Protocol of the Session on September 9, 2020

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Anlass für die Große Anfrage, zu der wir heute die Aussprache führen, war offensichtlich auch der Ausbruch der Vogelgrippe in Wieglitz, Teil der Gemeinde Bülstringen im Landkreis Börde, im März dieses Jahres, in dessen Ergebnis in dem betroffenen Bestand und auch in den Kontaktbetrieben - mein Vorgänger hat es schon gesagt - rund 33 000 Puten gekeult werden mussten.

Es kam zu einem derartigen Ausbruch trotz einer nur mäßigen Risikoeinschätzung durch das Friedrich-Loeffler-Institut, nachdem bereits im Januar dieses Jahres die Vogelgrippe und ihr Erreger H5N8 in der Nähe der polnischen Grenze in Brandenburg festgestellt worden war. Das ist natürlich für den Geflügelhalter selbst ein wirtschaftlich schwerwiegendes Ereignis. Darüber hinaus sind durch die Einrichtung eines Sperrbezirks und eines Beobachtungsgebietes weitere Haltungsbetriebe und Hobbyhalter von den Schutzmaßnahmen betroffen. Zum Glück gab es keine weiteren positiven Befunde und auch der Eintrag des Erregers in den Bestand konnte weitestgehend geklärt werden.

Das ist sicherlich problematisch und es ist auch noch zu überprüfen, inwieweit die Unternehmen so wirtschaften, wie sie es sollen. Denn der Eintrag bei einer Ausstallung ist problematisch wie auch die Übertragung durch die gemeinsame Nutzung von Arbeitskleidung. Das sind hausgemachte Probleme, die verhindert werden können. Das sollte uns alarmieren angesichts der Tatsache, dass Biosicherheitsmaßnahmen und strenge Vorgaben zur Hygiene gelten, mit denen eigentlich genau solche Szenarien vermieden werden sollten.

Die Biosicherheit und mögliche Lücken werden sowohl im Fragenkomplex 2 im Zusammenhang mit den Auswirkungen und Ursachen der letzten Vogelgrippe in den Jahren 2016 und 2017 als auch im Fragenkomplex 11 zum Thema Kontrolle thematisiert. Das Ministerium erklärt darin, dass die Geflügelhaltungsbetriebe zur Überprüfung der Biosicherheit angehalten sind. Dazu haben ihnen unter anderem das Friedrich-Loeffler-Institut und der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft eine Checkliste zur Vermeidung der Einschleppung der hochpathogenen aviären Influenza an die Hand gegeben.

Als weiteres Instrument dient die Onlinerisikoampel, die von der Universität Vechta entwickelt wurde. Diese basiert allerdings auf Freiwilligkeit und wird anonym von den Betrieben angewendet, sodass die Kontrollbehörden nur eine Kontrolle nach einer Eigenkontrolle der Betriebe vornehmen können. So richtig solche Instrumente der Eigenkontrolle sind, so wenig können diese behördliche Kontrollen ersetzen. Hierbei darf es kein Nachlassen geben.

In den Antworten zu den Fragenkomplexen zu Beständen, Haltungsformen, Verfahren,

Aufstallungsmanagement, Produktionsrichtung,

Schlachtdaten, Mortalitätsraten usw. für die einzelnen Geflügelarten wird deutlich, dass die statistischen Daten sehr unterschiedlich erfasst werden. Hier ist zu überprüfen, inwieweit diese Daten vielleicht doch besser nach einheitlichen Kriterien erfasst werden sollten. Denn diese dienen einer weitaus besseren Einschätzung der Gesamtsituation im Land und auch dem „Wohin wollen wir eigentlich?“ in der Geflügelhaltung und deren Entwicklung in Sachsen-Anhalt.

