Protocol of the Session on September 9, 2020

(Angela Gorr, CDU: Kein Problem, machen wir!)

- Danke. - Jetzt wäre Herr Loth an der Reihe, der noch nicht da ist. Dann würde ich Frau Lüddemann bitten, ihren Redebeitrag zu halten.

(Zuruf: Nein, Herr Kohl!)

- Ach, Herr Kohl. Ich dachte, Herr Loth. - Frau Lüddemann, Entschuldigung, dann ist Herr Kohl jetzt mit dem Redebeitrag an der Reihe. - Herr Kohl, Sie haben das Wort.

Ja, heute sogar höchstpersönlich unter eigenem Namen unterwegs, mal nicht als Herr Loth.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD hat sich immer für die Stärkung des Ehrenamtes eingesetzt und wird es auch weiterhin tun; denn ohne ehrenamtlich tätige Bürger wäre das Land gesellschaftlich und sozial dem Ende nahe. Die Vereine wären nicht lebensfähig und das Kulturleben würde veröden. Das wollen wir keinesfalls.

Der vorliegende Gesetzentwurf der LINKEN hat zugegebenermaßen gute Ansätze. Jedoch sehen wir einige Punkte, die sich möglicherweise in der Ausschussberatung noch abschleifen lassen, sodass wir am Ende zur zweiten Beratung hier im Landtag vielleicht einen Gesetzentwurf vorliegen haben, dem, wenn alles gut läuft, sogar alle zustimmen können.

Wir halten es zumindest für unverzichtbar, dass die Förderung im Sinne des Gesetzentwurfs an eine Vereinsstruktur gebunden hat. Sie haben in § 9 Abs. 2 geschrieben - ich zitiere -:

„Unterstützung von Bürgerinitiativen und informellen Gruppen.“

Informelle Gruppen bieten unserer Ansicht nach nicht die rechtliche Gewähr zur Haftung nach dem Vereinsrecht. Im Interesse der Rechtssicherheit, der Haftung und der Verantwortung vor dem Steuerzahler ist die Vereinsstruktur ein wichtiger Schutz gegen den Missbrauch von Fördergeldern, weil die internen Kontrollmechanismen der Vereine und die Pflicht zur Kassenführung diesbezüglich eine gewisse Sicherheit bieten.

Verhindern müssen wir es natürlich auch, dass Fördergelder oder Förderungen an demokratiefeindliche Projekte oder Personengruppen hinausgehen. Und dezidiert auszunehmen von jeder Art staatlicher Förderung sind auch solche Gruppen, deren Zielsetzung geeignet ist, die auswärtigen Belange und das Ansehen der Bundesrepublik zu schädigen und die in linken Kreisen unter den Begriff „Internationalismus“ fallen. Ich will hier beispielhaft die BDS-Bewegung - die kennen Sie sicherlich alle - nennen, also die transnationale politische Kampagne, die den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will. Solche, ja, Gruppierungen dürfen auch nicht über irgendwelche Umwege oder wie auch immer mit staatlichen Mitteln gefördert werden.

Was wir noch vermissen, ist ein bisschen eine Schwerpunktsetzung im Bereich ehrenamtliche Jugendarbeit im Bereich Sport und Freizeit. Speziell im ländlichen Raum müssen Jugendtrainer und Jugendgruppenleiter weite Strecken zurücklegen. Wegen der Wichtigkeit der Aufrechterhaltung dieses Angebotes gerade im ländlichen Raum wäre es unserer Ansicht nach wichtig, dort eine Fahrtkostenentschädigung einzuführen, die die tatsächlichen Kosten für die Trainer und Jugendgruppenleiter zu 100 % abdeckt.

Dann würden wir noch besondere Aufmerksamkeit auf die Überweisung in die Ausschüsse richten. Hinsichtlich der steuerrechtlichen Seite muss gesagt werden, dass es verhindert werden muss, dass die Ehrenamtskarte in den Finanzämtern als geldwerter Vorteil bewertet und besteuert wird. Wie das geschehen kann, müssen wir mal sehen. Das ist mit Sicherheit auch ein Thema, über das im Finanzausschuss beraten werden kann. Frau Gorr hat ja schon jede Menge an Ausschüssen vorgeschlagen. Ich habe nicht ganz so viele vorgesehen, muss ich ehrlich gestehen. Aber wir werden natürlich auch der Überweisung in alle genannten Ausschüsse zustimmen.

