Ich freue mich auf die Ausschussberatungen und auf Ihre Argumente. Ich habe ja schon gehört, wohin es geht. - Danke.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Scheurell für den Redebeitrag. Jetzt erteile ich das Wort dem fraktionslosen Abg. Herrn Poggenburg. - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Ein heiß diskutiertes Thema - und das ist auch gut und interessant so. Wir müssen doch feststellen, dass bei dem Thema neuer Bußgeldkatalog mitten in der Coronakrise der deutschen Bevölkerung, dem deutschen Autofahrer, ein genauso dickes wie faules Ei ins Nest gelegt wurde.
Natürlich kann man nichts dagegen haben, dass Verkehrssicherheit gesteigert und erhöht wird. Herr Dr. Grube, ich kann einigen von Ihren Ausführungen wirklich folgen und diese auch unterstreichen. Die Frage ist aber: Ist es das richtige Mittel? Dazu sage ich: Nein. Sie werden dadurch keine Verbesserung erleben.
Wenn wir ehrlich sind, dann ist das sogenannte Bußgeld doch heutzutage schon lange kein Geld mehr, das man zahlt, um eine Buße zu tun und zur Einsicht zu kommen, um ein besseres Verhalten an den Tag zu legen. Darin müssen wir uns doch einmal einig werden. Das funktioniert doch nicht wirklich.
Im Grunde genommen handelt es sich hier fast um einen Wirtschaftszweig der Regierenden, des Staates, um noch mehr Geld einzuspülen, um noch mehr Geld reinzuholen. Ich gehe sogar so weit und kann einige Ausführungen der Bürger draußen unterstreichen, die sagen: Es ist im Grunde ein modernes Raubrittertum, es ist im Grunde moderne Wegelagerei, was hiermit gemacht wird. Das sagen viele Leute, und damit haben sie nicht ganz unrecht.
Es gibt Polizisten, es gibt Mitarbeiter vom Ordnungsamt, die schämen sich mittlerweile dafür, hinauszugehen und das umsetzen zu müssen.
- Natürlich stimmt das. Ich kenne selbst welche davon. Dann können Sie nicht sagen, das stimmt nicht. Es ist so; sie schämen sich dafür, weil auch sie wissen, nicht alles, aber vieles davon ist unverhältnismäßig und bringt zum Schluss nichts, außer mehr Gängelei des Bürgers und mehr Geld in der Kasse.
Wenn wir dann nicht nur das Geld nehmen, sondern auch - was gerade richtig gesagt wurde - das Fahrverbot, dann ist das natürlich ein existenzieller Angriff für viele Bürger. Es geht darum, dass sie auch ihren Arbeitsplatz nicht erreichen. Es geht um wirtschaftliche Existenzen.
Dass das natürlich dort, links außen, Ihre Klientel nicht wirklich betrifft oder großteils nicht betrifft, das ist auch klar. Die wirtschaftliche Existenz ist gesichert durch den Gang zum Arbeitsamt. Das ist klar. Es gibt aber eben viele Bürger, die das anders sehen. Diese Bürger kommen in eine Lage, die teils sehr schlimm ist, weshalb es diese Proteste draußen gibt, und zwar völlig berechtigt.
Dass keine Einsicht besteht, das zeigt eben auch, dass es scheinbar auch eine sehr ideologiegeladene Debatte ist. Ansonsten könnte man sich doch ganz anders darüber unterhalten. Hier sollen doch Ziele durchgesetzt werden, die viel höher, viel weiter und viel umfassender sind.
Wir haben vorhin das geflügelte Wort „freie Fahrt für freie Bürger“ gehört. Das fand ich auch immer sehr gut und sehr passend. Es ist aber schon fast eine zwingende Logik: So, wie die Freiheit der Bürger in diesem Land in vielerlei Hinsicht eingeschränkt wird, soll natürlich auch die freie Fahrt eingeschränkt werden. Das heißt, das passt natürlich schon alles zusammen und gehört zur aktuellen Politik.
„Freie Fahrt für freie Bürger“ heißt doch gerade auch für Deutschland, für die Wirtschaft von Deutschland, die stark auf den Straßenverkehr ausgelegt war, dass man sich auch nicht unsinnig ausbremsen lässt.
Wenn man wirklich Verkehrserziehung machen will, wenn man mehr Verkehrssicherheit haben möchte, dann muss man sich doch einmal ganz andere Dinge anschauen. Dann kann man sich überlegen, was man in den Fahrschulen anders machen muss. Müssen dort andere Themen angesprochen werden? Muss der Fahrschulunterricht verstärkt werden? Dann muss man sich überlegen, dass Schilderwälder endlich einmal gelichtet werden, wo teilweise keiner mehr durchblickt, gerade in Großstädten.
