Protocol of the Session on July 3, 2015

Herr Gallert, Sie unterstellen mir etwas. Ich habe gesagt, ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich eine rechtmäßige Amtspflicht wahrgenommen habe. Punkt.

(Beifall bei der CDU - Frau Gorr, CDU: Ge- nau!)

Herr Striegel, Ihre Frage, bitte.

Die Terminkette, die Sie vorgetragen haben, ist einigen Mitgliedern des Hohen Hauses nicht neu. Neu war ein Punkt, nämlich die Frage des MDRInterviews von Frau Pau. Das tauchte bisher noch nicht auf. Nur eine Frage dazu, weil Sie eine zeitliche Nähe dazu hergestellt haben: War das eine Liveschaltung oder war das eine Aufzeichnung?

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist eigentlich unerheblich!)

Ich habe es nicht gehört, Herr Striegel. Bei mir steht - ich zeige Ihnen das nachher -: 14. September 2012, 17.10 Uhr, 02:04 Minuten. Also muss es um die Uhrzeit live gelaufen sein. Da hat Frau Pau wohl live das gesagt - aber das ist jetzt eine Vermutung, weil das nur abgeschrieben ist -, was darin steht. Den Rest habe ich Ihnen vorgetragen.

(Zuruf von Herrn Bommersbach, CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit ist das zweite Thema der Aktuellen Debatte beendet. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 24.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung

Agrarstrukturgesetz

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/4199

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/4220

(Unruhe)

- Wenn der Saal mehr oder weniger halb geräumt ist, wird Herr Krause den Antrag der LINKEN einbringen. - Herr Krause, Sie haben eine zarte Stimme, Sie werden es trotzdem schaffen.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich denke, es wird nicht ganz so spannend, aber vielleicht doch etwas interessant.

Seit mehreren Monaten - das ist bekannt - wird in landwirtschaftlichen Unternehmen, in landwirtschaftlichen Verbänden und unter der dörflichen Bevölkerung doch mit Besorgnis über das in der Öffentlichkeit bekannt gewordene und zum Teil auch in Veranstaltungen vorgestellte Vorhaben, ein Gesetz zur Sicherung und Verbesserung der Agrarstruktur in Sachsen-Anhalt zu beschließen, diskutiert.

Der von meiner Fraktion vorgelegte Antrag ist die logische Konsequenz aus der zum Teil auch sehr aufgeregten landesweiten Diskussion zu dem Vorhaben der Landesregierung oder, konkreter gesagt, des Landwirtschaftsministers Aeikens.

Ich muss schon bemerken, dass ich sehr überrascht, aber auch beeindruckt bin, dass Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, schon vor der Beratung unseres vorliegenden Antrages unserem Drängen gefolgt sind und diese Geset

zesinitiative beerdigt haben. Das stand in der Zeitung.

(Herr Borgwardt, CDU: Das hat mit eurem Drängen nichts zu tun!)

Dennoch möchte ich Ihnen meine Anmerkungen nicht ersparen; denn was gesagt werden muss, das muss gesagt werden.

(Herr Leimbach, CDU: Oh!)

Herr Minister, Sie haben in den zurückliegenden Monaten auf vielen Veranstaltungen - bei den Kreisbauernverbänden, auf verschiedenen Fachkonferenzen, ich erinnere nur an die Konferenz am 16. Dezember 2014 in der Landesvertretung von Mecklenburg-Vorpommern zum neuesten Gutachten zum Grundstücksverkehr - und auch mit Ihrer Regierungserklärung vom 26. Februar 2015 zu Recht die Frage nach der Verantwortung für den ländlichen Raum in den Mittelpunkt Ihrer Betrachtung gestellt.

Öffentlichkeitswirksam hoben Sie immer wieder hervor, dass eine Landwirtschaft und Landwirte, die ihren Blick nur noch auf den aktuellen Stand des Bankkontos richten, die wenig Interesse an dem langfristigen Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, an dem Ausbau regionaler Wirtschaftskreisläufe und an einer zukünftigen dörflichen Gemeinschaft haben, nicht das erklärte Ziel sein können.

