Protocol of the Session on March 27, 2015

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beantworte die Anfrage des Abgeordneten Herrn Erben wie folgt.

Die in den Haushaltsjahren 2015 und 2016 in Höhe von jeweils 13,5 Millionen € zur Verfügung stehenden Bundesmittel dienen vollständig der Entlastung der Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. Die Mittel sind zur Hälfte durch das Land zu refinanzieren. Ich weise darauf hin, dass die Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte für die Erfüllung der Aufgaben nach § 1 des Aufnahmegesetzes im Rahmen der Auftragskostenpauschale nach § 4 des Finanzausgleichsgesetzes erfolgt.

Zur Milderung der finanziellen Mehrbelastung bei der Aufnahme von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern erhalten die Aufnahmekommunen in diesem und im nächsten Jahr gemäß § 4a FAG zusätzliche Mittel in Höhe von jeweils 23 Millionen €. Bis zum 10. Februar 2015 wurde bereits eine erste Rate in Höhe von 11,5 Millionen € an die Aufnahmekommunen ausgezahlt.

Aufgrund der zum Jahresanfang weiter angestiegenen Zugangszahlen von Asylsuchenden habe ich entschieden, noch im ersten Quartal 2015 einen Teilbetrag der Bundesmittel in Höhe von 6,5 Millionen € zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Die Verteilung dieses Teilbetrags erfolgt nach der Aufnahmequote der Landkreise und kreisfreien Städte. Durch Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 19. März 2015 wurden die Aufnahmekommunen entsprechend informiert.

Damit stehen für die Aufnahmekommunen bereits im ersten Quartal 2015 über die Auftragskostenpauschale hinaus zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 18 Millionen € zur Verfügung, nämlich

11,5 Millionen € nach § 4a FAG und 6,5 Millionen € aus Bundesmitteln.

Die Auszahlung des im Jahr 2015 verbleibenden Betrags aus Bundesmitteln in Höhe von 7 Millionen € erfolgt unter Berücksichtigung der Entwicklung der Zugangszahlen und des Finanzbedarfs der Aufnahmekommunen. Eine Arbeitsgruppe nimmt gerade die Ermittlung des Finanzbedarfs vor.

Danke schön. Nachfragen sehe ich nicht.

Ich rufe Frage 4 auf. Es geht um das Erlassen von Nachzahlungszinsen. Fragesteller ist der Abgeordnete Herr Dr. Thiel.

In den Medien des Landes Sachsen-Anhalt wurde in den letzten Tagen darüber informiert, dass die Landesregierung keine Auskunft über das gewährte Erlassen von Nachzahlungszinsen auf Antrag von Unternehmen geben könne.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie oft ist es in den Jahren 2010 bis 2014 vor

gekommen, dass dem von Unternehmen beantragten Erlass von Nachzahlungszinsen durch die Finanzämter stattgegeben wurde, und wie oft sind die Nachzahlungszinsen auf Anweisung der Oberfinanzdirektion erlassen worden?

2. In welcher Höhe wurden pro Jahr insgesamt

Nachzahlungszinsen im gewerblichen und Selbständigenbereich erlassen?

Danke schön. - Die Antwort erteilt für die Landesregierung Frau Ministerin Professor Dr. Kolb.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Namen der Landesregierung und in Stellvertretung für den Finanzminister beantworte ich die Fragen des Abgeordneten Dr. Frank Thiel wie folgt.

Vorab möchte ich aber auf einen wichtigen Grundsatz hinweisen. Die Daten, die die Bürgerinnen und Bürger den Finanzämtern aufgrund weitreichender Mitwirkungspflichten darzulegen haben, sind ein besonders schützenswertes Gut. Die Steuergesetze knüpfen tatbestandlich vielfach an Verhältnissen an, die den Kernbereich der persönlichen Lebensführung ausmachen oder in der wirtschaftlichen Sphäre liegen. Sie verlangen vom Bürger, weitreichende Einblicke in diese Lebensbereiche zu geben.

Im Gegenzug soll das Steuergeheimnis gewährleisten, dass die Daten der Bürger vor unbefugter Einsichtnahme und Veröffentlichung geschützt sind. Aus diesem Grund wird es dem Ministerium der Finanzen weiterhin nicht möglich sein, zu den Einzelheiten eines Steuerfalls Stellung zu nehmen. Das ist keine Verschleierungstaktik oder Geheimniskrämerei, sondern die gesetzlich vorgeschriebene Wahrung des Steuergeheimnisses als besonderer Datenschutz bei Daten der Steuerbürger. Bitte stellen Sie sich vor, Sie würden die von Ihrem Finanzamt erklärten Daten zu Ihren familiären Verhältnissen und Ihrem Einkommen in den Medien veröffentlicht und kommentiert sehen.

