Protocol of the Session on April 5, 2017

Erneuert werden soll praktisch alles: die fünf Eisenbahnbrücken, Bahnsteige, Gleisanlagen und Stellwerke. Veranschlagt wird hierfür ein Zeitraum von acht Jahren. Viele Detailfragen seien noch ungelöst. Von erheblichen betrieblichen Einschränkungen ist die Rede. Möglicherweise müsse sogar der komplette Bahnhof zeitweise gesperrt werden. Züge zwischen Halle und Magdeburg sollen dann über Bitterfeld und Dessau umgeleitet werden. Die Regionalzüge aber sollen komplett ausfallen.

Letztere sind aber für die Berufspendler schnell und wichtig. Es steht zu befürchten, dass diese Kunden der Bahn verloren gehen, weil sie auf das Auto umsteigen und dabei bleiben. Bahncards und Abos werden in der Bauphase überflüssig - ein verkehrs- und umweltpolitisches Fiasko.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Aber auch der Verkauf der denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude wurde wieder aktuell. Aufgrund des Vorkaufsrechts der Stadt Köthen wurde dieser das Bahnhofsgebäude wiederholt zum Kauf angeboten. Der Kauf ist für die Kommune nicht leistbar. Die Bahnhofshalle ist für die Grundbedürfnisse der Bahnreisenden gerade an Bahnknoten wichtig. Die Bahn muss aber auch in die Pflicht genommen werden, für die Instandhaltung und den Denkmalschutz ihrer Liegenschaften zu sorgen.

Schließlich machte die Schlagzeile in der „MZ“ „Bahn will Köthen abhängen“ die Runde. Im Zeitraum Juni bis Dezember 2019 will die Bahn nun offensichtlich den Bahnhof Köthen komplett sperren, um die veralteten Gleis- und Signalanlagen zu erneuern. Ist das ein erster Vorgeschmack? Welche Einschränkungen sollen dann mit der notwendigen Erneuerung der fünf Brücken erfolgen? Stehen weitere Radikalkuren an?

Trotz der bekannten Maßnahmen antwortete die Landesregierung noch am 14. März 2017 auf die Kleine Anfrage des SPD-Kollegen Schmidt in der Drs. 7/1137, dass laut Betriebskonzept der Deutschen Bahn ab Dezember 2017 in Köthen das Fernverkehrsangebot unverändert erhalten bleibe.

Köthen ist neben Halle und Magdeburg einer der wichtigsten Bahnknoten im Land. Rund 1 800 Fahrgäste steigen täglich auf dem Bahnhof ein,

aus oder um. Die Bahnstrecke in Köthen wird daneben täglich von Dutzenden Güterzügen passiert. Sie ist aber auch für den Pendlerverkehr zwischen Magdeburg, Halle und Leipzig sowie zwischen Dessau und Köthen wichtig.

Das Vorhaben der Deutschen Bahn hätte für viele Pendler erheblich längere Fahrtzeiten und

schlechtere Verbindungen zur Folge. Doch wie nun konkret der Ausfall der Regionalzüge für die Reisenden zwischen Halle und Magdeburg kompensiert werden soll, dazu gibt es offensichtlich noch keine Planungen.

Die angekündigten einschneidenden Maßnahmen sind unzumutbar. Von der Totalsperrung wären nicht nur die Köthener betroffen. In Köthen treffen sich zwei Regionallinien und zwei IC-Linien, die auch Halle und Magdeburg verbinden. Tausende Reisende wären von der Vollsperrung betroffen.

Dies wäre besonders für die vielen Pendler gravierend. Im Jahr 2016 ist die Zahl der Pendler auf einen Rekordwert gestiegen. Bundesweit pendelten 60 % aller Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitsplatz in einer anderen Gemeinde. Damit ist eine steigende Verkehrsbelastung verbunden. Auch vor diesem Hintergrund ist der Erhalt des öffentlichen Nahverkehrs und dessen Attraktivität anzumahnen.