(Angela Gorr, CDU: Die haben ja alle Be- rührung!)

- Ja, irgendwo schon. Ich war mir nicht ganz schlüssig. Wer sollte federführend sein?

(Angela Gorr, CDU: Soziales!)

- Soziales, ja, das ist in Ordnung. Dann würden wir der Überweisung zustimmen und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Kohl für den Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Abg. Frau Lüddemann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Fraktion DIE LINKE! Ich kann ehrlich sagen, mit diesem Gesetzentwurf haben Sie bei mir zwei Sympathiepunkte bekommen. Ich will das auch begründen.

Erstens. Die Zielstellung, das Ehrenamt zu stärken und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern, liegt gänzlich auf meiner persönlichen und auch auf der grünen Line. Das ist schon mal eine gute Initiative.

Zweitens. Wenn Sie 18 Förderrichtlinien, zwei Verordnungen, vier Gesetze und vier Zusatzprogramme des Landes zuzüglich zweier Bundesgesetze und einer Rechtsverordnung des Bundes als gegenwärtige Grundlagen all der Förderung des Ehrenamtes im Land anführen, dann klingt das erst mal ziemlich viel und ziemlich verwirrend. Man könnte vielleicht sogar Förderdschungel sagen. Es klingt nach einem Gordischen Knoten, den Sie mit dem Hieb eines umfassenden Gesetzes durchschlagen wollen.

Da fängt es dann an. Ja, auf der einen Seite sage ich mir, es hat schon ein bisschen was von unserem Konzept der Kindergrundsicherung, also Dinge und Leistungen zusammenzufassen. Wie wir das jetzt auf das Ehrenamt übertragen, finde ich interessant. Wenn man dann aber auf die Umsetzung guckt, dann finde ich es nicht mehr ganz so praktikabel, sage ich einmal.

Es ist finanzpolitisch sicherlich spannend gedacht, sich mithilfe der Kleinen Anfrage, die Sie gestellt haben und die ich natürlich auch wahrgenommen habe, zusammentragen zu lassen, was denn alles so im Ehrenamt passiert, unhinterfragt, was die Ministerien - jetzt sind nicht mehr so viele Ministerien da - dort dargeboten haben. Aber gut, man hat das dann zusammengezählt und die erst mal groß klingende Summe von 10 Millionen € für diesen Ehrenamtsfonds damit gefunden. Es klingt erst einmal nicht schlecht, dass man alles vereinheitlicht, was Ehrenamtsförderung ist, und dass das dann irgendwie praktikabler sein soll.

Aber solch eine Förderung hat ja doch auch immer etwas mit Fachlichkeit zu tun. Ob das im Einzelfall immer so gut oder so schlecht passiert, will ich gar nicht bewerten. Das ist jetzt auch gar nicht Gegenstand der Debatte. Aber das wird ja über die einzelnen Fachämter, über die einzelnen Ministerien sichergestellt.

Ich glaube nicht, dass wir - darauf will ich hinaus -, wenn wir das jetzt auf diese Art und Weise zusammenfassen und diesen Fonds gründen, am Ende weniger Personal, weniger Zeit, weniger Bürokratie haben. Ich finde die praktische Übersetzung ein bisschen schwierig. Ich finde es, ehr

lich gesagt, auch ein bisschen schwierig; denn man könnte, wenn man jetzt groß formulieren wollte, sagen, Sie entmachten damit auch ein Stück weit das Parlament. Wir haben immer wieder einzelne Dinge, die wir über den Haushalt darstellen, wo wir uns gerade im Sozialbereich - es sind einige Sachen angeführt worden - immer wieder Gedanken machen und wo wir auch die parlamentarische Kontrolle haben. Wenn wir das jetzt alles auslagern, beispielsweise in eine Stiftung oder Ähnliches, dann passiert das außerhalb des Parlaments, und ich weiß nicht, ob ich das so gut finde.

