Protocol of the Session on February 3, 2017

Natürlich wird dadurch vor aller Augen sichtbar: Wenn man ca. 25 % der Wähler in Sachsen-Anhalt mit einem solchen antidemokratischen, unseren Grundwerten eigentlich völlig fremden Politikverständnis dermaßen brüskierend ausgrenzt, dann läuft in unserem Land, dann läuft in Deutschland etwas ganz gewaltig schief. Dann brauchen wir eine politische Alternative wie die AfD dringender denn je.

(Beifall bei der AfD)

Zum Schluss noch ein Gedanke für Sie zum Mitnehmen. Für die Problematik, die wir hier eigentlich diskutieren, nämlich politisch motivierte Gewalt im offenen Diskurs, sind genau solche von Ihnen vorgegebenen Verhaltensmuster Auslöser und Verstärker. Wer selbst vom freiheitlich-demokratischen Gedanken erst einmal abrückt, braucht sich nicht zu wundern, wenn andere dann dieses Spiel übertreiben. Eine indirekte Mitverantwortung können Sie dadurch nicht mehr abstreiten. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Für die Landesregierung hat Herr Minister Stahlknecht das Wort.

Herr Präsident, ich verzichte.

Dann können wir gleich in die Debatte der Fraktionen eintreten. Herr Hövelmann für die SPD.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Formen der politischen Auseinandersetzung in unserem Land haben sich verändert. Das gesellschaftliche Klima in unserem Land hat sich verändert. Aus verbalen Attacken wurden Übergriffe auf Büros von politischen Parteien, von Vereinen und Initiativen, die sich gesellschaftlich engagieren.

Veranstaltungen politischer Parteien oder Interessengruppen wurden in einem Maße gestört, dass sie nur unter Polizeischutz stattfinden konnten oder gar abgebrochen werden mussten. Autos wurden angezündet, Scheiben eingeschlagen, Fassaden mit Parolen beschmiert.

Der Schritt zum Angriff auf Personen ist nur noch ein kleiner. Hass gegen politisch Andersdenkende, Beleidigungen in sozialen Netzwerken sind an der Tagesordnung. Was früher am Stimmtisch in kleiner Runde diskutiert wurde, wird heute auf dem virtuellen Marktplatz im Netz ausgetragen, und dies weitgehend anonym in dem Wissen, für seine Verbalausfälle juristisch nicht belangt zu werden.

Was ist los in unserem Lande? Wer trägt Verantwortung für diese Entwicklung? Was ist unser Anteil?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sprache schafft Klima. Deshalb wählen wir unsere Worte wohl. Wir sind die von unseren Parteien entsandte und von den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gewählte - auch wenn das Wort etwas pathetisch klingt - politische Elite dieses Landes. Werden wir dieser Rolle stets gerecht?

Herr Tillschneider sprach gestern an dieser Stelle von einer - Herr Präsident, ich zitiere und will mich fast dafür entschuldigen - „Scheiß-DeutschlandMentalität“.

(Zuruf von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD)

Herr Poggenburg wird in der „FAZ“ vom 16. Oktober 2016 mit den Worten zitiert:

„Wie krank im Geschlecht und im Geiste, wie unnatürlich ist diese rot-grüne Gefolgschaft?“

(Zustimmung von André Poggenburg, AfD)

Gestern bezeichnete Herr Poggenburg den Abg. Striegel als „Vertreter einer linksradikalen Kleinpartei“.

(Zustimmung bei der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Verrohung der deutschen Sprache, diese gezielte verbale Zuspitzung und Entgleisung ist eine Ursache für das gesellschaftliche Klima in unserem Land.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wir haben von den Menschen in diesem Land den Auftrag, gute Politik zu machen, Entscheidungen zu treffen, die Sachsen-Anhalt positiv voranbringen. Sicher gibt es unterschiedliche Auffassungen in diesem Haus darüber, was gute Politik ist, was die richtigen Entscheidungen sind. Wir wären kein gutes demokratisches Parlament, würden wir keinen Wettbewerb der politischen Ideen und Programme austragen, auch hart in der Sache und zugespitzt in den Argumenten.

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen hierfür ein Klima der Auseinandersetzung, das gute Entscheidungen ermöglicht. Bildlich gesprochen: Wenn der Boxkampf hier im Plenarsaal vorbei ist und demokratisch entschieden ist, wer sich mit seiner Position durchgesetzt hat, dann müssen wir die Boxhandschuhe ausziehen und uns die Hand geben können. Ein vergiftetes Klima, Kolleginnen und Kollegen, macht dies unmöglich.

