Es liegen Wortmeldungen vor, die ausschließlich aus der AfD-Fraktion sind. Es gibt Wortmeldungen von Herrn Schmidt, Herrn Raue, Herrn Poggenburg. Die Frage ist: Möchte jemand von Ihnen eine Intervention machen?
Da es meine Anfrage war, möchte ich mich gern noch einmal dazu äußern. Es gibt bei den Anfragen die Möglichkeit, eine Vorbemerkung zu verfassen. Dort habe ich darauf hingewiesen, dass man sich im Koalitionsvertrag wieder nur einseitig gegen rechtsextreme Taten wendet und wieder keine Konzentration auch auf linksextreme Taten stattfindet.
Wir haben es selbst als Partei im Wahlkampf gemerkt, dass unsere Plakate und auch wir angegriffen worden sind. Das erschließt sich auch in der Anfrage, dass wir besonders im Fokus stehen.
Wenn man sich die ganzen Delikte einzeln ansieht, dann sieht man, dass die Propagandadelikte bei Links äußerst schwierig festzustellen sind, bei Rechts den größten Teil der politisch motivierten Straftaten ausmachen, bei Sachbeschädigungen jedoch auf einmal die Linken ganz weit vorn sind. Man muss sich auch einmal die Statistiken richtig ansehen und sollte nicht puren und billigen Populismus betreiben. - Danke.
Ich sehe jetzt keine weiteren Interventionen mehr. Frau Quade hat sich hingesetzt. Daraus entnehme ich, dass sie Fragen nicht mehr beantworten möchte.
Dann würde ich für die Landesregierung Frau Ministerin Grimm-Benne nach vorn bitten. Sie haben das Wort.
Dieser Satz leitet das Grundgesetz ein und er steht auch bei dieser Landtagsdebatte als große Überschrift über dem Thema „Bedrohung durch Extremismus“.
Gilt dieser Satz unangefochten? - Leider nein. Selbst die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben gesehen, dass dafür gestritten werden muss, dass es eben doch keine absolute Wahrheit ist, sondern das Ziel demokratischen und staatlichen Handelns. Wäre sie nämlich unantastbar, müsste der Staat die unantastbare Würde des Menschen nicht schützen, wie Satz 2 es eben aufgibt. Wäre sie unantastbar, würden wir nicht erleben, wie Menschen aufgrund ihrer Abstammung, ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens zu Opfern würden, selbst bei uns.
Globale und nationale Herausforderungen haben weitreichende Veränderungen mit sich gebracht. Wir haben erlebt, wie eng unser Leben mit dem Weltgeschehen verzahnt ist. Internationale Fluchtbewegungen infolge kriegerischer Auseinandersetzungen haben bei uns zu einem starken Ansteigen der Flüchtlingszahlen geführt.
Flucht und Migration haben bei vielen Ressentiments und Abwehr gegen Geflüchtete verstärkt; das müssen wir konstatieren. Wir sehen Pegida und wir sehen fremdenfeindliche und rechtspopulistische Einstellungen bis in die Mitte der Gesellschaft, hasserfüllte Agitationen - dabei bleibt es aber nicht; auch das ist bittere Realität.
Wir kennen die Fälle gewalttätiger Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Im Jahr 2015 wurde eine Verdoppelung der Zahl rechtsmotivierter und insbesondere rassistischer Gewalttaten festgestellt. Im laufenden Jahr werden die Zahlen vermutlich noch höher sein und die Hemmschwelle wird immer geringer.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir debattieren heute darüber, wie die gesellschaftliche Bedrohung durch Rechtsextremismus konsequent bekämpft werden kann. Wir brauchen ein Maßnahmenpaket, ein gutes Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit und wir brauchen vor allem eine Politik und Gesellschaft im Miteinander. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber die Feststellung, dass das so ist und dass wir dazu stehen, ist mir schon wichtig.
Der Titel des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit - das betone ich sehr bewusst - ist Programm. Sachsen-Anhalt soll durch Vielfalt und Weltoffenheit attraktiver werden und Menschen anziehen, die uns kulturell bereichern und wirtschaftlich stärken.
Die Landesregierung ist solidarisch mit den Betroffenen von Gewalt und die Landesregierung fördert ein Klima der Offenheit und der Solidarität aller Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt. Das ist unsere zentrale Aufgabe. Unser Koalitionsvertrag besagt, dass das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit fortgesetzt und gestärkt wird. Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, lokalen Bündnissen und Initiativen wollen wir auf die aktuellen Entwicklungen Antworten geben.
Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Eine weitere Aufgabe ist die Stärkung der demokratischen Kultur. Viele Menschen fühlen sich von der politischen Meinungsbildung ausgeschlossen, weil man vermeintlich nichts mehr zu sagen habe. Wir wollen sie zurückgewinnen, sie davon überzeugen, dass sie Einfluss nehmen und etwas bewirken können. Eine aktiv gelebte Demokratie mit vielfältigen Möglichkeiten eigener Demokratieerfahrung ist die beste Prävention gegen Rechtsextremismus. Dazu haben Sie gestern ausführlich beraten.
