Protocol of the Session on May 31, 2016

Es besteht aber eben die erhebliche Gefahr, dass es nicht bei kleinen Beträgen bleibt. Es wäre zu erwarten, dass die Betroffenen, in deren Rechtspositionen wir zwangweise eingreifen, also die kommunale Ebene, auf breiter Front Forderungen gegen den Landeshaushalt geltend machen. Der Umfang ist unklar.

Das, meine ich, kann es nicht sein. Wir können nicht anfangen, die privaten Vorteile bei den Privaten zu belassen und die Kosten dafür auf die Steuerzahler - nichts anderes ist die Forderung nach Zahlungen aus dem Landeshaushalt - abzuwälzen. Das wäre die klassische Sozialisierung von Verlusten.

(Zustimmen bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Vor dem Hintergrund dieser Gefahren, die uns letztlich nicht näher an eine faire Lösung bringen,

sondern Probleme schaffen, haben wir von einer zwangsweisen Lösung zugunsten der Ermöglichung von Lösungen vor Ort abgesehen.

Ich hätte die Problematik gern heute abschließend vom Tisch gebracht bzw. am Freitag abschließend vom Tisch gebracht. Was 2014 auch möglich gewesen wäre - das ist richtig -, ist es 2016 eben nicht. Kenia tut jetzt das, was es derzeit kann.

An der Lockerung der Betragserhebungspflicht - das ist noch eine andere Frage - sind wir dran. Es ist vereinbart, dass wir in diese Richtung gehen und dabei noch Erleichterungen bringen.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, auch wenn uns klar ist, dass das, wenn wir es beschließen, nicht allgemein eitel Freude auslösen wird.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das habe ich ja auch nicht behauptet!)

Aber das ist das, was wir im Moment für die Menschen tun können. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. - Für die SPDFraktion spricht die Abg. Frau Schindler. Bitte, Frau Schindler.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner sind schon darauf eingegangen: Das Kommunalabgabengesetz ist ein Gesetz, das den Landtag in verschiedensten Formen in verschiedenen Sitzungen über die gesamten Legislaturperioden hinweg schon mehrfach beschäftigt hat, meist aber aus der Sicht heraus, dass Unzufriedenheit vor Ort besteht und Regelungen den Gegebenheiten angepasst werden sollten. Deshalb auch meinerseits noch einmal ein Blick zurück. Wo kommen wir her?

Heute ist viel genau über die Fälle gesprochen worden, bei denen es nicht funktioniert und bei denen es nicht ordnungsgemäß abgelaufen ist. Worüber wir nicht sprechen, das sind die vielen Verbände und die vielen Städte und Gemeinden, die ordnungsgemäß ihre Anlagen errichtet, kalkuliert und abgerechnet haben, die Beitragsbescheide und Gebührenbescheide erlassen haben.

Viele Bürger im Land - das ist die Mehrheit - haben Gebührenbescheide erhalten und auch gezahlt; das wurde rechtmäßig durchgeführt. Wenn wir heute nur über diese Unzufriedenen reden, die nun entsprechend zahlen müssen, dann lassen

wir dabei die Hunderttausende völlig außer Acht, die gezahlt haben, rechtmäßig gezahlt haben.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Gebühren oder Beiträge?)

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Wir haben eben nur über Beiträge geredet!)

- Wir reden heute über Beiträge. - Ich habe aber auch gesagt - die Gesamtproblematik betrifft ja alles -: Wenn wir heute schon darüber diskutiert haben, dass wir die Beitragspflicht verändern wollen, dann reden wir auch wieder über die Belastung mit Gebühren. Genau das ist die Diskussion. Ich muss Ihnen darin recht geben: Sie diskutieren nur für die Fernsehkamera, nämlich nur für die Unzufriedenen.

(Zuruf von Robert Farle, AfD - Lachen und Zustimmung bei der AfD)

Die Zufriedenen und diejenigen, die eben rechtmäßig gehandelt haben, lassen Sie völlig außer Acht.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Sebastian Striegel, GRÜNE: Gestörtes Verhältnis zum Rechts- staat!)

Wo kommen wir außerdem her? - Die Verbände und die Gemeinden mussten investieren, damit unsere Abwässer - wir kennen den Zustand; wir wissen, wie es im Jahr 1990 war - ordnungsgemäß gereinigt werden, damit Betriebe, auch die Kleinunternehmer, in Sachsen-Anhalt überhaupt investieren konnten. Denn sonst hätten die Abwässer nicht ordnungsgemäß beseitigt werden können.

Diese Investitionen waren notwendig; sie müssen aber natürlich auch refinanziert werden. Sie müssen refinanziert werden von denen, die davon profitieren. Das ist das rechtsstaatliche System in unserer Bundesrepublik Deutschland.

All dies vorausgeschickt, haben wir natürlich die verschiedensten Probleme mit dem Kommunalabgabengesetz und mit dem Thema des Herstellungsbeitrages II, um den es hier ganz konkret geht. Wir haben uns vor der Wahl, während des Wahlkampfes und natürlich auch jetzt in dem ersten Gesetzgebungsverfahren in diesem neuen Parlament damit beschäftigt.

