Wir hätten keinen Spielraum für irgendetwas, wenn wir das nicht so konsequent getan hätten. Das kann man sehen, wie man will. Klar, dadurch haben wir auch wieder neue Probleme geschaffen; darin gebe ich Ihnen Recht. Aber die Voraussicht, Immobilien nicht zu verkaufen, weil wir vielleicht einmal in zehn Jahren Asylbewerber bekommen, habe ich nicht gehabt und die hat wahrscheinlich auch keine Landesregierung und Finanzminister gehabt.
Man kann natürlich immer Vorsorge treffen; das ist richtig. Wir haben ja auch in gewisser Weise Vorsorge getroffen durch die Elemente, die Sie angesprochen haben, nämlich durch die Steuerschwankungsreserve, durch die Personalverstärkungsmittel, die wir jetzt sozusagen akquirieren, um diese Asylbewerberwelle mehr oder weniger finanzieren zu können. Das haben wir gemacht. Das sind auch Vorsorgeelemente, aber auf eine andere Art und Weise.
Es geht nicht nur Sachsen-Anhalt so, dass jetzt in manchen Bereichen kein Personal da ist; das geht ganz Deutschland so. Ich glaube, wenn wir über unser Land hinausschauen, ist festzustellen, dass es europaweit nicht anders ist, zumindest bei denen, die mit der Asylproblematik zu tun haben. Zumindest in Deutschland geht es allen Bundesländern ähnlich.
Das ist nicht schön; das ist klar. Deshalb - das habe ich gesagt - müssen wir jetzt Vorkehrungen treffen, indem wir die Ausbildungskapazitäten usw. erhöhen. Das dauert immer eine Weile. Aber damit müssen wir jetzt leider leben.
Frau Kollegin Feußner, Sie haben gesagt, dass Sie nicht möchten, dass jedes Jahr 30 000 Asylsuchende nach Sachsen-Anhalt kommen. Ich kann Ihnen versichern, dass niemand in diesem Haus
Die Frage ist aber nicht, was wir möchten, sondern wie wir mit denen umgehen, die zu uns kommen. Vielleicht müssen auch Sie anerkennen, dass wir diese Zahl nicht beeinflussen können,
sondern dass sie an weltweiten Entwicklungen hängt. Ich frage Sie, weil Sie das angesprochen haben: Wo ist für Sie die ganz konkrete Grenze der Integrationsfähigkeit in Sachsen-Anhalt?
- Nein, die Kollegin Feußner hat das ja angesprochen. - Erstens. Wo ist für Sie die ganz konkrete Grenze?
Zweitens. Wenn Sie den Zuzug von Asylsuchenden nach Sachsen-Anhalt begrenzen wollen, dann frage ich Sie, wie viel Geld diese Landesregierung in den Haushalt eingestellt hat, um die Landesgrenzen zu sichern. Denn das wäre die logische Konsequenz.
Herr Striegel, es geht wirklich nicht darum, was ich will oder möchte; darin gebe ich Ihnen Recht. Über die Asylbewerber - Sie haben wahrscheinlich nicht sehr aufmerksam zugehört; ich habe das in meinem Redebeitrag erwähnt -, die dem Land Sachsen-Anhalt nach dem Königsteiner Schlüssel zugewiesen werden, brauchen wir nicht zu diskutieren; das ist klar.
Aber Sie haben eines nicht verstanden. Warum sollen wir uns dauerhaft auf eine Zahl festlegen, wenn wir heute noch gar nicht wissen, wie hoch diese Zahl ist?
Es geht wieder darum, Vorkehrungen zu treffen. Dazu kann man ja unterschiedlicher Meinung sein. Ich glaube nicht, dass wir heute wissen, wie viele Asylbewerber im Jahr 2018 oder 2019 in das Land Sachsen-Anhalt kommen. Das können mehr als 30 000 sein; das können aber auch weniger sein. Deshalb sollte man sich nicht auf eine konkrete Zahl festlegen. Das ist nicht sinnvoll.
Natürlich müssen wir eine Grundlage schaffen, auf der wir unsere Haushaltskennzahlen berechnen. Die Grundlage haben wir jetzt. Das sind 30 000; das habe ich auch gesagt. Das sind derzeit die Schätzungen der Bundesregierung und das haben
wir im Haushalt entsprechend umgesetzt. Wenn die Schätzungen für das nächste Jahr davon ausgehen, dass wir 15 000 bekommen, denn werden wir unseren Haushalt entsprechend anpassen; ganz einfach.
Aber ich lege mich doch heute nicht fest. Es geht allein darum, ob wir sagen, wir werden dauerhaft jedes Jahr 30 000 Asylbewerber aufnehmen. Dazu muss ich sagen, das sollten wir nicht tun als Land.
Was die Integration anbelangt, das ist eine schwierige Frage. Sie wollen doch jetzt nicht ernsthaft von mir eine Zahl wissen.
