Protocol of the Session on October 26, 2017

(Beifall bei der CDU)

Auch dazu gibt es - ich erinnere gern daran - Aufträge dieses Landtages, die wir beherzigen müssen.

Es ist auch nicht richtig, dass die Anstalten seit dem Jahr 2009 dieselben Mittel erhalten, wie es immer wieder gern suggeriert wird. Richtig ist lediglich, dass es seitdem keine Beitragserhöhungen gegeben hat. Dennoch waren die Anstalten keinem wirklichen Spardruck ausgesetzt; denn die Beitragsumstellung hat höhere Nettoerträge gebracht. Es konnten, besser gesagt, es mussten auf Betreiben der KEF sogar Rücklagen gebildet werden.

Deren Auflösung sichert aktuell konstante Beiträge. Das ist gut. Aber mit ihrer bevorstehenden Aufzehrung steht jetzt erst erstmals wieder die harte Alternative im Raum, die lautet, Spar- und Reformdruck oder Beitragserhöhungen. Da muss man nicht lange drum herum reden.

Wir sollten den Spar- und Reformdruck aufrechterhalten, auch im Personalsektor. Ich will hier nicht das Thema Pensionen vertiefen. Ministerpräsident Ramelow von der LINKEN kritisiert beispielsweise scharf, dass die immer noch unbefriedigende Lage jetzt durch Tarifabschlüsse auf 15 Jahre festgeschrieben werden soll und dass damit weitere Potenziale für Beitragserhöhungen geschaffen werden. Er hat das aktuell gerade wieder getan. Und dass in diesem öffentlich-rechtlichen Konstrukt von ARD und ZDF alle Intendanten mehr verdienen als der Bundespräsident und jeder der gut 50 Direktoren mehr als ein Ministerpräsident, das darf man doch wenigstens mal hinterfragen, ohne gleich

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

als Gegner des öffentlich-rechtlichen Systems verunglimpft zu werden.

Brauchen wir wirklich - das ist eine selbstkritische Frage, die man in den Gremien stellen muss, bei der ARD schärfer noch als beim ZDF - über 150 Programme, die Öffentlich-Rechtliche im Radio, im Fernsehen und im Internet veranstalten? - Da gibt es Doppelungen. Man kann angesichts heutiger Reichweiten ohne qualitative Einbußen Vielfalt sichern und dennoch sparen, wenn man

etwas guten Willen hat; den habe ich bei Ihnen eben vermisst.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Wie geht es weiter, meine Damen und Herren? - Im Dezember wird die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten ihren Zwischenbericht vorlegen, der zur weiteren Konsolidierung des Zahlenwerks beitragen und auch Vorschläge für mehr Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit enthalten wird. Auf dieser Grundlage werden die Länder mit den Rundfunkanstalten, aber auch unter sich weiterverhandeln. Es wird nicht jeder Vorschlag sofort Wirkung entfalten, auch meiner nicht. Wir sollten uns dennoch alle Mühe geben, das jetzige Delta von sage und schreibe 2,17 Milliarden €, das in der nächsten Periode für Beitragsstabilität erforderlich wäre, möglichst weitgehend zu schließen. Das ist die Größenordnung. Herr Gallert, Sie gucken mich so fragend an.

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Aus anderen Gründen!)

- Nein, das ist die Größenordnung, vor der auch Sie stehen, wenn Sie keine höheren Beiträge rechtfertigen wollen.

Wir sollten uns bemühen, das Delta möglichst weitgehend zu schließen. Tabus helfen uns dabei nicht weiter, auch - das sage ich auch mal mit aller Deutlichkeit - Allgemeinplätze nicht.

Abschließend möchte ich noch kurz auf den zweiten Punkt eingehen: die zeitgemäße Formulierung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags, insbesondere mit Blick auf die im Internet angebotenen Telemedien. Insoweit fordert der Antrag der Fraktion DIE LINKE eine Reform, die insbesondere den Herausforderungen der Digitalisierung Rechnung tragen muss. Damit laufen Sie - im Grunde wissen Sie es auch, Herr Gebhardt - bei mir offene Türen ein.

