Protocol of the Session on June 5, 2015

weil für mich diejenigen die schlimmsten Ideologen sind, die nicht offenlegen, was ihre Ideologie ist.

(Zurufe von Herrn Daldrup, CDU, und von Herrn Rosmeisl, CDU)

Hier müssen wir mal klar sagen: Spätestens das, was im Jahr 2006 passiert ist, war Ausdruck einer knallharten Privatisierungsideologie.

(Herr Leimbach, CDU: Ach was!)

Heute stehen wir vor der Bilanz dieser Privatisierungsideologie.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von Herrn Daldrup, CDU, und von Herrn Leimbach, CDU)

Da sage ich: Wenn Sie die Kritik an dieser Privatisierungsideologie heute als „Ideologie“ bezeichnen, sage ich: Ja, da bin ich Ideologe aus Erfahrung, Herr Bönisch.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von Herrn Rosmeisl, CDU, und von Herrn Bommers- bach, CDU)

Herr Kollege Rothe möchte noch eine Frage stellen.

Bitte.

(Frau Tiedge, DIE LINKE: Oh nein!)

- Oh doch.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Auch Herr Dr. Thiel möchte seinen Fraktionschef befragen?

Ich habe eine Intervention.

Er möchte intervenieren.

(Herr Leimbach, CDU: Was können wir uns denn jetzt noch alles ausdenken, um mitzu- gehen? - Zuruf von Frau Tiedge; DIE LINKE - Herr Leimbach, CDU: Es gibt auch noch einen Debattenbeitrag, Frau Tiedge!)

Herr Kollege Gallert, habe ich Sie richtig verstanden, dass Ihre Alternative nicht die Marktwirtschaft ohne IBG ist, sondern die Stamokap-Traditionspflege?

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Hei- terkeit bei der CDU)

Die Frage kann ich Ihnen jetzt so intensiv nicht beantworten, weil ich mich mit Stamokap als Ansatz im Gegensatz zu vielen Gewerkschaftsfunktionären und anderen nicht so auskenne. Deshalb kann meine Antwort jetzt falsch sein.

Nein, ich sage Ihnen jetzt mal auf einer Abstraktionsebene tiefer: Wenn ich öffentliche Mittel als Risikokapital wirtschaftspolitisch einsetze, möchte ich das nicht von einem privaten Investmentbanker machen lassen, dessen einziges Ziel eine maximale Renditeerwartung sein würde. Dann möchte ich das von Leuten entschieden bekommen haben, die sich politisch in der Verantwortung des Landes befinden, qua Arbeitsvertrag, die für das Landesinteresse zu arbeiten haben und von deren Loyalität ich vielleicht sogar bei Beamten ausgehen kann. Auch Beamte dürfen übrigens wirtschaftspolitische Kompetenz haben; das schließt sich nicht immer aus.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Dass die Leute aus dieser Interessenslage über wirtschaftspolitische Entscheidungen von Risikokapital entscheiden, das wäre meine Alternative. Das müssen nicht unbedingt Beamte sein. Es gibt eine ganze Investitionsbank bei uns, die im Grunde genommen genau auf solche Überlegungen blickt.

(Beifall bei der LINKEN - Oh! bei der CDU)

Ich weiß es jetzt nicht ganz genau, Herr Rothe, aber ich glaube, diejenigen, die diese Investitionsbank bei uns im Land Sachsen-Anhalt gegründet haben, waren, obwohl ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, keine Anhänger der StamokapTheorie.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich glaube, das waren FDP, CDU und SPD. Aber darüber müssen Sie sich vielleicht mit Ihren Kollegen noch einmal unterhalten. Wie gesagt, ich bin da theoretisch nicht so ganz sattelfest.

(Herr Leimbach, CDU: Nee! Aber ganz nah dran an der Theorie! - Heiterkeit bei der CDU - Unruhe bei der LINKEN)

- Noch eine Nachfrage?

(Zuruf von der CDU: Nee!)

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. - Dann wäre Kollegin Dalbert jetzt das Wort zu geben, was ich hiermit tue. Ich begrüße in der Zwischenzeit weitere - -

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE, begibt sich zum Rednerpult - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

- Frau Kollegin Dalbert, ich muss mich entschuldigen. Abgeordneter Herr Dr. Thiel wollte noch eine Zwischenintervention bringen.

