Protocol of the Session on September 28, 2017

Auch bei uns war das vor Aufklärung und Romantik nicht anders. Erst im Durchgang durch diese beiden Epochen, durch Aufklärung und Romantik, entstand der historische Sinn, der auch speziell uns Deutsche auszeichnet.

Da der Islam nicht nur keine Aufklärung, sondern auch keine Romantik durchgemacht hat, konnte er nie einen Sinn für den ganz eigenen Wert der anderen, vergangenen Zeit entwickeln. Wenn wir uns also um den Erhalt der Archivbestände bemühen, dann sollten wir uns bewusst sein, dass wir damit einer kulturspezifischen Prädisposition folgen. Und wenn wieder einmal jemand die dumme Frage stellt, worin denn die deutsche Kultur besteht,

(Hendrik Lange, DIE LINKE, lacht)

so findet er darin eine mögliche Antwort.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. Daher danke ich dem Abg. Dr. Tillschneider für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Schumann. Herr Schumann, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag zum Schutz des schriftlichen Kulturgutes wird eine wichtige Grundlage gelegt für den Erhalt dieser für die Geschichte unseres Landes überaus wichtigen und unersetzlichen Quellengattung.

Schriftliche Nachrichten verfasst der Mensch seit Jahrtausenden.

(Minister Marco Tullner führt an der Regie- rungsbank ein Gespräch)

- Ich dachte, der Bildungsminister hört mir auch zu. - In den Archiven unseres Landes werden Dokumente gelagert und untersucht, die deutlich älter als 1 000 Jahre sind.

Spektakulär sind natürlich die Verluste ganzer Bibliotheken und Bibliotheksteile. Der prominenteste Fall ist sicherlich der Verlust der berühmten antiken Bibliothek von Alexandria in Ägypten. Dort sind Schriftrollen aus der Antike unwiederbringlich verloren gegangen, vermutlich im dritten Jahrhundert.

Aber auch in jüngeren Zeiten haben wir teilweise gravierende Verluste zu beklagen. Genannt seien

hier die durch die beiden Weltkriege vernichteten Urkunden. Darüber hinaus gehen auch in Friedenszeiten Urkunden und anderes bedeutendes Schriftgut verloren, wie etwa bei dem Archiveinsturz in Köln im März 2009 oder bei dem im Antrag genannten Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im September 2004.

In Weimar sind 50 000 Bücher verloren gegangen. Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs war so zerstörerisch, dass geschätzt 200 ausgebildete Restauratoren 30 Jahre und mehr mit der Schadensbeseitigung beschäftigt sein werden.

Auch in Magdeburg hat es gravierende Verluste zu beklagen gegeben, so etwa durch den Dombrand 1207 sowie die kriegerischen Zerstörungen in den Jahren 1631 und 1945.

Auch aus anderen Städten Sachsen-Anhalts kann man Ähnliches berichten.

Um den Erhalt des Kulturgutes geht es uns. Den täglichen Kampf der Bibliothekare, Archivare und Restauratoren gegen den berühmten Zahn der Zeit wollen wir unterstützen. Säure, Schimmel, Tintenfraß und Feuchtigkeit sowie schlechte Lagerbedingungen sind unsere Gegner.

Die Digitalisierung in unseren Archiven muss weiterhin unterstützt werden, um die Schätze und Urkunden der breiten Bevölkerung auch digital zugänglich zu machen, sie für die Nachwelt digital zu sichern und Originale dadurch zu schonen.

Das Sonderprogramm der Bundesregierung zum Erhalt des schriftlichen Kulturgutes fördert 50 % der Kosten. Was uns in Sachsen-Anhalt fehlt, ist ein flankierendes Landesprogramm für Bibliotheken und Archive.

(Unruhe)

- Soll ich kurz unterbrechen?

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Es gibt Neben- geräusche!)

Ein solches Programm gibt es bereits in fast allen Bundesländern außer in Bremen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt.

Meine Damen und Herren! Aus dieser Liga müssen wir heraus. Es ist als Kulturland unsere Pflicht, an dieser Stelle zu handeln, wenn wir nicht wollen, dass dieses Programm zum großen Teilen an unserem Bundesland vorbeiläuft. Es ist für Stiftungs- und kommunale Bibliotheken sowie Archive wirtschaftlich unmöglichen, die fehlenden 50 % der Sanierungskosten allein zu tragen. Die Einrichtungen brauchen unsere Unterstützung. Lassen Sie uns also gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die notwendigen rechtlichen Grundlagen gelegt werden und die Sanierung mit mehreren Partnern gesichert werden kann.

Und lassen Sie uns mittelfristig nicht dabei stehen bleiben.

(Unruhe)

- Es ist sehr unruhig. Es ist nicht sehr angenehm, gegen diesen allgemeinen Redeschwall zu sprechen.

Ich möchte bitten, auf den Regierungsbänken rechts und links etwas mehr Disziplin zu wahren. Ich denke, dass es sehr störend ist, wenn man angesichts dessen einen Vortrag hält.

(André Poggenburg, AfD: Vor allem links!)

Mittelfristig ist im Bereich der wissenschaftlichen Aufarbeitung unserer Quellen sowie deren Erschließung und regelmäßigen Präsentation für die Öffentlichkeit ebenfalls noch viel zu tun.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und um die punktweise Abstimmung des Änderungsantrages. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Es gibt keine Fragen. Dann danke ich dem Abg. Schumann für die Ausführungen. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Gebhardt. Herr Gebhardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir begrüßen diesen Antrag der Koalition zum Erhalt des schriftlichen Kulturgutes ausdrücklich und bedanken uns sehr herzlich dafür.

