Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ganz klar, eine Vermögensteuer hat in Bezug auf Verteilungsgerechtigkeit allenfalls Symbolcharakter. Eine ähnliche Betrachtung gilt für Ihre Argumentation, dass eine Vermögensteuer unerlässlich für eine nachhaltige haushaltspolitische Handlungsfähigkeit des Landes sei. Die in den letzten Jahren begonnene Konsolidierung der Landesfinanzen - es ist Ihnen sicherlich nicht entgangen, Sie haben es oft genug kritisiert - gelang ohne Steueranteile aus einer Vermögensteuer und sie wird auch ohne solche Steueranteile fortgeführt.
Angesichts von Steuereinnahmen der öffentlichen Hände - Sie haben vermutet, Herr Knöchel, dass die Bemerkung kommt - auf Rekordniveau ist es schon die Pflicht der Politik, mit diesen Einnahmen treuhänderisch für die Steuerzahler sinnvoll und effektiv umzugehen.
Dazu gehört - das weiß ich - in dieser Einnahmesituation auch - das hören Sie nicht gern - Ausgabendisziplin!
Last, but not least möchte ich darauf hinweisen, dass ein Großteil des Vermögens in Deutschland im betrieblichen Vermögen steckt. Das ist übrigens ein Umstand, der jüngst die Erbschaftsteuerreform enorm belastete und das Gesetz zugegebenermaßen sehr kompliziert gemacht hat. Ein vermögensteuerlicher Zugriff auf betriebliche Vermögen in Deutschland erhöht selbstverständlich den Druck auf unsere Unternehmen und erhöht damit auch die Gefahr, dass sie Standorte verlassen; denn gegenwärtig befindet sich der Standort Deutschland in starker Konkurrenz zu Standorten, in denen keine Vermögensteuer auf Betriebsvermögen erhoben wird. Von den hier interessierenden Staaten haben lediglich die Schweiz und Norwegen Vermögensteuern auf Betriebsvermögen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Knöchel, Sie sagten so schön, es fehlt nicht an Daten, es fehle an Taten. Bekannterweise regiert DIE LINKE in Thüringen. Da gibt es auch einen Koalitionsvertrag. Da ist das Ziel verankert. Die
Regierung in Thüringen ist lange genug im Amt und es bestand ausreichend Zeit, die Vermögensteuer wiederzubeleben. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt keinen einzigen Landtagsbeschluss, keine einzige Initiative aus Thüringen, die sich zur Wiederbelebung der Vermögensteuer bekannt hätte.
Was zeigt sich daran? - Es fehlt nicht an Daten, es fehlt an Taten. Es zeigt sich wieder einmal, dass eine abstrakte politische Forderung einfacher aufzustellen ist, als ein durchdachtes Umsetzungskonzept vorzulegen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt eine Nachfrage. Sie müssen sie beantworten. - Herr Gallert, Sie haben das Wort. Bitte.
Na ja, manchmal hat man so den Eindruck. Aber sei‘s drum. - Herr Knöchel hat nicht nur etwas zum finanziellen Aufkommen gesagt. Er hat vor allen Dingen etwas zur Divergenz oder zur zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung bei uns gesagt, die sich vor allen Dingen in der immer höheren Konzentration von Reichtum in den Händen weniger und in der immer stärker ausbreitenden Armut oder völligen Vermögensfreiheit, wenn Sie es so bezeichnen wollen, in der unteren Hälfte der Gesellschaft zeigt. Die Statistiken dazu sind eindeutig, es sei denn, wir bewegen uns im postfaktischen Zeitalter. Dann kann man auch das leugnen. Aber ich gehe einmal davon aus, Herr Schröder, dass Sie da noch nicht angekommen sind, sondern sich auch auf solche Datenerhebungen verlassen.
Das heißt, wir haben eine Polarisierung bei den Vermögen, und zwar eine gewaltige fortschreitende Polarisierung bei den Vermögen. Herr Knöchel hat gesagt, das ist schädlich für eine demokratische Gesellschaft. Wie sehen Sie das denn?
Ende auf dieser Welt und nicht nur in Deutschland hinweist, geht weit über das Konzept einer Vermögensteuer hinaus. Wenn Sie meiner Rede zugehört haben, dann haben Sie festgestellt, dass ich ausdrücklich gesagt habe, dass die Besteuerung von Vermögen weder unchristlich noch per se verfassungswidrig noch irgendwie eine linkstypische Idee sei.