Nun zu den Fragen. Zu Frage 1. Die Anzahl der Steuerfälle, in denen auf Antrag von Unternehmen Nachzahlungszinsen erlassen wurden, wird in den jährlichen Rückstandsstatistiken nicht gesondert ausgewiesen. Aus den Statistiken ergeben sich für die Jahre 2010 bis 2014 jedoch folgende Beträge in Steuern und steuerlichen Nebenleistungen, die von den Finanzämtern in Sachsen-Anhalt erlassen wurden.

Das sind für das Jahr 2010 43,1 Millionen €, für das Jahr 2011 41,5 Millionen €, für das Jahr 2012 31,9 Millionen €, für das Jahr 2013 29,1 Millionen € und für das Jahr 2014 31,2 Millionen €. In diesen Gesamtbeträgen sind auch Beträge enthalten, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ausgebucht werden mussten.

Aufgrund der Anfrage des Abgeordneten Dr. Thiel und anhaltender Nachfragen der Presse hat das Ministerium der Finanzen einen konkreten Auftrag zur Abfrage der Anzahl der Fälle, in denen von Finanzämtern in Sachsen-Anhalt im Zeitraum von 2010 bis 2014 Nachzahlungszinsen erlassen wurden, und der Höhe der erlassenen Beträge an den IT-Dienstleister des Landes Dataport erteilt. In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit konnte die Aufbereitung der Daten jedoch noch nicht abgeschlossen werden.

Unabhängig davon lässt sich die Frage, wie oft die vorgenannten Nachzahlungszinsen auf Anweisung der Oberfinanzdirektion erlassen wurden, mit einem vertretbaren Zeitaufwand nicht beantworten. Zum einen wurde die Mitwirkung der Oberfinanzdirektion bei Einzelfällen des Erlasses von Nachzahlungszinsen nicht gesondert aufgezeichnet.

Dem liegt zugrunde, dass die gesonderte Aufzeichnung der Mitwirkung bei den Fällen, in denen Nachzahlungszinsen von den Finanzämtern erlassen wurden, für die Erledigung der Aufgaben der Oberfinanzdirektion nicht erforderlich ist. Der Verzicht auf die Aufzeichnung entspricht auch den Vorgaben des Datenschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt, wonach die Verfahren zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezo

gener Daten an dem Ziel der Datensparsamkeit und Datenvermeidung auszurichten sind.

Zum anderen lässt sich die Beteiligung der Oberfinanzdirektion auch nicht durch eine automationsunterstützte Abfrage aus den elektronischen Daten zu einem Steuerfall abrufen. Eine Benennung der entsprechenden Fälle wäre nur mithilfe einer aufwendigen personellen Sichtung der infrage kommenden Akten der Oberfinanzdirektion und damit nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich.

Es müssten in einem ersten Schritt 4 616 einzelne Listen, also Dateien, eingesehen werden, um aus einem Gesamtaktenbestand von rund 300 laufenden Metern Akten die Akten extrahieren zu können, die einen steuerlichen Einzelfall betreffen. Anschließend wären die so ermittelten Akten - geschätzt werden rund 15 laufende Meter Akten - durch personelle Einsicht daraufhin zu überprüfen, ob sie einen Sachverhalt enthalten, auf den sich die Anfrage bezieht.

Zu Frage 2. Eine Aussage zur Höhe der im gewerblichen oder selbständigen Bereich erlassenen Nachzahlungszinsen ist nicht möglich. Die Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer werden nach der Steuernachforderung bemessen. Die Einkommensteuer wird in einem Betrag für alle vom Steuerpflichtigen erzielten Einkunftsarten festgesetzt. Dieser Betrag ist dann die Berechnungsgrundlage für die Nachzahlungszinsen. Eine gesonderte Festsetzung für Nachzahlungszinsen auf gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte erfolgt somit nicht.

Danke schön. Nachfragen sehe ich nicht.

Ich rufe die Frage 5 auf. Sie betrifft die Immobilienverwendung (ehemaliger) Polizeistationen und wird von der Kollegin Dr. Paschke gestellt.

Ich darf die zweite Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Freien Schule Naumburg begrüßen. Willkommen im Landtag!

(Beifall im ganzen Hause)

Unter der Überschrift „Hickhack bremst die Polizeireform“ haben die „Altmark-Zeitung“ am 19. März 2015 und wenige Tage später die „Sonntagsnachrichten“ vom 22. März 2015 unter der Überschrift „Was wird aus den Polizeistationen“ dargestellt, dass das Innenministerium nicht aus den Mietverträgen mit der Liegenschaftsverwaltung (BLSA) des Finanzministeriums herauskomme. Deshalb brenne in „totgesagten Polizeistationen“ immer noch das Licht.