Im Verkehrsbereich haben wir beispielsweise in den letzten beiden Haushalten die Förderung der Maßnahmen zur Unfallverhütung verdoppelt und damit die Arbeit der Jugendverkehrsschulen stark gefördert, weil wir das aus der parlamentarisch beschlossenen Vision Zero, also null Verkehrstote in Sachsen-Anhalt, abgeleitet haben. Wenn es jetzt einen Fonds gäbe, dann wäre uns eine solche gezielte Förderung per se möglicherweise gar nicht möglich, weil es dann alles dieser Fonds macht.

Ich sehe, dass ich jetzt nicht mehr so viel Redezeit habe, wie ich gerne hätte, um es hier noch weiter auszuführen. Ich sehe aber, ehrlich gesagt, auf Anhieb, dass das eine schöne Schlagzeile ist. Damit kann man auch mal eine schöne Pressekonferenz machen. Aber ob das tatsächlich in Praxis alles - insbesondere auch die neuen Arten des Ehrenamtes, die eben nicht mehr so institutionalisiert sind - abdeckt und ob das tatsächlich zu einer Erleichterung und zu einer verbesserten Praktikabilität führt, da bin ich sehr skeptisch. Das haben wir in der Koalition auch so diskutiert.

Frau Lüddemann, kommen Sie zum Schluss.

Deswegen kann ich mich nur dem Vorschlag anschließen, dass wir diese Thematik in möglichst viele Ausschüsse überweisen, um diesen Dialog zu ermöglichen.

Fragen sehe ich keine. Dann danke ich Frau Lüddemann für ihren Redebeitrag. - Für die SPDFraktion spricht der Abg. Herr Steppuhn. Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bedenken der Kollegin Lüddemann, auch in die Richtung, dass zu viel

am Parlament vorbei entschieden wird, teile ich ausdrücklich nicht. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.

Das Ehrenamt ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Das ist ein Ausspruch, den ich - und andere auch - oft nutze, wenn es um die Würdigung des Ehrenamtes geht. Gerade jetzt und in der Krise ist deutlich geworden, dass es auch die vielen Freiwilligen und Ehrenamtler sind, die mit viel bürgerschaftlichem Engagement den Laden am Laufen halten, während der Pandemie sogar unter erschwerten Bedingungen. Daher, meine Damen und Herren, an dieser Stelle all denen, die sich in unserer Gesellschaft aktiv für andere engagieren, ein herzliches Dankeschön.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letztes Jahr hat die SPD-Landtagsfraktion eine Große Anfrage zur Situation des Engagements und zur Engagementförderung im Land gestellt. Diese zeigt unter anderem die Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen von Engagements zu verbessern, um bisher zu wenig angesprochene Gruppen wie ältere oder zugewanderte Menschen stärker einzubeziehen. Uns war aber auch klar, dass weitere konkrete Schritte nur in enger Abstimmung mit der Zivilgesellschaft des Landes erfolgen können. Entsprechend haben wir mit den Freiwilligenagenturen, Verbänden und Vereinen die Idee einer Engagementstrategie diskutiert und gemeinsam in der Koalition auf den Weg gebracht.

Meine Damen und Herren! Uns ist auch klar, dass die konkrete Strategie nur zusammen mit der Zivilgesellschaft erstellt und umgesetzt werden kann. Deshalb halten wir es für falsch, zunächst mit einem Gesetz schon Vorgaben zu machen.

Die erfolgreiche Arbeit der Freiwilligenagenturen und vieler anderer unterstützender Strukturen zeigt nämlich: Die Zivilgesellschaft ist selbst die kompetenteste Engagementexpertin. Ich habe deshalb großen Zweifel daran, dass der dem Prozess vorgreifende und eher bürokratische Ansatz des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE der richtige Weg ist. Das fängt schon bei den Schwierigkeiten an, die Vielfalt des bürgerschaftlichen Engagements mit dem Begriff des klassischen Ehrenamtes rechtlich zu definieren, dann aber zum Beispiel kommunale Mandatsträger außen vor zu lassen.