Bei der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfes ist ein Schwerpunkt auf die Demokratieförderung und die Stärkung demokratischer Teilhabe gelegt worden. Die Präventionsprojekte, die Beratungsarbeit gegen Rechtsextremismus sowie die Unterstützung von Betroffenen rechter Gewalt können damit ihre Arbeit fortsetzen und intensivieren. Dabei werden auch neue Formate der politischen Bildung und Demokratieförderung entwickelt.
Das Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus ist für uns unverzichtbar. Es unterstützt professionell bei rechtsextremen, rassistischen und islamfeindlichen Vorfällen. Anfragen kommen von Bürgerbündnissen, Schulen und Sportvereinen, Politik und Verwaltung. Es wird präventiv gegen Islamfeindlichkeit gearbeitet und Jugendlichen bei der Distanzierung von islamistischen Szenen Hilfe angeboten. Daneben steht die konkrete Hilfe für
von Gewalt Betroffene. Es sind die körperlichen und die seelischen Verletzungen, die das Leben der Betroffenen langfristig beeinträchtigen. Die Opferberatungsstellen sollen unterstützen, um den Betroffenen wieder ein Alltagsleben möglich zu machen.
Beim Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit ist die Zuständigkeit in das Sozialministerium gewechselt. Dies ermöglicht die bessere Verzahnung des Landesprogramms mit dem Demokratieförderprogramm des Bundes. Ich bin froh, dass der Bund uns hierbei sehr unterstützt, zum Beispiel über das Programm „Demokratie leben - aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit“.
Unter diesem Dach wird zum Beispiel Hasspropaganda im Internet mit neuen länderübergreifenden Ansätzen in der Online-Kommunikation entgegengetreten. Beratung für Betroffene, Prävention und Weiterbildung auch für Bedienstete der öffentlichen Verwaltung - das ist ein wichtiger Dreiklang. Wir führen seit Jahren Debatten darüber, wie man ihn am besten ausgestaltet.
Die demokratischen Parteien engagieren sich alle, die Landesregierung auch. Ich erinnere zum Beispiel an ein CDU-Papier von 2010 mit Handlungsanleitungen für Kommunalpolitiker, die mit NPDAbgeordneten konfrontiert sind.
Sie können reden, so lange Sie wollen. Aber ich unternehme den vorsichtigen Versuch, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie Ihre Redezeit schon etwas überschritten haben.
Das weiß ich. Ich weiß, dass ich damit die Redezeit der Debattenredner verlängere. Aber mir ist das Thema so wichtig, dass ich das diesmal nicht so durchjagen möchte. Ich hoffe auf Verständnis.
Rechtsextremismus sei die Hauptgefahr für die Demokratie - das war der Kernsatz damals. Ich darf ein Zitat von Thomas Leimbach nennen: Wie tritt man denen entgegen, die manchmal fast sprachlos machen bei der Impertinenz, mit der sie grundlegende Prinzipien der Demokratie infrage stellen?
Meine Damen und Herren! Ich will noch einen Punkt ansprechen, die Reichsbürger. Dafür liegt die Verantwortung beim Justizministerium. Dort ist ein Referat mit der Koordinierung bei spezifischen Problemen mit Reichsbürgern beauftragt. Wir werden diesen Bereich aktiv unterstützen und werden auf diese neue Problematik mehr eingehen.
Ich hoffe sehr, dass wir in all diesen Punkten den Landtag hinter uns wissen, dass wir hier wirklich für ein tolerantes und weltoffenes Sachsen-Anhalt streiten können. - Herzlichen Dank.
Danke, Frau Ministerin. - Ich sehe eine Frage von Herrn Tillschneider. Herr Tillschneider, Sie haben die Möglichkeit, diese jetzt zu stellen.
Zur Stärkung der Demokratie eine Anmerkung. In den Wochen nach unserem Einzug in den Landtag hatte ich die Gelegenheit, mit einem Journalisten zu sprechen. Er hat mir hinter vorgehaltener Hand gesagt: Jetzt wird hier endlich in diesem Landtag debattiert; die AfD hat eine gute, belebende Wirkung auf die Demokratie.
Dazu muss ich sagen: Der Einzug der AfD hat mehr für die Demokratie in diesem Land getan als alle Programme für Weltoffenheit und Vielfalt zusammengenommen.
Danke, Frau Ministerin. - Da das keine Frage war, muss die Ministerin auch nicht antworten. Wir fahren in der Debatte fort. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Steppuhn. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ob die AfD mehr für die Demokratie in diesem Land tut, möge sie einmal beweisen.
Wenn Sie das mit der Demokratie ernst meinen, dann wäre es wahrscheinlich gut, wenn Sie sich dieser Debatte über Rechtsextremismus in unserem Land stellen würden.