Ja, wenn der Betriebsinhaber nur einen Briefkasten vor Ort unterhält und die Menschen im Dorf keinen Kontakt mehr zu denen haben, die die Flächen des Dorfes bewirtschaften, wird die Landwirtschaft anonymisiert. Durch nicht ortsansässige Landwirte oder Bodeneigentümer fließen Steuern und die Wertschöpfung unserer ländlichen Räume in andere Regionen ab. Geld zur notwendigen Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge geht unseren Dörfern verloren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Geld des Dorfes dem Dorfe. - So haben Sie es vor einem halben Jahr formuliert, Herr Minister.

(Herr Scheurell, CDU: So ist es!)

Was Sie aber jetzt mit dem in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Gesetzentwurf vorhatten, ist sehr viel mehr, als nichtlandwirtschaftliche Investoren, die landwirtschaftliche Flächen für sich als lukrative Geldanlagemöglichkeit entdeckt haben, vom Acker zu jagen. Mit diesem Entwurf stellen Sie gewachsene und von einer breiten Dorfbevölkerung getragene und akzeptierte Betriebs- und Agrarstrukturen durch neueste Flächenobergrenzen infrage. Genossenschaften und andere Gemeinschaftsunternehmen sollen damit in ihrer vom Dorf getragenen Entwicklung beschnitten werden.

Dabei geht es um Unternehmen, die durch ihre landwirtschaftliche Vielfalt die höchste Wertschöp

fung und die meisten Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen vorhalten, Unternehmen, die vertrauensvoll mit den vielen kleinen Grundeigentümern und Pächtern, mit ganzen Dörfern zusammenarbeiten, die die Zustimmung aller ihrer Grundbesitzer im Land Sachsen-Anhalt haben. Das ist auch Fakt.

(Herr Daldrup, CDU: Ja!)

Diese Unternehmen sollen hierbei in den Fokus gestellt werden, Unternehmen mit Betriebsstrukturen, die durch ihr genossenschaftliches und gemeinschaftliches Betriebsklima beste Voraussetzungen zur Förderung der dörflichen Gemeinschaftsarbeit, von Kindergärten, Schulen und Vereinen oder anderen sozialen Projekten besitzen.

Ihr Entwurf, Herr Minister, erinnert mich doch ein wenig an die erste Hälfte der 90er-Jahre, an den damals herrschenden Geist derer, die bei der Konstruktion des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes und den immer wiederkehrenden Novellen mit ihrem Schlachtruf gegen genossenschaftliche und andere juristische landwirtschaftliche Unternehmen nicht zum Zuge kamen.

Ein Agrarstrukturgesetz ist nicht notwendig. Gut, dass das Ihre Koalition erkannt hat. Das ist - das sage ich hier und das können Sie auch noch einmal hören - eine Reaktion aufgrund des großen Protestes, den es hier gab. Mit dem bestehenden Grundstücksverkehrsgesetz hat das Land alle Möglichkeiten, die Verwerfungen auf dem Bodenmarkt im Interesse einer nachhaltigen regionalen landwirtschaftlichen Entwicklung einzudämmen.

Notwendig ist der Abbau der Vollzugs- und Handlungsdefizite und damit die Stärkung der regionalen Ordnungsbehörden in unseren Landkreisen. Alle bisherigen wiederholten Versuche meiner Fraktion, diesbezüglich landespolitische Möglichkeiten im Interesse der Landwirte, die auch in unseren Dörfern leben und arbeiten, auszuloten und auszuschöpfen, fanden keine Mehrheit im Landtag.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere nur an unsere Anträge zu Fragen des Landpacht- und Grundstücksverkehrs als Konsequenz aus dem vor drei Jahren vorgelegten Gutachten des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften. Unsere Bemühungen, von der Sonderregelung beim Flächenerwerb von BVVGFlächen Abstand zu nehmen - damals wurde der Markt erst richtig angeheizt -, sowie die Forderung nach langfristigen Pachtverträgen, um damit den Kaufdruck und die finanzielle Belastung für die Unternehmen zu reduzieren - all das wurde abgelehnt.

