Protocol of the Session on April 24, 2015

Dieses Papier ist als ein Diskussionspapier eingeführt worden. Inzwischen gibt es dazu Gesprächsrunden und wohl auch neue Vorschläge. Ende April sollen sich die Wirtschaftsminister wohl noch einmal mit diesem Thema beschäftigen.

Wir halten eine kategorische Ablehnung, wie Sie sie in Ihrem Antrag formuliert haben, für nicht zeitgemäß und erwarten, dass sich die Landesregierung an den Gesprächen hierzu beteiligt; denn trotz des ständig steigenden Anteils regenerativen Stroms boomt der Braunkohlestrom.

Die Kraftwerke laufen mit einer hohen Betriebsstundenzahl. Die Stromexporte wachsen. Diese Entwicklung ist nur deshalb möglich, weil der Handel mit den Emissionszertifikaten nicht wie geplant funktioniert und die CO2-Preise weit unter den erwarteten Werten liegen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Deshalb wären Aktivitäten der Landesregierung und der Bundesregierung sehr wichtig, bei der EU für einen funktionierenden Emissionshandel oder ein CO2-Mindestpreis einzutreten, so wie Sie es in Ihrem Antrag formuliert haben.

Vor dem gerade beschriebenen Szenario des Braunkohlebooms scheint es uns schon bedenkenswert, über diesen nationalen Weg nachzudenken. Die Braunkohle ist in ihren Planungen vor einiger Zeit auch von höheren CO2-Preisen ausgegangen. Eine moderate Belastung wird sicher zu verringerten Aktivitäten führen. Eine langsame und stetige Abnahme der Rolle der Braunkohle war immer die Zielstellung der Energiewende. Dies könnte der Einstieg sein.

Wir wollen keinen sofortigen Abbruch. Dies haben wir immer formuliert, aber ein Einstieg muss irgendwann möglich werden.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich die Struktur dieser Kraftwerke ansehen, die dafür infrage kommen - sie sollen immer älter als 20 Jahre sein -, dann werden Sie feststellen, dass es überwiegend Kraftwerke sind, die sich gar nicht im Ostteil der Bundesrepublik be

finden, sondern im rheinischen Gebiet; denn diese sind zum Teil weitaus älter.

(Frau Budde, SPD: Die kommen auch alle an die 20 Jahre!)

- Nicht alle.

(Frau Budde, SPD: Aber in zwei, drei Jah- ren!)

- Richtig. Aber sie sind momentan noch nicht betroffen.

(Zuruf von Herrn Rosmeisl, CDU - Unruhe)

In die Diskussion sollte man auch die Frage nach der EU-Konformität dieser Emissionspreiserhöhung einbeziehen. Diese Frage haben Sie richtig gestellt. In Großbritannien ist ein fester Preis für alle Emittenten eingeführt worden. Dies lässt mich vermuten, dass spezifische Lösungen doch von der EU geduldet werden. Es ist aber richtig, dass diese Frage mit der EU noch einmal geklärt werden kann.

Natürlich kann man noch andere Vorschläge in die Diskussion um die Senkung der CO2-Emissionen einbringen. Wichtig wäre zum Beispiel eine Stabilisierung und intensivere Unterstützung der KWKKraftwerke, und zwar wesentlich mehr, als es jetzt geplant ist; denn es ist noch immer ein Rückgang des Betriebs dieser Kraftwerke zu verzeichnen.

Dies ist eine ganz schlimme Situation; denn gerade damit würden wir auch den Stadtwerken, also unseren regionalen Versorgern, helfen. An dieser Stelle sollte das Bundesministerium weit mehr tun, aber das muss man eben in Gesprächen klären. Deswegen kann man nicht sagen, dass man über irgendetwas nicht diskutieren will.

Man könnte sich auch an den Szenarien einer nachhaltigen Kraftwerksentwicklung aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2014 orientieren. Diese Studie hat die Möglichkeit der Stilllegung der ältesten, emissionsstärksten Kraftwerke untersucht. Diese befinden sich - ich sagte es bereits - überwiegend in Nordrhein-Westfalen. Hierbei wurde geprüft, ausschließlich Kraftwerke in NRW stillzulegen. Sie wissen selbst, dass dies politisch nicht durchsetzbar sein wird.

