Protocol of the Session on September 18, 2015

(Beifall bei der LINKEN - Frau Dirlich, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Punkt zwei. Ich kenne seit Jahren, Herr Aeikens, Ihren mit großer Vehemenz vorgetragenen Vorwurf, dass all das, was wir tun würden, entgegen den freien Marktgesetzen sei, in die Staatswirtschaft zurückführen würde, staatliche Eingriffe darstellte usw. Ich habe mich daran gewöhnt. Es trifft mich nicht mehr sonderlich. Ich rate Ihnen nur: Seien Sie mit diesem Vorwurf etwas vorsichtiger; denn genau diesen Vorwurf genau mit der gleichen Vehemenz habe ich in dem letzten Dreivierteljahr massenhaft gehört, allerdings nicht

mit unserem Bezug, sondern mit Bezug auf den von Ihnen vorgelegten Entwurf eines Agrarstrukturgesetzes. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Erstens. Die Amerikaner sind sicher nicht unterversorgt. Sie wissen, das ist eine Nation mit einer großen marktwirtschaftlichen Tradition auf einem hohen Wohlstandsniveau. Es geht nicht darum, einer Unterversorgung in den USA abzuhelfen. Es geht vielmehr darum, mit qualitativ hochwertigeren Produkten aus Mitteleuropa, aus Deutschland, aus Sachsen-Anhalt Exportchancen zu eröffnen und amerikanische Märkte zu bedienen. Dort haben unsere Produkte eine gute Chance. Da kann uns TTIP helfen, Herr Gallert.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank - Zuruf von der LIN- KEN)

Das Zweite: Es gibt unendlich viele wissenschaftliche Betrachtungen über die Auswirkungen von EU-Exporten auf Produktionsverhalten und auf Märkte in Entwicklungsländern und in Ländern mit geringerem Wohlstand. In der Summe kann man aber nicht sagen, dass, wenn wir exportieren, dieses zum Schaden von Drittlandstaaten ist. Das ist eine falsche wissenschaftliche Betrachtung. Das muss man produktdifferenziert und nach Nationen differenziert sehen.

Und, meine Damen und Herren, wenn Staaten unsere Produkte kaufen möchten, wenn Ketten, wenn Handelsunternehmen unsere Produkte kaufen möchten, hat das in der Regel gute Gründe und kann mit dazu beitragen, nicht nur Exportmärkte zu erschließen, Wohlstand hier zu schaffen, sondern auch die Wertsteigerung und das Wohlstandsniveau in diesen Staaten zu erhöhen.

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Zu dem Dritten, was Sie im Zusammenhang mit dem Agrarstrukturgesetz gesagt haben. Sie wissen, dass Sie mit dieser Auffassung in diesem Parlament allein stehen. Ein diesbezüglicher Antrag wurde von drei Fraktionen unterstützt. Ich wäre in dieser Situation - in dieser Situation; das sage ich mit aller Deutlichkeit -, in der Betriebe Gefahr laufen, in Gefährdungen zu kommen, sehr froh, wenn wir bereits jetzt ein Agrarstrukturgesetz hätten, weil ich sehr genau weiß, dass Leute unterwegs sind, die ich lieber nicht auf unseren Höfen hätte, um diese Betriebe zu kaufen, meine Damen und Herren, was wir mit einem Agrarstrukturgesetz abwenden könnten.

(Herr Krause, Salzwedel, DIE LINKE: Das stand aber so nicht drin!)

Frau Frederking und Frau Dirlich haben noch Fragen. Ich empfehle, wenn es keinen Protest gibt, dann das Fragen zu beenden. - Frau Frederking.

Auch ich war bei der Demonstration des Bauernverbandes dabei, als es darum ging, auch vom Handel und auch von den Molkereien faire Preise einzufordern. Im Rahmen dieser Diskussion kam auch die Frage auf: Was sind faire Erzeugerpreise? Aus unserer Sicht sind das auskömmliche Preise, Preise, die den Aufwand decken und auch zu einem gewissen Gewinn der Betriebe beitragen. Futterkosten, Lohnkosten, Maschinenkosten - das alles muss eingerechnet werden. Sie sprachen davon, dass diese Erzeugungskosten europaweit so unterschiedlich seien.

Meine Frage an Sie: Sind Ihnen die Rechnungen bekannt, die vom Milk Board, von der DLG, von European Dairy Farmers kommen? Die kommen alle mehr oder weniger zu dem auskömmlichen Erzeugerpreis in der EU von derzeit - das ändert sich natürlich unter den Rahmenbedingungen - 45 Cent? Ist Ihnen das bekannt?

Dann erwähnten Sie die Geschichte, die Lidl jetzt macht, und zwar 5 Cent mehr pro Liter für die Trinkmilch zu bezahlen. Das muss doch reiner Populismus sein. Das ist doch ein Tropfen, der verdunstet, bevor er auf den heißen Stein fällt, weil die Trinkmilch ja nur einen geringen Teil ausmacht.

(Zuruf von Herrn Krause, Salzwedel, DIE LINKE)

Selbst wenn 5 Cent pro Liter mehr

(Zuruf von Herrn Krause, Salzwedel, DIE LINKE)

bezahlt werden - Herr Krause sagte sogar 22 Cent; ich war immer noch von 26 Cent Erzeugungskosten ausgegangen -, ist das - 26 Cent plus 5 Cent sind 31 Cent - immer noch nicht kostendeckend. Und wenn der Bauernverband hier von einem Signal spricht,

(Zuruf von Herrn Krause, Salzwedel, DIE LINKE)

ist das aus meiner Sicht völlig unberechtigt. Ich möchte Sie fragen, wie diese 5 Cent ausreichen sollen.