Die Kritik eben war maßlos überzogen. SachsenAnhalt hat sowohl für das ARD/ZDF-Jugendangebot „funk“, das jetzt seit rund einem Jahr recht erfolgreich läuft, als auch aktuell für die Erarbeitung eines neuen Telemedienauftrags die Federführung übernommen. Ich möchte, dass die Rundfunkanstalten im Internet attraktive und qualitativ hochwertige Angebote machen können, die dazu beitragen, den Generationenabriss zu verhindern. Es besteht im Grunde genommen Einvernehmen darüber, dass diese Angebote im Schwerpunkt audiovisuell und auditiv sein sollen.

Sie kennen, nehme ich mal an, die schon fast ausverhandelte Einigung zwischen der ARD und den Zeitungsverlegern, die nach den Proportionen ein Drittel zu zwei Drittel - zwei Drittel auditiv und audiovisuell, ein Drittel textlich - schon paraphiert

war, aber dann bei der ARD und bei den anderen keine ausreichende Mehrheit gefunden hat.

Diese Angebote sollten aber auch - das ist mir wichtig - geeignet sein, die verfestigten Konflikte mit den Zeitungsverlegern und den Produzenten beizulegen. Niemand kann in diesen Konflikten gewinnen. Auch die Zeitungsverleger machen und verantworten qualitätsvolle Angebote, die ihre Daseinsberechtigung haben und ihre wirtschaftliche Basis sichern müssen. Dann muss man aufeinander zugehen, sonst werden wir insoweit nicht zu vernünftigen Ergebnissen kommen.

Wenn dies aber gelingt, was ich nach wie vor sehr hoffe, könnten auch hier Effizienzgewinne erzielt werden, zum Beispiel durch ein Angebotsminus bei den herkömmlichen Programmen und ein äquivalentes Angebotsplus im Internet. Die Intendanten haben erfreulicherweise zugesagt, im Sinne einer solchen Austauschentwicklung verfahren zu wollen. An dieser Stelle sind sie also Reformen durchaus zugeneigt.

Die Novellierung des Telemedienauftrags soll nun im 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag erfolgen. Die Ministerpräsidenten wollen darüber am 1. Februar 2018 entscheiden. So lange läuft die Diskussion dann noch. Im Februar 2018 werden die Themen „Datenschutz“ und „Kooperation“ im Rahmen einer sogenannten Betreuungsnorm für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk behandelt werden. Dazu wird der Landtag in Kürze eine offizielle Vorinformation erhalten.

Wir werden - das ist ganz klar - zu allen Themen im Gespräch bleiben müssen und ich freue mich darauf. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Robra. Es gibt Nachfragen. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass Sie alle schon hektisch auf Ihre Uhr geguckt haben. Aber ich kann Sie beruhigen, Sie haben jetzt jeder 15 Minuten mehr zur Verfügung, die der Minister jetzt gebraucht hat.

Erster Fragesteller ist Herr Gebhardt, dann Herr Gallert. Bitte, Herr Gebhardt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, ich wollte Sie fragen, Sie haben bewusst oder nicht bewusst zu einem Punkt nichts gesagt. Sie haben zwar etwas zu den Onlinedarstellungen in Textform gesagt, aber nicht bezogen auf die Notwendigkeit im Hinblick auf Barrierefreiheit. Deswegen möchte ich Sie gern bitten, uns dazu mal ein paar Sätze zu sagen; denn bisher war es Konsens im Haus, dass es gerade für diese Personengruppe, die auch Rundfunkbeiträge zahlt, ein Angebot

geben muss, mit dem sie auch was anfangen kann. Dazu gehört logischerweise auch entsprechend der Forderung der Behindertenverbände eine Vertextlichung, eine Verschriftlichung der Radiobeiträge. Sind Sie dafür oder sind Sie dagegen? - Sie haben nämlich im „MZ“-Interview klar von einem Verbot gesprochen.

