Protocol of the Session on September 18, 2015

Danke sehr, Herr Minister. - Es wurde bereits erwähnt, dass eine Dreiminutendebatte vereinbart worden ist. Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Rotter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den derzeit geltenden bundesgesetzlichen Regelungen des SGB III hat grundsätzlich nur derjenige Anspruch auf Arbeitslosengeld, der in einer Rahmenfrist von zwei Jahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit für insgesamt mindestens zwölf Monate einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist und damit die sogenannte Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Gemäß den vorliegenden Anträgen soll durch eine Initiative im Bundesrat und auf Bundesebene erreicht werden, die zweijährige Rahmenfrist, innerhalb deren gemäß § 143 SGB III ein Versicherungsanspruch auf Arbeitslosengeld I erworben werden kann, auf drei Jahre zu verlängern und für kurzzeitig Beschäftigte neue Anwartschaftsregelungen einzuführen, die nach einem halben Jahr einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I einräumen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland haben wir momentan so viele Menschen wie noch nie in Arbeit. Dennoch ist leider festzustellen, dass durch die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in Deutschland - übrigens ein Kernpunkt der Agenda 2010 der damaligen rot-grünen Bundesregierung - für immer mehr Beschäftigte zunehmend kürzere und unsichere Erwerbsphasen zur Regel werden. Dann nutzt es auch nichts, wenn Sie, Kollegin Lüddemann, hier im Plenum äußern, das hätten die damals Verantwortung tragenden Parteien und Fraktionen so nicht gewollt.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU - Frau Lüddemann, GRÜNE: Ich habe doch noch gar nichts gesagt!)

Es ist natürlich leicht, weil man nicht in der Regierungsverantwortung ist, dies alles infrage zu stellen und zusätzliche Forderungen aufzumachen, die jenseits jeder Realität sind. Genau dies ist der Grund dafür, dass wir Ihren Änderungsantrag abgelehnt haben.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Ob dies wirklich der Grund ist?)

- Ja. Sie können sicher sein, dass dies Grund dafür ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch kurz zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE kommen. Ich bin der Auffassung, dass ihrem Antrag entsprochen wurde. Die Landesregierung hat im Ausschuss klar dargelegt, wie sie sich auf der Bundesebene eingesetzt hat, um die von Ihnen in dem Antrag verlangten Änderungen zu erreichen. Dass dies nicht von Erfolg gekrönt war, ist sicherlich nicht auf ein mangelndes Engagement der Landesregierung zurückzuführen. Aus diesem Grund erschien es uns logisch und folgerichtig, den Antrag der Fraktion DIE LINKE für erledigt zu erklären. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, sehen das natürlich anders.

(Frau Zoschke, DIE LINKE: Ja!)

Das ist Ihr gutes Recht, aber nicht logisch.

(Frau Zoschke, DIE LINKE: Na!)

Denn wenn ich jemanden auffordere, etwas zu tun, und er tut dies, dann ist dieser Auftrag nach meinem Verständnis erledigt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ein solcher Antrag nicht einfach für erledigt erklärt werden kann, das haben wir vorhin in der Berichterstattung und auch gestern schon erfahren dürfen. So bleibt uns nur übrig, dem Hohen Haus zu empfehlen, den Antrag abzulehnen. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Kollege Rotter. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Lüddemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte hauptsächlich zu dem Antrag der LINKEN sprechen; denn wir haben hier, glaube ich, eine absolut schizophrene, aber auch sehr eindrückliche Situation, nämlich ein Paradebeispiel für das Auseinanderklaffen von parlamentarischem Handeln auf der

einen Seite und sachlogischem Handeln auf der anderen Seite.