Sicherlich lassen sich auch in anderen Bausteinen der Energiewende zusätzliche Reserven für CO2-Emissionssenkungen finden, beispielhaft sind die Wärmeversorgung und die Mobilität zu nennen. Allerdings sind das Prozesse, die wir schon lange ein bisschen vor uns herschieben und bei denen wir einfach nicht so richtig aus der Knete kommen.

Leider ist die Energiewende zu sehr auf den Strom fixiert und lässt bisher auch zu wenig Stetigkeit und Konzept erkennen. Manchmal hat man

den Eindruck, dass es in dieser Bundesrepublik Deutschland 16 verschiedene Energiewenden gibt. Hinzu kommt die Europäische Energieunion. Dies alles unter einen Hut zu bringen, ist schon eine ziemliche Aufgabe. An dieser Stelle würde ich mir eine stringentere Haltung, auch in der Bundesregierung, wünschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Einige Beispiele für diese fehlende Stetigkeit: die schnellen Änderungen im EEG - auch die erneuerbaren Energien waren immer wieder von schnellen und plötzlichen Änderungen betroffen -, die abgebrochene Förderung in Bezug auf die Mobilität, wie die Förderung von Erdgaskraftwagen oder auch des Biodiesels. Dies alles sind Dinge, die man begonnen hat und bei denen es durchaus erfolgversprechende Ansätze gab, die dann aber nicht weitergeführt worden sind.

Diese Unstetigkeit erzeugt Unsicherheit und Unwillen zur Beteiligung an Veränderungen und lässt vor allem die Akzeptanz für diesen Prozess schwinden. Akzeptanz gewinnt die Energiewende, wo ihr Nutzen für eine Region spürbar wird, wo Kommunen Mitspracherechte bekommen, beispielsweise in der Anlagen- und Netzplanung, und wo kommunale Unternehmen, wie die Stadtwerke, eine Zukunft haben.

Für DIE LINKE bleibt: Die Energiewende ist weit mehr als die Stromversorgung aus neuen Quellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie greift in Industriestrukturen ein und sorgt für Ressourcenschutz; denn auch nachfolgende Generationen brauchen Rohstoffe wie die Kohle zum Leben. Dies ist verbunden mit dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Wir müssen uns dem Prozess stellen und ihn sozial begleiten. Eine Politik der Verdrängung und des Vor-sich-Herschiebens hilft niemandem.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Hunger, es gibt eine Nachfrage vom Kollegen Herrn Erben. - Bitte sehr, Kollege Erben.

Frau Kollegin Hunger, ich habe Ihnen sehr genau zugehört und habe bemerkt, dass Sie das Papier, das bisher vorliegt, sehr genau gelesen haben, wobei ich es nicht als Papier, sondern als Powerpoint-Präsentation bezeichnen würde.

Wenn man sich diese Präsentation und die darin dargestellten Kurven ansieht, dann wird ziemlich schnell deutlich, dass es darin um die Abschaltung älterer Braunkohlekraftwerke geht. Diese sollen nicht etwa zugunsten neuerer Braunkohlekraftwer

ke abgeschaltet werden, sondern zugunsten von Steinkohle und Erdgas als Brennstoff. Dies wird anhand der darin enthaltenen Grafiken sehr deutlich sichtbar.

Erdgas und Steinkohle sind reine Importbrennstoffe; denn die Steinkohleförderung ist in Deutschland nicht mehr großartig relevant. Wie würden Sie eine solche Energieversorgung auch in Anbetracht der aktuellen geopolitischen Situation einordnen?

Ich denke, dass es die Erdgaskraftwerke sind, die uns über die Wende begleiten sollten. Ich habe nicht die Befürchtung, dass man diese Kraftwerke in der Übergangsphase nicht betreiben kann, auch in dieser geopolitischen Situation. Wie sich diese geopolitische Situation gestaltet, haben wir an manchen Stellen in der Hand. Wir können sie mit Blick auf den Umgang mit unseren Nachbarn und Partnern beeinflussen.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Geisthardt, CDU)

Danke sehr, Frau Kollegin Hunger. - Für die CDU spricht der Herr Fraktionsvorsitzende Schröder.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, der jetzige Verlauf der Debatte zeigt, dass unser Erfolg als Industrie- und Exportnation ganz maßgeblich von einer stabilen Stromversorgung abhängt. Dies scheint eine Binsenweisheit zu sein, ist aber politisch hochumstritten, wenn es wie so oft im Leben um Details geht.