Die Ehrenamtskarte wiederum ist eine schon oft diskutierte und sinnvolle Idee. Wenig hilfreich ist es aber, jetzt per Gesetz dauerhaft festzulegen, dass zum Beispiel die Vergünstigungen nur für ÖPNV und Schwimmbäder gelten sollen; denn auch die Wirtschaft kann hier durchaus ihren Beitrag für mehr Anerkennungskultur und Wertschätzung leisten.

Dass eine Verbesserung der Engagementförderung auch bedeutet, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um insbesondere die Träger von Engagement vor Ort zu unterstützen, ist für uns unstrittig.

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit läuft leider ab. Ich könne noch viel mehr sagen, will aber nur noch erwähnen, dass wir natürlich die Diskussion auch in den Ausschüssen führen werden. Frau Gorr hat zu Recht gesagt, dass diese nicht nur im Sozialausschuss stattfinden soll, sondern der Gesetzentwurf auch mitberatend in den Ausschüssen für Inneres und Sport, Bildung, Finanzen und Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien behandelt werden sollte, was ich hiermit beantrage. Die Federführung soll beim Sozialausschuss liegen. Ich freue mich auf die Diskussion. - Herzlichen Dank.

Ich sehe auch hierzu keine Fragen und danke Herrn Steppuhn für seinen Redebeitrag. - Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt noch einmal die Abg. Frau Hildebrandt das Wort. Frau Hildebrandt, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Vizepräsident. - Jetzt reißen Sie mich doch noch zu fünf Bemerkungen hin.

Die erste Bemerkung wollte ich sowieso machen, denn ich habe mir die Videobotschaft unseres Ministerpräsidenten zur Woche des bürgerschaftlichen Engagements angeguckt. Er hat gerade gesagt, er will die Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement verbessern. Dazu wäre hier jetzt die Chance. Ich muss aber anmerken, dass er dabei berufliches und bürgerschaftliches Engagement ein bisschen durcheinandergewürfelt hat. Vielleicht sollten wir ihn auch noch in diese Beratungen einbeziehen.

Frau Ministerin, Sie sagten, bei der ersten Durchsicht kam Ihre Fachabteilung darauf, dass es sich nur um Vereine handelt, an die sich die Förderung richten soll. Das ist ausdrücklich nicht so. Von § 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 12 sind ausdrücklich Bürgerinitiativen und informelle

Gruppen erfasst, weil uns diese Entwicklung durchaus bewusst ist.

Dritte Bemerkung: Der Fonds. Frau Lüddemann hat es gesagt: Wir fassen damit unheimlich viele Einzelförderungen zusammen. Jeder von uns weiß, dass es bezüglich der Einzelprojektförderung vor jeder Haushaltsberatung Anfragen von Verbänden und von Vereinen gibt: Wie sieht es aus? Stehen wir wieder drin? Kriegen wir Planungssicherheit? - Solange der Haushaltsentwurf noch nicht durch ist, können wir jedes Mal nichts

sagen. Die Verbände zittern, ob sie ihr Personal halten können, müssen jedes Mal einen neuen Antrag stellen, und wenn es da wirklich nur um ehrenamtlich tätige Menschen geht, denen wir es nicht ermöglichen, Unterstützung durch das Hauptamt zu bekommen, ist das eine Heidenarbeit. Das kann man eigentlich niemandem zumuten.

(Beifall)

Zum Thema Kontrolle des Parlaments. Was wollen wir? Wohin wollen wir mal mehr Geld geben, wohin mal weniger? - Es kommt doch darauf an, wie man die Stiftung gestaltet. Wenn ich ins Gesetz hineinschreibe, die Stiftung wird mit Leuten aus dem Parlament besetzt, dann ist das doch auch kein Thema.

Bezüglich der Ausschussberatungen würde ich es gerne für den Herrn Vizepräsidenten wiederholen. Frau Gorr hat den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration federführend und den Bildungsausschuss, den Finanzausschuss, den Innenausschuss und den Ausschuss für Europa und Medien für die Mitberatung genannt. Ich sehe auch noch die Notwendigkeit, wegen der Aspekte der demografischen Entwicklung und der ländlichen Räume zusätzlich den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr einzubeziehen.