Protocol of the Session on October 15, 2015

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch „Korina“, die sich zum Beispiel mit der Erfassung des Vorkommens von Riesenbärenklau in Schutzgebieten beschäftigt, nicht das geeignete Instrument, um die Gefährdung, die durch den Bärenklau außerhalb von Schutzgebieten entsteht, zu bewältigen. Dazu muss das Land ein Konzept erstellen, und zwar unter Nennung der Kosten, unter Nennung der Verantwortlichkeiten und unter Nennung der verschiedenen Ressorts, und aufzeigen, wie die Aufgaben der Zukunft gelöst werden.

Das betrifft das Ressort von Herrn Bischoff ganz genauso. Man kann nicht ins Gesundheitsdienstgesetz schreiben, dass der Gesundheitsdienst für Gefahren, die von der Umwelt ausgehen, zuständig sei, und wenn es konkret wird sagen: Ja, aber wir sind ja nicht die Polizei! Das Drücken vor der Verantwortung und den Konsequenzen wird uns nicht helfen.

Ein letzter Punkt. Ich kann Sie natürlich auch nicht ganz freisprechen, Frau Professor Dalbert,

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

da Sie in Ihrem gestrigen Antrag zur Biodiversität mit keinem einzigen Wort auf das zweitgrößte Risiko für die Artenvielfalt eingegangen sind. Das zeigt die politische Intendierung, die Sie mit diesem Antrag verfolgt haben. Ich habe Zweifel, ob Sie die Biodiversität in ihrer Komplexität wirklich wahrgenommen haben oder nur das, was Sie den Menschen oder der Politik oder anderen Risikofaktoren in der Auswirkung auf die Artenvielfalt zugeschrieben haben. Es war also insoweit unzureichend.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Ich freue mich, dass Sie erklärt haben, unserem Antrag zustimmen zu wollen, damit auch dieser Aspekt, der die Artenvielfalt bedroht, angemessen repräsentiert werden kann.

Danke schön. Kollege Leimbach, möchten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Lüderitz beantworten?

Sehr gern sogar.

Lieber Kollege Leimbach, ich muss Ihnen in einem Punkt, was „Korina“ betrifft, widersprechen. Die letzte Verlängerung in der ELER-Förderung bezog sich auf Tätigkeiten über die Schutzgebiete hinaus. Das hat „Korina“ in einer Anhörung des Umweltausschusses vernünftigerweise dargestellt. Es ging um die Aufgabe, für die unteren Naturbehörden in den Landkreisen entsprechende Handzettel bzw. Flyer zu erstellen, wie damit umzugehen ist. Es sollte normalerweise in jedem Landkreis einen Verantwortlichen für Neobiota geben.

Herr Lüderitz, sehen Sie: Schon der Gebrauch des Konjunktivs zeigt, wo das Problem liegt. „Es sollte“ - es ist aber nicht. Wir wissen, dass „Korina“ sich im Wesentlichen um den Riesenbärenklau kümmert und nicht über alle Neophyten eine Übersicht und ein Monitoring betreibt. Es ist sozusagen pars pro toto, ein Teil, der für alles steht, aber diese Aufgabe nicht schultern könnte. Das sollten wir einer solchen Institution, die eher universitätsnah ist und sich mit Dokumentation und wissenschaftlicher Forschung befasst, nicht zumuten. Dieser sollten wir nicht eine knallharte Verantwortung für die Eindämmung, die Bekämpfung oder das Management von Neobiota übertragen.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Damit schließen wir die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt ab und treten in das Abstimmungsverfahren ein. Der Abgeordnete Lüderitz hat beantragt, die Berichterstattung im Ausschuss für Umwelt, die unter Buchstabe a des Antrages erwähnt ist, zu erweitern auf die Ausschüsse für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Darüber lasse ich jetzt abstimmen.

Wer dem Antrag zustimmt, dass die Berichterstattung ausgedehnt wird auf die Ausschüsse für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind schon ziemlich viele. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Dann ist das auf jeden Fall die erforderliche Mehrheit.

Wer dem so veränderten Ursprungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe Zustimmung in allen Fraktionen. Damit hat der Antrag in der veränderten Fassung die erforderliche Mehrheit gefunden und der Tagesordnungspunkt ist abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Beratung

Bessere Wahrnehmung und Weiterentwicklung der Naturparke und des Naturtourismus in Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/4370

Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Hampel. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Deutsche Zentrale für Tourismus hat im nächsten Jahre eine touristische Themenkampagne initiiert und diese unter das Motto „Faszination Natururlaub in Deutschland“ gestellt. Diese Kampagne führt die DZT gemeinsam mit dem Verband Deutscher Naturparke e. V. und dem Dachverband der Deutschen Naturlandschaften Europarc Deutschland durch.