Bürger, die zur Polizei wollen, würden nicht selten im Rathaus vorsprechen, weil sie die öffentlichkeitswirksame Übergabe der neuen Räumlichkeiten in der Presse verfolgt hätten. Sie müssten jedoch nach wie vor wieder an die Polizeistationen verwiesen werden.

In den Tangerstädten Tangermünde und Tangerhütte gebe es zum Beispiel schon Kaufinteressenten für die landeseigenen Immobilien, jedoch sperre sich die Liegenschaftsverwaltung des Finanzministeriums auch in solchen Fällen dagegen, das Innenministerium (die Polizei) vorzeitig aus den Mietverträgen zu entlassen. Während dies Informationen aus den Behörden „hinter vorgehaltener Hand“ wären, gebe das Finanzministerium trotz mehrmaliger Anfragen keine Auskunft.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt sich das von der Presse dargestellte

Problem aus der Sicht der Landesregierung dar?

2. Wie viele Polizeistationen sind aus ähnlichen

Gründen landesweit zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch Sitz der polizeilichen Ansprechpartner für die Bevölkerung?

Danke schön. - Für die Landesregierung beantwortet Herr Minister Stahlknecht die Frage.

Ausgesprochen gerne. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau

Dr. Paschke, ich möchte zunächst anmerken, dass gemäß dem Kabinettsbeschluss vom 6. Mai 2014 die Regionalbereichsbeamten als polizeiliche Ansprechpartner in den Einheits- und Verbandsgemeinden sowie in den kreisfreien Städten einzusetzen sind. Das ist vollumfänglich erfolgt und stellt sich als ein absolutes Erfolgsmodell dar.

Die Betreuungsbereiche der Regionalbereichsbeamten orientieren sich an den Gemeindestrukturen. Um die Präsenz in der Fläche zu ermöglichen, sollten die Regionalbereichsbeamten grundsätzlich Diensträumlichkeiten in ihren Zuständigkeitsbereichen nutzen und bedarfsorientierte Bürozeiten anbieten. Auch das ist erfolgt.

Die Unterbringung der Regionalbereichsbeamten konnte dabei in polizeilichen Liegenschaften, gegebenenfalls auch gemeinsam mit anderen polizeilichen Organisationseinheiten, oder im Wege der Kooperation mit den Gemeinden in Büroräumen der Kommunen erfolgen.

Insgesamt sah die Organisationsfortentwicklung, also unsere Strukturreform, vor, 305 Regionalbereichsbeamte an 122 Standorten unterzubrin

gen. Dabei wurden vorwiegend landeseigene Standorte weitergenutzt, externe Standorte gekündigt und teilweise Mietverträge mit den Oberbürgermeistern der Einheits- oder Verbandsgemeinden neu abgeschlossen.

Das erforderliche Zustimmungsverfahren zwischen den Häusern, also Finanzministerium und Innenministerium, erfolgt grundsätzlich sehr zügig. Lediglich zu den Standorten Barby, Tangerhütte, Tangermünde und Wolmirstedt wurde zunächst aus nachvollziehbaren Gründen keine Zustimmung erteilt. Zwischenzeitlich ist aber eine Lösung erzielt worden.

Für den Standort Barby wurde ein landeseigener Alternativstandort, das Grundbucharchiv, angeboten. Dieser Standort wurde durch die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord geprüft und als geeignet eingestuft. Der Einzug ist bereits erfolgt.

Für die Standorte Tangermünde, Tangerhütte und Wolmirstedt wurde auf die dort befindlichen landeseigenen Polizeiliegenschaften verwiesen. Am Standort Wolmirstedt verbleiben die Regionalbereichsbeamten nunmehr in der landeseigenen Außenstelle Wolmirstedt, die sich im Übrigen in der Nähe der Fußgängerzone und des Rathauses befindet und insofern eine gut Wahl ist. Die Abgabe der landeseigenen Liegenschaft war auch nicht geplant.

Für die Standorte Tangermünde und Tangerhütte wurde am 20. März 2015 die Zustimmung zum Abschluss der Mietverträge mit den Bürgermeistern durch das Ministerium der Finanzen erteilt. Die Kündigung der Verträge zu den Liegenschaften ist bereits im letzten Jahr erfolgt. Die Verwertung der Liegenschaften kann nunmehr durch das Ministerium der Finanzen erfolgen. Die Regionalbereichsbeamten sind nun dort untergebracht, wo sie hingehören, nämlich in den Rathäusern.