Wenn dazu Einigkeit besteht und es keine weiteren Einwände dagegen gibt, dann bitte ich bei Zustimmung um das Kartenzeichen. - Ich sehe, hierzu ist Einstimmigkeit im ganzen Hause gegeben. Ich frage aber trotzdem nach: Gibt es Gegenstimmen? - Das sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Das sehe ich auch nicht. Somit ist dieser Antrag unter Berücksichtigung der Ergänzung um die Punkte 6 und 7 angenommen worden.
Einbringer ist der Abg. Herr Farle. - Einen kleinen Moment, Herr Abgeordneter. Ich habe noch die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler des Börde-Gymnasiums Wanzleben in unserem Hohen Haus begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute wollen wir uns einem Thema widmen, das von grundlegender Bedeutung für unsere Bürger und unseren Staat ist: dem Schutz des öffentlichen Friedens vor Hetze und Hass.
Die AfD-Fraktion hat deshalb den Ihnen vorliegenden Antrag zur Neufassung des § 130 StGB in das Plenum eingebracht. In seiner jetzigen Fassung ist der § 130 StGB ein Produkt der jüngeren Gesetzgebung.
Er wurde am 30. Juni 1960 in einem Strafrechtsänderungsgesetz neu gestaltet, indem man nicht mehr auf den Begriff der Klasse abstellt, sondern die Volksverhetzung auf - ich zitiere - „Teile der Bevölkerung“ bezog, was insbesondere für die Erfassung antisemitischer Äußerungen und die mit dem Stichwort Auschwitz-Lüge bezeichneten Erscheinungen von Bedeutung war.
Im Jahr 1994 trat das Verbrechensbekämpfungsgesetz in Kraft, das den § 130 StGB erneut stark änderte. Grund dafür war einerseits die Bekämpfung ausländerfeindlicher Hetze, andererseits eine gewisse Kulmination tatsächlicher und rechtlicher Art, die durch rechtsradikale Äußerungen und eben wieder die Leugnung oder Verharmlosung des systematischen Mordes an Juden entstanden war.
Diese Änderung wurde nicht unwesentlich durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur einfachen Auschwitz-Lüge beeinflusst. Die neue Fassung verzichtet daher für einige Tatbestandsmerkmale auf das Erfordernis des Angriffs auf die Menschenwürde, für andere auf die Eignung zur Friedensstörung.
Durch Gesetz vom 24. März 2015 wurde ein neuer Absatz 4 eingefügt, der denjenigen bestraft, der öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
Diese Historie des § 130 StGB macht vor allem eines deutlich: Diese Norm wurde geschaffen, um ausländerfeindliche Hetze und rechtsradikale, antisemitische Äußerungen zu bekämpfen.
Unseres Erachtens wird der Schutzzweck der Volksverhetzung aber durch diese Einschränkung nicht vollumfänglich erreicht. Die beiden zentralen Schutzgüter der Volksverhetzung sind der innerstaatliche öffentliche Friede und die Menschenwürde. Der öffentliche Friede umfasst den Zustand der allgemeinen Rechtssicherheit und das Gefühl der Bevölkerung, im Schutz der Rechtsordnung zu leben. Dieser öffentliche Friede ist bedroht, wenn zum Hass aufgestachelt wird.
Unter Hass verabscheut man nicht nur einen Menschen, sondern man möchte ihm auch schaden. Aus diesem Grund ist die friedensstörende Hetze gemäß § 130 StGB zu Recht unter Strafe gestellt. Wer zu Hass aufruft und damit den öffentlichen Frieden bedroht und/oder die Menschenwürde anderer angreift, der muss hierfür vom Staat zur Rechenschaft gezogen werden können.
Der Straftatbestand der Volksverhetzung ist deswegen bewusst vom Gesetzgeber als abstraktes Gefährdungsdelikt formuliert worden, um so bereits den Anfängen von Angriffen gegen den öffentlichen Frieden zu begegnen.