(Zustimmung bei der SPD - André Poggen- burg, AfD: Wir können das!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn in unserem Land die strafrechtlichen Grenzen in der politischen Auseinandersetzung überschritten

werden, sind Polizei und Justiz gefordert, Recht und Gesetz durchzusetzen. Wir müssen in unseren Parteien und überall dort, wo wir politisch und gesellschaftlich aktiv sind, dafür werben, den demokratischen Wettstreit mit legitimen Mitteln zu führen. Allen in diesem Parlament vertretenen Parteien kommt dabei eine besondere Verantwortung zu.

Kolleginnen und Kollegen! Wir sind demokratische Vorbilder für die Menschen in unserem Land. Nehmen wir uns ab sofort vor, dieser Rolle wieder besser gerecht zu werden, tatsächlich Vorbild zu sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat die Abg. Frau Quade das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politisch motivierte Gewalt und insbesondere rechte

Gewalt nehmen in der Tat in besorgniserregendem Maße zu. Gewalt wird nach wie vor verübt von wenigen, sie wird akzeptiert und verharmlost von vielen. Sie wird am Stimmtisch und im Netz geschürt; sie wird in Kommentaren und Facebook-Einträgen offen und intent angedroht. Sie wird, und das ist nicht weniger schlimm, von Akteuren, die sich als Verfechter der Demokratie ausgeben, geduldet und bleibt unwidersprochen.

Um zu verdeutlichen, worum es geht, will ich zwei Kommentare zitieren. Der eine fand sich zumindest bis vorgestern noch unter einem Beitrag von André Poggenburg bei Facebook zur heute bereits erwähnten Oury-Jalloh-Demo am 9. Januar in Dessau. Dort kommentiert jemand: „Hier gibt es nur eine harte Reaktion: Das gesamte verschissene rote Antifa-Pack samt dem schwarzen Pöbel in ein Lager sperren und arbeiten lassen bis zum Umfallen.“

Wir haben das mit dem Lager heute thematisch schon einmal gehabt. Wir haben das mit der Arbeit schon einmal gehört.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Ich glaube, es ist eindeutig, dass ein solcher Kommentar nahezu drei Wochen lang unwidersprochen auf einem Facebook-Profil eines Politikers stehen kann.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Ich will ein weiteres Beispiel nennen. Diesmal ist es die ebenfalls heute schon zur Genüge beleuchtete Veranstaltung an der Universität Magdeburg am 12. Januar. Dazu gab es natürlich FacebookBeiträge der AfD-Fraktion. Dort hat jemand kommentiert: „Ich hoffe nur, dass es Leute gibt, die diesem Dekan mal Beifall klatschen, aber so, dass er erst nach sechs Wochen wieder feste Nahrung zu sich nehmen kann.“

Meine Damen und Herren! Das sind zwei von etlichen Beispielen, die Gewaltfantasien äußern und die geduldet werden auf öffentlichen Seiten. Doch auch wenn Menschen davon sprechen, irgendwelche Banden von den Hochschulen jagen zu wollen, wenn Sie heute, Herr Poggenburg, davon sprechen, Lumpen praktischer Arbeit zuzuführen,

(André Poggenburg, AfD: Ja, ja!)

dann ist das nichts anderes als die Sprache des Nationalsozialismus und es insinuiert im Kern Gewalt als Methode der Politik.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE - André Pog- genburg, AfD: Das ist die deutsche Spra- che! Unsere deutsche Sprache!)

Der Antrag der AfD ist an Heuchelei und Verlogenheit nicht zu überbieten. Meine Fraktion wird

dem Antrag der Koalitionsfraktionen natürlich zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Schmidt, eine Frage oder eine Intervention?

Intervention.

Bitte, Sie haben das Wort.

Zu den Facebook-Kommentaren. Ich habe eben auf die Landesseite der LINKEN geguckt. Sie haben ungefähr 9 000 Facebook-Fans. Bei den meisten Beiträgen haben Sie einen Kommentar, manchmal auch zehn bis zwölf. Das ist immer nicht so viel.

Ich habe auf unsere Seite geguckt: Wir haben 15 000 Gefällt-mir-Klicks, somit deutlich mehr als Sie. Bei uns stehen meistens mehr als

40 Kommentare, teilweise sogar mehr als 100. Daher wundert es mich nicht, dass es bei Ihnen sehr leicht ist, irgendeinen Kommentar zu löschen, wenn Sie etwas finden. Aber bei uns ist das ein bisschen schwieriger, denn bei uns interessieren sich die Leute dafür und diskutieren.

(Beifall bei der AfD - Oh! bei der SPD - André Poggenburg, AfD: So ein Mist! - Hendrik Lange, DIE LINKE: Da lachen ja die Hühner! - André Poggenburg, AfD: Ja, da lachen Sie doch!)

Ich sehe keine Reaktion von Frau Quade. Demzufolge können wir mit der Debatte fortfahren. Es gibt nun den Beitrag von Herrn Striegel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.