- Ja, es ist nicht überraschend, dass Sie das so einschätzen. An dieser Stelle haben wir tatsächlich in einem ganz kleinen Teil einmal die gleiche Analyse. Das ist in der Tat so. So befördert man rechte Denkweisen und bekämpft sie nicht.
In den vergangenen zwei Jahren ist die Nachfrage bei den Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus und für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt stark gestiegen. Diese Nachfrage wurde mit allen Mitteln und Kräften abzudecken versucht, und in ihrer Erklärung konstatieren die Beratungsstellen - das muss uns alle alarmieren -:
„Nun ist die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Die große Anzahl von Betroffenen und Beratungsuchenden ist für viele Beratungsstellen ohne zusätzliche Ressourcen nicht zu bewältigen.“
Das allein spräche sehr für unseren Antrag, doch nicht nur das. Wir müssen heute in der „Mitteldeutschen Zeitung“ lesen, dass für viele Träger, auch die der zivilgesellschaftlichen Demokratiearbeit, die Zukunft gefährdet scheint. Offenbar stellt die Landesregierung inzwischen ernsthaft infrage, ob es für Fortsetzungsprojekte, die aus Landesmitteln finanziert werden, die notwendige Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmen
beginn zum 1. Januar 2017 geben wird. Der vorzeitige Maßnahmenbeginn erlaubt den Trägern, auf eigenes Finanzrisiko Projektausgaben zu tätigen. Wird dieser Verwaltungsakt nicht genehmigt, müssten sie ihre Arbeit nahezu vollständig einstellen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen.
Das und allein, dass dies möglich ist, wäre verheerend. Wir und vor allem die regierungstragenden Fraktionen haben heute die Chance, die Unsicherheit, die die Infragestellung dieses vorzeitigen Maßnahmenbeginns für Träger zivilgesellschaftlicher Arbeit bringt, aufzufangen und ein Stück weit zu überwinden, um deutlich zu machen: Zivilgesellschaftliche Initiativen, Bürgerinnenbündnisse für Demokratie, lokale Geschichtsprojekte, Willkommensnetzwerke, lokale Jugendinitiativen für die Erschließung nicht-rechter Erlebnisräume, migrantische Selbstorganisation und die Träger der Bildungs-, Präventions- und Beratungsarbeit gegen Rechtsextremismus sind unverzichtbare Partner, deren Arbeit wir stärken wollen.
Wenn wir unseren Beschluss vom Sommer, der ebenfalls auf Initiative meiner Fraktion zustande kam, zur Solidarität mit allen Betroffenen rechter Gewalt, Diskriminierung und Hetze ernst meinen, dann müssen wir als Haushaltsgesetzgeber auch dafür Sorge tragen, dass Menschen, die Betroffene rechter Gewalt wurden, schnell Hilfe und Unterstützung erfahren, dass es vor allem mehr Prävention gibt und die entsprechenden Projekte und Ansätze, die es im Land dazu gibt, nicht nur weiterverfolgt werden können, sondern verstetigt und ausgebaut werden.
Wir sprachen gestern im Zusammenhang mit den Hochschulen von „Projektitis“. Dass die Arbeit gegen den Rechtsextremismus und damit für die Demokratie eine gewaltige Herausforderung ist, die nicht in zwei Jahren abzuarbeiten ist und erledigt sein wird und über deren Notwendigkeit man dann neu befinden muss, liegt auf der Hand und muss sich auch in der Förderstruktur widerspiegeln.
Diese gemeinsame Herausforderung als gemeinsame zu begreifen, unserer bekundeten Solidarität auch praktische Taten folgen zu lassen - auf der Ebene des Haushaltes wie auch auf inhaltlicher Ebene -, das ist unsere gemeinsame politische Verantwortung - bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Ansätze, die wir verfolgen. - Herzlichen Dank.
Frau Quade, ich habe eine Frage: Würden Sie - denn Ihr Antrag gäbe das ja her - neben dem Rechtsextremismus auch den Linksextremismus aufnehmen? Denn er ließe sich ja, wenn ich das so lese, gut einfügen.
Ich möchte es mit einigen Worten begründen. Der linke Terror der Antifa-Zelle in Connewitz - man kann natürlich auch „Connewitzer Terrorzelle“ sagen - verwüstet in Leipzig ganze Stadtteile. Dagegen müssten gerade Sie sich und wir alle uns - zwar nicht bezogen auf Leipzig, aber auf den Terror, den diese linksextremen Organisationen ausüben - positionieren. Das könnten wir hier und heute auch tun, und Sie könnten Größe zeigen und Ihren Antrag erweitern, sodass vielleicht alle in diesem Haus zustimmen könnten.
Herr Raue, das gibt mir die Gelegenheit, gleich etwas zu Ihrem Antrag zu sagen. Es hat einen sehr einfachen Grund, warum wir hier nicht allgemein von politisch motivierter Kriminalität sprechen. Er besteht nicht darin, dass wir eine Gewaltform weniger schlimm als die andere finden.
Im Jahr 2015 - ich beziehe mich auf die Anfrage Ihres Kollegen - haben wir es mit 1 749 Fällen politisch rechtsmotivierter Kriminalität und mit 230 Fällen linksmotivierter Kriminalität in Sachsen-Anhalt zu tun gehabt. Es geht ausdrücklich nicht darum, Zahlen gegeneinander aufzurechnen. Aber sie belegen eindeutig, dass ein strukturelles Problem im Bereich Rechtsextremismus und nicht im Bereich Linksextremismus besteht.
Aber wenn wir uns über strukturelle Probleme, die wir im Land haben, unterhalten, spielen Zahlen, Erscheinungsformen und der Alltag eine Rolle. Dann ist es eindeutig: Das Problem, das wir in Sachsen-Anhalt haben, ist ein Problem mit Nazis,
- Frau Feußner, wenn Sie ein Problem haben, gehen Sie zum Mikrofon und melden Sie sich. Es ist eine Unart, hier in der ersten Reihe zu sitzen und rumzupöbeln.
Ich sagte, ich möchte anlässlich der Frage von Herrn Raue auf den Antrag der AfD eingehen. Ich will gar nicht auf die Diffamierung der Ihnen missliebigen Vereine, auf Ihre Wahrnehmung des Landesprogramms für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz als links eingehen. Sie schreiben in Ihrer Antragsbegründung:
„Wer glaubt, die Wahrheit gepachtet zu haben, und sich seiner Sache zu sicher ist, neigt dazu, dem anderen Grundrechte streitig zu machen,“
Nun frage ich Sie: Wer stellt sich denn hier hin und propagiert: Wir machen keine ideologiegetriebene Politik, sondern versuchen, der Wahrheit zur Geltung zu verhelfen?
Es liegen Wortmeldungen vor, die ausschließlich aus der AfD-Fraktion sind. Es gibt Wortmeldungen von Herrn Schmidt, Herrn Raue, Herrn Poggenburg. Die Frage ist: Möchte jemand von Ihnen eine Intervention machen?