Protocol of the Session on April 24, 2015

Ich sage dies auch in aller Deutlichkeit, weil wir mit einem solchen Schritt deutschlandweit auch das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen. Denn die Energiewende in Deutschland ist ein weltweit beachtetes Projekt, und wenn wir Vorbild

in Sachen Klimaschutz sein wollen - und das wollen wir ja sein -, dann kann keine Energiewende sinnvoll sein, die über den Verlust tausender Arbeitsplätze teuer erkauft wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kein Land auf der Welt würde das nachahmenswert finden. Damit konterkarieren wir letztlich auch die hochgesteckten Ziele unserer nachhaltigen Energiepolitik.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Eine Energiewende ohne preisgünstige grundlastfähige und heimische Energieträger ist mittelfristig noch nicht möglich. Wir haben bis heute keine einzige wirklich großtechnisch mögliche Speichermöglichkeit. Die Speicherforschung steht noch am Anfang. Es gibt viele denkbare Modelle: Power to Gas, Druckluftspeicher, Pumpspeicherkraftwerke, intelligente Netze, E-Mobilität; alle diese Stichworte seien kurz genannt. Aber eine Industrienation, die eine Energiepolitik alleine auf Treu und Glauben ausrichtet, ist letztlich zum Scheitern verurteilt,

(Zustimmung bei der CDU)

genauso wie eine Industrienation, die ihre Energiepolitik abhängig macht von der Versorgung durch unsichere Zweit- und Drittstaaten. Ich sehe in dieser Versorgungsautarkie eines der wesentlichen Elemente der Energiewende. Da ist die heimische Braunkohle ein wichtiger Rohstoff zur Energiegewinnung. Sie ist eine Brückentechnologie für regenerative Energien.

Ich bin ein wenig stolz darauf, dass die CDU-Landtagsfraktion dies im großen Einvernehmen mit den CDU-Landtagsfraktionen von Sachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen in einem Positionspapier aus dem Jahr 2011 bereits so formuliert hat.

Meine Fraktion hat gemeinsam mit dem Koalitionspartner heute einen Antrag eingebracht, darauf lege ich schon noch einmal Wert. Die SPD hat die Aktuelle Debatte beantragt, wir wollen aber mit diesem Antrag heute auch eine Beschlusslage herbeiführen, von der das klare Signal ausgeht: Der Landtag von Sachsen-Anhalt lehnt diese kohlefeindliche Politik ab und erklärt unmissverständlich, dass es diese zusätzliche Klimaschutzabgabe nicht geben soll. Deswegen soll dieser Beschluss gefasst werden. Wir werden nicht nur der Mibrag, sondern darüber hinaus dieser Branche insgesamt zeigen und verdeutlichen, dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine steht.

Die neuen Bundesländer haben ihren Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Auch dazu hat Herr Möllring uns - wie es ansonsten nicht seine Art ist - mit Zahlen torpediert, auch mit ganz interessanten Bezügen zum Fußballspiel. Aber es wird, glaube ich, auch sinnfällig, wie verrückt, wie willkürlich dieser Ansatz ist, hierbei einfach das Jahr 2000 als Grundlage zu nehmen.

Ich will kurz zumindest erwähnen: Sachsen-Anhalt ist Spitzenreiter bei der CO2-Reduktion. Die Belastung von knapp 37 000 t im Jahr 1990 liegt inzwischen bei nur noch ca. 10 000 t. Mit einer Reduktion von 22 % liegen wir aktuell weit über den Reduktionszielen für die gesamte Bundesrepublik; dort sind 18 % bis zum Jahr 2020 zu erbringen. Gleichzeitig ist Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von über 40 % einer der zentralen und führenden Standorte für regenerative Energien in Deutschland.

