Protocol of the Session on February 3, 2017

Danke, Frau Präsidentin. - Erst einmal möchte ich sagen, dass die Wolfspopulation nicht jährlich um 30 % wächst. Die Wachstumsraten werden geringer werden. - Erster Punkt.

Zweiter Punkt. Wenn Sie in den Osten Europas gucken, sehen Sie, es gibt dort Länder, in denen der Wolf schon länger in größerer Zahl unterwegs ist. Auch dort gibt es keine Zwischenfälle mit Menschen. Wenn ich mich ausschließlich auf Deutschland beziehen würde und sozusagen nicht den Blick über die Landesgrenzen hinaus wagen würde, hätten Sie recht, denn bei uns wird er erst wieder langsam heimisch; das ist in anderen Ländern durchaus anders. Auch dort haben wir keine Vorfälle mit Menschen.

Ganz ehrlich, Herr Gürth, ich kann nur hoffen, dass wir alle uns so gut aufstellen, dass wir uns auch in unserer Beratung und in unserer Informationsarbeit so aufstellen, dass es zu keinen Vorfäl

len mit Menschen kommt. Die Wahrscheinlichkeit halte ich auch für sehr hoch, dass es keine Vorfälle mit Menschen geben wird, weil auch in den Ländern, wo es schon lange Wölfe gibt, keine Vorfälle mit Menschen zu verzeichnen sind. Ich würde es gut finden, wenn von diesem Parlament nicht ein Signal ausgeht, das den Menschen Angst macht, was mit der Realität, die uns bekannt ist, wirklich nichts zu tun hat.

(Unruhe bei der CDU - Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Ich denke, wir sollten in der Fragestellung fortfahren. Ich habe noch Herrn Dr. Schmidt, Herrn Raue und Frau Frederking auf der Rednerliste. Seien Sie mir bitte nicht böse, ich möchte dann wirklich gern fortfahren. - Herr Dr. Schmidt.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin, der Esel als Herdenschutztier ist ins Gespräch gekommen. Ich habe gelesen, in Niedersachsen ist er schon im Einsatz. Ich las von dem Fall eines Schäfers aus Stade. Dieser darf Herdenschutzhunde nicht einsetzen, weil diese auf dem Deich Touristen beißen könnten. Er musste sich eine Alternative suchen. Gibt es auch in Sachsen-Anhalt schon Erfahrungen mit dem Esel als Herdenschutztier? Ist möglicherweise geplant, den Esel als Herdenschutztier irgendwann in der Leitlinie Wolf zu berücksichtigen?

Herzlichen Dank für die Frage, weil das noch einmal überleitet zu dem Punkt des von uns einzusetzenden Herdenschutzberaters. Denn genau das wird er machen, Erfahrungen auch aus anderen Bundesländern sammeln, zum Beispiel mit dem niedersächsischen Esel. Wir haben nach meinem Kenntnisstand in Sachsen-Anhalt noch keine Erfahrungen mit einem Esel für den Schutz von Schafherden. Aber potenziell könnten wir auch so etwas fördern.

Wir müssen einfach gucken: Was gibt es alles für Erfahrungen? Was kann man alles machen? Da sind manche Länder, weil da der Wolf auch schon länger ist, schon ein Stückchen weiter als wir. All das werden wir aufgreifen. Wir werden es auch ermöglichen, dass wir das flexibel fördern können.

Herr Raue.

(Zuruf von Alexander Raue, AfD)

- Danke schön. - Frau Frederking.

Ich habe eine Frage zur Rissbegutachtung. Beim Schäfer-Stammtisch in Niederndodeleben am 1. Februar 2017 hieß es, dass das Personal für die Rissbegutachtung bei den unteren Naturschutzbehörden ausgebildet worden sei. Meine Frage ist: Werden diese Leute auch einbezogen? Weil es hieß, derzeit gibt es zwei plus die sechs aus dem Forst, die eingebunden werden sollen? Sind die unteren Naturschutzbehörden dabei?

Was wir jetzt anzielen, ist, dass wir, auf alle Landkreise verteilt, Mitarbeiter aus den Forstbereichen entsprechend schulen, weil diejenigen, die ohnehin im Wald zu tun haben, die beste Grundlage für eine Rissbegutachtung haben. Wir haben auch Ehrenamtliche, die das in einer anderen Funktion wahrnehmen. Das wird in der Leitlinie Wolf geregelt. Die kommt jetzt in die Anhörung. Wenn es Verbesserungsvorschläge oder Ergänzungsvorschläge gibt, nehmen wir das gern auf. Deswegen gibt es die Verbändeanhörung, damit alle Beteiligten noch einmal darauf schauen können.

Frau Ministerin, Herr Raue möchte jetzt doch noch eine kurze Frage stellen. Ich bitte darum, dass wir danach fortfahren können. Herr Raue, bitte.