Vor mehr als zweieinhalb Jahren haben wir uns mit dem eben genannten Gutachten des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften

befasst. Dieses Gutachten gab uns eine hervorragende Analyse zum landwirtschaftlichen Bodenmarkt, zu Perspektiven und Grenzen der Weiterentwicklung des bodenpolitischen Ordnungsrahmens beim Grundstücksverkehr an die Hand. In diesem Gutachten sind Schlussfolgerungen und klare Erwartungen an die Politik formuliert worden.

Hinsichtlich der Entwicklung am landwirtschaftlichen Bodenmarkt wurde klar festgestellt, dass der bestehende bodenpolitische Ordnungsrahmen, also die Vorschriften des Grundstücksverkehrsgesetzes, grundsätzlich geeignet sind, den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen durch Nichtlandwirte zum Zwecke von Kapitalanlagen zu verhindern. Mängel wurden vor allem bei der Definition und Anwendung von Versagungsgründen beim Flächenerwerb und bei der Bestimmung des Missverhältnisses von Kaufpreis und Grundstückswert festgestellt.

Um all dies zu regeln und den Grunderwerb auch für Gesellschafter und Mitglieder von Genossenschaften bzw. anderen landwirtschaftlichen Unternehmen zu ermöglichen, brauchen wir kein Agrarstrukturgesetz. Herr Minister, Sie hätten dies unter Beachtung des Grundstücksverkehrsgesetzes schon längst regeln können.

(Zustimmung bei der LINKEN)

So, wie Sie bzw. Ihr Haus seinerzeit festlegten, dass ein Zahnarzt aus Bayern, der in jungen Jahren einmal Landwirtschaft gelernt hat, nicht durch die Ordnungsbehörden beim Flächenerwerb ausgeschlossen werden darf - so damals Ihre Festlegung -, weil er eben den Beruf hat und nur, weil er woanders wohnt, keine Landwirtschaft betrieb, genauso hätten Sie den Mitgliedern von Genossenschaften und den dort Tätigen den Anspruch gewähren können, Flächen zu kaufen. Dann müssten Sie hier nicht eine solche Show abziehen.

Zwei letzte Bemerkungen. Erstens. Herr Minister, mit dem Bericht zum Inhalt des umstrittenen Entwurfes Ihrer Kabinettsvorlage haben Sie eigentlich die Katze aus dem Sack gelassen. Es ist für mich einfach unhaltbar, mit welchen Argumenten Sie bei Ihren Kabinettskollegen für eine Zustimmung zu Ihrem Vorhaben werben. Mit Ihrer Begründung, dass der Umstand, dass 5 % der Empfänger von landwirtschaftlichen Direktzahlungen mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche bewirtschaften, aus Ihrer Sicht eine Gefahr für die Agrarstruktur sei, wird deutlich - ich stellte es bereits fest -, dass diese Gesetzesinitiative eine klare Ansage gegen zukunftsfähige, innovative Agrargenossenschaften und andere landwirtschaftliche Gemeinschaftsunternehmen ist.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Werte Kabinettskollegen - sie sind heute sehr dünn vertreten -, Sie sollten wissen, dass Herr Minis

ter Aeikens mit seiner Feststellung alle, aber auch alle Nebenerwerbslandwirte - mehr als die Hälfte aller Direktzahlungsempfänger -, die neben ihrer eigentlichen außerlandwirtschaftlichen beruflichen Tätigkeit oder gar als Rentner noch 1, 2 oder 3 ha Land bewirtschaften und dadurch flächenprämienberechtigt sind, in einen Topf mit landwirtschaftlichen Unternehmen geworfen hat, mit landwirtschaftlichen Unternehmen, die vielen Menschen in den Dörfern Arbeit, Ein- und Auskommen geben und Wertschöpfung betreiben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Zweitens. Strukturpolitik für ländliche Räume heißt für uns, landwirtschaftliche Unternehmen zu fördern, die auf regionale und nachhaltige Wirtschaftskreisläufe mit einer hohen Wertschöpfung setzen und vielen Menschen Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum garantieren. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist ein Kurswechsel in der EU-Agrarpolitik längst überfällig.