohlendioxid, dass das international so gut wie keine Auswirkungen hat. Und für die Armut in der Welt sind wir per se nicht verantwortlich.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Richtig!)

Das ist das Problem. Und das wird jetzt exemplarisch vorgeführt: Das ist die beschränkte, begrenzte provinzielle Sicht auf unser Tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist das Problem, das wir überwinden müssen, liebe Kolleginnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Egal was wir tun, alles, was wir entscheiden, unsere Art und Weise zu leben, unsere Art und Weise zu wirtschaften, alles hat Auswirkungen im globalen Maßstab. Das hat Auswirkungen, die vielleicht nicht bei uns sofort spürbar sind, aber möglicherweise doch in anderen Gegenden dieser Welt. Wir sind vom Klimawandel bei Weitem nicht so hart betroffen wie die Sahelzone. Die Kriege finden nicht bei uns statt, wenn wir die Waffen exportieren.

Wir haben natürlich an verschiedenen Stellen sehr wohl Vorteile davon, wenn die Milchwirtschaft innerhalb Europas dadurch entlastet wird, dass wir Milchpulver in die Welt exportieren. Aber die Folgen, die daraus resultieren, sind in anderen Regionen und in anderen Ländern spürbar.

Wir unterliegen häufig noch der Illusion, dass unsere Art, politisch zu handeln, unsere Art, die Dinge politisch anzugehen und auch zu wirtschaften, vielleicht Folgen hat, wir sie aber nicht spüren werden. Das ist das Problem von Entwicklungs

politik. Deswegen ist es so schwer, darüber zu diskutieren.