Durchaus erfreulich ist die steigende Tendenz bei der Bodenhaltung und der ökologischen Erzeugung bei Legehennen und Eierproduktion. Mit der rückläufigen Tendenz bei der Freilandhaltung wird aber deutlich, dass Geflügelpestausbrüche Betriebe veranlassen, diese Haltungsform aufzugeben. Auch wenn mit etwa 13 700 Legehennenhaltungsplätzen in mobilen Ställen, den sogenannten Hühnermobilen, der Anteil dieses Haltungsverfahrens noch gering ist, so ist mit der

Vereinfachung des baurechtlichen Genehmi

gungsverfahrens ein wichtiger Schritt gegangen worden, um mehr Haltungsbetriebe für diese tierwohlgerechte Haltungsform zu begeistern und vielleicht auch künftig noch weitere Anreize zu schaffen.

Nicht wirklich nachzuvollziehen ist für mich allerdings, dass die Antwort auf die Frage nach der Konzentrationsdichte bei Legehennen ausblieb. Denn die Berechnung ist relativ einfach und der Wert Großvieheinheit pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ist wichtig für die Betrachtung des Tierbesatzes im Land sowie für die Frage, wohin die Entwicklung eigentlich gehen soll. In diesem Zusammenhang wird auch auf das Leitbild Landwirtschaft verwiesen, das, wir wissen es, nicht wirklich zustande gekommen ist. Diesbezüglich liegt im Land also noch einiges an Arbeit vor uns.

Der Fragenkomplex 8 befasst sich mit Einstreu und Mist. Leider sind die anfallenden Geflügelmistmengen insgesamt nicht bekannt, da mit dem Meldeprogramm ausschließlich die überbetriebliche Verbringung erfasst wird. Dass hiervon der größere Teil - die Frau Ministerin hat es schon gesagt - in Biogasanlagen landet, ist aus unserer Sicht eine sehr positive Entwicklung. Allerdings sei an dieser Stelle noch einmal auf die Düngeverordnung verwiesen. Und da ist eine Erfassung des betrieblichen Anfalls von Gesamtmengen durchaus wichtig.

Bei den Antworten auf die Fragen zu Transport und Schlachtung fielen mehrere Aspekte hinsichtlich der Kontrollen der Tiertransporte auf. Die Zahl der Kontrollen hat zugenommen. Da aber keine digitalisierte Erfassung der Kontrollen erfolgt, können keine Angaben zu einzelnen Transporten gemacht werden. Aus unserer Sicht ist in diesem Bereich noch eine ganze Menge Luft nach oben. Ehrlich gesagt ist dieser Zustand auch nicht wirklich nachvollziehbar. Denn gerade aus Tierschutzgründen müssen wir genauer hinschauen und die Daten wirklich exakt erfassen.

Es war nicht immer richtig zu erkennen, was die Fragesteller mit ihren Fragen bezweckt haben, wohin es sie eigentlich trieb.

(Zustimmung)

Einige der wenig aussagekräftigen Antworten, die in der Großen Anfrage auftauchten, waren sicherlich auch den Fragestellungen geschuldet. Allerdings fehlen auch einige spannende und wichtige Fragenkomplexe. Zum Beispiel hätten Fragen zu der Problematik und zu Maßnahmen der Prävention oder auch zu der Rolle und der Einbindung von Forschung sicherlich noch wichtige Erkenntnisse liefern können.

Schlussendlich bleibt bei der Prävention und dem Krisenmanagement nach unserer Auffassung noch einiges zu tun und manche Datengrundlage ist noch verbesserungswürdig. - Danke schön.

(Zustimmung)

Danke für den Redebeitrag. - Wir führen den angekündigten Wechsel durch.

Herr Kollege Barth spricht für die SPD-Fraktion, nachdem der Tisch gereinigt worden ist.

Herr Barth, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Geflügelpest - das haben wir von den Vorrednern schon gelernt - handelt es sich um eine hochinfektiöse Tierseuche, die anzeigepflichtig ist und von der Hühner, Puten, Gänse, Enten, wildlebende Wasservögel und andere Vögel betroffen sind.

