Protocol of the Session on April 23, 2015

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lange. - Für die CDUFraktion spricht jetzt die Kollegin Frau Koch-Kupfer. Bitte.

(Frau Koch-Kupfer, CDU, bringt einen Lap- top mit zum Rednerpult)

Die Technik - mein Drucker hat mich verlassen.

Ja, das geht so.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn über Lehrerbildung gesprochen wird, hört man ziemlich oft: Dauerbaustelle. Dann tauchen oft solche Assoziationen auf. Das hört sich negativer an, als es ist. Das zeigt auch die hier vorliegende Beschlussempfehlung.

Aber die Tatsache, dass Bildung eine Zukunftsaufgabe ist, dass sie der Schlüssel für gesellschaftlichen und privaten Erfolg ist, ist natürlich auch der Grund, weshalb wir so oft über Bildung sprechen. Deshalb darf es uns nicht verwundern, dass nicht erst seit Pisa und seit 1999, seit die KMK den Expertenbericht zur Zukunft und zu den Perspektiven der Lehrerbildung verabschiedet hat, ein noch stärkeres länderspezifisches Suchen nach dem Königsweg in der Lehrerbildung begonnen hat.

Auf den Lehrer kommt es an, sagte Hattie, nachdem er Millionen Daten ausgewertet hatte. Er kommt zu dem Schluss, dass das nicht nur die Lehrer, sondern auch uns, die Politik, unter einen gewissen Handlungsdruck setzt. Deswegen haben wir lange um diese Beschlussempfehlung gerungen. Und deswegen haben wir auch so viele Aspekte in unsere Beschlussempfehlung eingebracht.

Der Bund hat großes Interesse daran, wie die Lehrerausbildung qualitativ erfolgt. Deswegen können sich die Universitäten an der Qualitätsoffensive Lehrerbildung mit guten Projekten beteiligen. Sie bekommen dann eine Förderung. Auch dafür sollten wir uns stark machen.

Wir haben lange gerungen und überlegt, angehört und abgewogen. Das wurde hier schon gesagt. Wir legen heute eine Beschlussempfehlung vor, die die wichtigsten Aspekte für eine gute Lehrerausbildung berücksichtigt: Lerninhalte, die Querschnittsthemen werden, wie unter anderem das Thema Inklusion und vor allem der wichtige Umgang mit Heterogenität und das Wissen darum, wie man Schülerleistungen diagnostiziert und passgenaue Aufgaben formuliert.

Die Ausbildung künftiger Lehrerinnen und Lehrer muss dazu befähigen, die Unterrichtsziele der Schulen in Sachsen-Anhalt umzusetzen, Schülerinnen und Schüler in all ihrer Vielfalt und Heterogenität zu fördern sowie zu selbständigem und sachbezogenem Denken zu befähigen.

In den letzten Jahren haben wir durch die Umsetzung zahlreicher Schulreformen beispielsweise mit dem gemeinsamen Unterricht und durch die Inklusion die Anforderungen an unsere Kollegen erhöht. Dem muss die Ausbildung Rechnung tragen.

Die Ausbildung muss dazu beitragen, dass die Attraktivität des Lehrerberufs erhöht wird. Wir haben eben schon viele Aspekte gehört. Ich glaube, es ist für die Zukunft außerordentlich wichtig, dass die Lehrerausbildung in Sachsen-Anhalt ein attraktives Angebot ist und dass junge Leute gern Lehrer werden.

Ich persönlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, befürworte ausdrücklich solche Eignungstests; denn aus der Erfahrung heraus muss ich Ihnen sagen, dass wir sehr häufig den Fall gehabt haben, dass viele Interessenten, die noch kein wirkliches Berufsbild und keine eigenen Vorstellungen davon hatten, froh waren, als man ihnen mitgeteilt hat, dass sie gute Eignungsvoraussetzungen haben.

Wir müssen uns hier nichts vormachen: Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale sind für den Lehrer außerordentlich wichtig; denn auf den Lehrer kommt es an. Er braucht natürlich auch das nötige Rüstzeug, das nötige Handwerkszeug. Mit der Stärkung der Fachdidaktiken haben wir das Ziel verfolgt, das nötige Handwerkszeug an unseren Universitäten zu vermitteln.

Mir persönlich war es ganz besonders wichtig, dass wir an die Verzahnung der verschiedenen Phasen denken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke dabei nicht nur an die erste und die zweite Phase, sondern auch an eine dritte Phase der Lehrerausbildung, an die Berufseinstiegsphase.