Wenn Sie so wollen, dann ist die stabile Stromversorgung ein Standortvorteil im globalen Wettbewerb, der auch angesichts der zunehmenden Technisierung der Produktionsprozesse immer wichtiger wird. Über die Technisierung werden unsere Unternehmen nicht nur global wettbewerbsfähiger, sondern sie werden auch immer anfälliger gegenüber Stromschwankungen oder gar zerstörerischen Stromausfällen.

Wenn Deutschland auch weiterhin eine der führenden Wirtschaftsnationen bleiben will, dann muss die Sicherstellung der Energieversorgung höchste Priorität haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine erfolgreiche Energiewende ohne unsere heimische Braunkohle ist angesichts des aktuellen technischen Entwicklungsstandes eine Illusion. Dies ist unsere feste Überzeugung als CDU-Landtagsfraktion.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen einen gesunden Energiemix unter Einbeziehung der regenerativen Energien. Ich bin der Landesregierung außerordentlich dankbar dafür, dass sie sich im Landesenergiekonzept unmissverständlich für die gleichberechtigte Nutzung unterschiedlicher Energiearten ausgesprochen hat. Ich danke unserem Ministerpräsidenten, dass er sich klar für die Nutzung der Braunkohle als Rohstoff und Energieträger ausgesprochen hat.

Die heutige Debatte hat einen fragwürdigen Anlass. Darauf ist von den Vorrednern bereits hingewiesen worden. Ich möchte auch nicht lange darum herumreden. Vorhin ist das Versachlichungsargument genannt worden. Man könnte doch emotionsfrei über Zielkonflikte reden.

Ich muss schon sagen, was da vorgeschlagen wird, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Frontalangriff auf die deutsche und auf die sachsen-anhaltische Braunkohleindustrie. Dann, möchte ich sagen,

(Beifall bei der CDU)

ist es nicht nur verständlich, dass Katrin Budde hier emotional vorträgt, dann ist auch die CDU energisch. Das zeigt, wenn es um dieses Thema geht, wenn es um ein wesentliches, existenzielles Thema für dieses Land geht, wenn es um die Energieversorgung, wenn es um die Kohle geht, dann ist auch ein altes Bündnis hier in der Mitte des Hohen Hauses heißblütig und energisch. Das ist vielleicht auch eine gute Botschaft heute.

(Beifall bei der CDU - Frau Lüddemann, GRÜNE: Das dient dazu, die Koalition wie- der zusammenzuschweißen! - Lachen bei der SPD)

Wirtschaftsminister Gabriel hat im März 2015 seine Idee zur zusätzlichen Klimaschutzabgabe für Kraftwerke, die über 20 Jahre alt sind, vorgestellt. Diese soll eine Unwirtschaftlichkeit der Anlagen mit dem Ziel einer Schließung erwirken. Damit ist auch die Absatzgrundlage für ein Unternehmen wie die Mibrag gefährdet, ganz abgesehen von der Wärmeversorgung für über 10 000 Haushalte in der Region. Übrigens wäre auch der Fortbestand der modernen Kraftwerke Schkopau und Lippendorf mittelfristig in Gefahr.

Ein Wirtschaftsminister, der eine ganze Branche mit deutschlandweit über 30 000 Arbeitsplätzen in Frage stellt, muss seine eigentliche Aufgabe überdenken. Ich bin außerordentlich dankbar, dass es hier in diesem Hohen Hause ein breites Bündnis dafür gibt, diesem Anliegen eine klare Absage zu erteilen.

Ich sage dies auch in aller Deutlichkeit, weil wir mit einem solchen Schritt deutschlandweit auch das Gegenteil von dem erreichen, was wir wollen. Denn die Energiewende in Deutschland ist ein weltweit beachtetes Projekt, und wenn wir Vorbild