Denn auch wenn mittels der Beschlussempfehlung der Antrag der LINKEN abgelehnt wird, heißt das nicht - Kollege Rotter hat dies implizit gesagt -, dass das Anliegen abgelehnt wird. Im Gegenteil: Im Ausschuss war zu erfahren, dass sich die Regierungsfraktionen und die Landesregierung sehr wohl für die Flexibilisierung der Rahmenfristen im SGB III einsetzen. Und - das treibt die Schizophrenie auf die Spitze - sie setzten sich angeblich auch schon auf der Bundesebene dafür ein, bevor dieser Antrag gestellt wurde.

In der Sache sind sich also alle einig. Das SGB III darf nicht länger am Normalarbeitsverhältnis orientiert werden; denn dieses klassische normale Arbeitsverhältnis gibt es so schlicht und ergreifend nicht mehr.

(Herr Rotter, CDU: Das ist unbestritten!)

Die Anspruchsfristen müssen flexibilisiert werden. Alle sind sich darin einig, dass sie früher greifen sollten, auch kurze Beschäftigungsverhältnisse müssen einen Anspruch generieren.

Nach unseren Vorstellungen - ich habe dies in der Tat bei der Einbringung dieses Antrages ausgeführt; ich möchte nur kurz daran erinnern - sollte bereits ein viermonatiges Arbeitsverhältnis einen zweimonatigen Anspruch generieren. Über diese Ausgestaltung hätte man reden können, aber genau das ist eben im Ausschuss nicht passiert.

Theoretisch müssten nach der Feststellung, dass alle für eine Flexibilisierung sind, heute alle dem Antrag der LINKEN zustimmen.

(Zustimmung von Herrn Henke, DIE LINKE)

Aber offensichtlich ist die parlamentarische Welt nicht so, erst recht nicht ein halbes Jahr vor der Landtagswahl.

Es wäre im Interesse der Betroffenen zu wünschen gewesen, dass auch die regierungstragenden Fraktionen diesen Antrag so behandelt hätten, wie er gemeint war, nämlich als sachinhaltlichen Antrag. In dieser sachinhaltlichen Logik würden wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesem Antrag zustimmen. Aber offensichtlich ist dies nicht möglich, weil er von der Opposition, von der LINKEN, kommt.

Sich darauf zurückzuziehen, die Landesregierung sei bereits tätig und deshalb brauchte es diesen Antrag nicht und man müsste nicht inhaltlich dazu debattieren, das ist dem Landtag als Legislative völlig unangemessen. Wir sollten unsere eigenen politischen Entscheidungen treffen. Ob die Landesregierung etwas tut oder nicht, ist doch für die Entscheidungsfindung in diesem Hohen Hause zunächst einmal unerheblich.

Im Grunde wird der Antrag nur abgelehnt, weil er etwas fordert, was die Landesregierung bereits unternimmt und weil er von der Opposition kommt.

(Herr Rotter, CDU: Das ist doch Quatsch!)

Kleinkrämerisch gedacht, müsste man jetzt, wo der Antrag abgelehnt wird, sagen, die Landesregierung muss ihre entsprechenden Aktivitäten einstellen, weil der Landtag anders beschlossen hat.

Ich sehe, meine Redezeit ist zu Ende, aber ich glaube, es ist deutlich geworden, was ich sagen will. Ich finde es schade, dass wir nicht in der Sache debattiert haben, dass wir hier nicht in der Sache entscheiden, sondern dass es hierbei einfach um eine Parlamentslogik geht. Dem wird sich meine Fraktion konsequent verweigern, sie wird der Beschlussempfehlung so natürlich nicht zustimmen. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr, Kollegin Lüddemann. - Für die SPDFraktion spricht der Abgeordnete Herr Steppuhn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, über die Interpretation, die Kollegin Lüddemann gerade vorgetragen hat, haben wir im Ausschuss versucht, miteinander zu diskutieren und zu beraten. Ich möchte daran erinnern - Kollege Rotter hat dies bereits angesprochen -, dass es hierbei weniger um den Inhalt geht.

Der erste Satz des Antrages der LINKEN lautet: Die Landesregierung wird aufgefordert, sich im Bundesrat und auf der Bundesebene für eine gesetzliche Änderung auszusprechen. Genau dies hat die Landesregierung getan, Frau Lüddemann und Frau Dirlich.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Dann kann man doch dem Antrag zustimmen!)

