Zu drei Problemen in Ihrem Antrag nur noch so viel: Sie wollen über den Erlass- und Verordnungsweg einiges regeln, was letztlich in der Hoheit der Landkreise liegt. Deshalb erwarten wir von Ihnen auch eine Antwort darauf, wie Sie die Landkreise bei der Bewältigung der Mehraufgaben finanziell und personell unterstützen, um dem Konnexitätsprinzip Rechnung zu tragen.
Gespannt bin ich auch darauf, wie Sie Standards in der Tierhaltung, die erheblich über dem Stand der Technik liegen, definieren.
Ein letzter Punkt: Iden, das Zentrum für Tierhaltung und Technik, als einen Punkt Ihres ZehnPunkte-Programms zu verkaufen, ist schon kurios. Iden ist beschlossene Sache. Sorgen Sie dafür, dass die Landesregierung diesbezüglich ihre Hausaufgaben macht. - Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion wird einer Überweisung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In unserer Gesellschaft ist die Sensibilität für Fragen der Tiergesundheit und des Tierwohls enorm gestiegen. Es vollzieht sich zunehmend ein gesellschaftlicher Wandel und immer mehr Menschen fordern eine Neuausrichtung der heutigen Agrarpolitik.
So haben am Rande der Grünen Woche in Berlin Anfang dieses Jahres 50 000 Demonstranten, beispielsweise Landwirte, Imker, Tierschützer, Naturschützer, eine artgerechte Haltung von Nutztieren,
Auch in diesem Hohen Hause haben wir zur Haltung von Nutztieren schon mehrmals sehr intensiv miteinander diskutiert und die Zielkonflikte benannt. Wir sind uns darin einig, dass wir für eine nachhaltige Tierproduktion den Tierschutz und das Tierwohl genauso zu berücksichtigen haben wie die Interessen des Umwelt- und Klimaschutzes sowie ökonomische und hygienische Aspekte.
Wir wissen, dass es diesbezüglich in SachsenAnhalt noch einen großen Handlungsbedarf gibt. Deshalb greifen die Koalitionsfraktionen in den Punkten 1 und 2 ihres vorliegenden Antrages eine Forderung auf, die im Rahmen der Anhörung zum Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände mehrmals geäußert worden ist, nämlich einen Ansprechpartner für Tierschutzfragen einzusetzen und die Beiratsarbeit im Ministerium zu stärken. Das sind erste wichtige Schritte.
Doch ich möchte ganz deutlich sagen, dass aus der Sicht der SPD-Fraktion zur Weiterentwicklung des Tierschutzes in Sachsen-Anhalt auch die Tierschutzverbandsklage gehört.
Ihre Sorge, sehr geehrter Herr Leimbach, dass damit staatliche Überwachungsaufgaben auf ehrenamtliche Organisationen abgewälzt werden, teilt die SPD-Fraktion nicht.
Wer den Tierschutz wirklich ernst nimmt, der darf sich einer gerichtlichen Kontrolle der Einhaltung des Tierschutzgesetzes nicht länger verschließen.
Meine Fraktion spricht sich für ein Verbandsklagerecht für anerkannte und in unserem Land tätige Tierschutzverbände analog der Regelung in Nordrhein-Westfalen aus. Dies ist etwas anderes als das, was im Gesetzentwurf Ihrer Fraktion steht.
Die Tierschutzverbandsklage steht auch für ein verantwortungsvolles Bürgerschaftsengagement und ist Ausdruck einer gelebten Demokratie; denn eine wachsende Zahl von Menschen engagiert sich heute für die Tiere. Deshalb sind Mitwirkungsrechte im Tierschutz auch eine Anerkennung der Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung übernehmen und unsere Demokratie aktiv mitgestalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus der Sicht meiner Fraktion ist es auch geboten, über eine landesweite Verordnung zur Kastrationspflicht für frei lebende Katzen ernsthaft nachzudenken und diese auch auf den Weg zu bringen. Wir haben in Deutschland einen Flickenteppich. Mehr als 200 Städte haben bereits durch eine Verordnung eine
Kastrationspflicht eingeführt. Wer heute noch behauptet, wir hätten kein Katzenproblem mit all den Folgen, die uns bekannt sind, der sollte sich die Realität ein wenig genauer ansehen.
In diesem Zusammenhang ist es mir ein persönliches Anliegen, auf die Notwendigkeit der Änderung des Gefahrhundegesetzes hinzuweisen. Ist Herr Kolze anwesend? - Nein, schade; denn ihn wird es freuen.
Nach unserer heutigen Gesetzessystematik ist es nämlich so, dass ein Beißvorfall eines Hundes automatisch dazu führt, dass dieser Hund als gefährlicher Hund eingestuft wird. Dieser Automatismus ist aber nicht tierschutz- und auch nicht tierwohlgerecht; denn das Verhalten des Tieres kann hundetypisch und wesensgerecht sein, so zum Beispiel auf Auslaufwiesen oder Hundeplätzen, wo es zwischen den Tieren regelmäßig zu Rangeleien kommt und dies von den Hundebesitzern auch gewünscht ist.