Frau Ministerin, gibt es eine Definition für das Wort „Problemwolf“?

Frau Ministerin.

Zum Problemwolf. Nach Reinhardt und Kluth 2007 definiert sich problematisches Verhalten bei Wölfen wie folgt:

Erstens notorisch unerwünschtes Verhalten, zum Beispiel Wolf lässt sich durch Schutzmaßnahmen nicht abhalten, Nutztiere zu töten, was zur verstärkten öffentlichen Ablehnung der Wölfe führen kann und damit der gesamten Wolfspopulation schadet.

Zweitens dreistes Verhalten zur Gefährdung eines Menschen, also Verhalten von Wölfen, das zur Gefährdung eines Menschen führen kann. Wichtig ist auch problematisches Verhalten, das in der Regel wiederholt und teilweise mit steigender Intensität gezeigt wird.

Das muss man feststellen. Ein Problemwolf ist immer ein Einzeltier, ein Individuum. Wenn man das feststellt, müssen wir tätig werden. Dann wird man erst versuchen, das Verhalten über Vergrämungsmaßnahmen zu unterbinden. Wenn das nicht gelingt, werden wir eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes erwirken. Im Zusammenspiel von Landesverwaltungsamt und Wolfskompetenzzentrum sowie im Einvernehmen mit meinem Ministerium wird entschieden, ob im Einzelfall eine Notwendigkeit besteht, den betreffenden Wolf zu töten. Natürlich wird das dann auch entsprechend dokumentiert.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich würde jetzt gern in die Debatte einsteigen. Die ersten Debattenredner - ich denke, Sie teilen sich die Zeit - sind Herr Loth und Frau Funke. Erst einmal Herr Loth, bitte, für die AfD-Fraktion. Sie haben das Wort, bitte.

Genau, wir teilen uns die Zeit. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Er kam heimlich, still und leise, besiedelte Truppenübungsplätze und Tagebaufolgelandschaften und wurde mehr als ein Jahrzehnt frenetisch als Erfolg des Artenschutzes gefeiert. Doch nun hat der Wolf den Bogen der Toleranz offenbar weit überspannt und vorbei ist die Willkommenskultur;

(Zustimmung bei der AfD)

denn nicht nur Rehe, Hirsche und Wildschweine stehen auf seinem Speiseplan, es trifft jetzt auch Schafe, Kälber und Gehegewild.

(Zuruf von der CDU: Rotkäppchen!)

- Rotkäppchen ist heute nicht anwesend.

(Heiterkeit - Zuruf: Warum nicht?)

Mit zunehmender Bestandsgröße erkunden die Wölfe auch menschliche Siedlungen und fördern damit die Ängste von Teilen der Bevölkerung. Zum Beispiel fürchtet sich Herr Aldag beim Joggen vor dem Wolf; das kann mir nicht passieren.

(Heiterkeit)

Es ist kein Geheimnis, dass Wölfe als intelligent und anpassungsfähig gelten und damit typische Kulturfolger darstellen, insbesondere wenn diese Tiere noch vom Menschen angefüttert, sozusagen domestiziert werden. Damit überschreitet der Isegrim nach 17 Jahren Anwesenheit in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes die Grenzen, und zwar nicht nur die der abgeschirmten Truppenübungsplätze und zerstörten Tagebaulandschaften, sondern offenbar auch die der Toleranz

vieler Bürger gegenüber Wildtieren und ihren vermeintlichen Taten.

Was für den einen eine vermeintliche Romantik ungestörter Natur darstellt, überschreitet für den anderen bereits die Grenzen der Zumutbarkeit. Dabei scheinen das Wildschwein im Friseursalon, das Reh im Swimmingpool und der Elch im Bürohaus die Gemüter längst nicht so zu erhitzen wie der Wolf, der durch die Ortschaften streift.

Interessant ist, dass wir hier über etwas diskutieren, was wir so nicht quantifizieren können und bisher anscheinend nicht richtig quantifizieren wollten; denn die Anzahl der Rudel bzw. der Gesamtbestand schwankt von einer Meldung zur nächsten oder von einer Interessenvertretung zur anderen.

Offenbar können verschiedene Stellen je nach Bedarf den europäischen Wolf in diverse Phantasiepopulationen einordnen. Seine Zugehörigkeit zu den einheimischen Arten kann durch Vermengung mit anderen ökologischen Fakten wie invasive Arten oder Auswilderungstheorien wild durcheinandergewürfelt werden.

Es werden Bestandsgrenzen gefordert, es wird über Problemwölfe diskutiert und es werden Jagdfreigaben gefordert, allerdings ohne konkrete Zahlen zu nennen. Darüber müssen wir uns unterhalten.

