Denn ohne unser Drängen auf Aufklärung zu geschredderten Verfassungsschutzakten auch in Sachsen-Anhalt, aufgekommen im Nachgang zur Selbstaufdeckung des NSU, hätte es diesen heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf dann eben noch nicht gegeben. Darin wird mir selbst der Innenminister zustimmen; er hat mir auch schon zugestimmt.
Mit dem neuen Archivgesetz wird die auch für den Verfassungsschutz schon bestehende Anbietungs- und Übergabepflicht gegenüber dem Landeshauptarchiv, künftig Landesarchiv Sachsen-Anhalt, festgeschrieben. Sie steht dann in Übereinstimmung mit der Rechtslage beim Bund und in fast allen anderen Bundesländern.
Durch diese Präzisierung der Anbietungspflicht für den Verfassungsschutz wird Rechtssicherheit geschaffen, die allen Beteiligten die archivische Anbietung, Übergabe und Übernahme der analogen und zukünftig auch digitalen Unterlagen des Verfassungsschutzes erleichtert. Mich stimmt das sehr zufrieden; denn es war meine Fraktion, die im Frühjahr 2013 die Debatte im Landtag dazu angestoßen hatte, ob und welche Unterlagen, unabhängig von ihrer Speicherungsform, auf der Grundlage des geltenden Rechts von der Verfassungsschutzbehörde dem Landeshauptarchiv zur Übernahme angeboten werden müssen. Genau dieses Andienen von Akten hatte die Verfassungsschutzbehörde in der Vergangenheit unterlassen, sodass archivwürdige Aktenbestände möglicherweise verloren gegangen sind.
Neben diesem Themenfeld widmet sich der Gesetzentwurf auch anderen drängenden Fragen des Archivwesens. Er passt das Archivrecht an die Erfordernisse der modernen Informations- und Kom
munikationstechnik an. Immer mehr Vorgänge der öffentlichen Verwaltung werden inzwischen ausschließlich digital bearbeitet. Archive müssen sich darauf einstellen, archivwürdige Unterlagen vermehrt nur noch in elektronischer Form zu erhalten und somit auch für die spätere Nutzung vorzuhalten.
Dieser Wandel im Archivwesen verbessert auf der einen Seite die Zugriffs- und Recherchemöglichkeiten der Benutzerinnen und Benutzer erheblich, andererseits ist die Nutzung moderner Technik auch mit Risiken für die Persönlichkeitsrechte Einzelner verbunden. Daher regelt § 9a nun explizit Ausnahmen, Verfahren und Auskunft.
Zudem besteht gemäß § 9b bei Aufzeichnungen in automatisierten Verfahren, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen, die Pflicht, regelmäßig einen aktuellen Datenbestand anzubieten. So kann der Befürchtung von Archivaren entgegengetreten werden, dass aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen ein größerer Zeitraum des Verwaltungshandelns nicht sachgerecht in den Archiven abgebildet werden kann.
Nach alldem wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf in der nun vorliegenden Fassung zustimmen, auch - das sage ich an Frau Kollegin Tiedge gerichtet - weil beim Thema Konnexität eine Einigung insofern ermöglicht wurde, als eine Evaluierung im Gesetzentwurf vorgesehen ist. Ich glaube, das war der Schritt in die richtige Richtung. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als SPD-Fraktion haben bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes sehr deutlich gemacht, dass wir den Gesetzentwurf, sowohl was seinen Zeitpunkt betrifft, als auch was seine Inhalte betrifft, unterstützen. Das werden wir auch heute tun. Insofern habe ich meinen Worten vom Oktober 2014 kaum etwas hinzuzufügen.
Ich möchte an dieser Stelle unterstreichen, dass wir mit dem Gesetzentwurf auf der einen Seite das Archivrecht in Sachsen-Anhalt an die heutige Zeit, nämlich an die Digitalisierung, anpassen, und zum anderen Rechts- und Handlungssicherheit für die Behörden in Sachsen-Anhalt, seien es nun staatliche oder auch kommunale Behörden, realisieren.
Ich möchte auf das Thema Konnexität eingehen. Wir sind sehr wohl der Auffassung, dass bei diesem Gesetzentwurf das Konnexitätsprinzip nicht
greift. Ich darf an dieser Stelle auch auf das System unseres Finanzausgleichs hinweisen; das ist heute noch nicht zur Sprache gekommen. Kein Euro, der in dem Fall möglicherweise für höhere Standards ausgegeben wird, wird wegen des Systems und der Berechnung unserer Finanzausgleichsmasse unter den Tisch fallen, sondern diese Ausgaben werden in den kommenden Jahren natürlich entsprechend Berücksichtigung finden. Insoweit werbe ich dafür, dass wir den Gesetzentwurf heute gemeinsam annehmen. - Herzlichen Dank.
Danke sehr, Kollege Erben. - Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschuss für Inneres und Sport in der Drs. 6/4084 ab. Ich möchte die selbständigen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit zur Abstimmung stellen. - Ich sehe keinen Widerspruch.
Wer stimmt den selbständigen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit sind die selbständigen Bestimmungen so beschlossen worden.
Wir stimmen ab über die Artikelüberschriften. Wer stimmt diesen zu? - Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Die Artikelüberschriften sind damit beschlossen worden.
Wer stimmt der Gesetzesüberschrift zu, die lautet: „Gesetz zur Änderung archivrechtlicher Vorschriften“? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE enthält sich der Stimme; die anderen Fraktionen stimmen zu. Die Gesetzesüberschrift ist damit beschlossen worden.
Wir stimmen jetzt über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer stimmt dem zu? - Die Koalitionsfraktionen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist das Gesetz beschlossen worden. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 18.