Um es kurz zusammenzufassen: Sachsen-Anhalt und die neuen Bundesländer haben ihren Anteil am Klimaschutz mehr als erbracht. Eine weitere Benachteiligung zulasten unseres Landes können, dürfen und werden wir nicht hinnehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wir erwarten - das ist gut so, dass wir das gemeinsam mit der SPD tun - vom Bundeswirtschaftsminister Herrn Gabriel, dass er die Klimaschutzleistung der neuen Bundesländer in den zurückliegenden 25 Jahren anerkennt. Eine Berechnungsgrundlage ab 2000 ist vor diesem Hintergrund geradezu abenteuerlich. Einen nochmaligen und erzwungenen Strukturwandel wird die CDU den Menschen nicht auf diese Weise zumuten.

Die Mibrag ist ein hervorragend aufgestelltes Unternehmen, zahlt gute Löhne, bildet aus. Das gesellschaftliche Leben im Süden Sachsen-Anhalts wäre ohne das große finanzielle Engagement dieses Unternehmens kaum denkbar. Das Unternehmen ist in der Region seit Jahren verwurzelt. Die Menschen haben mit und von der Braunkohle gelebt. Nicht zuletzt haben wir den wirtschaftlichen Erfolg der Region auch der Mibrag zu verdanken.

Ich begrüße sehr und ausdrücklich den Schulterschluss, den es auch zwischen der Gewerkschaft und der Geschäftsführung gibt. Ich begrüße die vielfältigen Aktivitäten der unterschiedlichsten

Akteure - die Erklärung der Handwerkskammer in Halle sei genannt -, und ich versichere Ihnen, dass wir, Politik und Wirtschaft gemeinsam, diesen Wahnsinn, der ausschließlich zulasten der Industrie ginge, nicht mittragen werden.

Insofern ist es nicht nur die Sorge um die Braunkohle, sondern es ist auch die Sorge um die Rahmenbedingungen, die uns umtreibt. Denn es leuchtet überhaupt nicht ein, warum wir bei EEG-Anlagen Netzentgelte über 20 Jahre garantieren, aber für den Bau eines neuen emissionsarmen Kohlekraftwerks nicht einmal über die nächsten fünf Jahre sicher planen lassen können.

Daher haben wir das Thema Planungssicherheit in unserem Antrag ausdrücklich formuliert. Diese Forderung geht in Richtung Berlin und Brüssel. Die Ankündigung der Mibrag, auf einen Neubau des Kohlekraftwerks zu verzichten - heute auch nach

zulesen, immerhin ein Investment von 1,5 Milliarden € -, macht diese Notwendigkeit erneut deutlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben als Fraktion natürlich die Schwerpunkte unserer Energiepolitik definiert. Ich verkürze und nenne die zehn Schlagworte, die zehn zentralen Botschaften unserer energiepolitischen Positionen noch einmal in gebotener Kürze:

Erstens die langfristige Einbindung der Braunkohle in den deutschen Energiemix.

Zweitens die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland durch eine unabhängige, stabile und wettbewerbsfähige Energieerzeugung.

Drittens die bundesweite Sanierung und der weitere Ausbau der Stromnetze.

Viertens Planungssicherheit für die Investoren und Stromunternehmen, Festschreibung und Sicherstellung langfristiger gesetzlicher Regelungen auf nationaler wie auf EU-Ebene.

Fünftens. Die Kosten für den Emissionshandel bei der Kohleverstromung bundesweit einpreisen. Regionen mit Kraftwerksstandorten dürfen nicht benachteiligt werden.

Sechstens. Forschung und Entwicklung zur Verringerung der CO2-Emissionen weiter vorantreiben. Verfahren zur CO2-armen Stromerzeugung, Steigerung der Wirkungsgrade von Anlagen, technologische, logistische Aufgabenstellungen sind hier genannt.

Siebentens die Einbindung der Braunkohle als Rohstoff in Innovationsketten, Fortführung von Forschungsprogrammen des Bundes und der EU in diesem Bereich.