Geradezu genüsslich wird über jeden Wolfsriss in den Gazetten berichtet. Das Wort „Hysterie“ ist an dieser Stelle eigentlich nicht übertrieben. Tatsächlich fehlt aber die Aufklärung im Umgang mit Isegrim und zum Verhalten beim Zusammentreffen mit ihm fast völlig.

In 17 Jahren Anwesenheit von Wölfen in Deutschland gab es bisher zum Glück noch keinen einzigen Fall tatsächlicher Bedrohung, Verletzung oder gar der Tötung eines Menschen durch Wölfe.

Aufklärung und Information sind staatliche Aufgaben, die beim Thema Wolf entweder bisher nicht wahrgenommen wurden oder ihr Ziel verfehlten und damit eigentlich noch größere Teile der Bevölkerung verunsicherten. Ein geordneter Meinungsaustausch findet zudem nicht statt; denn die tatsächlich vom Wolf Betroffenen, die Hobby-, die Gehege- und die Weidetierhalter, wurden so lange vertröstet, bis zu dem ungelösten Problem der Finanzierung der Weidehaltung und der Landschaftspflege nun auch noch der Wolf weitaus energischer Lösungen für diese Form der Nutztierhaltung fordert.

Die finanzielle Entschädigung wäre dabei nur das kleinere der zu lösenden Probleme. Schwerwiegender ist eigentlich der ideelle Verlust, den der Tierhalter verarbeiten muss, wenn er auf seine Weide kommt und die Heidschnucke zerfetzt dort liegt.

Der Unmut der Weidetierhalter betrifft ganz klar definierte Punkte. Sie wollen Sicherheit für ihre Herde. Das heißt zum einen Prävention, die natürlich auch wirksam sein muss, und zum anderen klar geregelter, bezahlter, barer Versicherungsschutz, der Schadensausgleich sowie die Bezahlung der landschaftspflegerischen Leistungen.

Auf jeden Fall gibt es keine Diskussion darüber, dass Wölfe, die Spielregeln verletzen, der sogenannte Problemwolf, das heißt, die auffällig werden und eine permanente Bedrohung für Mensch und Nutztier darstellen, schnell und waidgerecht aus der Natur entnommen werden müssen.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Loth. - Frau Funke, bitte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Präsidentin! Ich fahre fort und werde mich zum Wahlkampfthema Wolf nun direkt auf die Schwerpunktargumentationen Schadenserstattung, Prävention durch Hütehunde, den Artenschutz sowie das Wolfskompetenzzentrum beziehen.

Zur Erstattung von Schäden. Man muss sich, wenn man Schäden erstatten will, erst einmal fragen: Was gehört insgesamt dazu? Dann ist es eben nicht mehr nur der aktuelle Schlachtwert des Tieres, sondern auch die entgangene Mastleistung und damit der nicht erbrachte Schlachtwert eines Lammes oder die nicht geworfenen Lämmer einer Mutter, sofern es nach ihrem Lebensalter noch möglich ist.

Weiterhin gehört dazu der Tierarzt, der verletzte Tiere euthanasieren muss, der Abdecker, der tote Tiere entsorgt, und eigentlich gehört auch die Arbeitsleistung des Wolfsgutachters sowie der Beamten, die den Wolfsriss als Schadensfall bearbeiten, dazu, letztendlich auch die Kosten für die Laboruntersuchungen, die den Wolf als Täter oder vielleicht auch nicht über DNA-Analysen identifizieren bzw. überführen.

So ergeben sich beispielsweise, zumindest nach den akribischen Schweizer Berechnungen, für fünf Wölfe eines Kantons in der Schweiz sage und schreibe 40 000 € pro Wolf im Jahr.

Zum Einsatz von Hütehunden - das wird ja als großes Präventionsziel genannt - haben wir folgende Position: Bei fast 30 Rassen von Herdenschutz- bzw. Bauernhunden, die in den Listen der gefährlichen Rassen einzelner Bundesländer bisher geführt werden, stand bei ihrer Listung nie zur Debatte, ob sie bei ihrem Import als Herdenschutzhunde eingesetzt werden, sondern ob es möglich ist, sie auch als Familienhunde zu integrieren.

Hier wurde mit Recht unterstellt, dass die Rassegruppe unter dieser Nutzungseignung gewissen Restriktionen in der Stadt bzw. in der Familie unterworfen ist und dass an die Fähigkeiten des Hundehalters besondere Anforderungen zu stellen sind; denn das ursprüngliche Zuchtziel für spezielle Herdenschutzhunde ist die Arbeit. Diese Arbeit ist der Schutz der Herde. Dafür müssen diese Hunde bereits im Welpenalter in die zu schützende Herde integriert werden. Sie müssen quasi mit den Schafen aufwachsen.

Dies bedeutet, dass Menschen, die Arbeitshunde züchten und sie einsetzen, die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen haben sollten und verantwortungsvoll mit diesen Hunden umgehen können müssen.