Protocol of the Session on July 3, 2015

Herr Gallert, Herr Krause, davor können Sie doch nicht die Augen verschließen.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU, und von Herrn Daldrup, CDU)

Denn Aktiengesellschaften, Fonds und außerlandwirtschaftliche Investoren bewirtschaften nun einmal in zunehmendem Maße unsere Betriebe. Sie sind in die Betriebe eingestiegen, ohne dass es nach außen erkennbar ist, meine Damen und Herren.

Welche Folgen hat dies für den ländlichen Raum, der es ohnehin schwer hat? - In Teilen des ländlichen Raumes unseres Bundeslandes SachsenAnhalt ist außer der Land- und Forstwirtschaft leider kaum Wirtschaftskraft vorhanden. Die Wirtschaft wird weiter geschwächt, die Entvölkerung nimmt zu und die daraus resultierenden Probleme werden letztlich bei der Politik abgeladen. An dieser Stelle müssen wir vorbeugen, meine Damen und Herren.

Mit einer Gesetzesinitiative, wie mein Ministerium sie erarbeitet hat, können wir Bodenpreissteigerungen dämpfen und außerlandwirtschaftlichen Investoren den Zutritt erschweren. Das Ganze kann sich natürlich nur in dem durch EU- und Bundesrecht gesetzten Rahmen vollziehen. Wir betreten an dieser Stelle rechtliches Neuland und dieses rechtliche Neuland will sorgfältig beackert werden.

Unser Gesetzentwurf beinhaltet, Anteilskäufe ab einer bestimmten Größenordnung unter Genehmi

gungsvorbehalt zu stellen und bei bestimmten Konzentrationen auf dem Bodenmarkt, Eingriffsmöglichkeiten vorzusehen. Eingriffsmöglichkeiten, die dazu führen, dass weniger als 2 % unserer ca. 4 200 Betriebe überhaupt erst in einem Prüfprozess einbezogen werden.

Wenn wir uns dem Bodenmarkt widmen, dann dürfen wir nicht nur den einen Betrieb sehen, sondern wir müssen auch die Nachbarbetriebe sehen und die Vielfalt der Agrarstruktur einbeziehen. Die Vielfalt der Agrarstruktur macht den Reiz unserer Landwirtschaft und unserer Landschaft aus, meine Damen und Herren.

Die breite Eigentumsstreuung ist ein ausdrückliches Ziel, das der Deutsche Bauernverband in seinen Papieren immer wieder betont.

Ich bin mir mit Herrn Rukwied auch darin einig, keine Satellitenlandwirtschaft zu wollen, die nach seinen Aussagen von außerlandwirtschaftlichen Kapitalgebern und einer Unternehmensstruktur, die Betriebe in verschiedenen Regionen und Ländern unter einem Dach vereint, gekennzeichnet ist. Eine solche Landwirtschaft, so Rukwied, stehe im Widerspruch zum Leitbild des DBV einer familienbetriebenen, bäuerlichen und im Dorf verankerten Landwirtschaft. Darin hat er Recht.

Die Notwendigkeit zu handeln, die durchaus auch von den Verbänden gesehen wird, die von der LINKEN in ihrem Antrag genannt wurden, ist vorhanden. Aber wenn diese Verbände sagen „So nicht!“, dann erwarte ich als Politiker aber auch, dass sie mir sagen, wie dann. An dieser Stelle kommt dann leider nichts. Diesbezüglich muss ich auch konstatieren, so bringt man diese Diskussion nicht voran.

Im Übrigen gibt es eine ganze Reihe von Verbänden, die sie nicht genannt haben, Herr Krause, die unseren Gesetzentwurf grundsätzlich gut finden.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Welche denn?)

Dieser Ansatz wird vom Bauernbund mit seinem Präsidenten Klamroth

(Zurufe von der LINKEN)

über den Waldbesitzerverband, den Pächterverband, den Verband der Nebenerwerbslandwirte bis hin zu der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, mit der ich kürzlich ein ausführliches Gespräch hatte, begrüßt.