Achtens. Braunkohle als wichtigen Ausbildungs- und Beschäftigungsmotor sichern.

Neuntens die Beschleunigung von nationalen Genehmigungsverfahren beim Netzausbau, der Rohstofferschließung und bei neuen Kraftwerksbauten.

Zehntens. Vorfahrt für die heimische Energie, billigem Importstrom durch wettbewerbsfähige Preise entgegentreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir als Koalitionsfraktionen, aber auch die Landesregierung stehen zur Braunkohle im Land und wir wollen sie politisch unterstützen.

Den Änderungsantrag der GRÜNEN werden wir ablehnen. Gestern wurde die CO2-Belastung gegen die Kraftwerke in das Feld geführt, heute kommt noch ein wenig Quecksilber hinzu. Man darf gespannt sein, was man hier in den nächsten Monaten noch alles finden möchte. Insbesondere den Punkt 3 Ihres Antrages will ich einmal erwähnen, weil es immer einen politischen Kultur

kampf gegen TTIP gibt. Wie bunt die GRÜNEN da manchmal argumentieren, zeigt dieser Punkt 3.

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Sachorien- tiert!)

Denn sie kritisieren TTIP und fordern hier gleichzeitig die schrittweise Einführung von US-amerikanischen Grenzwerten. Ziemlich unglaubwürdig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Sachorien- tiert, Herr Schröder! Für die Sache!)

Ich hoffe, dass wir mit unserer Aktuellen Debatte und mit unserem Antrag ein deutliches Zeichen nicht nur nach Berlin senden. Ich bitte Sie ausdrücklich um Unterstützung und wünsche Ihnen aus gegebenem Anlass heute ein herzliches Glückauf. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Kollege Schröder. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Frederking.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wird der Kohleausstieg nicht eingeleitet, wird es nichts mit der Energiewende. Absichten wie die, die Energiewende verlässlich und gerecht weiter zu gestalten, verkommen dann zur Makulatur. Ohne Kohleausstieg bleibt der Klimaschutz auf der Strecke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb ist es völlig klar, dass alte, emissionsintensive Kohlekraftwerke schrittweise vom Netz genommen werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nur so können die nationalen und europäischen Klimaschutzziele erreicht werden. Herr Schröder, wir haben in Sachsen-Anhalt immer noch im bundesweiten Vergleich einen überdurchschnittlich hohen Pro-Kopf-Ausstoß an CO2. Da reicht es nicht, dass wir in den vergangenen Jahren einen hohen relativen Anteil an der Senkung der CO2-Emissionen hatten.

(Herr Schröder, CDU: Das ist nicht aner- kannt!)

- Das wird anerkannt, auch wir erkennen das an, wir sagen aber, es reicht nicht und wir müssen weitermachen.

Nun hat sich Bundeswirtschaftsminister Gabriel, trotz SPD-Parteibuch, endlich getraut und mit seinem Vorschlag zur Klimaabgabe das Endspiel um den Klimakiller Kohle angepfiffen. Die Spielregeln

werden nicht geändert, Frau Budde. Ein neues Spiel hat begonnen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Und erstmalig liegt von einem Regierungsmitglied ein Vorschlag auf dem Tisch, wie der Einstieg in den Ausstieg aus der Kohlenutzung planungssicher, allmählich und sozialverträglich vollzogen werden kann. Genau das ist die Zielstellung, die wir GRÜNEN für richtig halten. Statt sich für den Erhalt der Braunkohleregion Mitteldeutschland einzusetzen, muss sich die Landesregierung konstruktiv in die Diskussion um wirksame Instrumente zur Senkung der Kohlendioxidemissionen im fossilen Kraftwerkspark einbringen.

Dass die Braunkohlekraftwerke zuerst dran sind, macht Sinn; denn sie emittieren am meisten CO2 pro erzeugte Kilowattstunde. Das heißt, die schlimmsten Stinker müssen zeitnah vom Netz.