Protocol of the Session on April 7, 2017

Deshalb hat die Landesregierung als Mitantragsteller im Bundesrat am 31. März 2017 eine Entschließung eingebracht, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, die Länder in die Verhandlungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs und zum Abschluss einer neuen Partnerschaft der EU mit dem Vereinigten Königreich einschließlich etwaiger Übergangsregelungen zur Vermeidung eines ungeordneten Austritts eng einzubeziehen und entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angemessen zu beteiligen.

Die Bundesregierung scheint damit noch zu fremdeln, aber wir werden die Forderungen der Länder in den nächsten Monaten parallel zum Fortgang der Verhandlungen unverdrossen weiter konkretisieren.

Schon heute zeichnet sich ab, dass die Forderung, das Vereinigte Königreich möge seine finanziellen Verpflichtungen aus dem mehrjährigen Finanzrahmen bis zum Jahr 2020 in vollem Umfang erfüllen, eine unserer Kernforderungen darstellen wird; denn ein vorzeitiger Ausstieg könnte sich auf die Zahlungen aus den europäischen Fonds an Sachsen-Anhalt und damit auf unsere mittelfristige Finanzplanung und unsere operationellen Programme auswirken. Das gilt es jetzt aus der Sicht des Landes unter allen Umständen zu vermeiden.

Meine Damen und Herren! Ich bin gern bereit, den Landtag beispielsweise über den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien über den Stand und den Fortgang dieser Debatten zu unterrichten, damit Sie immer zeitnah alle Informationen haben, die erforderlich sind, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff)

Vielen Dank, Herr Robra. Ich sehe eine Wortmeldung. - Herr Raue.

(Alexander Raue, AfD: Das ist eine Zwi- schenintervention!)

Bitte.

Herr Robra, Sie betonen immer so schön den wirtschaftlichen Erfolg - das hat auch Herr Gallert getan -, den Deutschland und auch die kleinen Arbeiter von der Europäischen Union haben.

Wie stehen Sie eigentlich dazu: 800 Milliarden € Target-2-Salden? - Das ist doch eigentlich das Gleiche, als würde man Waren produzieren und anderen Staaten Geld geben, damit sie die Waren bei uns kaufen können. Dann können wir sie doch gleich verschenken. Wir haben 800 Milliarden €, die ausstehen, die höchstwahrscheinlich niemals ausgeglichen werden. Irgendwann werden wir sie abschreiben.

Das Geld aus der Europäischen Union, das Sie so gern für uns einkassieren wollen, ist doch letztlich deutsches Geld. Das ist linke Tasche, rechte Tasche. Ich kann darin einfach keinen Weg mehr sehen.

Ich kann nur sagen: Wir müssen den Euro abwickeln. So kann es nicht mehr funktionieren.

(Florian Philipp, CDU: Das ist Wertschöp- fung bei uns!)

- Natürlich liegt die Wertschöpfung bei uns, aber wir verschenken ja die Werte. So sieht es aus. Wir kaufen international Rohstoffe ein, veredeln diese Rohstoffe, konstruieren daraus Maschinen - und vergeben die Maschinen. Wir verkaufen sie ja gar nicht; denn wir bekommen eigentlich kein Geld dafür.

Die Notenbank in Deutschland, die Deutsche Bundesbank, druckt Geld, damit die Firma, was weiß ich, Daimler, Geld für ihre Autos bekommt. Sie bekommt dafür Target-2-Salden in das europäische Register eingetragen.

(Zuruf von Katrin Budde, SPD)

Diese Salden müssten eingetauscht werden, in jedem Fall in echte Werte, das heißt in Produkte oder auch, was weiß ich, in Gold. Sie werden aber nicht eingetauscht. Sie bleiben dauerhaft stehen. Ganz ehrlich: Dann können wir das alles auch verschenken. Dann können aber auch die Arbeiter bei uns zuhause bleiben. Dann können wir ihnen Sozialhilfe in Höhe von 10 000 € geben. So sieht es eigentlich aus.

Die Produktion, die wir ins Ausland schicken, bekommen wir niemals vergütet. Da können Sie gut reden, was Sie wollen. Aber vielleicht können Sie drei Worte dazu sagen.

Ja, das will ich gern tun. Mich würde einmal interessieren, wie Sie diese Theorie auf den Welthandel insgesamt hochrechnen. Das ist eine sehr schlichte Betrachtungsweise.

(Zustimmung von Silke Schindler, SPD, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Deutschland beteiligt sich am Aufkommen der Mittel der Europäischen Union im Schnitt mit 22 %. Das heißt anders herum gesagt, 78 % der Mittel, über die die Europäische Union verfügt, kommen aus den anderen Mitgliedstaaten, die auch das Ihre dazu beitragen. Die Volkswirtschaft ist darauf angewiesen, und wir sehen es an den Verflechtungen.

(Alexander Raue, AfD: Das ist schlichtweg nicht wahr!)

