Unterricht noch knapp 12 000 Vollzeitlehrkräfte zur Verfügung, sind es im laufenden Schuljahr nur noch knapp 11 750 Vollzeitlehrkräfte und damit etwa 250 Vollzeitlehrkräfte weniger als im Jahr zuvor. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die ganze und die wirkliche Wahrheit.
Um dieses enorme Defizit zumindest etwas zu reduzieren, soll nun verstärkt auf das billige Arbeitsvermögen der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst zurückgegriffen werden ohne Rücksicht darauf, dass es sich hier um ein Ausbildungsverhältnis handelt, das schlecht bezahlt wird und keine Verlässlichkeit hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Unterrichtserteilung gewährleistet.
Aber auch mit diesem Kunstgriff kann Minister Tullner nicht mehr überspielen, dass er den geringsten Lehrkräfteeinsatz zu verantworten hat, den dieses Land bisher gesehen hat. Noch nie standen so wenige Lehrkräfte vor der Klasse wie in diesem Schuljahr, und das, obwohl die Schülerzahl erneut um 1 800 gestiegen ist. Mindestens 120 zusätzliche Vollzeitlehrkräfte wären allein notwendig gewesen, nur um den Unterricht für diese Mehrschüler abzusichern.
Die Lehrerversorgung der Schulen hat sich in nur einem Jahr also im Saldo um mindestens 370 Vollzeitlehrkräfte reduziert. Einen solchen Crashkurs hat es bisher noch bei keinem Kultusminister gegeben.
Die reale Unterrichtsversorgung ist ohne Einrechnung der Bedarfsreduzierungen in diesem Schuljahr damit um mehr als 3 % gesunken und liegt nach 99,5 % im letzten Schuljahr nun nur noch real knapp über 96 %.
Diese Entwicklung kommt natürlich auch nicht so überraschend, wie es im Moment erscheinen mag; denn schon zum Jahresbeginn war im Bildungsministerium klar, dass der Haushaltsansatz nicht reichen würde, um den Bedarf bei steigenden Schülerzahlen zu decken und die Unterrichtsversorgung real auf über 100 % anzuheben.
Statt aber in den Haushaltsverhandlungen mit offenem Visier für die Schulen und die Unterrichtsversorgung zu streiten, hat sich Minister Tullner schon sehr frühzeitig darauf festgelegt, nach Möglichkeiten für bedarfsmindernde Maßnahmen zu suchen. Bedarf ist danach das, was ich organisieren kann.
Die Blaupausen dafür hat er im Ministerium bereits vorgefunden. Allerdings übersteigen die Konsequenz und die Härte, mit der Minister Tullner heute die Schulen mit Stundenkürzungen überzieht, die seines Vorgängers bei Weitem. Insofern
kann sich der Finanzminister über einen Schulminister freuen, den sein Vorgänger im Amt des Finanzministers Jens Bullerjahn sich immer gewünscht, aber nie bekommen hat. Ein Finanzer im Gewand des Bildungsministers; dazu kann man Herrn Schröder nur beglückwünschen.
- Schade. Aber er liest es vielleicht. - Weil die Landesregierung und Minister Tullner nicht gewillt und offenbar nicht in der Lage sind, ausreichend Lehrkräfte in die Schulen zu holen, werden in den nächsten Jahren ganze Schülergenerationen den Preis für diese Personalpolitik mit der Brechstange bezahlen; denn das, was wir gerade in den Schulen erleben, ist nicht etwa der Tiefpunkt einer verantwortungslosen Kürzungspolitik, sondern es ist immer noch erst der Anfang. Wir befinden uns auf einer schiefen Ebene, auf der das ganze Schulsystem gerade komplett ins Rutschen kommt.
Mit unserem Antrag wollen wir dieser Entwicklung Einhalt gebieten, solange es noch möglich erscheint.
Ich will an dieser Stelle mit zwei Legenden aufräumen, die gestrickt werden, um die wahren Motive und die eigene Untätigkeit dahinter zu verstecken. Die erste Legende ist, dass der Mangel an Lehrkräften daran läge, dass keine Lehrkräfte mehr zu finden wären. Dagegen steht aber, dass nach wie vor Hunderte Lehrkräfte nicht eingestellt werden. Sie bleiben durch die viel zu geringen und noch immer viel zu unflexiblen Ausschreibungen vor verschlossenen Schultüren stehen.
