Ich finde aber auch wichtig, dass wir uns dazu verständigen, dass Ausbildungsplätze geschaffen werden und dass in der Richtlinie eine Ausbildungsquote enthalten ist. Wir brauchen - das ist eine Idee, die schon früher in dieser Richtlinie auftauchte - durchaus auch Beschäftigungsquoten für Mitarbeiter mit bestimmten Ausbildungsabschlüssen. Wir wollen dauerhaft hochwertige Arbeitsplätze fördern.
Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verankern. Dies alles gehört dort hinein. Wir wollen nicht fördern, wenn der Anteil an Leiharbeitern eine Quote von mehr als 20 % er
Wir müssen über die Regeln bei Betriebsverlagerungen reden. Es ist vorhin schon richtig gesagt worden, bei Betriebsverlagerungen muss selbstverständlich in Bezug auf die neuen Arbeitsplätze ein genauer Blick darauf genommen werden, ob tatsächlich neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Nur diese sind dann bei der Förderfähigkeit zu berücksichtigen. Dies alles soll dann die Regeln für Betriebsverlagerungen verschärfen, damit sich das, was uns im Moment stört und worüber man sich ärgern muss, künftig nicht wiederholt.
Ich bitte um Verständnis, dass ich jetzt nicht alle Punkte im Einzelnen aufgelistet habe. Dieser Punkt ist aufgenommen worden, weil Sie den Vorgang Lieken besprechen wollten.
Ich möchte mit Ihnen jetzt aber den Blick nach vorn lenken, darauf, wie wir im Haushalt 2017/ 2018 rund 100 Millionen € GRW-Mittel einsetzen wollen. Herr Abg. Höppner, dies ist keine Politik des Wegduckens. Jedenfalls soll sie es in Zukunft nicht sein. Es ist das ehrliche Bemühen darum, den Mittelstand und den Wirtschaftsstandort in Sachsen-Anhalt zu stärken und dabei die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit in den Blick zu nehmen. Was Politik insoweit leisten kann, das will der Wirtschaftsminister tun. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt zwei Nachfragen, einmal von Herrn Gallert und dann von Herrn Höppner. - Herr Gallert, Sie haben das Wort. Bitte.
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass zwar in Sachsen-Anhalt nur 270 tarifgebundene Arbeitsplätze von Lieken in Form dieser Umgliederung abgebaut worden sind - in Wahrheit waren es 600 tarifgebundene Arbeitsplätze, die jetzt durch 250 nicht gebundene Arbeitsplätze ersetzt werden sollen -, frage ich Sie: Sie sind von Hause aus Jurist. Würden Sie im Hinblick auf die zentrale Frage, die auch Abg. Cornelia Lüddemann aufgeworfen hat, Fördermittel nur noch für tarifgebundene Unternehmen zu vergeben, juristische Bedenken sehen oder sind Ihre Einwände nur darauf begründet, dass Sie sagen: Wir haben so wenig Tarifgebundenheit, das können wir sowieso nicht durchhalten? Haben Sie dagegen inhaltliche oder juristische Bedenken?
Herr Abgeordneter, ich möchte ungern in einen juristischen Diskurs zu dieser Frage eintreten, wobei wir tatsächlich darüber diskutieren können, inwieweit das unzulässig sein soll. Darüber ringen wir im Hause noch. Es gibt unterschiedliche Auffassungen.
Zweiter Punkt: In der Tat sehe ich es aus wirtschaftspolitischer Sicht als außerordentlich wünschenswert an, wenn wir die Tarifbindung steigern können. Es ist aber nicht das einzige Kriterium im Rahmen unserer Wirtschaftsförderung. Wir müssen schon die tatsächliche Situation im Lande anerkennen. Wir müssen sehen, dass wir die Wirtschaftsförderung verbreitern. Wir wollen kleine und mittelständische Unternehmen in die Förderung aufnehmen. Sie sollen sich künftig an der GRW-Förderung beteiligen können und dadurch gefördert werden. Dabei ist es nicht sinnvoll, ein Ausschlusskriterium Tarifbindung zu erzeugen.