Die Sicherung des schriftlichen Erbes gehört ganz zentral zum Erhalt unseres vielfältigen kulturellen Erbes. Spätestens mit der Recherche und den Empfehlungen der KEK - das wurde schon angesprochen - ist klar, dass diese Aufgabe Archive und Bibliotheken allein überfordern würde und Bund und Länder vor einer enormen Herausforderung stehen, die nur gemeinsam bewältigt werden kann.

Neben der fachgerechten Aufbewahrung in Bibliotheken und Archiven gehören die Entsäuerung und Schädlingsbekämpfung, die Restaurierung und präventive Maßnahmen sowie die Digitalisierung, die Langzeitarchivierung und die Zugänglichungmachung zur dauerhaften Sicherung des schriftlichen Kulturgutes.

Wenn man also diesen Antrag zum Erhalt des schriftlichen Kulturgutes einbringt und die Hand

lungsempfehlungen der KEK voranstellt, muss man aus unserer Sicht eben auch die Digitalisierung und damit die Zugänglichungmachung der Schriften für Lehre, Forschung, Wissenschaft, Kultur und Bildung explizit berücksichtigen und untersetzen. Deswegen auch unser Änderungsantrag.

Aus unserer Sicht ist es wichtig zu unterstreichen, Originalerhalt und Digitalisierung sind nicht austauschbar. Das Verfahren des Originalerhalts ist sehr aufwendig, zeit- und auch kostenintensiv. Dennoch müssen wir uns dieser Aufgabe stellen, um das schriftliche Original nicht unwiderruflich dem Verfall zu überlassen. Die Sicherungsverfilmung als Mittel der Langzeitarchivierung ist derzeit die Methode, um Originale zu schützen und deren Inhalte dauerhaft zu bewahren, und verschafft uns in dem gesamten Prozess der Sicherung auch etwas Zeit.

Heutzutage ist es darüber hinaus unumgänglich, den Zugriff auf Originalschriften für eine breite Öffentlichkeit zu gewährleisten. Digitalisierung ist aus unserer Sicht das Mittel der Wahl, das jedoch weder Langzeitarchivierung noch Originalerhalt ersetzen kann.

Größtmögliche Erfolge bei der Sicherung von schriftlichem Kulturgut erhält man demnach nur, wenn alle Maßnahmen gemeinsam angewendet werden. Um für Sachsen-Anhalt ein vernünftiges Konzept zu entwickeln, bedarf es aus unserer Sicht deshalb auch einer Gewichtung zwischen diesen drei Methoden unter Einbeziehung möglichst vieler Akteure im Land. Auch das beantragen wir in unserem Änderungsantrag.

Dementsprechend möchten wir, dass der Landesverband der Bibliotheken als Dachverband für Bibliotheken im Land mit seinem umfangreichen Netzwerk bereits in der konzeptionellen Phase eingebunden wird. Als Fachverband ist der Bibliotheksverband in dieser Frage anerkannt und demzufolge auch in der Lage, die Situation einzelner Bibliotheken bereits in der Planungsphase einzubringen. Das spart letztlich auch Zeit, die wir benötigen, um diese Aufgabe insgesamt schnellstmöglich in Angriff zu nehmen.

Insofern noch einmal herzlichen Dank an die Koalitionsfraktionen für diesen aus unserer Sicht wichtigen Antrag und auch herzlichen Dank für die Zusage, zumindest teilweise zuzustimmen. Demzufolge hätten wir auch beantragt, den Änderungsantrag punktweise abzustimmen. Ich gehe nach den Äußerungen von Frau Dr. Pähle davon aus, dass unserem Änderungsantrag zumindest zu zwei Dritteln zugestimmt wird. Damit sind wir, um es vorsichtig zu sagen, nicht unzufrieden. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Dann fahren wir fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede hervorheben, dass die Koalitionsfraktionen einen Antrag von enormer Wichtigkeit stellen und sich bei diesem Thema einmal alle uneingeschränkt einig sind.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Der Schutz des schriftlichen Kulturgutes stellt uns vor eine große Aufgabe. Nur gemeinsam und in Einigkeit werden wir diese Herausforderung auch meistern können. Ich sehe, dass sich das gesamte Haus in diesem Thema einig ist. Das ist sehr schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Minister Marco Tullner)

Der Minister hat erwähnt, dass allein für die Sicherung des schriftlichen Kulturgutes im Land Sachsen-Anhalt rund 188 Millionen € benötigt werden. Auch wenn der Bund signalisiert hat, seine Mittel aufzustocken, bleibt es ein Kraftakt, den wir als Land mit den Kommunen und mit den jeweiligen Einrichtungen stemmen müssen.

Ich möchte deshalb noch einmal zwei Punkte besonders hervorheben. Ein wesentlicher Aspekt der Handlungsempfehlungen der Koordinierungsstelle ist die Investition in die Präventionsmaßnahmen, sodass ein langfristiger Verlust des schriftlichen Kulturgutes vermieden bzw. verhindert werden kann. Diese Empfehlung geht aus unserer Sicht mit der Empfehlung zur Begleitforschung einher. Das heißt mit anderen Worten, dass wir als Land auch in die Forschung zum längerfristigen Schutz unserer Archive investieren sollten.