Das Ziel dieser Tourismuskampagne „Faszination Natururlaub in Deutschland“ - weil es so schön klingt, sage ich es gern noch einmal - ist es, die mehr als 130 Naturlandschaften in Deutschland auf dem internationalen Reisemarkt als nachhaltige Reiseziele zu positionieren und dabei den Tourismus in den ländlichen Räumen zu stärken.

Für Sachsen-Anhalt ergibt sich dadurch die Chance, seine einmaligen Naturpotenziale und seine landschaftliche Vielfalt zu präsentieren sowie seine herausragenden Angebote in diesem Themenbereich noch internationaler zu vermarkten.

(Unruhe)

Es ist etwas zu laut, für die Stenografen auf alle Fälle und für uns auch. Wenn Sie dort hinten eine wichtige Besprechung haben, dann gehen Sie bitte raus. - Frau Hampel.

Entsprechend der Marketingstrategie unseres

Landes verknüpfen wir gezielt die Themenbereiche Natur, Urlaub und aktiv in der Natur mit den Kulturangeboten in unserem Land, weshalb sich diese Verknüpfung konsequenterweise bei der DZT-Themenkampagne fortsetzt. Aus unserer Sicht macht dies Sinn, zumal es aufgrund unserer touristischen Ausrichtung wichtig ist, dass diese Verknüpfung und diese gemeinsame Vermarktung der Themen Kultur und Natur auch über das Jahr 2016 hinaus fortbesteht.

Um das an einem Beispiel kenntlich zu machen: Das Biosphärenreservat Mittelelbe ist Teil des Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe. Dieses verbindet zugleich die Unesco-Regionen Luther, Bauhaus und das Gartenreich miteinander. Das Gartenreich Dessau-Wörlitz ist also mit dem Biosphärenreservat Mittelelbe verbunden. Daran sieht man sehr schön diese Verknüpfung von Kultur und Natur miteinander.

Diese Verknüpfungsmöglichkeiten finden sich in allen Regionen unseres Landes. Von der Saale-Unstrut-Region bis zur Altmark gibt es vielfältige attraktive Landschaftsräume, in denen man wandern, radwandern, wasserwandern oder reiten kann. Es gibt bereits gut entwickelte und gut vermarktete Tourismusangebote.

Wir haben in der Tat viel zu bieten. Es muss uns allerdings noch besser gelingen, im Zusammenspiel von Tourismuswirtschaft, Kommunen und Naturparken - -

(Unruhe - ein Mobiltelefon klingelt)

- Das ist schon wichtig.

(Zustimmung bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich sage es noch einmal; das bringt einen auch aus dem Konzept. - Wir haben in der Tat viel zu bieten. Es muss gelingen, das Zusammenspiel von Tourismuswirtschaft, den Kommunen und den Naturparken mit der Unterstützung des Landes weiter aufzubauen. Ich denke dabei an die Infrastruktur, wie wir es auch im Antrag formuliert haben. Ich denke an die Produktentwicklung in den Naturparken, die noch besser auf die Zielgruppen ausgerichtet weiterentwickelt werden muss. Ich denke auch daran, dass die ökologische Nachhaltigkeit dabei beachtet werden muss. Schließlich muss die Kooperation der Naturparke mit den lokalen und regionalen Tourismusorganisationen und den touristischen Leistungsträgern und Freizeitanbietern vor Ort weiter verbessert werden.

Naturparke und Biosphärenreservate sind einzigartige Naturlandschaften. Denn sie verbinden den Schutz und die Nutzung von Natur und Landschaft. Sie sind Vorbildlandschaften für die Entwicklung ländlicher Regionen und können zudem Motoren für die nachhaltige Entwicklung sein.

Mit ihrer besonderen Eignung für Erholung und Naturerleben sind sie auch ein natürlicher Partner für Tourismus und Naturerholung. Mit der Intensivierung der Kooperation von Naturparken und Biosphärenreservaten mit lokalen und regionalen Tourismusorganisationen wird das natur- und kulturtouristische Potenzial unseres Landes und unserer Regionen noch besser genutzt und Tourismus und Naturparke gleichermaßen gestärkt. Dies trägt auch zu mehr Akzeptanz gegenüber unseren schützenswerten Landschaften mit ihren Kultur-

und Naturschätzen auch bei unserer einheimischen Bevölkerung und bei den Besuchern bei.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Trend zum naturnahen Tourismus ist ungebrochen. Vor allem Naturparke, Nationalparke und Biosphärenreservate entwickeln sich zunehmend zu interessanten Tourismusdestinationen.

Die Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2010“ ergab, dass für 50 % der Bevölkerung die nationalen Naturlandschaften bei der Auswahl des Urlaubsziels eine sehr große oder eine große Rolle spielen. Jeder kann sich auch einmal an seinen letzten Urlaub zurückerinnern und sich fragen, was entscheidend dafür war, gerade dort oder dort Urlaub zu machen.