Minister Tullner schließt unter Missachtung unseres Beschlusses hier im Hohen Hause mit den Absolventen der Seminare nach wie vor keine Vorverträge ab und er geht auch bei der Flexibilisierung der Ausschreibungen nur in absoluten Minischritten vorwärts. Wir könnten viel mehr Lehrkräfte in unseren Schulen haben, wenn es Minister und Landesregierung nur wollten.
Die zweite Legende ist die von den zu kleinen Grundschulklassen, die angeblich gebildet werden, weil die Schulen bisher zu großzügig mit Lehrerstunden versorgt worden wären.
Die Fakten besagen, dass unsere Grundschulklassen bereits im vorletzten Schuljahr durchschnittlich genauso groß waren wie zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen, BadenWürttemberg oder Hessen.
Fakt ist darüber hinaus, dass wir bei der entscheidenden Vergleichsgröße, nämlich den Zuweisungen an Lehrerwochenstunden im vorletzten Schul
Mit den aktuellen Kürzungen, um die es heute in unserem Antrag geht, dürften wir bei den Lehrerstundenzuweisungen jetzt bundesweit einmal mehr die Rote Laterne übernommen haben.
Die Größe von Klassen wird in erster Linie durch die Zügigkeit der Schulen, also durch die Konzentration der Schülerinnen und Schüler an den Schulstandorten, bestimmt. Dass wir in SachsenAnhalt relativ kleine Schulen mit relativ geringer Zügigkeit haben, liegt aber ausschließlich daran, dass wir eines der am dünnsten besiedelten Bundesländer sind, und es liegt darüber hinaus auch daran, dass wir von allen Bundesländern nach wie vor die geringste Geburtenrate haben.
Größere Klassen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können nur erreicht werden, wenn noch mehr Schulen geschlossen werden. Dem haben aber alle Fraktionen aus absolut vernünftigen Gründen inzwischen einen Riegel vorgeschoben. Dann müssen wir aber auch hier, im Hohen Haus, die Konsequenzen dieser Entscheidung tragen.
Was Minister Tullner mit der Verweigerung von Lehrerzuweisungen jetzt veranstaltet, ist der Versuch, die Schüler in den Grundschulen dafür bezahlen zu lassen, dass wir ein dünn besiedeltes Land sind und zu wenig Kinder geboren werden. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nicht. Dafür sitzen wir hier, dass wir selbst die Verantwortung für unsere Entscheidungen übernehmen und sie nicht bei den uns anvertrauten Schülerinnen und Schülern abladen.
Gegen die Kürzungen haben sich schon vor dem Sommer mehr als 130 Schulleitungen von Grundschulen in einem Brandbrief an den Minister gewendet. Fachorganisationen, Eltern und kommunale Parlamente sind empört und haben das durch Stellungnahmen und Petitionen, aber auch durch die breite Unterstützung für die Volksinitiative „Den Mangel beenden! - Unseren Kindern Zukunft geben!“ sehr deutlich gemacht.
Die Menschen erwarten von uns, dass wir ihre Erwartungen ernst nehmen und verantwortungsbewusst handeln. Die Schulpflicht darf nicht weiter ausgehöhlt und auf dem Altar des Haushaltes geopfert werden.
Das gilt auch für die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, in denen die fortgesetzten Kürzungen bei den Stundenzuweisungen zum Beispiel inzwischen zu einem Niedergang der zweiten Fremdsprache führen. Es gilt darüber hinaus für die verlässliche Öffnungszeit der Grundschule, die faktisch in vielen Schulen bereits aufgehoben ist, obwohl sie noch im Schulgesetz steht und erfüllt werden muss. Aber eine Grundschule mit
Massive Reaktionen gibt es auch auf die neue Verordnung über den Vorbereitungsdienst der Lehrkräfte. Die Verschärfung des eigenverantwortlichen Unterrichts und die fast vollständige Anrechnung auf die Unterrichtsversorgung führen dazu, dass sich immer mehr Schulen aus Selbstschutz der Ausbildung von Lehramtsanwärtern verweigern und die angehenden Lehrkräfte dadurch teilweise große Schwierigkeiten haben, eine Ausbildungsschule für das Referendariat zu finden.