Von Herrn Klamroth vom Bauernbund wird übrigens geltend gemacht, dass die Prüfgrößen zu hoch gewählt seien. Um Wirkung zu entfalten, müssten mehr Betriebe, so Herr Klamroth, in den Prüfprozess einbezogen werden. Dies ist eine Auffassung, die auch etliche meiner Fachbeamten teilen. Leider ist der Diskussionsprozess in den

letzten Wochen und Monaten zunehmend mit unsachlichen Argumenten geführt worden, was ich sehr bedauere.

Es gibt keinen Paragrafen in dem vorliegenden Gesetzentwurf, der Enteignungen vorsieht, wie ein Betriebsleiter dieses Landes behauptet hat. Es gibt auch keinen Paragrafen in diesem Gesetzentwurf, der jemanden nötigt, ein Drittel seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen, wie ein anderer Landwirt verbreitet hat.

Wer so etwas leichtsinnig in die Welt setzt, meine Damen und Herren, der bringt Unruhe in die Dörfer und nicht der vorliegende Gesetzentwurf.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich verwahre mich auch gegen eine Verunglimpfung der Landgesellschaften. Passagen des Gesetzentwurfes seien schlimmstenfalls Grundlage für Korruption und Vetternwirtschaft, so die DLG online. Auch als Aufsichtsratsvorsitzender unserer Landgesellschaft, die gute Arbeit leistet, weise ich eine solche Unterstellung schärfstens zurück, meine Damen und Herren.

Ein anderer Aspekt: Wer denkt bei dem Verkauf von Betrieben an Investoren eigentlich an die Landeigentümer? - Sie haben in Kenntnis und im Vertrauen auf die bisherigen Bewirtschafter ihre Flächen verpachtet und sie ihnen damit anvertraut. Sie sehen sich plötzlich mit neuen Eigentümern konfrontiert, denen sie ihr Land eigentlich niemals verpachtet hätten. Auch für diese Gruppe, meine Damen und Herren, trägt Politik Verantwortung.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Leimbach, CDU: Jawohl!)

Meine Damen und Herren! Wir haben im bisherigen Diskussionsprozess viele Anregungen bekommen. Ich danke den Regierungsfraktionen, von denen es wertvolle Hinweise gab. Insbesondere der Fragestellung der SPD, wie man eine Genossenschaft mit sehr vielen Mitgliedern gegenüber einem Betrieb hinter dem nur wenige Eigentümer und Mitarbeiter stehen, behandelt, ist näher nachzugehen.

Dass Handlungsbedarf besteht, haben übrigens auch Politikerinnen und Politiker des Deutschen Bundestages erkannt. Ich zitiere, gerade in Ostdeutschland laufe längst die Umverteilung des Bodens in die Hände landwirtschaftsfremder Kapitalgeber. Es gebe immer mehr Ackerbauholdings, die aus der Ferne gesteuert würden und die mit einer vor Ort verankerten nachhaltigen Bewirtschaftung nichts zu tun hätten. - Dies hat Frau Dr. Tackmann, die agrarpolitische Sprecherin der LINKEN, im Deutschen Bundestag gesagt und sie hat Recht.

(Zustimmung bei der CDU)

Ist Ihnen all das entgangen, was ihre Parteifreunde in anderen Bundesländern längst intellektuell registriert haben?

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Gallert, in einem Beitrag für die „Mitteldeutsche Zeitung“ haben Sie die Innovationskraft von Agrargenossenschaften gegenüber Einzelunternehmen hervorgehoben. Natürlich sind Agrargenossenschaften häufig innovativ. Aber wir wollen, dass alle Betriebe innovativ sind. Ihre Diskriminierung haben die Einzelunternehmen in Sachsen-Anhalt weiß Gott nicht verdient, Herr Gallert.

(Zustimmung bei der CDU)

Besorgnis hat bei mir ein Artikel aus der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 25. Juni ausgelöst. Darin legt der Geschäftsführer eines Fonds seine Praktiken auf dem ostdeutschen Bodenmarkt dar. Besonders besorgt hat mich der Schlusssatz des Autors, der lautet: Der Ausverkauf des Bodens im Osten hat gerade erst begonnen.