Ich bin sehr froh darüber, dass ich dazu beitragen konnte, dass wir diese Phase in Sachsen-Anhalt verankern konnten. Es gibt nämlich ein Programm für Berufseinsteiger, das sogenannte BEP, an dem junge Kolleginnen und Kollegen teilnehmen. Wir haben eine Offensive gestartet und uns an die Spitze der Entwicklung in den Ländern gestellt. Wir begleiten junge Kollegen in den Schuldienst.

Außerdem dürfen wir auch nicht die Lehrerfortbildung vergessen. Das ist die vierte Phase der Lehrerausbildung. Es geht natürlich immer darum, dass die verschiedenen Phasen miteinander verzahnt werden, miteinander arbeiten und einander reflektieren, damit man von den Reflexionen lernen kann.

Ich denke, wir haben mit der Beschlussempfehlung eine gute Grundlage geschaffen. Wir können sagen, dass wir die Lehrerausbildung gut ausgerichtet haben.

Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die gute Mitarbeit im Ausschuss und bitte um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Koch-Kupfer. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Professor Dalbert. Bitte, Frau Professor.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich freue mich darüber, dass wir jetzt nach einem langen und ausgiebigen Prozess zu dem Punkt kommen, an dem wir über eine Beschlussempfehlung abstimmen können.

Meine Fraktion hat in vielen parlamentarischen Dokumenten ihre Vorstellungen zur Lehramtsausbildung dargelegt, angefangen mit einem Antrag im März 2012 zur Lehramtsausbildung, gefolgt von Beschlussempfehlungen im April 2014 zu unserem Antrag und im Juli 2014 zu dem jetzt vorliegenden Antrag, zu dem wir einen eigenen Entwurf für eine Beschlussempfehlung vorgelegt haben, bis hin zu einem Änderungsantrag zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zu den Zielvereinbarungen und einem mündlichen Änderungsantrag - wie in der Berichterstattung deutlich wurde - in der Ausschussberatung.

Wenn ich vor dem Hintergrund dieser Einbringungen meiner Fraktion und der Debatten, die wir geführt haben, die vorliegende Beschlussempfehlung bewerte, dann sage ich: Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Darin steht nur wenig Schlimmes, manch Richtiges und einiges, was man hätte besser machen können, was noch zu zaghaft ist,

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja!)

aber zumindest in die richtige Richtung geht. Daher können wir uns am Ende bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung der Stimme enthalten und müssen nicht dagegen stimmen.

Sehen wir uns die einzelnen Punkte einmal an: Bereits im März 2012 haben wir das Thema phasenübergreifendes Curriculum aufgerufen und gesagt, wir müssen diese Fragmentierung in die erste, zweite und dritte Phase - was darunter zu verstehen ist, hat die Kollegin Koch-Kupfer gerade noch einmal erläutert - überwinden und die Phasen besser miteinander verzahnen. Deshalb ist es gut, dass hier dieses phasenübergreifende Curriculum angesprochen worden ist.

In diesem Antrag aus dem Jahr 2012 haben wir bereits das Thema der Verstärkung der Fachdidaktik, die in der letzten Sparrunde des Landes abgebaut worden ist, und die Verstärkung der Bildungswissenschaften zum Thema gemacht. Ich freue mich, dass es Aufnahme in die Beschlussempfehlung gefunden hat.

Selbstverständlich ist auch das Thema Inklusion und die Vorbereitung auf den Umgang mit heterogenen Lerngruppen, also mit Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, ein zentrales Thema, ebenso die Medienpädagogik. Daher ist es gut, dass das in der Beschlussempfehlung enthalten ist.

Wichtig ist auch die Frage der Ausbildungskapazitäten, dass das flexibilisiert wird. Man fragt sich allerdings, warum. Die Zahlen liegen vor. Eigentlich hätte man die Ausbildungskapazitäten schon richtig berechnen können. Dann müsste man jetzt nicht flexibilisieren. Aber gut, das ist ein zaghafter Schritt in die richtige Richtung.

Das Referendariat sollte natürlich nicht verkürzt werden. Ich war etwas erstaunt. Mir war nicht bekannt, dass es Bestrebungen gibt, das Referendariat zu verkürzen. Wir schreiben das in den Beschluss. Das ist gut. Das ist nicht falsch. Ein Mentorenpool ist natürlich auch hilfreich.

Die Verlängerung des Studiums für die angehenden Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer ist auch richtig und entspricht den Anforderungen an das Studium. Nicht richtig ist es, zwischen den einzelnen Lehramtsausbildungen zu differenzieren. Lehrer sind an allen Schulen vor gleich schwierige Anforderungen gestellt und müssen ein umfängliches wissenschaftliches und bildungswissenschaftliches Studium ableisten. Von der Sachlogik her gibt es hierbei also keinen Differenzierungsbedarf. Insofern ist das ein zaghafter Schritt.