Die beabsichtigte Vollsperrung des Bahnhofes in Köthen kam für viele überraschend. Weder die Kommune noch die Hochschule Anhalt, die in Köthen ingenieurwissenschaftliche Studiengänge anbietet, wurden in die Planung einbezogen. Gut ein Drittel der 3 400 Studierenden an der Hochschule Anhalt kommt aus dem Ausland. Für sie ist die Bahn das wichtigste Verkehrsmittel, um mobil zu sein. Planungssicherheit ist für alle Beteiligten einzufordern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beabsichtigte Sperrung des Bahnhofs Köthen ist nicht nur inakzeptabel, wie der Verkehrsminister Thomas Webel bereits gegenüber der Presse äußerte. Sie könnte eine noch nie dagewesene Dimension in Deutschland annehmen.

Die Totalsperrung des Hauptbahnhofes in Halle vom 21. bis 28. November 2016, also eine einwöchige Sperrung, wurde als eine der längsten, die es bisher in Deutschland für Hauptbahnhöfe gab, kommentiert. So lange haben die Bauleute der Bahn in Deutschland noch niemals einen Hauptbahnhof vom Schienennetz genommen, so die „MZ“ vom 20. November 2016. Während dieser Zeit wurden sämtliche Fernverkehrszüge umgeleitet. Für den Regionalverkehr wurde Schienenersatzverkehr angeboten.

Aktuell wird dieser Rekord durch die Totalsperrung des Bahnhofs Wuppertal getoppt.

Als eine der längsten Totalsperrungen ging die Vollsperrung zwischen Bamberg und Lichtenfels über 34 Wochen, an denen kein Zug rollte, in die Geschichte der Deutschen Bahn ein.

Wenn die Bahn für die Erneuerung der veralteten Gleis- und Signalanlagen eine Vollsperrung von einem halben Jahr bereits jetzt fest einplant und die Erneuerung der fünf Eisenbahnbrücken und Bahnsteige daneben noch aussteht, dann könnte Köthen zur größten Bahnbaustelle Deutschlands mit Rekordsperrungen werden.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, mit der Deutschen Bahn AG Alternativen zur Vollsperrung zu suchen, wie etwa eine eingleisige Bestellung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

So wie auf Autobahnen Ersatzmaßnahmen finanzierbar sind, muss auch die teurere, aber kundenfreundlichere Variante des Bauens bei laufendem Betrieb im Schienenverkehr finanziert werden. Das Land muss am Ende wohl für den volkswirtschaftlichen Schaden aufgrund der Sperrung des Bahnhofes aufkommen. Deshalb muss die Landesregierung mehr Druck auf die Deutsche Bahn ausüben und zeigen, dass sie der Schienenverkehrspolitik Priorität gibt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke. Ich sehe keine Anfragen. - Wir treten nun in eine Dreiminutendebatte ein. Für die Landesregierung hat Minister Thomas Webel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland wird seit einigen Jahren mit Rekordaufwänden saniert. Dies ist erfreulich, da die Investitionstätigkeit in Straßen, Schienen und Wasserstraßen in der Vergangenheit unzureichend war. Damit ist ein Instandhaltungsstau entstanden, der jetzt schrittweise aufgelöst wird. Insofern ist die Investitionstätigkeit der DB Netz AG in die Schieneninfrastruktur des Landes Sachsen-Anhalt zu begrüßen.

Hervorzuheben sind die umfangreichen aktuellen Investitionen in die drei großen Knoten Halle, Dessau-Roßlau und Magdeburg. Natürlich sind diese Baumaßnahmen auch mit Einschränkungen verbunden. Es stehen weniger Gleise zur Verfügung. Züge müssen umgeleitet werden und der Verkehr auf den verbleibenden Gleisen ist oft verspätungsanfälliger. Doch die Maßnahmen am Bahnhofsknoten Köthen sind in geplanter Form nicht akzeptabel.