Nein. Ich habe davon gesprochen, dass wir insgesamt bei den textlichen Angeboten eine Konzentration benötigen. Sendungstranskriptionen - der Begriff hat sich ja mittlerweile eingebürgert -, die zur Barrierefreiheit beitragen, können erhalten bleiben.

Herr Gallert, bitte, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Robra, ich weiß, Sie sind Jurist. Und Juristen haben die Eigenschaft, einem zu beweisen, dass sie genau das Gegenteil dessen gemeint haben, was sie gesagt haben. Deswegen frage ich Sie jetzt noch mal zur „Tagesschau“, damit ich weiß, was Sie gemeint haben. Sie haben auf die Frage, was mit der „Tagesschau“ passieren soll, wortwörtlich gesagt: In dieser Form ist sie überflüssig. Sie muss nicht verändert werden; sie ist überflüssig.

Nachdem ich dann gehört habe, was Sie heute gesagt haben und was Sie sonst erzählt haben, hieße das ja, dass sie bestenfalls versuchen, diese so umzustrukturieren, dass sie eine Art ZDF-Ländermagazin wird, was dann wieder das ZDF-Ländermagazin überflüssig machen würde. Aber darüber wollen wir jetzt nicht weiter reden.

Das bedeutet, Sie wollen also eine „Tagesschau“ haben, in der es keine nationalweite und auch keine internationale Berichterstattung mehr gibt.

Herr Robra, bitte.

Nein. Auch das ist eine Fehlinterpretation. Mir ist das wichtig, was ich hinreichend deutlich gemacht habe. Und wenn Sie sich die Mühe machen, den Pro-Media-Beitrag vom Januar diesen Jahres nachzulesen, dann sehen Sie, dass das auch substanziell nichts Neues ist. Mir ist wichtig, dass die regionale Komponente in der ARD deutlicher wird. Die DNA der ARD ist regional. Das muss deutlicher werden, auch in der „Tagesschau“. Deswegen habe ich gesagt: In dieser monoli

thischen Form, wie sie heute präsentiert wird, ist sie überflüssig. Aber wenn sie sich verändert, wenn sie sich reformiert, kann sie ihre Daseinsberechtigung bewahren. So ist es in anderen Bereichen auch. Ich erwarte nichts anderes.

Wenn Sie mit den Redakteuren der Landesrundfunkanstalten sprechen, dann werden Sie allenthalben mit der Sorge konfrontiert, dass es kaum noch gelingt, in die verfestigten Programmstrukturen der ARD landesspezifische Inhalte einzubringen, wenn die Konferenzen stattfinden. Es ist ein bisschen die Crux - Herr Gebhardt hat es ja gesagt -, dass die Verantwortlichkeiten für die Programme eben nicht unter einem Dach der ARD laufen, sondern bei den jeweiligen Landesrundfunkanstalten.

Die „Tagesschau“ macht der NDR. Der WDR hat als große Sendeanstalt natürlich auch wichtige Formate. Wenn dann unsere Leute da anklingeln, dann heißt es, eure Themen sind nicht wichtig, wir haben andere Themenschwerpunkte. Oder: Die Fenster sind schon zu. Stellt euch wieder hinten in der Reihe an.

Deswegen brauchen wir - darüber wird man, wenn man sich gelassener damit befasst, auch gar keine Zweifel haben - mehr Regionales in der ARD, im Ersten. Das Erste muss deutliche regionale Schwerpunkte ausbilden, sonst kommen wir Länder und wir ostdeutschen Länder erst Recht dort in Zukunft immer weniger vor. Wenn Sie die Entwicklung seit dem Jahr 1992 nachvollziehen, dann sehen Sie, dass sich das Erste immer weiter dem ZDF angeglichen hat, dass es von seiner Struktur, auch von der Vielfalt her, die es bietet, ein - ich sage es mal in Anführungsstrichen - ganz gewöhnliches nationales Programm geworden ist. Das ist nicht der ursprüngliche Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten der Länder.

