Protocol of the Session on July 3, 2015

(Zustimmung bei der CDU - Herr Leimbach, CDU: Null! - Herr Wunschinski, CDU: Rich- tig! - Herr Thomas, CDU: Schöner Arbeits- tag!)

Jetzt eine konkrete Frage: Habe ich Sie richtig verstanden - Sie haben das in einen direkten Zusammenhang gesetzt -, dass es Ihrer Meinung nach die rechten extremistischen Straftäter in Thüringen gibt, weil es den Verfassungsschutz gibt?

(Herr Leimbach, CDU: Na klar! - Zuruf von der CDU: Das hast du genau richtig gehört!)

Zuerst zu Ihrer Vorbemerkung. Als Parlamentarier bin ich es gewöhnt, mich relativ strikt an die Vorgaben eines Antrags zu halten.

(Lachen bei der CDU - Herr Kolze, CDU: Das habe ich gemerkt!)

Herr Kollege, Sie haben bestimmt die Antragsbegründung der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE gelesen.

(Herr Borgwardt, CDU: Deshalb habe ich die Frage gestellt!)

Darin ist nicht nur der Geheimnisverrat des Ministers und die entsprechende Presseberichterstattung angesprochen worden, sondern auch die Sinnhaftigkeit des V-Mann-Wesens; sie wird nicht nur angerissen, sondern maßgeblich infrage gestellt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielleicht können die Autorinnen und Autoren etwas dazu sagen. - Erster Punkt.

Zweiter Punkt. Ich glaube nicht, dass wir es in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg usw. mit einer ausschließlich vom Verfassungsschutz gesteuerten Nazi-Szene zu tun hatten.

(Herr Borgwardt, CDU: Aha!)

So weit gehe ich nicht. Aber was wir schon feststellen müssen -

(Herr Kolze, CDU: Nicht ausschließlich! Das ist unerhört!)

- Herr Kollege, jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden! -, ist, dass der Szeneaufbau in den 90er-Jahren maßgeblich durch die V-Leute des Verfassungsschutzes

(Zustimmung bei der LINKEN)

Tino Brandt, Kai Dalek, Michael See und viele andere mit organisiert wurde.

(Herr Gallert, DIE LINKE: An der Spitze or- ganisiert wurde!)

Tino Brandt hat den Thüringer Heimatschutz erst mit Verfassungsschutzhilfe zu dem gemacht, was er war. Er hat ihn zu dem gemacht, woraus der NSU entstehen konnte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Das müssen sich die damaligen Behörden zurechnen lassen. Das sind aus meiner Sicht Fehler, aus denen wir als demokratische Gesellschaft, als Rechtsstaat lernen müssen und wobei wir künftig sehr klar anders handeln müssen. Genau deshalb habe ich es an dieser Stelle erwähnt, Herr Kollege Borgwardt.

(Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Herr Striegel, warten Sie bitte noch. - Herr Gallert, möchten Sie eine Frage stellen?

Ja. Es gäbe auch eine andere Möglichkeit, deshalb habe ich gefragt.

Ach nein, machen wir jetzt einmal eine Frage. Dann kann er noch etwas dazu sagen.

Bitte sehr.

Über Redezeitverlängerungen freue ich mich auch.

Herr Striegel, ist Ihnen bekannt, dass der von Ihnen erwähnte Tino Brandt, V-Mann des Verfassungsschutzes in Thüringen, an der Spitze des Heimatschutzes, ihn organisierend, inzwischen längst mit warmer Brüderlichkeit in die Nazi-Szene aufgenommen worden ist und dort als Held gefeiert wird, und zwar nachdem er enttarnt worden ist?

Das stimmt. Tino Brandt hat immer wieder in den Zeugenvernehmungen vor den unterschiedlichen Untersuchungsausschüssen - ich bin mir gar nicht sicher, ob er auch schon vor dem Gericht in München vernommen worden ist; das kann ich gar nicht sagen - -

(Herr Erben, SPD: Doch! Er ist dort vernom- men worden!)

- Doch, er ist vernommen worden. Er musste extra aus der Haft angefahren werden. Ich erinnere mich. Er sitzt derzeit wegen anderer Delikte, die nicht staatsschutzrelevant sind, in Haft.