Von daher ist dieser Antrag in der Sache erfüllt.

Wenn wir Ihnen dann noch sagen, dass wir auch inhaltlich dafür sind, gerade wir als Sozialdemokraten, dass die Rahmenfristen, innerhalb deren man Arbeitslosengeld I beantragen kann, geändert werden, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind und weil wir die Situation haben, dass unser Arbeitsmarkt moderner geworden ist - - Es werden Fachkräfte nachgefragt und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen mehr Sicherheit am Arbeitsplatz. In dieser Frage sind wir inhaltlich einer Auffassung, übrigens nicht nur wir hier in SachsenAnhalt, sondern auch unsere SPD-Bundestagsfraktion. Man muss aber auch sagen, dass es innerhalb der CDU auch andere Auffassungen gibt,

sonst wären wir in Berlin in dieser Frage schon weiter.

Dennoch können wir, so glaube ich, heute feststellen, dass wir uns in diesem Parlament und im Ausschuss in der Sache einig waren. Wenn man sich politisch einig ist, dann soll man das auch sagen. Nichts anderes haben wir im Ausschuss getan. Deshalb brauchen wir diese Debatte gar nicht mehr.

Ich bin dankbar, dass sich die Landesregierung, sprich der Arbeitsminister, auf allen Ebenen, auch auf der Bundesebene, dafür eingesetzt hat, dass es zu einer gesetzlichen Änderung kommt.

Nun kann man natürlich sagen: Eigentlich hatten wir die Vorstellung, dass sich unser Land in Berlin durchsetzt. Aber so einfach ist die Welt manchmal nicht. Schön wär‘s, wenn wir hier in Sachsen-Anhalt beschließen könnten, was der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung in Berlin tut. So weit sind wir als kleines Bundesland noch nicht.

Auch wir hätten uns gewünscht, dass es dafür eine Mehrheit gibt. Ich kann Ihnen, auch der Opposition, versichern: Wir sind uns nicht nur einig; und auch wenn dieser Antrag heute für erledigt erklärt wird, werden wir uns nach wie vor für die Veränderung der Rahmenfristen einsetzen. Deshalb können wir heute nicht anders, als diesen Antrag in der Sache für erledigt zu erklären und der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen, diesen Antrag abzulehnen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Kollege Steppuhn. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Dirlich.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE hatte mit diesem Antrag ein Anliegen aufgegriffen, das schon seit langer Zeit bei Arbeitsmarktakteuren Thema ist. Wir waren davon ausgegangen, dass zu diesem Thema, dass zu diesem Sachverhalt Einigkeit in diesem Haus herzustellen sei. Wir haben uns bei der Erarbeitung dieses Antrages deshalb auch auf Punkte konzentriert, die genau diese Chance haben und die uns besonders am Herzen liegen.

Nimmt man den Bericht der Landesregierung dazu ernst, hat es zunächst ganz genau so ausgesehen. Die Landesregierung hatte schon im Jahr 2011 - der Minister hat es gesagt - bei der Arbeitsministerkonferenz das Anliegen vorgetragen. Die sogenannten A-Länder haben im Jahr 2012 im Bundestag einen entsprechenden Vorstoß unternommen, der allerdings nicht zum Erfolg geführt hat.

Das alles war noch vor der Einreichung unseres Antrages und das Gesetz war nicht geändert.

Der Bundesrat hat dann zumindest empfohlen, das Thema bei der anstehenden Änderung des SGB III zu berücksichtigen. Die Länder sind sogar davon ausgegangen, dass diese Frage bei einer Gesetzesänderung ohnehin aufgegriffen wird. Darauf, meine Damen und Herren - ich sage immer, wir warten nur noch -, warten wir nun seit Ende Juni 2013. Schauen Sie einmal auf die Uhr, damit Sie wissen, wie spät es ist.