Mit Köthen soll eine Stadt mit mehr als 25 000 Einwohnern für sechs Monate im Jahr 2019 vollständig vom Bahnverkehr abgeschnitten werden. Damit würde ein bedeutender Hochschul- und Gewerbestandort und auch Bahnknoten infrastrukturell benachteiligt.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch auf den Umleitungsstrecken wäre nicht genügend Platz vorhanden. Direkt nach dem Bekanntwerden der ersten Planungen der DB Netz AG Ende Februar hat die Nasa GmbH in meinem Auftrag Widerspruch geltend gemacht. Dabei wurden Vorschläge unterbreitet, die aufzeigen, wie eine akzeptable Bahnanbindung Köthens gewährleistet bleiben könnte. Hierzu hat die DB Netz AG eine Prüfung zugesagt, die derzeit noch andauert. Die Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen.

Die Position des Landes hierzu ist klar. Die Umbauplanungen müssen so gestaltet werden, dass die Einschränkungen für Pendler und Besucher erträglich bleiben. Gegebenenfalls müssten auch erhöhte Baukosten wie zum Beispiel bei Autobahnen in Kauf genommen werden. Auch wenn der Brücken-, Gleis- und Bahnsteigbau sich erst in den Folgejahren anschließen soll, erwartet das Land Sachsen-Anhalt, dass sich weitere Sperrungen dann auf wenige Tage beschränken, wie es auch in Halle und Magdeburg praktiziert wird.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Genau!)

Die Landesregierung fordert daher, den Bahnhof Köthen trotz Baumaßnahmen erreichbar zu halten. Um die Fahrtzeiten kurz zu halten, muss auch auf den Umleitungsstrecken genug Platz bleiben. Sowohl die Fahrgäste aus Köthen als auch die Reisenden zwischen Halle und Magdeburg müssen bei der Planung im Vordergrund stehen. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen greift dieses Anliegen auf. - Da die rote Lampe jetzt leuchtet, bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Webel. Ich sehe keine Fragen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Bahnhof Köthen ist uns allen ein wichtiges Anliegen. Es ist deutlich gemacht worden, dass er ein zentraler Haltepunkt und ein Verkehrsknotenpunkt für die gesamte Verkehrsinfrastruktur in SachsenAnhalt ist. Uns GRÜNEN ist der Schienenverkehr ein besonderes Anliegen.

Insgesamt wird der Bahnhof Köthen nicht nur von Eisenbahnliebhabern, sondern auch von Eisenbahnkennern gern als Eisenbahnmuseum Deutschlands bezeichnet. Das mag jetzt die Eisenbahnfans in Entzücken versetzen. Ich sage einmal, politisch Verantwortlichen und Bahnreisenden treibt das eher den Schauer über den Rücken. Wir merken auch immer wieder, dass es dort zu Schwachstellen und zu Engpässen kommt.

Insofern schließe ich mich hier auch dem Dank an. Wir haben als Abgeordnete auch lange dafür gekämpft. Wir als grüne Fraktion haben mit dem Konzernverantwortlichen der DB AG Fricke hier in Sachsen-Anhalt Gespräche geführt, um dort tatsächlich tätig zu werden, damit uns das nicht alles einmal kalt erwischt und uns die Gleise, wie man es in dem Fall sagen muss, unter den Füßen oder unter dem Zug wegzieht.

Die Investitionen sind bitter nötig. Sie sind, wie gesagt, lange erwartet worden. Bereits am 7. März war die anstehende Sperrung im NasaBeirat ein Thema. Deswegen ist es gut, dass wir jetzt hier diesen Antrag haben. Wir waren alle vorbereitet. Wir haben mit Herrn Malter darüber gesprochen und ihn auch sehr bestärkt in dem, was Herr Minister Webel jetzt hier auch vorgetragen hat, dass eine sich über Monate hinziehende Komplettsperrung natürlich nicht im Sinne der Sache ist.