Vielen Dank. - Es gibt eine weitere Nachfrage. Herr Höppner, Sie haben das Wort. Bevor Sie Ihre Frage stellen, bitte ich alle Gäste, die rechts und links auf den Tribünen sind - außer unseren Bediensteten -, Platz zu nehmen. - Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Wirtschaftsminister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die Konzepte von Wirtschaftsminister Felgner, die noch Ende September vorgestellt wurden, in den Papierkorb werfen und wir ein komplett neues Konzept erhalten werden?
Richtig ist, dass wir auf diesen Konzepten aufbauen, sie allerdings noch einmal verändern wollen. Das, was im September vorgestellt wurde, hätte man auch sofort veröffentlichen können. Das hätte allerdings nicht meiner politischen Vorstellung entsprochen. Deshalb überarbeiten wir das Ganze. Das wird jetzt in Ruhe mit dem Haus geschehen. Dabei wird es etwas andere Priorisierungen geben. Dafür bitte ich Sie um etwas Zeit. Ich bin erst seit vier Wochen im Amt.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Dann gehen wir wieder in die Debattenreihenfolge. Der nächste Debattenredner ist Herr Lieschke von der Fraktion der AfD. Sie haben das Wort. Bitte
Werte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Ja, was ist denn nun hier schon wieder passiert? Ein Aufschrei geht durch alle Fraktionen. Einer Zeitung konnte ich einige Zitate entnehmen, zum Beispiel: „Lieken will seine Mitarbeiter am neuen Standort nicht nach Tarif bezahlen.“ - Ich sagte dort: „Das ist keine seriöse Förderpolitik.“ Ein anderer: „Tarifbindung offenbar völlig vernachlässigt.“ Oder: „Ein Schurkenstück“. Der beste Beitrag war: „Ich schäme mich als Abgeordnete dieses Landtages.“
Werte Abgeordnete, entschuldigen Sie, viele von Ihnen sind für die geltenden Regelungen verantwortlich. Besonders die Regierungsparteien der vergangenen Legislaturperioden waren einfach nicht in der Lage, hierfür klare Regelungen zu finden. Wir reden hier nicht über Kleingeld!
Herr Haseloff behauptet weiter, es sei vieles optimal gelaufen. So wie es jetzt scheint, ist das Wesentliche aber hier gerade nicht optimal gelaufen, verehrte Abgeordnete.
Allem Anschein nach und nach dem nunmehrigen Bekanntwerden der vorliegenden Situation ist bisher keine seriöse Förderpolitik je betrieben worden. Eine vernünftige Förderpolitik hieße in allererster Linie, dass die Mittel zielgerichtet eingesetzt werden, ohne dafür Einbußen für die Angestellten hinnehmen zu müssen.
Es geht um ein Gesamtpaket, einen Nutzen für unser Land, einen Nutzen für unsere Bürger, einen Nutzen für die Angestellten, einen Nutzen für unser Volk. Es darf nicht möglich sein, dass sich Angestellte nach über 20 Jahren Betriebsjahren neu bewerben müssen und sie bekämen weder ihre bisherigen Betriebsjahre angerechnet noch würde man sie weiter nach Tarifverträgen beschäftigen. Lohneinbußen von bis zu 25 % sind
Ich kann mich noch gut an den Landtagswahlkampf erinnern. Herr Haseloff war superstolz und berichtete: Die Investition ist ein wichtiger Impuls für das Land Sachsen-Anhalt und stärkt unsere bereits gut aufgestellte Ernährungsbranche.
Hier wurden über 11 Millionen € rausgehauen, ohne nur einen Arbeitsplatz mehr zu schaffen. War die Regierung erpressbar, so nach dem Motto: Gib mir Geld oder ich gehe? Was ist das für eine Fachkompetenz?