Es kommt darauf an, wie ich es mache, mit welchen Mitteln ich es mache, ob ich eine Symbolpolitik mache, eine Vermögensteuer, die enteignungsgleich, am Ende ungerecht und wieder verfassungsrechtlich hinterfragbar ist, oder ob ich andere Prinzipien zugrunde lege, zu denen ich stehe. Die müssen aus meiner Sicht einen gesellschaftspolitischen Ausgleich schaffen und Vermögen zur Besteuerung heranziehen, vor allem auch die Spitzenvermögen.
Aber sie sollten die Leistungsträger nicht mit einem unzumutbaren Beitrag belasten und die wirtschaftliche Entwicklung am Standort Deutschland nicht gefährden. Das ist der Kunstgriff. Ein Umsetzungskonzept ist wesentlich komplizierter als die Symbolpolitik, immer wieder abstrakt eine Vermögensteuer zu fordern.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Wir steigen somit in die Debatte ein. Als erster Debattenredner spricht für die SPDFraktion der Abg. Herr Dr. Schmidt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Knöchel, Sie stellen diesen Antrag doch nicht, weil Sie wirklich wollen, dass aus dem Land Sachsen-Anhalt vor der Bundestageswahl über den Bundesrat Steuergesetzgebung auf den Weg gebracht wird.
Sie stellen diesen Antrag, weil Sie genau wissen, dass sich die Koalition nicht auf einen solchen Antrag verständigen kann, weil die diese Koalition tragenden Parteien mindestens drei unterschied
liche Konzepte von Steuern in den Bundestagswahlkampf bringen werden. Sie tun das, weil Sie jetzt die Trommel für den Bundestagswahlkampf schlagen.
Herr Knöchel, Sie machen das genau auf diese Art. Sie bauen eine moralische Wasserscheide auf, die besagt, wer gut und für Gerechtigkeit ist, der ist für die Vermögensteuer, und wer das nicht ist, der ist dagegen.
Wenn man für den Frieden sein will, dann muss man auch für den Sozialismus sein. Oder seid ihr nicht alle für den Frieden?
Das, was Sie da tun, erklärt sich daraus. Das ist in der Sache ja nicht richtig, weil es keineswegs so ist, dass eine Vermögensbesteuerung der klassischen Art, also die Substanzbesteuerung von Vermögen, so wie sie in der alten Bundesrepublik und dann bis 1996 gegolten hat, der einzige Weg wäre, Gerechtigkeit bei Steuern herzustellen.
Es ist ganz anders. Es ist vielmehr ein total ungeeigneter Weg. Denn die Substanzbesteuerung von Vermögen wirft relativ wenig ab, es sei denn, man nimmt solche enteignungsgleichen Quoten, wie sie bei Ihrer Partei zur Debatte stehen. Im Übrigen verursacht sie einen hohen Aufwand. Die Vermögensteuer des Jahres 1996 hat 9 Milliarden DM abgeworfen. Die Eintreibungskosten wurden auf 33 % des Aufkommens geschätzt.
Ich hätte gedacht, dass Sie das vielleicht in einem Antrag einmal vorschlagen, damit diese ganze Sache irgendwie Realität kriegt.
(Swen Knöchel, DIE LINKE: Ich habe 15 Mi- nuten darüber geredet! - Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Jetzt kommen Sie doch einmal zum Kern!)
Einen kleinen Moment, Herr Dr. Schmidt. - Ich denke, wenn nicht alle durcheinander reden, dann kommt er zumindest zu seinen Worten, die er ausführen möchte.
Der wesentlich interessantere, ertragreichere Weg ist vorgezeichnet durch die preußische Vermögensteuer der Regierung von Bülow aus dem Jahr 1893, die sich nämlich nicht als Substanzbesteuerung verstanden hat, sondern als Sollertragsbesteuerung. Dort müssen wir hin. Die anderen in der Koalition mögen sagen, was sie an der Stelle vorschlagen.
Dahin wird die SPD auch mit ihrem Konzept zur Bundestageswahl gehen, nämlich nicht die Substanz, sondern den Ertrag zu besteuern und die Ungleichheit zwischen der Besteuerung von Einkommen aus Arbeit und der Besteuerung von Einkommen aus Kapital zu beseitigen. Das kann man auf dem Weg der reinen Kapitalertragsteuer machen. Das kann man auf dem Weg der Erbschaftsteuer machen. Wenn Sie das angesprochen hätten, anstatt Ihre Rede in allgemeiner gesellschaftskritischer Anklage zu ertränken, dann hätte ich gesagt, jawohl, Herr Knöchel, da haben Sie sogar Recht.