Protocol of the Session on October 27, 2017

Wir haben die Situation, dass eine Tat, die illegal ist, trotzdem legitim sein kann. Um diesen Prozess geht es an der Stelle. Wenn jemand sein Haus zwölf Jahre lang verkommen lässt, ist das selbstverständlich legitim. Es geht gegen das gesunde Rechtsempfinden,

(Zuruf)

es geht gegen mein Rechtsempfinden, wenn das Grundgesetz nicht mehr angewandt wird,

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

das Eigentum auch verpflichtet. Dass wir in Europa Rechtskonstruktionen haben, wenn Sie Ihr Haus verfallen lassen und jemand anderes daherkommt und sagt, ich setze das wieder instand, dann haben Sie sogar einen Rechtsanspruch an diesem Haus erworben.

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

- Ja. Gucken Sie in andere europäische Länder und machen Sie mal den Blick weit auf: „Eigentum verpflichtet“.

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

Gut. Wenn Herr Büttner noch eine Frage hat, war es das bei der AfD.

(Matthias Büttner, AfD: Eine Nachfrage!)

- Ich lasse jetzt nur noch eine zu.

Das will ich.

Ja, dann machen Sie.

Herr Striegel, ich muss konstatieren: Was Sie hier ausführen, ist ein Schlag in das Gesicht jedes Immobilienbesitzers in diesem Land. Es ist ein Schlag in das Gesicht jedes Häuslebauers in diesem Land. Und, worauf ich hinaus will: Wenn ich mir Ihre Interpretation des Rechts anhöre, bin ich ganz stark an einen Reichsbürger erinnert; das muss ich mal so sagen.

(Beifall bei der AfD)

Nein, Herr Büttner, ich nehme das Grundgesetz ernst und sage: Eigentum verpflichtet, und wer sein Eigentum verkommen lässt, versündigt sich auch an uns allen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei und Zurufe von der AfD)

Jetzt kriegen wir uns alle mal wieder ein; sonst muss ich die Debatte an dieser Stelle abbrechen. Es haben sich als Nächstes gemeldet - -

(Unruhe bei der AfD)

Wie gesagt, es gibt zwei Nachfragen aus der AfD.

(Unruhe bei der AfD)

- Kriegen wir es jetzt mal in den Griff?

(Unruhe bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Nee! Es stimmt so einfach nicht!)

- Ich möchte das jetzt gern weitermachen; denn es gibt noch mehrere Wortmeldungen. Wenn wir allerdings nicht mehr in der Lage sind, uns gegenseitig zuzuhören, bzw. Fragen stellen, um die Antworten dann nicht zu hören, macht das keinen Sinn, dann können wir an dieser Stelle abbrechen.

(Zurufe)

Es gibt eine ganze Reihe von Wortmeldungen aus der CDU-Fraktion. Als Erstes der Kollege Scheurell. Er hat jetzt das Wort.

Mein lieber Kollege Striegel, den kontrapunktischen Satz hat sicherlich Johann Sebastian Bach zur Perfektion geführt. Im Concordia-Diskurs, sehr

geehrter Herr Striegel, also im streitenden Einklang, sollten Sie darüber hinaus nicht vergessen, dass Sie als rechtspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion bitte dem Unrecht - - Auch wenn ich Ihre Argumentation sicherlich aus Ihrer Sicht vielleicht nachzuvollziehen vermag: Das gibt Ihnen nicht das Recht, Unrecht zu Recht machen zu wollen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Darum, Herr Striegel, bitte ich Sie. Sonst wären Sie an der Stelle als Parlamentarier eine Fehlbesetzung Ihrer Fraktion. Dem wollen wir doch nicht Vorschub leisten.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Genau so ist es!)

Hoch verehrter Kollege Scheurell, ich habe nicht Recht zu Unrecht gemacht,

(Zuruf von der AfD: Doch!)

sondern ich habe auf legitimes versus illegales Verhalten verwiesen und habe gesagt,

(Ulrich Siegmund, AfD: Nee!)

dass es rechtfertigende Tatbestände geben kann,

(Ulrich Siegmund, AfD: Nee!)

und habe auf den Auftrag des Grundgesetzes verwiesen.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

- Selbstverständlich gibt es die. - Ich habe auf den Auftrag des Grundgesetzes verwiesen: Eigentum verpflichtet.

(Unruhe bei der AfD)

Wir wollen uns doch nicht darüber streiten, ob dieser Satz im Grundgesetz steht.

(Unruhe bei der AfD - Zuruf von Ulrich Sieg- mund, AfD - Weitere Zurufe)

Dann machen wir weiter. Es hat sich Herr Gürth gemeldet.

Verehrter Kollege Striegel, es war eigentlich eine Verständnisfrage. Aber Sie haben das jetzt schon ziemlich deutlich klar gemacht, dass Sie als Mitglied des Rechts- und Verfassungsausschusses dieses Hauses Rechtsbruch mit einer politischen und moralischen Begründung verteidigen.

Ist Ihnen als Rechtspolitiker bewusst, dass politisch-moralisch begründete Verdrehung und Aus

legung geltenden Rechts regelmäßig Wesensmerkmal von Diktaturen ist,

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zu- ruf von der SPD: Genau!)

dass Sie damit vielleicht den Spaten in die Hand nehmen, mit dem man die Grube für einen Rechtsstaat zumindest in der öffentlichen Diskussion mit ausheben könnte? - Man muss das ja abstrahieren.

Wenn man das mal auf die Spitze treibt: Da ist eine Immobilie. Die gehört mir nicht. Ich eigne sie mir durch Nutzung illegal an und begründe das damit: Die stand leer, wird nicht genutzt, Artikel 14 GG. Wenn ich das genauso abstrakt, ich sage mal, zuspitze, um es irgendwie zu legitimieren, könnten wir auch sagen: Herr Striegel fährt für sechs Wochen in den Urlaub nach Merseburg. Der braucht dann seine Immobilie nicht. Ich kenne eine ganze Reihe von Künstlern, die haben manchmal keine Unterkunft. Jetzt gehe ich mit meinen Freunden von der Punkband XY in das Haus Striegel, der die Immobilie nicht braucht; ich eigne sie mir also an, weil er sie nicht nutzt.

(Zurufe)