Protocol of the Session on October 27, 2016

(Andreas Steppuhn, SPD: Ausschuss für Arbeit und Soziales!)

- Es gibt den Vorschlag, den Gesetzentwurf in den Ausschuss für Arbeit und Soziales und in den Finanzausschuss zu überweisen. Dann bitte ich um Abstimmung.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Arbeit und Soziales federführend!)

- Arbeit und Soziales federführend. Dann bitte ich um Abstimmung.

(Zuruf von der SPD: Was denn nun?)

- Wer für die Überweisung ist. - Es ist ersichtlich, dass es eindeutig Zustimmung gibt. Somit ist der Tagesordnungspunkt abgehandelt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 5

Zweite Beratung

TTIP- und CETA-Leaks ermöglichen öffentliche Auseinandersetzung mit transatlan

tischen Geheimabkommen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/55

Beschlussempfehlung Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien - Drs. 7/407

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/503

(Erste Beratung in der 4. Sitzung des Landtages am 01.06.2016)

Berichterstatter ist der Abg. Geisthardt. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schon der Herr Präsident ausgeführt hat, ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „TTIP- und CETA-Leaks ermöglichen öffentliche Auseinandersetzung mit transatlantischen Geheimabkommen“ in der Drs. 7/55 in der 4. Sitzung am 1. Juni 2016 vom Landtag in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien überwiesen worden.

Schwerpunkt dieses Antrages ist die Würdigung der durch die Offenlegung möglichen Auseinandersetzung mit den bisher geheim verhandelten transatlantischen Abkommen TTIP und CETA. Außerdem sollte die Landesregierung aufgefordert werden, beide Abkommen im Bundesrat abzulehnen und die öffentliche Information sicherzustellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien hat in der 3. Sitzung am 23. September 2016 eine Beratung zu diesem Antrag durchgeführt. Dazu lagen sowohl eine Beschlussempfehlung der Fraktion DIE LINKE als auch ein Beschlussvorschlag der Koalitionsfraktionen vor. In dieser Beratung fand der Beschlussvorschlag der Fraktion DIE LINKE keine Mehrheit.

Der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien empfiehlt auf der Grund

lage des Beschlussvorschlages der Koalitionsfraktionen dem Landtag mit einem Abstimmungsergebnis von 7 : 0 : 5 die Annahme des Antrages in der Fassung der Ihnen in der Drs. 7/407 vorliegenden Beschlussempfehlung.

Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass zu Beginn in den Punkten 1 und 2 dieser Beschlussempfehlung die Formulierung „der Ausschuss“ bzw. „der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien im Landtag von Sachsen-Anhalt“ durch die Formulierung „der Landtag“ ersetzt werden soll, da der Beschluss die Meinung des Landtages widerspiegelt.

Im Namen des Ausschusses bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung mit der gerade von mir erwähnten Änderung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten für den Redebeitrag. - Wir führen nun die Debatte durch. Für jede Fraktion sind fünf Minuten Redezeit vorgesehen. Die Landesregierung verzichtet auf einen Beitrag, sodass wir mit den Fraktionen beginnen können.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Darauf hat- ten wir uns gefreut, Herr Felgner!)

Es spricht der Abg. Herr Gallert von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist wirklich ein wenig schade, Herr Felgner, dass Sie heute auf einen Redebeitrag verzichten; denn Ihr Redebeitrag bei der Einbringung des Antrages war eigentlich Anlass für uns, ausdrücklich auf einer Ausschussberatung zu bestehen, da hier die unterschiedlichen Positionen am deutlichsten aufeinandergeprallt sind.

Ausgangspunkt unserer Analyse war, dass es zwei ganz zentrale Kritikpunkte zu allen drei Vertragswerken, TTIP, TISA und CETA, gegeben hat, nämlich dass diese Verträge nichts anderes bedeuten als die Selbstbeschränkung der Politik gegenüber den Interessen transnational agierender Konzerne. Das ist der zentrale Kritikpunkt. Wir können und wollen kein Wachstumsmodell akzeptieren, das darauf beruht, dass soziale und ökologische Standards unter die Räder geraten und Politik diesen Interessen von Konzernen schutzlos ausgeliefert ist. Das war unsere Position und ist auch heute unsere Position.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist übrigens auch die Position der großen Mehrheit der Bevölkerung in allen EU-Staaten.

Wir haben einen zweiten zentralen Kritikpunkt, der damit zusammenhängt: Alle drei Vertragswerke werden in einer Art und Weise intransparent, inkonsequent, was ihre wirklichen Konsequenzen für die Menschen betrifft, verhandelt. Alle drei Vertragswerke haben den Makel von Geheimverhandlungen zwischen selbsternannten Experten, die eben nicht in der Lage oder nicht bereit sind, die wirklichen Konsequenzen dieser Verträge den Menschen in den USA, in Kanada, in den europäischen Staaten offenzulegen.

Das ist unser zweiter großer Kritikpunkt. Sie hatten bei der ersten Debatte dazu eine völlig andere Position.

