Protocol of the Session on November 25, 2016

Jetzt zu dem eigentlichen Beitrag. Da Sie uns als Partei immer in die Nähe des Dritten Reiches bringen wollen, möchte ich mit Ihnen einen kurzen Blick auf die Geschichte werfen, und zwar auf den 9. November. Das ist der Schicksalstag der Deutschen. Da war unter anderem im Jahre 1848 die Erschießung von Robert Blum, natürlich auch die Reichspogromnacht 1938 und der Fall der Mauer. Es gibt negative Sachen, aber auch positive. Den Fall der Mauer sehe ich definitiv als etwas Positives an.

Davon abgesehen gehen wir einmal in Ihre Parteigeschichte hinein. Als Sie 1983 in den Bundestag eingezogen sind,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Er nicht!)

- die Partei, Sie natürlich nicht; dort werden Sie auch nicht hinkommen, keine Angst - gab es einen allerersten Redner, Herrn Werner Vogel. Er war SA- und NSDAP-Mitglied. Das ist Ihre Vergangenheit. So etwas gibt es bei uns in der AfD nicht.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Zurufe von der LINKEN)

Viele Parteien haben ehemalige NSDAP

Mitglieder in den Bundestag und verschiedene Landesparlamente geschickt - die AfD nicht. Das ist ein großer Unterschied.

(Beifall bei der AfD)

Herr Striegel.

Ich bin nun wirklich erstaunt, dass mir die Reinkarnation von Helmut Kohl mit der Gnade der späten Geburt wiederbegegnet. Das hätte ich im politischen Diskurs nun nicht mehr für möglich gehalten. Aber sich hinzustellen und zu sagen, dass eine junge Partei nun in die Lage kommt, keine NSDAP-Mitglieder mehr zu haben - nun ja,

(Zurufe von der AfD)

das kann man machen. Es wirkt aber nicht wirklich überzeugend.

Zur Frage der Geschichte der Grünen und der Verquickung der Umweltbewegung mit dem Drit

ten Reich kann ich Ihnen sagen: Sie erkundigen sich sonst immer sehr weitgehend über meine Person und machen Internetrecherchen und dieses und jenes. Vielleicht ist Ihnen bei einer solchen Recherche auch einmal mein Aufsatz zur völkischen Geschichte der Umweltbewegung begegnet. Dann könnten Sie lesen, dass es in der Tat ein Erbe gibt, das wir anzutreten haben und mit dem man sich auseinanderzusetzen hat.

(Zurufe von der AfD)

- Ich habe Ihnen gerade gesagt, ich habe einen Aufsatz dazu geschrieben. Schauen Sie einfach nach, lesen Sie ihn bei Gelegenheit einmal.

(Zurufe von der AfD)

Zur Frage der Statistik. Ich sage es noch einmal: Wir müssen als Parlament in unserer Gesamtheit gegen alle vorgehen, die Abgeordnete angreifen und damit die demokratische politische Kultur beschädigen. Ich hoffe und wünsche mir, dass wir uns über alle Parteigrenzen hinweg solidarisch zeigen und dass wir dabei unserer Präsidentin den Rücken stärken, wenn sie solche Angriffe auch für uns insgesamt zurückweist.

Herr Farle.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Striegel, Sie hatten Bezug genommen auf die Vorfälle von gestern. Zu diesen Vorfällen von gestern sage ich jetzt noch einmal und lese vor, was auf der Landtagsseite als Mitschrift erschienen ist, die automatisch erstellt wird. Das kann jeder abrufen. Ich habe das zurzeit hier auf dem Schirm.

Dort steht: Präsidentin Gabriele Brakebusch: Einen kleinen Moment bitte, Herr Farle. - (Unruhe bei der LINKEN und bei der SPD - Zuruf von Swen Knöchel, DIE LINKE) - Herr Fraktionsvorsitzender - - Das kann nicht ich sein, denn bei uns ist André Poggenburg Fraktionsvorsitzender, also

war sicherlich der Herr Knöchel gemeint.

Darunter erscheint dann: (Swen Knöchel, DIE LINKE: Dann schmeißen Sie ihn doch raus!), woraufhin die Landtagspräsidentin sagt: Sie brauchen und dürfen mich nicht einmal auffordern, hier zu handeln. Wenn, dann entscheide ich, ob ich handele.

Wie stellen Sie sich dazu, dass hier offensichtlich vor einigen Minuten der entsprechende Herr Knöchel ganz einfach mit einer Lüge versucht hat, sich aus der Verantwortung für diese Äußerung zu stehlen?

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Da war die Maske unten!)

Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Farle, ich werde den Vorgang nicht kommentieren, weil ich zu dieser Zeit oben am Lautsprecher gesessen habe und das nur durch den Lautsprecher vernommen habe. Ich bin aber sicher, dass Stenografinnen und Stenografen in diesem Hause eine gute Arbeit machen, dass der Vorgang am Ende tatsächlich so im Protokoll steht, wie er sich zugetragen hat.