Ging es hierbei um Wahlkampf oder um unsere Bürger? - Ich bin nun selbst Unternehmer. Meinen Sie wirklich, dass die Entscheidungen des erfolgreichen Unternehmens Agrofert zum Umzug und zu der Art und Weise, wie die Produktion nun durch Agrofert betrieben werden soll, erst jetzt getroffen wurden? Meinen Sie, es gab kein fertiges Konzept? - Das ist völliger Quatsch!
Ich hätte mir gewünscht, dass diese Pläne bereits damals veröffentlicht worden wären; denn dann wären wir die stärkste Kraft in Sachsen-Anhalt geworden.
Unsere Bürger, Arbeiter und Angestellten erkennen mittlerweile, wer es ehrlich meint. Das sind nicht die sogenannten Etablierten. Wer hier klare Regeln will, wird auch 2017 klar die AfD wählen.
Nun zurück zur Landespolitik. Die Vergleiche mit Fricopan und der Aryzta AG sind frappierend. Ich hätte Teile meiner damaligen Rede kopieren sollen. Dort war von sinnvoller Förderpolitik die Rede und von vermehrter Mittelstandförderung. Ich finde es sehr gut, dass Herr Willingmann das jetzt auch aufgreifen möchte.
Es wurde in der Vergangenheit einfach nicht gründlich gearbeitet. Es gibt die maximal mögliche Summe an Fördermitteln und die Regierung ist nicht einmal in der Lage, grundlegende absichernde Merkmale in einen Vertrag bzw. Fördermittelbescheid zu schreiben. Es ist leicht, dies dort hineinzuschreiben. Als Beispiel: „Alle bisherigen und neuen Arbeitnehmer werden auch weiterhin nach den bisherigen Tarifverträgen entlohnt.“ Dieser eine Satz wäre nötig und wir müssten heute nicht über Tarifflucht reden.
Wenn die Regierung Fördermittel gibt - und das ohne große Not; denn der Konzern sagte selbst, dass es im Rhein-Main-Gebiet keinen passenden Platz gebe -, ist die Regierung auch dafür verantwortlich, dass Steuermittel nicht verschwendet
werden. Ich frage mich, warum Lieken kein Konzept, keinen Businessplan vorlegen musste, der dann Bestandteil der Fördermittelvergabe wäre und Tricksereien nicht mehr erlauben würde. Oder gibt es diesen und wir kennen ihn nur nicht?
Viel wichtiger ist es, dass die Arbeiter, die, wie wir alle gemerkt haben, unseren Schutz benötigen, auch ihre Arbeitsplätze sicher haben und nicht befürchten müssen, nach einem Umzug weniger Geld zu haben.
Trotzdem sende ich ein Lob an Agrofert. Die in Wittenberg stattfindenden Investitionen tun der Stadt sehr gut. Zu erwähnen ist der hervorragende Betriebskindergarten und das neue Feuerwehrübungszentrum. Der tschechische Konzern investiert in solche Standorte und erhält dort Arbeitsplätze. Daran sollten sich viele deutsche Firmen, die mittlerweile bundesweit 15 Milliarden € in ausländische Standorte investieren, ein Beispiel nehmen.
Ich fordere hier die Landesregierung auf, endlich Konzepte zu entwickeln, dass dieses Negativbeispiel der Förderpolitik nun das letzte sein wird. Die Landesregierung darf hierbei nicht untätig bleiben. Es sind Gespräche mit Agrofert zu führen, um der Tarifflucht eine klare Absage zu erteilen. Die Tariflöhne sind durchzusetzen.
Wir, die AfD-Fraktion, werden Ihnen in den Ausschüssen helfen; denn die Hilfe ist dringend nötig. Meine Rede beende ich hiermit, werte Abgeordnete: Es ist Zeit zu handeln!