Wenn wir uns jetzt, ohne dass wir schon über Strukturen debattieren, wenigstens einig werden könnten, dass diese regionale Präsenz der Länder mit ihren Themen in der ARD ein gemeinsames Anliegen ist, dann könnte Herr Gebhardt das in den Programmbeirat transportieren. Und wenn er bei den großen Westsendern dafür Mehrheiten fände, dann wären wir schon einen ganzen Schritt weiter. Ich habe bisher noch nicht gesagt, dass das im Staatsvertrag entschieden werden muss.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herr Gebhardt, eine Nachfrage.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, es hat doch dann aber zur Konsequenz, wenn ich

Ihr Modell jetzt weiterverfolge: Das ZDF ist das nationale Programm und die ARD sendet ein gemeinsames Programm „Erstes Deutsches Fernsehen“, das sich mehr aus den Ländern und aus den Regionalfenstern speist. Das hat doch dann aber nicht nur für die ARD eine Konsequenz, sondern auch für das ZDF. Das hieße unter Umständen, meiner Interpretation nach, dass das ZDF sofort seine Länderbüros schließen müsste, auch das in Sachsen-Anhalt. Wenn Sie das wollen: Haben Sie das schon mal im ZDF-Fernsehrat diskutiert und mit dem Intendanten besprochen? Wie waren denn da die Reaktionen?

Herr Minister, bitte.

Entschuldigung, ich weiß nicht, Herr Gebhardt, warum Sie immer in solchen extremen Positionen denken müssen. Denken Sie mal etwas moderater. Dann werden Sie feststellen: Auch die nationalen Themen speisen sich natürlich letztlich aus den Ländern. Auch die nationalen Themen finden in den Ländern statt.

(Zuruf von Wulf Gallert, DIE LINKE)

- Nein. - Das sind die großen Themen, die vielen, vielen Themen darüber - ich sehe es doch in der Kultur des Landes Sachsen-Anhalt -, was so alles bei uns läuft und was davon tatsächlich in den nationalen Programmen abgebildet wird.

Ich wünschte mir ja, dass zum Beispiel das Luther-Oratorium von Christoph Hein und Oscar Strasnoy, das mit großem Erfolg in Halle präsentiert worden ist und das wirklich bedeutsam war, irgendwo bei der ARD und beim ZDF käme. Da sage ich: Die Priorität liegt ganz klar bei der ARD; denn der MDR war da und hat für den mitteldeutschen Raum darüber berichtet. Nun bringen Sie mal das Material, das der MDR schon hat, bei „Titel, Thesen, Temperamente“ oder in einem anderen Kulturprogramm der ARD unter. Dann werden Sie sehen, was ich meine, wenn ich sage, es ist unglaublich schwer, in diesen kleinen Fenstern, die doch für all das offen sind, was in den kleinen Ländern unterhalb der großen nationalen Diskussionspunkte stattfindet, etwas zu platzieren. Das Gleiche gilt für die Debatte hier über die Schulpolitik. Das läuft in 16 Ländern

(Zuruf)

- ja, das ist so - in den Regionalprogrammen. Aber bei was weiß ich, zum Beispiel bei Frau Illner vom ZDF, werden Sie das nicht platzieren können. So ist die Realität und das ist bedauerlich.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Doch bevor wir in die Fünfminutendebatte der Fraktionen einsteigen, darf ich Schülerinnen und Schüler des Dr.-Carl-HermannGymnasiums in Schönebeck (Elbe) recht herzlich hier bei uns im Hohen Hause begrüßen.