Auch die Auswertungsergebnisse der Marktforschung in Sachsen-Anhalt belegen diesen Trend. Danach sind für Sachsen-Anhalt-Urlauber naturbezogene Aktivitäten ein wichtiger Urlaubsbestandteil. 74 % der Reisen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2014 ließen sich dem Destination-Monitor

Deutschland - das ist eine Umfrageeinrichtung - zufolge als Reisen mit naturbezogenen Anlässen charakterisieren. Dabei wurden der Aufenthalt in der Natur selbst mit 62 % nach dem Besuch von kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten mit 68 % als zweithäufigste Aktivität der Reise genannt. Das zeigt noch einmal, wie wichtig für die Urlauber und für die Gäste in unserem Land unsere Natur an sich ist.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Die Argumente für die Weiterentwicklung unserer nationalen Naturlandschaft liegen auf der Hand, wenn man sich die touristischen Effekte ansieht. Denn unsere Großschutzgebiete sind Besuchermagnete und sie sind wirtschaftliche Motoren ganzer Regionen. Es ist ein schöner Zufall, dass heute im Bundestag eine Anhörung zum Thema Wertschöpfung in Großschutzgebieten stattfindet.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und von Herrn Zimmer, CDU)

Das belegt, dass es nicht nur für uns in SachsenAnhalt ein Thema ist, sondern dass es auch ein Bundesthema. Das freut mich sehr.

Es gibt zahlreiche Studien, die die Arbeitsplatzeffekte mehrerer deutscher Großschutzgebiete untersucht haben. Gemäß einer Hochrechnung besuchen ca. 50,9 Millionen Menschen jedes Jahr die deutschen Nationalparke, wodurch ein Bruttoumsatz von rund 2,1 Milliarden € erzeugt wird. Umgerechnet in Beschäftigungsäquivalente entspricht das 69 000 Arbeitsplätzen. Ein Anteil von 20,6 % dieser Effekte wird durch Gäste ausgelöst, die das Gebiet vor allem aufgrund seiner Eigenschaft als Naturpark aufsuchen, also fast ein Viertel dieser Gäste.

Ähnliche Studien gibt es auch zu Biosphärenreservaten. Ich möchte Sie mit diesen Zahlen nicht überstrapazieren. Aber leider gibt es für SachsenAnhalt noch keine derartigen Angaben. Ich habe das nachgefragt und keine Auskunft erhalten.

Die weiter steigende Tendenz hin zu mehr Freizeit in und mit der Natur bedeutet aufgrund des erhöhten Gästeaufkommens aber auch einen weiter steigenden Druck auf diese Landschaften und eine damit verbundene Flächennutzung in ökologisch sensiblen Gebieten. Denn wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig ist der Tourismus auf möglichst intakte Natur und Umwelt angewiesen sowie auf ästhetische Landschaften, deren Zugänglichkeit und Erlebbarkeit eines der wichtigsten Urlaubsmotive sind. Ich nenne an dieser Stelle einmal das Stichwort Baumwipfelpfade.

Der Erhalt der Vielfalt an Lebensräumen ist für den Tourismus von grundlegender Bedeutung. Es muss deshalb gelingen, den Spagat zwischen den positiven Effekten für Natur und Landschaft durch die touristische Nutzung einerseits und den Belastungen von Natur und Umwelt andererseits vernünftig hinzubekommen.

Durch touristische Entwicklungen können sich aber auch positive Effekte auf Natur und Landschaft ergeben, zum Beispiel dann, wenn es gelingt, diese nachhaltig zu gestalten und zum Beispiel erhöhte Wertschöpfung und damit verbunden ein verändertes Reiseverhalten der Reisenden zu erreichen. Damit kommt dem Tourismus eine entscheidende Rolle zu, nämlich Nachhaltigkeit auf allen Ebenen umzusetzen.

Es gibt auch Erhebungen und Untersuchungen, die zeigen, dass die Verbindung zwischen Naturschutz, Tourismus und der Vermarktung naturgerecht erzeugter landwirtschaftlicher Produkte neue Impulse für die ländliche Entwicklung geben kann. Die Studie „Ökologisch wirtschaften: Zukunftsperspektiven ländlicher Räume“ von PricewaterhouseCoopers untersucht die Entwicklungschancen ländlicher Räume in ökologisch relevanten Sektoren - jetzt wird es ein bisschen wissenschaftlich - und attestiert Märkten für naturgerechte nachhaltig erstellte Produkte und Dienstleistungen gute Entwicklungschancen. Das heißt also: Nachhaltig wirtschaften fördert unsere ländlichen Räume.