Meine Zwischenintervention bezog sich auf die Frage von Herrn Bönisch. Ich möchte hier noch einmal mit aller Klarheit sagen, dass sich die Mitglieder aller vier Fraktionen im Beirat der Investitionsbank für ein Verwaltungsmodell der IBGFonds ausgesprochen haben, was sich offenbar am Ende gegenüber dem Kompetenzteam des Ministeriums der Finanzen nicht durchsetzen konnte. Alles andere werden wir zu gegebener Zeit öffentlich machen. - Vielen Dank.

(Herr Leimbach, CDU: Alles klar!)

Danke schön, Kollege Dr. Thiel. - Ich darf noch Gäste im Haus begrüßen, Damen und Herren der

Wasserversorgungsgesellschaft in Mitteldeutschland. Willkommen im Landtag von Sachsen-Anhalt!

(Beifall im ganzen Hause)

Nun hat die Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Professor Dr. Dalbert das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin in der Debatte mit Interesse gefolgt und möchte für meine Fraktion einige Dinge feststellen.

Erster Punkt. Ich glaube, in der Wirtschaftspolitik tun wir gut daran, auf unsere eigenen Stärken zu setzen, unsere eigenen Stärken weiterzuentwickeln. Da sind zwei Punkte entscheidend: Das ist einmal die Verbindung unserer kleinen und mittelständischen Unternehmen mit unseren Hochschulen im Land, um Forschung und Entwicklung zu fördern; das ist aber heute nicht das Thema. Das andere ist eben die Frage: Wie können wir kleine, innovative Unternehmen hier bei uns im Land fördern? - Das ist die Frage von Risikokapital.

Herr Wagner hat soeben diese Frage gestellt. Ich glaube, diese Frage ist nicht wirklich verstanden worden. - Ich glaube, Sie wollten darauf hinaus, dass sich alle hier in diesem Hohen Hause einig darin sind, dass wir kleine und mittlere innovative Unternehmen in Sachsen-Anhalt fördern müssen. Ich glaube, das ist erst mal ein Konsens in diesem Hohen Hause.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Frage ist nur: Wie kann das erfolgen? - Wenn wir uns angucken, was wir jetzt an Kenntnis haben, müssen wir feststellen: Natürlich geht es um Unternehmen, die ihren Sitz in Sachsen-Anhalt haben und ihn dort auch haben, bevor sie den ersten Euro von uns bekommen. Es geht um die kleinen und mittelständischen Unternehmen; denn das ist die Basis unserer Wirtschaft hier im Lande, das ist eben das Typische für unser Land. Und es geht um innovative Produkte und nicht um die alten Wirtschaftsformen, dass wir die sozusagen noch an einem Schlauch am Leben erhalten. Es geht um die innovativen Produkte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann geht es natürlich auch um die Frage von Arbeitsplätzen. Wenn wir dann hören, dass Arbeitsplätze gar kein Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen bei der Risikofinanzierung waren, kann das nur verwundern. Dann geht es eben auch um die Frage, wie wir Risikofinanzierungen vornehmen wollen. Das war für uns als Fraktion der Anlass, heute diese Debatte zu führen und zu sagen: Wir wissen doch inzwischen schon eine

ganze Reihe von Dingen, die uns, ich sage mal, besorgt machen.

Wir wissen: Es soll neu ausgeschrieben werden. Das ist der Zeitpunkt, die Debatte darüber anzustoßen, auch die öffentliche Debatte darüber anzustoßen: Wohin wollen wir denn? - In der öffentlichen Debatte stellen wir fest: Wir alle wollen diese kleinen innovativen Unternehmen unterstützen, aber wir brauchen einen anderen Weg, um das zu tun.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Dabei geht es zum einen um die angesprochene Frage: Macht es Sinn, Darlehen zu geben? Ist es nicht besser, ihnen das Geld so zu geben, als einen verlorenen Zuschuss zu geben? Zum anderen geht es um die Frage, wie darüber entschieden wird. Sie alle wissen, dass ich aus der Wissenschaft komme. In der Wissenschaft beurteilt man solche Dinge, indem man ein kompetentes Kollektiv zusammenruft, das die Geschäftspläne und die Innovation der Ideen beurteilen kann. Diese Beurteilung macht man zur Grundlage einer Entscheidung. Das ist ein ganz anderer Weg, eine solche Entscheidung herbeizuführen, als eine herkömmliche Investmententscheidung zu treffen.

Es geht um die Interessen unseres Landes. Wenn der Wirtschaftsminister sich hier hinstellt und vorgibt - ich sage bewusst: vorgibt; denn dass er die Zahlen nicht kennt, glaube ich ihm nicht -, dass er nicht weiß, wie viele Firmen von denjenigen, an denen sich das Land beteiligt hat, in die Insolvenz gegangen sind, dann - -