Zulassung einer Ausnahme gemäß Artikel 67 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 des Ministergesetzes Sachsen-Anhalt
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt ist eine 100-prozentige Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt, die satzungsgemäße Aufgabe liegt in der Verfolgung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages. Das Land Sachsen-Anhalt ist alleiniger Gesellschafter der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt. Die Gesellschafterrechte werden vom Ministerium der Finanzen wahrgenommen. Diesem obliegt somit die Aufgabe zur Besetzung des fakultativen Aufsichtsrates. Ein Vorschlagsrecht eines Ressorts besteht nicht. Ich denke, diese Strukturen sind in den Fraktionen bekannt, da auch der Landtag bei Lotto-Toto eingebunden ist.
Gemäß Satzung endet die Amtsperiode eines Aufsichtsrates mit der derzeit anstehenden Beschlussfassung des Gesellschafters zum Jahresabschluss 2014 und der damit einhergehenden Entlastung des derzeitigen Aufsichtsrates.
Es ist vorgesehen, den bisherigen Aufsichtsrat mit Ausnahme des aus Altersgründen ausscheidenden Professors Dr. Rüdiger Pohl wieder zu berufen. Dies betrifft die Vorstandsvorsitzenden der NordLB Herrn Dr. Hinrich Holm und der Sparkasse Herrn Horst Eckert sowie Herrn Minister Thomas Webel und die Staatssekretäre des Ministeriums für Inneres und Sport Herrn Professor Dr. Ulf Gundlach und des Ministeriums der Finanzen Herrn Michael Richter. Als Nachbesetzung für Herrn Professor Dr. Pohl wird Ministerin Frau Professor Dr. Kolb vorgeschlagen. Die Zustimmung der für Frauenpolitik zuständigen obersten Landesbehörde liegt vor.
Die gemäß der Entsendungsrichtlinie für die Berufung von Ministerinnen und Ministern sowie Staatssekretären notwendige Kabinettszustimmung erfolgte am 26. Mai 2015. Für die Entsendung von Kabinettsmitgliedern in Organe von Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, bedarf es gemäß der Verfassung und dem Ministergesetz des Landes Sachsen-Anhalt der Zustimmung des Landtages. - Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Herr Minister. - Es ist vereinbart worden, keine Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt zu führen. Die Fraktion DIE LINKE hat Redebedarf angemeldet. Gibt es darüber hinaus Redebedarf?
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Jahren schon des Öfteren über dieses Verfahren geredet. Begonnen, darüber zu reden, haben wir im Jahr 2006. Vorher - das muss man ehrlicherweise sagen - sind Minister reihenweise in Aufsichtsräte berufen worden, ohne dass das im Landtag irgendeine Rolle gespielt hat. Zur historischen Wahrheit muss man sagen, dass es einen Abgeordneten der Linksfraktion gegeben hat, nämlich den Kollegen Uwe Heft, der etwas Erstaunliches getan hat: Er hat in die Verfassung geschaut. Und siehe da, dort steht Folgendes:
„Die Mitglieder der Landesregierung dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe, keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören. Der Landtag kann Ausnahmen zulassen, insbesondere für die Entsendung in Organe von Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist.“
Diese Formulierung ist relativ eindeutig. Trotzdem hat es damals eines juristischen Gutachtens und mehrere Monate dauernder Debatten innerhalb des Kabinetts zu der Frage bedurft, ob man das so ernst nehmen sollte. Das Ergebnis dieses Entscheidungsprozesses war, dass man es dann ernst genommen hat. Und seitdem haben wir diese Anträge im Landtag.
Diejenigen unter Ihnen, die das Abstimmungsverhalten unserer Fraktion aufmerksam verfolgen, werden festgestellt haben, dass wir in den letzten Jahren im Normalfall ein solches Ansinnen abgelehnt haben. Das möchte ich heute kurz begründen. Gestern gab es übrigens einen hervorragenden Anlass dafür, das heute hier zu begründen.
Die Situation ist die, dass die Verfassung eine Regel festschreibt. Diese Regel besagt: schickt Minister dort nicht hinein; ihr könnt Ausnahmen zulassen. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Jawohl, es kann Ausnahmen geben, in denen eine landeseigene Gesellschaft oder eine Gesellschaft, an der sich das Land beteiligt, so extrem wichtig ist, dass ein Minister ein solches Aufsichtsratsamt wahrnehmen muss, weil die damit verbundene politische Verantwortung so extrem hoch ist, dass er sie nicht an einen Fachmann aus seinem Ministerium delegieren kann.
Im Normalfall kann eine solche Ausnahme doch nur dann von uns gebilligt werden, wenn die Anwesenheit eines Ministers in dem entsprechenden Aufsichtsrat wegen der überragenden politischen Bedeutung dieser Aufsichtsratsfunktion zwingend notwendig ist. Dazu sage ich ganz klar: Das ist bei der Lottogesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt eindeutig nicht so.
Nun komme ich zum gestrigen Tag. Es gab eine öffentliche Zeugenaussage des Kollegen Ministerpräsidenten im Untersuchungsausschuss. Wenn es noch einmal eine inhaltliche Begründung gebraucht hätte, um einen solchen Antrag heute abzulehnen, dann hätte man sie gestern hören können, und zwar vom Ministerpräsidenten. Denn jedwede Nachfrage, ob er sich daran erinnern könne, was er in diesem Aufsichtsrat als Vorsitzender fünf Jahre lang getan habe, bzw. die Unterstellung, er könne in dieser Funktion Aufsicht ausüben und wann er dies denn getan hätte, führte zunächst zur förmlichen Empörung des Ministerpräsidenten und dann von Herrn Leimbach.