Erstens. Die einschlägigen Arbeiten zu dem Thema „Kosten der Milchproduktion“ sind mir bekannt. Aber richtig ist auch, dass sie im Ergebnis dazu führen, dass die Milchproduktionskosten in Europa sehr unterschiedlich sind, weil wir unterschiedliche

natürliche Bedingungen haben. Wir haben unterschiedliche Lohnbedingungen etc. Wir haben unterschiedliche Bodenmärkte. Das führt naturgemäß dazu, dass die Kosten unterschiedlich sind; das ist nun einmal so. Dass die Kosten in der Regel höher sind als das, was zurzeit erlöst wird; auch das ist richtig; das ist mir bekannt, Frau Frederking. - Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Ich würde mir auch höhere Signale vom Handel wünschen. Aber ich finde, es ist besser, 5 Cent mehr zu bekommen als 5 Cent weniger für die Trinkmilch. Das ist ein erstes gutes Signal verschiedener Ketten. Ich hoffe, dass sich dem andere Ketten anschließen. Insofern, finde ich, ist es das auch wert, dass man dieses zunächst einmal positiv hervorhebt. Das wird nicht das Ende der Kette sein. Aber es ist ein Anfang.

Die letzte Frage stellt Frau Dirlich.

Herr Minister, Sie haben berechtigterweise sehr vehement und emotional auf den Begriff „Enteignung“ reagiert. Ich würde diesen Begriff auch immer sehr vorsichtig verwenden.

Ja.

Ich wollte Sie lediglich um Folgendes bitten: dass Sie dann, wenn Frau Steinbach vom Bund der Vertriebenen dieses Wort „Enteignung“ unkommentiert in ein ARD-Mikrofon im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte sagen darf, mindestens genauso emotional reagieren. - Danke.

(Zustimmung bei der LINKEN - Oh! bei der CDU)

Ich kenne die Äußerung von Frau Steinbach nicht und kann diese insofern jetzt auch nicht kommentieren.

Danke, Herr Minister. - Wir treten in die Debatte ein. Der Minister hat seine Redezeit ohne die Fragen nicht ganz, aber fast verdreifacht.

(Oh! bei der CDU)

Ich bitte Sie zu versuchen, nicht ganz so stark die vereinbarte Redezeit zu überschreiten. - Herr Barth, Sie fangen an. Sie hatten sich auf fünf Minu

ten konzentriert. Wir werden großzügig sein, falls jemand mehr zu sagen hat, weil die Landesregierung auch mehr Redezeit hatte. Als erster Debattenredner wird Herr Barth für die SPD-Fraktion sprechen. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! - Herr Krause, Frau Frederking, vorweg gleich an dieser Stelle: Ich denke, dieses Thema ist für einen Wahlkampf absolut nicht geeignet.

(Beifall bei der SPD)

Wir tun damit beiden berufsständischen Vertretern keinen Gefallen, weder dem BDM noch dem Bauernverband, wenn wir uns hier gegenseitig Vorwürfe machen. Ich denke, im Interesse der Sache sollten wir um das beste Ergebnis ringen. Sicherlich ist das manchmal mühsam, aber ich denke, die Polemik hat an dieser Stelle keinen Platz.

(Herr Höhn, DIE LINKE: Sagen Sie das mit der Polemik mal dem Minister!)

- Ich habe hier meine Meinung dazu kundgetan.

Ich denke, wir können zum Thema kommen. Ich kann ja heute in Ruhe sprechen, weil die Zeitbegrenzung Gott sei Dank teilweise aufgehoben ist.

(Heiterkeit)

Das ist eine falsche Interpretation.

Gleiches Recht für alle!

(Zurufe von der SPD)

Keine Angst, ich werde mich bemühen, die Redezeit einzuhalten.

Ich gehe davon aus, dass wir uns in diesem Hohen Hause einig sind, dass der Ausstieg aus der Milchquote der richtige Weg ist. Zumindest unter den, ich sage einmal, Fachleuten war es teilweise umstritten. Ich denke, es ist der richtige Weg. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese Milchquotenregelung für Europa nicht so zielführend war und ist sowie für die Milchvieherträge wenig geeignet ist. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass wir dahin nicht wieder zurückwollen.

Die Milchviehhaltung - das wissen Sie auch - ist eines der anspruchsvollsten Produktionsverfahren in der Landwirtschaft hinsichtlich des Einsatzes von Arbeit und Kapital und insbesondere auch des Managements. Um eine gute Milchviehherde aufzubauen, bedarf es mehrerer Jahre, was insbesondere im Hinblick auf einzelbetriebliche Anpassun

gen an die Marktbedingungen nur begrenzt Spielräume zulässt.

In Würdigung dieser Tatsache ist es vernünftig und auch erforderlich, dass die Agrarpolitik mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten unsere Milchwirtschaft stützt.

Die Instrumente - darüber können wir uns jetzt streiten; ich unterbreite hier ein paar Vorschläge - können Sie unserem Antrag entnehmen; ich werde sie kurz erläutern. An erster Stelle möchte ich hier die Absatzförderung nennen. Herr Minister hat auch schon darauf hingewiesen. Es ist wichtig, neue Märkte zu erschließen. Da geht es nicht um Milchpulver und was weiß ich. Es geht um hochwertige Produkte. Es geht um Käse, um Joghurt, um was weiß ich was. Da haben wir gute Chancen, auf dem amerikanischen Markt Fuß zu fassen.

(Zurufe von der LINKEN)