Auch zu zaghaft ist das gemeinsame Grundstudium zur Flexibilisierung der Lehramtsstudiengänge für die unterschiedlichen Schulformen. Wir haben eine sehr klare Position dazu. Wir sagen, wir brauchen ein Studium, das sich nach den

fachdidaktischen und entwicklungspsychologischen Anforderungen richtet, also ein Studium für Primarstufenlehrer für Kinder bis zehn oder elf Jahren - es kommt darauf an, wie man es strukturiert - und dann ein Studium für Lehrer für die Sekundarstufe I und II.

(Zustimmung von Frau Frederking, GRÜNE)

Das wäre sachlogisch geboten. Hierbei bleibt die Beschlussempfehlung hinter dem zurück, was notwendig wäre.

Richtig ist es auch, die Reha-Pädagogik neu zu strukturieren, wie es in der Beschlussempfehlung beschrieben wird. Ich sage aber, wir müssen uns die Zeit nehmen, um weiter zu denken.

Ich glaube, dass der Förderschullehrer oder die Förderschullehrerin nicht mehr das Berufsmodell ist, das wir für die inklusive Schule brauchen. Ich denke eher an Lehramtsausbildungen, in denen eine Förderschulrichtung als zweites Fach oder bei den Grundschullehrern als drittes Fach gewählt wird, um so die förderschulspezifische Kompetenz in der Regelschule in großer Breite hineinzubekommen. Ich denke aber, das ist ein neues Thema, das wir aufmachen und über das wir debattieren müssen.

Zwei Punkte in der Beschlussempfehlung sind nicht gut. Gott sei Dank steht in der Beschlussempfehlung nicht das, was Frau Koch-Kupfer hier als ihre Meinung zu erkennen gegeben hat; von Eignungstests ist in der Beschlussempfehlung - Gott sei Dank - nicht die Rede. Es ist aber von Praktika vor dem Studium die Rede. Das ist der falsche Weg. Wir wollen die Besten und wir wollen für die Besten attraktiv sein. Wenn wir Hürden vor das Studium bauen, dann werden wir die Besten nicht bekommen, weil sie dann in andere Studiengänge ausweichen; denn die Besten sind umworben und müssen auch wir umwerben. Das Ganze ist aber auch - das habe ich hier schon einmal dargelegt - Ausdruck der Illusion von Kontrolle.

(Zustimmung von Herrn Lange, DIE LINKE, und von Frau Zoschke, DIE LINKE)

Man meint, man könnte mit Tests oder Praktika vor dem Studium eine Vorhersage treffen, wer am Ende erfolgreich sein wird. Das ist falsch.

Wir sind in Sachsen-Anhalt gut aufgestellt. Wir haben das Orientierungspraktikum im ersten Semester. Damit sind wir vorbildlich. Das zielt genau darauf ab. Das wird im Studium begleitet. Die Berufswahl wird quasi noch einmal problematisiert und der Student oder die Studentin kann sozusagen noch einmal auf der anderen Seite des Katheders schauen, wie sich Schule anfühlt. Das ist eine gute Sache.

Auch falsch - damit komme ich zum Schluss - ist natürlich die Vorstellung, man könnte das Lehr

amtsstudium auf verschiedene Universitäten aufteilen. Man absolviert in Halle die Bildungswissenschaften und ein Schulfach und macht in Jena oder Leipzig als zweites Fach zum Beispiel Sport oder anderes. Das ist einfach Unsinn.

Das verführt mich jedoch nicht, die Beschlussempfehlung abzulehnen; denn ein solcher Unsinn wird schlicht nicht passieren. Daher können wir uns bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung der Stimme enthalten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dalbert. Frau KochKupfer würde Sie gern etwas fragen.

Bitte ans Mikrofon.

Sehr geehrte Kollegin Dalbert, es gibt auch an der Uni in Halle vor dem Studium bereits die Möglichkeit, einen solchen Test zu absolvieren. Ob er verpflichtend ist oder nicht und was daraus gemacht wird, liegt natürlich immer im Ermessen des Betrachters. Aber solche Tests gibt es durchaus, die leider wenig Niederschlag im weiteren Studienverlauf finden. Ich sage ganz offen und ehrlich, dass ich in einigen Bundesländern recherchiert habe. Dort gibt es solche Tests, die natürlich nicht darüber entscheiden, ob jemand tatsächlich alle Zugangsvoraussetzungen hat. Aber als Hilfestellung halte ich sie durchaus für sinnstiftend. Das wollte ich hier gern noch einmal sagen.