Was meinen Sie denn, wo unsere osteuropäischen Nachbarn in ihrer Entwicklung stünden, die vor noch nicht so langer Zeit beigetreten sind, wenn sie nicht die Hilfen aus der EU gehabt hätten? Was meinen Sie wohl, was das für uns bedeutet hätte, wenn Polen, die baltischen Staaten, Tschechien, Slowenien, die Slowakei nicht diese wirtschaftliche Entwicklung genommen hätten? Was meinen Sie denn, was es bedeuten würde, wenn Spanien, Italien, insbesondere Norditalien, Frankreich nicht diese wirtschaftliche Entwicklung genommen hätten?

Glauben Sie ernsthaft, dass alle diese Staaten - die müssen Sie sich dann ja auch als einzelne Nationalstaaten denken - munter weiter vor sich hingewurschtelt hätten, statt sich 1957 in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zusammenzufinden? Glauben Sie ernsthaft, dass es um Mitteleuropa im Weltmaßstab besser stünde,

(Katrin Budde, SPD: Wenn Zölle noch da wären!)

dass wir den Lebensstandard hätten, den wir jetzt tatsächlich haben? - Nein. Das ist alles integral miteinander verbunden. Da spielt natürlich auch die Währungspolitik eine Rolle. Aber auch da ist es nicht so, dass - die Bundesdruckerei macht es nicht mehr - diejenigen, die jetzt die Euros drucken, Papiergeld mit Gold hinterlegen. Das sind doch alles Theorien von vorgestern, von denen Sie ausgehen.

(Beifall bei der SPD)

Insofern ist es differenzierter, und wir profitieren davon. Ich glaube, das kann jeder auch in seinem unmittelbaren Lebensumfeld wahrnehmen.

Herr Raue, Sie haben noch eine Frage? - Bitte keine Kurzintervention mehr. Die haben Sie mit zwei Minuten schon abgehakt.

Gut. Dann stelle ich die Frage. Wie wollen Sie denn diese 800 Milliarden € ausgleichen, außer durch eine massive Inflation? Wie sollen die

800 Milliarden € Defizit - - Nicht Defizit, das ist kein Defizit, das ist ein Überschuss, den wir theoretisch erwirtschaftet hätten. Der wird aber nicht bezahlt. Der steht irgendwo. Wir haben letztendlich immer nur anschreiben lassen. Aber wir werden dafür niemals die Vergütung bekommen. Wie sollen die 800 Milliarden € ausgeglichen werden, außer durch eine massive Inflation und Geldstreichung auch bei den Leuten, die das Geld verdient und die gearbeitet haben?

(Zuruf von Katrin Budde, SPD)

Die Theorie des sogenannten Deficit Spending, der staatlichen Verschuldung, ist weiß Gott komplexer, als dass man das in einem einfachen Buchhaltungsgerüst von Soll und Haben abbilden könnte. Insofern verstehe ich Ihre Frage nicht, weil Ihre Frage von einem volkswirtschaftlichen Leitbild ausgeht, das wir in einer international so verflochtenen Wirtschaft, wie wir sie mittlerweile rund um den Globus haben - - Der Globus ist doch nun wirklich nicht unüberschaubar geworden bei uns.

(Zuruf von Alexander Raue, AfD)

- Nein, so einfach ist es nicht. Möge Gott verhüten, dass Sie jemals in die Verlegenheit kommen, für internationale Wirtschaftspolitik verantwortlich zu werden!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Robra. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Herrn Poggenburg habe ich jetzt nicht gesehen. Entschuldigung. Bitte, Herr Poggenburg.

Eine Kurzintervention, bitte. - Sehr geehrter Herr Minister, ich schätze Sie wirklich als ganz sachliche Person. Das hat man auch in den Plenumdebatten immer mitbekommen. Aber hören Sie doch bitte einmal auf, immer diesen Dämon an die Wand zu malen, dass es ohne EU keinen Handel gäbe.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Aber deutlich weniger! - Zurufe von Katrin Budde, SPD, und von Alexander Raue, AfD)

Das ist doch völliger Blödsinn!

(Zurufe von der CDU, von der SPD und von den GRÜNEN)

Es gibt Handel seit Jahrhunderten und Jahrtausenden. Sie malen uns ein Bild von Staaten in Europa und sagen, wenn diese nicht in der EU wären, dann wären sie wahrscheinlich noch in der

Steinzeit. Das ist völliger Blödsinn! Handel sucht sich seinen Weg. Dafür brauchen wir überhaupt keine EU, übrigens auch keine Euro-Währungsunion. Wir haben es gestern im Plenum gehört, dass wieder gesagt wurde, der Handel mit Großbritannien würde jetzt quasi nicht mehr stattfinden, weil die aus der EU austreten wollen. Das ist völliger Quatsch!

(Zuruf von Dr. Falko Grube, SPD)

Denn ich glaube - ich habe es gelesen -, wir handeln beispielsweise auch mit den Vereinigten Staaten.

(Zurufe von der CDU und von der SPD)

Ich glaube, die sind auch nicht in der EU. - Danke.

Herr Robra, bitte.

Danke schön. - Handel sucht sich seinen Weg, wenn es Freihandel gibt.

(Zustimmung von Dr. Falko Grube, SPD, und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Zuruf von Katrin Budde, SPD)