Um eine Ausbreitung zu verhindern, ist es wichtig, alle Geflügelbestände wirksam zu schützen. So empfiehlt zum Beispiel das Friedrich-LoefflerInstitut in einem Merkblatt besondere Maßnahmen zur Biosicherheit, unter anderem den Schutz vor Kontakt mit Wildvögeln, gesonderte Stallkleidung oder das Reinigen und Desinfizieren von Gerätschaften, Schuhen und Fahrzeugen. All das ist hier schon genannt worden - ich möchte es an dieser Stelle nur noch einmal wiederholen - und es ist auch schon in den Fragestellungen der AfDFraktion benannt worden.

Kurz zur aktuellen Situation. Es ist eine besondere Vorsicht geboten, da sich die Seuche zu Jahresbeginn sehr rasch in Europa ausbreitete. Auch im benachbarten Brandenburg wurde ein Fall festgestellt. Dort ist am 19. Januar 2020 bei einer tot aufgefundenen Wildgans die Geflügelpest amtlich festgestellt worden. Die Veterinärbehörden gingen von einem Einzelfall aus.

In Sachsen-Anhalt kam es im März 2020 ebenfalls zu einem Fall von Geflügelpest. Betroffen war ein Geflügelhof im Landkreis Börde. Das ist hier auch schon benannt worden. Hier setzt ein Teil der Großen Anfrage der AfD-Fraktion an und der Fall im Landkreis Börde wird näher beleuchtet.

Meine Damen und Herren! Leider nennt uns die Landesregierung nur die Risikobewertung mit Stand vom 5. Mai 2020. Die vorherige Risikobewertung wäre in diesem Fall wahrscheinlich interessanter gewesen, da man so bessere Rück

schlüsse auf die angewandten Biosicherheitsmaßnahmen hätte ziehen können.

Das Risiko einer Einschleppung der Vogelgrippe durch Wildvögel wird nach Auskunft der Landesregierung als gering angesehen. Das Risiko der Einschleppung durch Personen und Fahrzeugverkehr wird als mäßig bewertet. Die legale bzw. illegale Einführung aus Drittländern wird ebenfalls mit einem mäßigen Risiko bewertet. Nach dieser Risikoabschätzung war eine Aufstallung der Tiere nicht notwendig.

Am 27. März 2020 wurde dann der Verlust von 137 Tieren angezeigt. Am 29. März 2020 stellte der Amtstierarzt die Vogelgrippe fest. Durch die rasch eingerichtete Schutzzone und die Sperrbezirke konnte eine weitere Ausbreitung verhindert werden.

Eingeschleppt wurde die Infektion offensichtlich durch den Kontakt mit Wildvögeln und infektiösem Vogelkot. Darüber ist hier schon berichtet worden. Insgesamt mussten 33 000 Puten getötet werden. - Jetzt hat es vermutlich jeder gemerkt: diese Zahl ist heute zum vierten Mal genannt worden.

Wenn man einkalkuliert, dass es in Osteuropa zu einer raschen Ausbreitung kam und bei uns bisher nur ein Einzelfall auftrat, dann kann man das vorsichtige Fazit ziehen, dass unsere Maßnahmen zum Schutz vor der Vogelgrippe derzeit greifen. Einzelfälle durch Wildvögel werden sich nicht hundertprozentig ausschließen lassen.

Wichtig ist, dass dann ein gutes Schutzkonzept greift. Im Fall des Landkreises Börde hat es gegriffen.

Meine Damen und Herren! Was passieren kann, wenn die Vogelgrippe nicht eingedämmt wird, konnten wir in den Jahren 2016 und 2017 sehen. Auch diesem Thema widmet sich die Große Anfrage. Zwar kann die Landesregierung nicht beziffern, welcher wirtschaftliche Schaden durch die Aufstallungspflicht entstanden ist, es kann aber benannt werden, welche Schäden den Betrieben durch die Tötung ihrer Geflügelbestände entstanden sind. Hierzu leistete die Landesregierung Entschädigungszahlungen in Höhe von 343 297 €. Zwei Betriebe mussten den Betrieb komplett einstellen. Auch das ist schon gesagt worden.