Die Anwendbarkeit des § 130 StGB wurde jedoch stark durch die höchstrichterlich vorgenommene Auslegung des Tatbestandsmerkmals - ich zitiere
wörtlich - „Teile der Bevölkerung“ eingeschränkt. Der BGH lässt unter den Schutz der Norm alle Teile der Bevölkerung fallen, die von der übrigen Bevölkerung aufgrund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale politischer, nationaler, ethischer, rassischer, religiöser, weltanschaulicher, sozialer, wirtschaftlicher, beruflicher oder sonstiger Art unterscheidbar sind, Gruppen, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit und somit individuell nicht mehr überschaubar sind.
Teile der Bevölkerung sind zum Beispiel die in Deutschland dauerhaft lebenden Ausländer, Gastarbeiter und Gastarbeitergruppen, Asylanten und Asylbewerber ohne Anspruch auf Asyl, Sinti und Roma, farbige und dunkelhäutige Menschen, Flüchtlingsgruppen, Arbeiter, Bauern, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Kapitalisten und Kommunisten,
Besitzende und Besitzlose, Punker, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, landsmannschaftliche Gruppen, staatliche Funktionsträger, Katholiken, Protestanten oder Juden, Behinderte. - Ich habe nur beispielhaft die Latte aus den Kommentaren aufgeführt.
Bevölkerung im Sinne des § 130 StGB knüpft nicht an die Staatsangehörigkeit nach Artikel 16a des Grundgesetzes an, sondern bezeichnet einfach alle, die tatsächlich in Deutschland leben. Dazu gehören auch Deutsche als Teil der zuvor beschriebenen überaus heterogenen Masse der in Deutschland lebenden Menschen.
Gleichwohl wird § 130 StGB nicht auf Deutsche angewendet, sodass Hetze und Hass gegen Deutsche in Deutschland straffrei möglich sind. Und das ist ein Skandal!
Zur Verdeutlichung der Problematik möchte ich, dass Sie deshalb Ihre Aufmerksamkeit auf einen Fall richten, der bezeichnenderweise medial kaum aufgegriffen worden ist, obwohl er in erschreckendem Maße das Versagen des deutschen Rechtsstaates in Bezug auf Hassreden gegen Deutsche dokumentiert.
Angesichts dieses Falls stellt sich tatsächlich die Frage: Ist der deutsche Staat überhaupt noch in der Lage, deutschfeindlicher, friedensstörender Hetze im eigenen Land entgegenzutreten?
Nun zum Fall selbst. Als der Deutsche Bundestag seine Resolution zum Gedenken an den Völkermord an den Armeniern durch das Osmanische Reich verabschiedete, zeigten etliche nationalistisch gesinnte Türken offen ihren Hass gegen Deutschland, so auch das ehemalige Vorstandsmitglied des türkischen Elternbundes Hamburg Malik Karabulut, der auf seiner Facebook-Seite das deutsche Volk und seinen Fortbestand auf übelste Weise mit folgenden Worten beleidigte - ich zitiere wörtlich -:
Erhofft sich die Türkei immer noch etwas Gutes von diesem Hundeclan? - Erwarte nichts, Türkei, übe Macht aus! Sie haben nur Schweinereien im Sinn. Möge Gott ihren Lebensraum zerstören.
Die Welt beginnt zu sehen, dass deren Werte aus Prostitution, Egoismus, Betrügereien usw. bestehen. Von ihren Händen fließt immer noch jüdisches Blut. Es hat bislang weltweit kaum ein zweites Volk gegeben, welches Menschen derart verachtet, massakriert und erniedrigt. Ihr nennt uns Bösewichte und wir schweigen. Von nun an werdet ihr was erleben, ihr Köterrasse.“
Das, meine Damen und Herren, ist purer Hass gegen das Gastland, in dem er lebt, purer Hass gegen Deutsche und Hetze gegen unseren Staat.
Diese Hassrede ist klar eine friedensstörende Hetze, die eigentlich als Volksverhetzung strafrechtlich verfolgt werden müsste.
Jetzt kommt der eigentliche Skandal, um den es geht. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat gleichwohl das Verfahren gegen Malik Karabulut nach § 170 Satz 2 StGB eingestellt mit der Begründung, Deutsche seien kein - Zitat - „Teil der Bevölkerung“.