- Ja, es gibt Grenzen der Zumutbarkeit. Es geht auch um die Grenzen des menschlich Leistbaren. Das habe ich gesagt.
Sehr viele ehren- und hauptamtliche Helfer sind jetzt in der ZASt und in den Asylbewerberunterkünften tätig und helfen. Aber ich glaube, auch da ist irgendwann einmal eine Grenze erreicht. Wir sollten uns ganz genau überlegen, ob wir unsere eigene Bevölkerung überfordern. Denn dann haben wir genau das blanke Gegenteil von dem, was wir jetzt haben.
Jetzt haben wir noch indirekt eine Willkommenskultur. Daran ändert sich auch schon das eine oder andere. Das wissen Sie, wenn Sie das Ohr an der Masse haben. Wenn wir die Menschen überfordern, haben wir genau das Gegenteil. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, das will ich nicht für unser Land, dass sich unsere Bürger hinstellen und sagen, die sollen alle raus, wir wollen hier keine Asylbewerber. Das will ich nicht.
Das hat etwas mit dem Einbeziehen der Bevölkerung zu tun, das hat etwas mit Zumutbarkeit zu tun. Diese Grenzen müssen wir als politisch Verantwortliche genau ausloten, gemeinsam mit den Menschen im Land. Ansonsten wird uns schnell Böses ereilen.
Das wollen Sie wahrscheinlich nicht zur Kenntnis nehmen. Aber man sollte auch mit den Bürgern unseres Landes über ihre Sorgen und Probleme reden. Der Finanzminister hat das auch gesagt. Das sollten wir sehr ernst nehmen. Wir sollten nicht so tun, als ob wir über den Dingen stehen und den Menschen Dinge zumuten, die sie einfach nicht verkraften.
Das muss man abwägen in einem Prozess, an dem Sie sich gern beteiligen können, wenn Sie das möchten.
Doch zuvor können wir weitere Gäste auf der Besuchertribüne willkommen heißen, die jetzt der Haushaltsdebatte lauschen, nämlich Damen und Herren der Deutschen Steuergewerkschaft der Ortsgruppe Halle. Willkommen im Landtag von Sachsen-Anhalt!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede des Finanzministers war anders, als es vielleicht üblich ist, wenn ein Haushalt beschlossen werden soll. Zumindest habe ich das so empfunden. Es gab Beifall von allen Fraktionen. Das ist auch eher untypisch für eine Haushaltsrede des Finanzministers, wenn ich das so sagen darf.
Sie haben sich in Ihrer Rede aus dem Kleinteiligen, das dieser Haushalt natürlich hat, erhoben, Sie haben sich davon freigemacht und haben grundsätzliche Linien und Prioritäten benannt, die uns durch die humanitäre Situation, die wir derzeit vorfinden, aufgegeben werden. Dafür möchte ich mich auch bedanken. Ich habe diese Rede als angenehm empfunden.
Wir sind als Opposition natürlich in vielen Einzelpunkten anderer Meinung; dazu komme ich gleich noch. Aber bei diesen grundsätzlichen Linien, die Sie aufgezeigt haben, sind wir denn doch sehr dicht beieinander.
Uns als Opposition ist auch klar, dass diese dynamische Situation, vor der wir stehen, mit den Mitteln des Haushaltsrechts nur bedingt zu fassen ist und dass wir tatsächlich ständig Änderungen haben, auf die wir als Land und Landtag reagieren müssen. - Das will ich vorwegschicken.
In Richtung von Frau Feußner möchte ich sagen, beim Festlegen von Zahlen geht es doch nicht um eine Abnahmeverpflichtung. Bei Ihnen klingt es so, als ob dann, wenn wir jetzt sagen, dass SachsenAnhalt 30 000 aufnimmt, das Land immer 30 000 aufnehmen müsste. Nein, so ist es nicht. Aber wir müssen uns schon um eine Planzahl kümmern
Die Zahl 11 000, die jetzt genannt wurde, ist jenseits der Realität. Das ist so. Ob die Zahl 30 000 so richtig ist, wissen wir alle nicht. Aber natürlich muss man mit einem Ansatz herangehen, mit dem wir tatsächlich in der Lage sind, die Menschen auch unterzubringen, und nicht am Ende mit Zelten dastehen.
Nun zum Kleinteiligen. Die Beschlussvorlage sieht Erhöhungen vor. Im Jahr 2015 wird das Gesamthaushaltsvolumen 11,06 Milliarden € betragen und 10,92 Milliarden € im Jahr 2016. Das sind Aufwüchse in Höhe von 200 Millionen € bzw. von 400 Millionen € in den jeweiligen Jahren. Finanzminister Herr Bullerjahn hat gesagt, wir sollen die Zahlen wegschmeißen. So weit muss man vielleicht nicht gehen. Sie haben es angedeutet. Es sind natürlich Änderungen dabei; das ist klar.