Es wurde uns als dort anwesenden Abgeordneten auch über die Gespräche berichtet, die schon gelaufen sind, um die Zeiten dort kürzer zu fassen. Es wurde auch darüber berichtet, wie sie weiter laufen sollen.

Insofern ist der Änderungsantrag, den wir als Koalitionsfraktionen vorlegen, der gleichen Intention geschuldet. Aber er lässt doch ein bisschen Spielraum zu, dass man im Zweifel, wenn es nötig sein sollte, auch eine Vollsperrung in Kauf nehmen muss. Wir haben das jetzt am Wochenende erlebt. 16 Stunden lang war der Hauptbahnhof in Magdeburg voll gesperrt. Also, es gibt technische Anforderungen - das will und kann ich gar nicht in einer Dreiminutendebatte ausführen -, es gibt auch Veranlassungen, die das nötig machen.

Aber alles daran zu setzen, dass es so kundenfreundlich wie möglich ist und dass so wenige Nutzerinnen und Nutzer wie möglich jetzt vielleicht auf andere Verkehrsmittel umschwenken, im schlimmsten Fall dauerhaft, ist ein gemeinsames Anliegen der Koalition. Deswegen haben wir diesen Änderungsantrag gestellt. Ich denke, wir werden da auch weiter an der Seite der Nasa sein, um alles so gut wie möglich, aber eben auch so sachgerecht wie möglich um den Bahnhof Köthen herum ablaufen zu lassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Lüddemann. - Für die Fraktion der AfD spricht der Abg. Herr Mrosek. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Hohes Haus! Der „MZ“ vom 30. März konnten wir entnehmen, dass der Köthener Bahnhof zwischen Juni und Dezember 2019 für ein halbes Jahr komplett gesperrt werden soll. Der Grund sind umfangreiche Baumaßnahmen der Deutschen Bahn, was erst einmal nicht schlecht ist. Immerhin ist der Köthener Bahnhof - wir hörten es gerade von Ihnen, von den LINKEN - der älteste Bahnknoten Deutschlands überhaupt.

Köthen, eine Stadt mit ca. 25 000 Einwohnern, für sechs Monate vom Fern- und Nahverkehr abschneiden zu wollen, ist einfach nicht hinnehmbar. Die Baumaßnahmen behindern natürlich, das wissen wir, und dass größere Baumaßnahmen größere Behinderungen hervorrufen, wissen wir auch. Es ist schön, dass nach der Modernisierung eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 160 km/h erreicht werden soll und somit die beiden Oberzentren Magdeburg und Halle nur noch 40 Minuten auseinander liegen.

Der Bahnhof Köthen zählt heute schon 1 800 Ein- und Aussteigende. Neben den vielen Regionalzügen und den Güterzügen ist Köthen auch ein bedeutender Zugang zum Fernverkehr. Der Anteil der Pendler steigt stetig. Die Fahrgäste sind auf ein funktionierendes Bahnsystem angewiesen.

Wir möchten den Antrag in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überweisen und setzen parallel auf die Kompetenz der Nasa, dieses Problem gemeinsam mit der Deutschen Bahn, der Landesregierung und der Politik zu lösen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen. - Damit hat der Abg. Herr Dr. Grube für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass die Bahn in Köthen investiert, ist erst einmal eine gute Nachricht; denn wer einmal versucht hat, mit dem Zug nach Köthen zu fahren, oder wer sich mit dem Zug auf den Weg von Magdeburg nach Halle gemacht hat, der sieht, dass dort ein erheblicher Investitionsbedarf vorhanden ist.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Auch umge- kehrt!)

- Umgekehrt auch. Wenn man von Magdeburg nach Halle fährt, dann muss man auch zurück und will das in der Regel auch. Aber das tut jetzt nichts zur Sache.