Er hat immer wieder deutlich gemacht, dass er in Teilen sogar Leute in seine V-Mann-Tätigkeit involviert und eingeweiht hat und dass es Absprachen darüber gab, was man den Behörden mitteilte und was nicht. Er hat auch bestätigt, dass natürlich die V-Mann-Honorare nicht nur in Teilen, sondern sehr wesentlich in den Aufbau der Szene geflossen sind.

Selbiges gilt übrigens für Kai Dalek. Man könnte sagen, er war V-Mann für das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern. Es ist aber wichtig, sich seine Funktion anzugucken. Der Mann hat das Thule-Netz aufgebaut und war für die Aufbauarbeit in der thüringischen Neonazi-Szene mit zuständig.

Es gilt für Corelli mutmaßlich ebenso, weil Corelli einer der wichtigsten Partner war, wenn es darum ging, für Nazis ihre eigene Internetstruktur aufrechtzuerhalten, und zwar weit über Sachsen-Anhalt hinaus.

Deswegen wundert es mich bis heute, dass man in Sachsen-Anhalt an maßgeblicher Stelle davon spricht, dass es keine Verbindungen des NSU nach Sachsen-Anhalt gibt. Das ist dann später einmal abgeschwächt worden. Inzwischen lautet die Formulierung, es gebe keine strategischen Verbindungen des NSU nach Sachsen-Anhalt, was auch immer das ist. Klar ist, es gab diese Zusammenarbeit in der mitteldeutschen Neonazi-Szene

und sie ist auch durch V-Leute des Verfassungsschutzes mit betrieben worden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Danke sehr, Kollege Striegel. - Bevor ich dem Fraktionsvorsitzenden der CDU Herrn Schröder das Wort erteile, können wir Damen der Frauenunion Merseburg und Mitglieder des Vereins Arbeitsloser Frauen Braunsbedra bei uns begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Kollege Schröder, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vertrauensleute, das sind Personen, die für die Verfassungsschutzbehörden verdeckte Informationen über extremistische Bestrebungen beschaffen. Meine Fraktion möchte - das wird Sie nicht überraschen - auch in Zukunft nicht auf den Einsatz von sorgfältig ausgewählten V-Leuten verzichten. Eine wehrhafte Demokratie muss das Innenleben verfassungsfeindlicher und extremistischer Organisationen kennen, um frühzeitig Gefahren wie Terroranschläge zu erkennen und so verhindern zu können.

Verfassungsfeindliche und extremistische Organisationen agieren oft höchst konspirativ. Wir sind daher auch auf Informationen von V-Leuten angewiesen. Ihr Einsatz ist hierfür ein unverzichtbares Mittel der Informationsgewinnung. Ich bin sehr froh darüber, dass sich alle CDU- und CSU-Landtagsfraktionen in Deutschland und die CDU-Bundestagsfraktion in dieser Haltung einig sind und das jüngst auf unserer Fraktionsvorsitzenden-Konferenz in Magdeburg durch einen Beschluss erneut belegt haben.

Die in Thüringen vorgenommene weitgehende Abschaffung von V-Leuten stellt daher auch ein Sicherheitsrisiko dar.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ach ja?)

Denn dies kann sich nicht nur in Thüringen selbst, sondern auch im Hinblick auf den notwendigen Austausch von Informationen des Verfassungsschutzverbundes insgesamt negativ auf die Sicherheitslage in anderen Ländern auswirken. Besonders betroffen ist davon der Phänomenbereich des Rechtsextremismus.

Ich habe schon ein bisschen an der Bemerkung gekaut, sehr geehrter Kollege Striegel, dass Nazis zu Staatsdienern würden. Sie haben auf die Frage des Kollegen Borgwardt hin noch einmal nachgelegt und erklärt - das möchte ich als bemerkenswerte Feststellung schon noch einmal festhalten -,

dass Sie gesagt haben, den Rechtsextremismus, den Szeneaufbau in der jetzigen Form hätte es ohne den Verfassungsschutz nicht gegeben.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, da müssen wirklich einige klären, gegen wen sie kämpfen wollen, gegen den Rechtsextremismus oder gegen den Verfassungsschutz.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der LIN- KEN)