Statt auf diese Zeichen nun endlich vernünftig zu reagieren und diese Fehler zu korrigieren, hört man von Überlegungen im Bildungsministerium, die Schulen zu zwingen, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst aufzunehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Schulen werden also unter dem Diktat des Haushaltes und des selbst verschuldeten Personalmangels zunehmend nur noch durch Zwangsmaßnahmen regiert. Das aber wird das Schulsystem nur noch schneller kollabieren lassen. Dieser Weg muss beendet werden. Der Minister muss die Kürzungen der Stundenzuweisungen und die Änderung der Verordnung über den Vorbereitungsdienst wieder zurücknehmen.
Wir müssen in gemeinsamer Anstrengung dafür sorgen, dass wieder genügend Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiterinnen für die Schulen zur Verfügung stehen. - Vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Ich danke dem Abg. Lippmann für die Ausführungen. - In der folgenden Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht Minister Herr Tullner. Herr Minister Tullner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst greife ich zum Wasser und lasse die Rede des Kollegen Lippmann noch ein bisschen in mir wirken, weil ich ein bisschen Schwierigkeiten hatte, den roten Faden zwischen dem, was vorgetragen wurde, und dem, was im Antrag steht, zu finden. Am Ende war dann eine Kurve erkennbar.
dass dort ein völlig unfähiger, vom Finanzministerium gesteuerter Dämlack sitzt und nichts will, außer Schulen zu quälen.
Wenn wir das auf den Film „Herr der Ringe“ fokussieren, dann bin ich Sauron, der im Turm von Mordor sitzt und dabei ist, alles zu verschlechtern und zu verhindern, dass Lehrer eingestellt werden und im Übrigen vermutlich auch dem Bildungsverfall Vorschub leisten will, weil ich kein Interesse daran habe, dass unsere jungen Leute Bildung bekommen. - Das war die Botschaft, die bei mir angekommen ist.
Sie haben sicherlich viel Verständnis dafür, dass ich diese Botschaft ausdrücklich nicht teile und Sie herzlich bitte, vielleicht ein bisschen differenzierter auf die Welt zu sehen und das, was ich tue, auch in einem milderen Lichte zu betrachten.
Ich finde es bei allen Zuschreibungen, die man sich hier machen kann, unpassend, wenn man in eine holzschnittartige Schwarz-Weiß-Logik verfällt. Das nützt zumindest den Schulen nichts und mich werden Sie damit nicht erfreuen. Das ist auch nicht Ihre Aufgabe; das will ich ausdrücklich sagen. Aber das finde ich doch ein bisschen schwierig.
Was haben wir eigentlich gemacht, meine Damen und Herren? - Wir befinden uns in einem Umbruch. Das ist übrigens in ganz Ostdeutschland so; das sieht man in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und in Sachsen und auch bei uns. Ich habe gerade gestern gelesen, dass die GEW Brandenburg meinem nicht mehr im Amt befindlichen Kollegen Baaske vorgeworfen hat, er würde Bäcker und Fleischer als Seiteneinsteiger in Grundschulen einstellen. Wir kommen aus einer Zeit, in der der Personalabbau das Hauptthema im Lehrerbereich war. Wir schwenken nunmehr in fast allen Ländern auf den Personalaufbau um. Das hat Schleifspuren.
Die Schleifspuren merken wir tagtäglich in den Schulen. Wir haben Probleme. Wir haben es erkennbar mit den Themen Unterrichtsversorgung, Unterrichtsausfall und Überalterung von Kollegien zu tun.
Ich glaube aber, eines sagen zu können: Diese Koalition hat im Koalitionsvertrag niedergelegt und klar und deutlich gemacht, dass die Trendwende da ist. Wir stellen 500 VZÄ mehr zur Verfügung. Wir stellen mehr Lehrer ein und wir werden auch mehr Lehrer vor den Klassen haben.
Sie sind ein Meister darin, die Zahlen zu bemühen. Ich habe es aufgeben, zu zählen, wie viel Zahlen Sie heute bemüht haben. Ich werde mir