Auch einer unserer letzten Beschlüsse in der letzten Legislaturperiode, der Beschluss vom 27. Januar 2016, befasste sich mit der Problematik der Rechtssicherheit bei rückwirkender Feststellung von Anschlussbeiträgen. Bereits damals haben wir hier im Hohen Haus klargestellt, dass wir uns zu dem im Jahr 2014 beschlossenen Gesetz bekennen, dass wir aber eben das Moratorium ein

setzen wollen, weil seit der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2014 mehrere Gerichtsurteile ergangen sind, unter anderem das Urteil des Verfassungsgerichts vom 12. November 2015, das das Gesetz, welches wir im Jahr 2014 beschlossen haben, wieder neu in Betracht zog.

Genau diese Überlegung war es, die uns sagen ließ: Wir brauchen jetzt das Moratorium, um diese Regelung zu überprüfen. Das betrifft vorrangig natürlich die Übergangsregelung in § 18 Abs. 2; diese sollte entsprechend geprüft werden können.

Die Regelungen, zu denen wir jetzt dieses Moratorium unterstützen, haben meine Vorredner von der CDU und von den GRÜNEN sowie der Minister dargestellt, auch, welche Möglichkeiten wir schaffen wollen, damit wir für die Zeit bis zur Prüfung des Gesetzes auf seine Verfassungsmäßigkeit - das Normenkontrollverfahren, das durch DIE LINKE beantragt worden ist - die Verbände in die Lage versetzen, von ihrer Beitragseinziehungspflicht abzulassen.

Und - ich betone das, weil ich in meiner Fraktion die kommunalpolitische Sprecherin bin - wir akzeptieren die Entscheidung der kommunalen Selbstverwaltung. Wir achten die kommunale Selbstverwaltung. Deshalb müssen wir auch an dieser Stelle diese Entscheidung in der kommunalen Selbstverwaltung belassen. Es ist dann nämlich eine Entscheidung vor Ort, wie es auch in der Vergangenheit gewesen ist. Unterschiedliche Tatbestände vor Ort ziehen auch unterschiedliche Entscheidungen und Regelungen nach sich.

Bei der Erstattung der finanziellen Aufwendungen seitens des Landes, wie sie in dem Gesetzentwurf der LINKEN vorgesehen ist, entsteht nämlich genau diese Ungerechtigkeit, die ich am Anfang meiner Rede dargestellt habe, die Ungerechtigkeit gegenüber denen, die ordnungsgemäß

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Minister Marco Tullner)

und auf ordnungsgemäßen Rechtsgrundlagen die Zahlungen durchgeführt haben. Eigentlich hätte dieses Thema längst abgeschlossen sein können.

Ich habe es hier im Hohen Haus schon mehrmals gesagt: Es gibt viele Verbände, die diese Beiträge nicht als Herstellungsbeitrag II, sondern als, wie es ursprünglich im Kommunalabgabengesetz vorgesehen ist, Verbesserungsbeitrag erhoben haben, im Jahr 2000, im Jahr 1999, im Jahr 2003, und zwar rechtmäßig.

Lassen Sie uns deshalb das Kommunalabgabengesetz, wie es in dem Entwurf der Koalitionsfraktionen vorgeschlagen wird, dahin gehend ändern, dass die Erleichterungen, die wir mit diesem Gesetzentwurf, mit diesen Änderungen vorschlagen, in Kraft treten können, sodass die Verbände

entsprechend handlungsfähig gemacht werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Minister Marco Tullner)

Sehr geehrte Frau Schindler, würden Sie eine Frage des Abg. Backhaus zulassen?

Ja, bitte.

Bitte, gern. - Herr Backhaus, Sie haben das Wort.

Werte Frau Kollegin, ich selbst bin Verbandsvertreter des AZV Merseburg. Sie haben von kommunaler Selbstverwaltung gesprochen. Meine Frage geht dahin: Der Abwasserzweckverband Merseburg hat ganz bewusst den Beschluss gefasst, keine Erhebung des Herstellungsbeitrags II zu veranlassen bzw. die Bürger zur Zahlung zu „verdonnern“ - ich drücke es einmal so aus. Wir wurden allerdings durch das Landesverwaltungsamt dazu angewiesen; wir müssen. Wo ist hierbei für Sie die kommunale Selbstverwaltung noch intakt?

(Zuruf von Rüdiger Erben, SPD)

Frau Schindler, bitte.

Kommunale Selbstverwaltung ist in den Grenzen der Gesetze möglich. Wenn es eine gesetzliche Verpflichtung zur Erhebung der Beiträge gibt, dann kann eine Verbandsversammlung nicht entscheiden, davon abzulassen.

(Zustimmung bei der SPD - Nadine Ham- pel, SPD: Richtig! - Minister Jörg Felgner: Klare Rechtslage!)

Vielen Dank, Frau Abg. Schindler. - Wir kommen zum Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Eisenreich, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich vorhin schon Gelegenheit hatte,

recht ausführlich zu sprechen, gestatten Sie mir, es jetzt kurz zu machen.

(Zuruf von der CDU)

- Sehen Sie, so bin ich.