Fazit: Aufgrund der raschen Ausbreitung in Osteuropa müssen wir auch zukünftig weiterhin wachsam sein. Die Gefahr einer Einschleppung ist real. Daher sollten die Konzepte für die Biosicherheit weiterhin gründlich umgesetzt werden. Kommt es zum Ernstfall, dann ist besonnenes und schnelles Agieren gefragt. Dass die Behörden schnell und gut reagieren, hat der Fall im März gezeigt. Sicherlich gibt es noch immer Ver

besserungsmöglichkeiten, gerade was das Personal betrifft. Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Mögen wir geschützt sein vor einem neuen Ausbruch. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Barth für seinen Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt die Abg. Frau Frederking. Bitte, Frau Frederking, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! In der Antwort auf die Frage 6 der Großen Anfrage wird beschrieben, wie 19 662 Puten an einem Standort nach der Seuchenfeststellung getötet wurden. Auch die Puten in den Kontaktbetrieben wurden getötet, sodass insgesamt bei 33 033 Tieren das Leben beendet wurde, und zwar durch Stallbegasung.

Wegen erschwerender Umstände überlebten

einige Tiere das Verfahren und mussten per Alternativverfahren betäubt und anschließend getötet werden. Zwei Alternativverfahren sind aufgeführt: zum einen das Containerdeckelverfahren mit einem Gasgemisch von mehr als 80 % Kohlendioxid und zum anderen der stumpfe Schlag auf den Kopf mit anschließendem mechanischem Genickbruch.

33 033 Putenleben wurden mit einem Mal ausgelöscht. Selbst wenn es eine sachgerechte Entscheidung ist, ist doch die Frage: Ist das wirklich die Tierhaltung, die wir wollen? - Ich sage: Nein. Wer Tiere als Lebewesen, als fühlende Mitgeschöpfe versteht, der beendet die industrielle Tierhaltung. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir uns weiterhin mit aller Kraft für eine artgerechte und bodengebundene Tierhaltung einsetzen: mehr Platz im Stall, Einstreu und Auslauf im Freien.

Wären die besagten Puten so gehalten worden, hätte man sie zwangsläufig auf noch mehr Betriebe und Standorte verteilen müssen. Der Ausbruch der Vogelgrippe an einem Standort hätte also weniger Puten getroffen und wesentlich weniger Tiere hätten getötet werden müssen.

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher wollen die industrielle Tierhaltung nicht. Wir müssen ihnen die Möglichkeit geben, mit ihren Einkaufsentscheidungen dazu beizutragen. Dafür brauchen wir eine verpflichtende, verständliche und einheitliche Kennzeichnung der Tierhaltungsbedingungen bei den Lebensmitteln. Dass das

funktionieren kann, zeigt die seit Jahren etablierte Eierkennzeichnung. - Vielen Dank.

(Beifall)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Frederking für den Redebeitrag. - Das Schlusswort hat der Abg. Herr Loth von der AfD-Fraktion. Bitte, Sie haben das Wort.

Ich bedanke mich bei den Kollegen für die durchaus sachliche Diskussion. Wir alle haben Erkenntnisse aus der Antwort auf die Große Anfrage gewonnen, aber auch durch die Nichtbeantwortung einiger Fragen.

Ich vermisse zum Beispiel einen Plan aus dem Ministerium, der deutlich macht: Wohin wollen wir allgemein mit unseren Nutztierhaltungsrassen? Wohin wollen wir mit unseren Putenrassen? Wohin soll die Legeleistung gehen? Wie wollen wir es mit der ökologischen Haltung erreichen, dass die Tiere dieselben Leistungen wie jetzt erbringen und deshalb keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen? Oder wollen wir es ausgleichen? - All das fehlt mir in der Strategie der Landesregierung.

Um auf Frau Frederking zu sprechen zu kommen, die von industrieller Tierhaltung sprach: Es ist eine Tierhaltung in großem Maßstab. Sie muss nicht gut sein, sie muss auch nicht schlecht sein. Sie ist halt, wie sie ist, und lebt von den Menschen, die sie betreiben. Wenn unsere Landwirte eine gute Arbeit machen, die gute fachliche Praxis einhalten, dann ist das eine gute Arbeit - auch in großem Maßstab, Frau Frederking.