Ich will noch einmal sagen: Was Sie heute probieren, was Sie gestern probiert haben, Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, um um eine Entschuldigung herumzukommen, das ist unwürdig. Und Sie verstärken diesen Eindruck hier heute noch einmal.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der LINKEN und bei der SPD)

Jetzt gibt es noch eine Wortmeldung von Frau Eva von Angern. Diese bezieht sich auf Herrn Striegel?

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ja!)

- Dann haben Sie jetzt das Wort, bitte.

Ich würde immer nur Herrn Striegel fragen; er steht ja vorn. - Herr Striegel, geben Sie mir recht, dass wir es bei dem Protokoll noch nicht mit einem bestätigten Protokoll zu tun haben und dass, wenn Herr Knöchel tatsächlich den Nachweis erbringen kann, zum Beispiel über mich als Zeugin, die direkt neben ihm saß und ausdrücklich gehört hat, dass er selbst hinausgeschmissen werden wollte - vielleicht auch ein nicht ganz üblicher Vorgang -, dann die Möglichkeit besteht, auch mithilfe der Stenografen bzw. des Mitschnitts diesen Stenografischen Bericht zu korrigieren und dass am Ende tatsächlich drinstehen kann - wenn wir diesen Beweis erbringen können -, dass Herr Knöchel gesagt hat: „Dann schmeißen Sie m i c h raus!“?

Frau Kollegin von Angern, ich kann, wie gesagt, zu dem Vorgang nicht Stellung nehmen, weil ich ihn inhaltlich nicht kenne. Aber zu dem Verfahren kann ich Ihnen sagen: Das ist der jedenfalls bislang im Haus geübte Weg. Ich bin sicher, dass wir den auch nicht verlassen werden.

Ich würde am Ende der Debatte zu den Verfahrensweisen des Hinausschmeißens die Ge

schäftsordnung zitieren wollen. Trotz alledem hat jetzt Herr Borgwardt erst einmal das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als letzter Redner kann ich es Ihnen möglicherweise nicht ganz ersparen, aber es ist der Eigenart des Themas geschuldet, bestimmte Dinge wiederholen zu müssen.

In der heutigen Aktuellen Debatte sprechen wir auf Antrag der AfD-Fraktion über den Verfall der demokratischen Kultur in Sachsen-Anhalt. In der Begründung heißt es: Die demokratische Kultur in unserem Land hat in den letzten Monaten großen Schaden genommen.

Zunächst sollten wir uns vor Augen halten, was wir unter demokratischer Kultur verstehen. Ist es eine Kultur der Gegenseitigkeit oder die Kultur der Anerkennung des anderen? - Ich meine, es ist beides. Unsere Gesellschaft ist geprägt durch Gegenseitigkeit, Akzeptanz und Anerkennung des anderen. Grundlage dessen ist unsere freiheitlichdemokratische Rechtsordnung.

Liebe Kollegen, an dieser Stelle muss ich zum Verständnis ein wenig Staatsrechtslehre betreiben. Artikel 20 des Grundgesetzes enthält die Staatsprinzipien. Dort ist in Absatz 1 das Demokratieprinzip festgelegt. Dieses Prinzip des Grundgesetzes lässt ein Repräsentationsprinzip wie auch das Mehrheitsprinzip zu. Demokratie ist ohne die Freiheit und Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger undenkbar.

Die Kommunikationsrechte sind daher fundamentaler Bestandteil der politischen Willensbildung. Artikel 5 Abs. 1 - Meinungsfreiheit -, Artikel 8 - Versammlungsfreiheit -, Artikel 9 - Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit. Jeder kann sagen, was er denkt. Das ist der Kern der Meinungsfreiheit.

(Zustimmung bei der CDU)

Polemische oder verletzende Aussagen fallen damit per se in den Schutzbereich des Artikels 5 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die freie Meinungsäußerung findet ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre - so Artikel 5 Abs. 2 des Grundgesetzes.

(Zustimmung bei der CDU)

Ehrverletzende Äußerungen sind somit eben nicht erlaubt, wobei allerdings im Einzelfall zu prüfen ist - es gibt Obergerichtsurteile -, ob die Voraussetzungen der §§ 185 ff. des Strafgesetzgesetzbuches - Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung und Ähnliches - vorliegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht zuletzt führten der in den Vereinigten Staaten ge

führte Wahlkampf und die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA zu einer veränderten Diskussionskultur, auch in Deutschland. Bereits das Erstarken der Alternative für Deutschland befeuerte diesen Prozess. Populistische Äußerungen verfangen in der Bevölkerung. Beleidigungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Politikern sind keine Seltenheit.

Die AfD-Fraktion beschreibt dieses Phänomen als ein aufgeheiztes Klima. Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion, setzen aber häufig selbst die Ursache für dieses Klima.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wie kann man den gesellschaftlichen Entwicklungen nun entgegentreten? Ausgangspunkt meiner Überlegung ist der Umgang miteinander bei unterschiedlichen Auffassungen. Maßstab für uns alle ist die Achtung der Menschenwürde, Artikel 1 des Grundgesetzes, und zwar die Würde aller Menschen, unabhängig davon, ob sie in Deutschland geboren sind oder nicht.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)