- Nein, die Zeit ist nicht vorbei. - Man muss sich ganz einfach auch einmal überlegen, bei ganz anderen Vergehen im Straßenverkehr durchzugreifen - jetzt werden Sie gleich wieder schreien -, zum Beispiel dann, wenn eine ausländische Hochzeit gefeiert und eine ganze Autobahn lahmgelegt wird, wobei im besten Fall noch mit Schreckschusswaffen in die Luft geschossen wird. Da sollte man einmal durchgreifen
- das ist gefährlich -, aber dagegen geht man natürlich ganz gemächlich vor. Das ist im Grunde ein Messen mit zweierlei Maß. Das ist alles unsinnig. Deswegen kann ich nur hoffen, dass der Unmut in der Bevölkerung wächst, damit hierbei zurückgerudert wird.
Schlussendlich ist der neue Bußgeldkatalog leider kein probates Mittel; er ist nichts weiter als ein neues Mittel unserer Obrigkeit zur Drangsalierung des deutschen Bürgers und muss deswegen auch kategorisch abgelehnt werden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Es wird Sie nicht verwundern, Herr Poggenburg, dass ich mich jetzt zu Wort melde, weil Sie die Problematik jetzt in die Fahrschulen verlagern wollen
und weil Sie Geschwindigkeitsverstöße jenseits von 20 km/h einer womöglich nicht ordnungsgemäßen Fahrschulausbildung zuschreiben wollen. Dagegen möchte ich mich im Namen meiner Kollegen verwahren. Das gehört sich nicht.
Ich möchte aber auch eine Frage stellen oder Ihnen zumindest eine Brücke bauen: Stimmen Sie mir darin zu, dass wir den Bußgeldkatalog gar nicht bräuchten, wenn alle so fahren würden, wie sie es in der Fahrschule gelernt haben?
Richtig, darin stimme ich Ihnen zu. Ich kann noch einmal unterstreichen, was Herr Scheurell vorhin gesagt hat. Die Menschen sind nun einmal mit Fehlern behaftet, was Sie, hier drüben, ja nie verstehen, obwohl Sie die meisten Fehler machen.
Es ist so: Es hat nichts mit der Ausübung der Tätigkeit der Fahrschulen und der Fahrlehrer zu tun. Sicherlich machen sie auch alles, was gefordert wird, um das Wissen zu vermitteln.
Die Frage ist doch aber, wenn wir Verkehrsteilnehmer haben, wenn wir, wie es suggeriert wird, in manchen Richtungen mehr Verstöße haben, ob wir dann nicht damit beginnen sollten, uns andere Verordnungen zu überlegen, auch zusammen mit den Fahrschullehrern, und ob wir nicht auch mehr an das Gewissen appellieren können.
Ich will mich da nicht weiter groß einmischen, aber es ist doch zumindest ein Gedanke. Aber nun mit Repressalien hinterher zukommen, hilft
Deswegen ist für mich immer die Frage: Lieber grundlegend anfangen, um späte Repressalien vermeiden zu können. - Danke.
Geben Sie mir recht in der folgenden Annahme? Mein Kollege Ulli Thomas hat gesagt: Wenn die Leute so fahren würden, wie sie es in den Fahrschulen gelernt haben, würden wir eine wesentlich geringere Anzahl von Verstößen haben.
Aber ich muss doch zwischen der jährlichen Fahrleistung, die der eine oder andere bringt, differenzieren. Wenn ich den Otto Normalverbraucher, der 10 000 km im Jahr fährt, und den Vertreter, der 70 000 km im Jahr unterwegs ist, miteinander vergleiche, dann ist es so, wie es bei jedem von uns hier im Parlament gelegentlich der Fall ist, dass man nicht ganz so aufmerksam ist,
weil man manchmal einfach mit seinen Gedanken abschweift. Das passiert auch mir manchmal im Straßenverkehr. Ich glaube, das passiert nicht nur mir. Deshalb muss man schon differenzieren und man muss dann auch eine Einstiegsklausel lassen, die zum Schluss nicht existenzbedrohend ist.
Die alte Regelung hat eben genau diese Einstiegsklausel, dass man im Prinzip beim Erstverstoß die Möglichkeit hat, hinsichtlich der Abgabe des Führerscheins entsprechend zu differenzieren.
Letztendlich ist doch entscheidend - das ist jetzt meine Frage -, dass man mit der Nachschulung oder durch die psychologische Begutachtung, die es dann möglicherweise gibt, immer noch das Instrument hat, den Führerschein zu versagen oder auch nicht, wenn es ausreichend ist.
Die Frage nehme ich sehr gern auf. Das kann ich vollkommen unterstreichen. Das ist für die Fahrschulen und auch die Fahrschullehrer eigentlich ein probates Mittel. Es sollte vielleicht noch öfter und anders geregelt werden, dass Nachschulungen stattfinden, um eben bei Verstößen gezielt individuell Einfluss auf die Person nehmen zu können. Die Fahrleistung spielt dabei eine Rolle, vielleicht auch andere Umstände. Das sind so die Ansätze, die auch ich befürworte.
Ich denke, die Fahrschulen quälen sich zum Teil wirklich ab, den Leuten das zu vermitteln, was gefordert und auch wichtig ist. Und ja, ich sage auch ganz klar: Wenn die Leute so fahren würden, wie sie es in der Fahrschule beigebracht bekommen, dann gäbe es diese Verstöße nicht, dann bräuchten wir keinen Bußgeldkatalog.