Meine Damen und Herren! Wenn uns an einer guten Zukunft des ländlichen Raumes und unserer Landwirtschaft liegt, dann müssen wir diese Diskussion fortführen und dann müssen wir handeln. Deshalb werde ich dazu demnächst ein Gespräch im Präsidium unseres hiesigen Bauernverbandes führen und deshalb werde ich auch demnächst ein Gespräch im Präsidium des Deutschen Bauernverbandes genau zu diesen Fragen führen, meine Damen und Herren.

Wir haben, wie Sie wissen, inzwischen einen Gesetzentwurf fertiggestellt. Alle Ressorts haben einer Kabinettsbefassung zugestimmt. Für die intensive und engagierte Arbeit bedanke ich mich sehr herzlich bei meinem zuständigen Abteilungsleiter Herrn Dr. Wallbaum und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mein Dank gilt auch den anderen Ressorts für ihre wertvollen Anregungen und Hinweise, die uns bei dieser komplizierten Thematik weitergeholfen haben.

Allerdings sehe ich in der noch verfügbaren Zeitschiene in dieser Legislaturperiode ein Problem. Ein Gesetz wie dieses, das einer Anhörung und deren sorgfältiger Auswertung durch die Landesregierung bedarf und ebenfalls einer Anhörung und sorgfältigen Diskussion im Parlament, ist in dieser Legislaturperiode verantwortungsbewusst nicht mehr zu verhandeln.

Der Respekt vor dem Hohen Hause gebietet es, keine Einbringung mehr in dieser Legislaturperiode vorzunehmen. Ich finde es allerdings zielführend, wie in dem Antrag der Regierungsfraktionen dargestellt, diese Thematik im zuständigen Fachausschuss zu behandeln. Das ist ein guter Weg. Er wird zu weiteren Erkenntnissen führen und dieses Thema voranbringen. Das Thema ist zu wichtig,

um es einfach wegzuschließen, wie es die LINKEN wollen.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Och!)

Weitere Überlegungen wollen Sie offenbar im Keim ersticken. Was mich überrascht: DIE LINKE macht sich damit stark für die Interessen der Vermögenden, die mit Millionenbeträgen unserer Dörfer aufkaufen wollen.

(Beifall bei der CDU - Herr Grünert, DIE LIN- KE: Das ist unverfroren! - Herr Czeke, DIE LINKE: Quatsch!)

Das ist schon eine bemerkenswerte Allianz und sie passt eigentlich nicht zu Ihrer sonstigen Programmatik und Grundhaltung.

Meine Damen und Herren! Wir wollen und brauchen eine vielfältige Landwirtschaft, eine Landwirtschaft, in der die Betriebsleiter ein Gesicht haben und nicht in der Anonymität verschwinden.

(Zuruf von Frau Zoschke, DIE LINKE)

Der Boden gehört in die Hände der wirtschaftenden Betriebe. Unser Boden ist zu wertvoll, um Gegenstand von Spekulationen durch Fonds und Aktiengesellschaften zu werden oder als Vermögensanlage von Industriellen und sonstigen Vermögenden zu dienen. Das hat unser ländlicher Raum, das haben die Menschen im ländlichen Raum nicht verdient. Das müssen wir verhindern. Lassen Sie uns gemeinsam daran weiterarbeiten! - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Herr Minister, es gibt eine Nachfrage des Kollegen Gallert.

Ja, Herr Minister.

Ja, Herr Gallert.

Ich war tatsächlich geneigt, die Argumentation für ein solches Agrarstrukturgesetz, wie Sie es seit etwa einem Dreivierteljahr hier im Landtag angekündigt haben, ein Stück weit nachzuvollziehen, weil es tatsächlich das Problem gibt, dass Grund und Boden in einer Art und Weise als Kapitalanlage interessant geworden sind, die die Preise für die Produzenten in unerschwingliche Höhen treibt.

Deswegen habe ich - ehrlich gesagt - gedacht, dies ist in Ordnung, dagegen könnte man dann

vorgehen. Ich fand es auch bemerkenswert, weil dies Ihrer alten Linie, die Landwirtschaft endlich in die Marktwirtschaft zu entlassen, vollkommen widersprach, was ich an dieser Stelle sogar unterstützen würde.