Heute sind wir an einem Punkt, den wir als Opposition - das will ich mit aller Deutlichkeit sagen - durchaus als Erfolg betrachten. Ich musste mich damals noch rechtfertigen, dass wir überhaupt eine Überweisung vorschlagen, aber es ist heute im Wesentlichen eine Beschlussempfehlung der Koalition, die zumindest in den ersten beiden Punkten ausdrücklich die Position aufnimmt, die wir als LINKE artikuliert haben. Deshalb sage ich: Jawohl, auch diese Koalition kann sich in eine gute und richtige Richtung bewegen. Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von André Poggenburg, AfD)

Ich hoffe nur, dass diese Bewegung nicht vor den Türen dieses Plenarsaals aufhört, sondern dass sie auch ein verbindlicher Auftrag an die Landesregierung ist, die diese Koalition trägt, sich ebenso wie sie sich hier positioniert hat, auch im Bundesrat zu entscheiden.

Nun gibt es noch eine Differenz. Sie betrifft die große Frage: Wie gehen wir mit dem aktuell diskutierten Abkommen CETA um? Dazu hat sich die Koalition im Wesentlichen darauf verständigt zu sagen: Da schauen wir einmal, was passiert. - Eine inhaltliche Position ist das nicht. Dort gibt es einen großen Unterschied.

Wir haben deshalb noch einmal den Änderungsantrag gestellt. Genau aus den Gründen, die in den Punkten 1 und 2 als Begründung dafür dienen, dass TTIP und TISA nicht die Mehrheit dieses Hauses und nicht die Zustimmung dieser Koalition bekommen dürfen, genau die gleichen Gründe sind es, die uns dazu führen müssen, CETA abzulehnen. Deshalb wollen wir, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Wir werden insofern heute diese Debatte mit einem Erkenntnisgewinn beenden. Wir hoffen, dass dieser Erkenntnisgewinn noch etwas weiter trägt als die Beschlussempfehlung, die die Koalition vorgelegt hat.

Wir wissen übrigens, dass wir hiermit die große Mehrheit der Bevölkerung nicht nur in der Bundesrepublik, nicht nur in Sachsen-Anhalt vertreten, sondern in allen europäischen Ländern, in denen es verlässliche Umfragen dazu gegeben hat. Wir wissen, dass die Heils- und Wachstumsversprechen, die mit diesen Vertragswerken verbunden werden, entweder überhaupt nicht stimmen oder auf Kosten sozialer und ökologischer Standards organisiert werden sollen.

Deshalb ist es eine Frage der Demokratie, eine Frage der Selbstbehauptung von Politik und damit auch von Parlamenten, sich einem solchen Vertragswerk entgegenzustellen. Ein wirklicher Freihandel, der auf faire Spielregeln setzt und im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie von ökologischen Standards organisiert wird und der nicht allein der Profitmaximierung dient, wird immer unsere Zustimmung haben, heute und auch in Zukunft. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD)

Ich danke Herrn Abg. Gallert. - Als nächste Rednerin bitte ich die Abg. Frau Budde von der SPD ans Mikrofon. Frau Budde, Sie haben das Wort.

Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern Abend gab es einen parlamentarischen Abend des VCI. Zum Abschluss hat ein Kollege aus der Wirtschaft zu mir gesagt, die Politik habe deshalb ein Problem, weil sie keine klaren und eindeutigen Positionen mehr bezieht und diese für die Menschen nicht nachvollziehbar sind.

Darauf sagte ich: Okay, dann nennen Sie mir doch einmal zwei klare, eindeutige Positionen. - Schaffen Sie doch die Benutzung von Glyphosat und die Massentierhaltung ab. - Ja, sagte ich, da treffen wir beide uns schon mal, und dann sprechen wir einmal mit dem anderen Teil der Gesellschaft, der anderer Auffassung dazu ist. - Aber Sie können ja nicht immer nur Kompromisse schließen. - Darauf sagte ich: Doch, das Wesen ist eben doch immer ein Kompromiss, weil es selten so ist, dass man allein recht hat. Ein Lehrbeispiel dafür ist, glaube ich, auch die gesamte TTIP- und CETA-Debatte.

TTIP wird, darin sind wir uns alle einig - so steht es auch in unserer Beschlussempfehlung, deshalb hat sie auch eine breite Zustimmung bekommen -, so wie es jetzt vorliegt abgelehnt: wegen der Inhalte, wegen der Intransparenz, aber auch weil nur an einer Stelle entschieden werden sollte und es als gemischtes Abkommen noch nicht anerkannt ist.

CETA ist ein solcher Kompromiss. Es stellt sich die Frage: Stimmt man ihm zu oder stimmt man ihm nicht zu? Ich habe keinen Hehl daraus gemacht, dass ich es richtig finde, CETA zuzustimmen.

(Eva Feußner, CDU: Dann muss man auch TTIP zustimmen!)

- TTIP gibt es ja noch gar nicht in der Vorlage, und daher muss man TTIP überhaupt nicht zustimmen, weil CETA eben gerade Dinge, die TTIP weder erfüllt hat noch die in Sicht sind, in sich aufgenommen hat. CETA hat - das habe ich an dieser Stelle schon einmal gesagt - eine neue Form von Schiedsgerichten, die öffentlich bezahlt werden und nicht von der freien Wirtschaft abhängig sind - mit bestimmten Risiken, wie wir wissen; darauf sind unter anderem die Wallonen eingegangen.

CETA hat die Wahrung der Arbeitsnormen, der eigenen Rechtsprechung in den Ländern, und dann gibt es eine kleine, nicht gallische, sondern wallonische Region, die Bedenken hat, dass das auf ihre besondere Position nicht zutrifft. Ich muss sagen, ich schwanke innerlich immer, ob ich Hochachtung habe oder ob ich sage: Mensch, jetzt muss das endlich mal entschieden werden.