Diese Gesetzessystematik ist nicht tierwohlgerecht; das sagte ich bereits. Die Hunde, auch die großen, haben ein Recht auf tiergerechtes und artgerechtes Verhalten. Diesbezüglich geben mir die Innenpolitiker sicherlich Recht.
Ich möchte zum Fundtiererlass zwei Sätze sagen. Wir haben trotz zwei Kleiner Anfragen meiner Fraktion bis heute keinen entsprechenden Erlass. Ich denke, Herr Minister Aeikens hat die Bitte und die Aufforderung, diesen Erlass nun endlich auf den Weg zu bringen, zur Kenntnis genommen.
Zur Heimtierhaltung. Es ist bereits gesagt worden, dass in Deutschland 23 Millionen Heim- und Haustiere in unseren Haushalten leben. Wir wissen, dass viele Halter leider nicht über die entsprechende Sachkunde für die Haltung dieser Tiere verfügen. Das führt zu Verhaltensstörung, Käfigneurosen und Fehlernährung. Viele Tiere sterben dadurch frühzeitig.
Eines möchte ich sagen: In den Fachgeschäften wird in der Regel bei dem Verkauf der Tiere ordentlich beraten und auf die entsprechenden Haltungsbedingungen hingewiesen. Ganz anders sieht das aus meiner Sicht auf Tierbörsen, bei Exotenausstellungen oder im illegalen Handel aus. An dieser Stelle besteht dringender Handlungsbedarf.
Das Problem ist, dass durch Artikel 13 des Grundgesetzes die Privatsphäre geschützt ist. Das heißt, es ist äußerst schwierig, an dieser Stelle Vergehen gegen den Tierschutz überhaupt festzustellen, um dann durch einen Amtstierarzt Tiere entziehen zu können. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen.
Ich möchte noch einen Satz zum Tierschutzlabel sagen, obwohl ich weiß, dass meine Redezeit um ist. Ich glaube und ich bin davon überzeugt, dass es noch ein langer Weg ist. Der Fachhandel ist natürlich, wenn wir beispielsweise an Aldi Süd denken und an all die anderen großen Discounter, sehr zögerlich bei dem Thema Tierschutzlabel und betreibt nach wie vor eine aggressive Billigfleischpolitik. Dennoch ist jetzt ein zweistufiges Tierschutzlabel vom Deutschen Tierschutzbund verabschiedet worden. Wir als SPD-Fraktion befürworten, dass dieses Tierschutzlabel mehr und mehr in die Diskussion aufgenommen wird.
Da meine Redezeit abgelaufen ist, möchte ich zum Schluss sagen: Der Weg zu mehr Tierschutz ist lang, aber wir alle wissen, es lohnt sich, weiter zu kämpfen. - Vielen Dank.
Frau Hampel, ich war überrascht, dass Sie gesagt haben, dass Sie, wenn auch in anderer Form - über die Differenzen könnte man jetzt streiten -, eigentlich auch für ein Verbandsklagerecht sind. Das hat mich jetzt insofern überrascht, als jedem, der sich ein bisschen damit beschäftigt hat, aufgefallen ist, dass dieser Tierschutzbeauftragte, der jetzt installiert werden soll, sozusagen die Kompensation für ein solches Verbandsklagerecht darstellen soll. Deswegen frage ich mich, warum Sie, wenn Sie sich eigentlich für ein Verbandsklagerecht aussprechen, als SPD-Fraktion diesen Weg mitgehen, der mit dem Antrag beschritten wird.
Ich muss sagen, dass ich die Idee nicht für falsch halte, aber mein Vorstellungsvermögen reicht nicht aus, um mir vorzustellen, wie das funktionieren soll. Wie unabhängig soll er, beispielsweise vom Landwirtschaftsministerium, agieren können? - Es gibt so viele Fragezeichen, weshalb sich mir die Frage stellt, warum wir nicht das Verbandsklagerecht einführen.
Die großen Fragezeichen sind nachzuvollziehen. Es gibt viele Dinge, die wir in diesem Zusammenhang noch klären müssen. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass der Tierschutzbeauftragte oder Ansprechpartner für Tierschutzfragen eine gewisse Unabhängigkeit haben muss; denn sonst kann er seinen Aufgaben nicht nachkommen.
Aber aus der Sicht der SPD ist es keine Kompensation; es schließt sich nicht aus. Wir sind mit Blick auf die Frage der Einführung des Verbandsklage
rechts für anerkannte Tierschutzverbände - das haben Sie gemerkt - unterschiedlicher Auffassung. Der erste Schritt ist getan, aber aus der Sicht der SPD wollen wir die Tierschutzverbandsklage hinterherschieben, wenn wir die entsprechende Mehrheit dafür haben.
An dieser Stelle möchte ich auch einmal nachhaken. In der Begründung des Antrages ist zu lesen, dass dieser Ansprechpartner für Tierschutzfragen für Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung steht, insbesondere bei tierschutzrechtlichen Verstößen. Wenn man das mit Tierschutzbeauftragten anderer Bundesländer vergleicht, dann ist dies dort nicht enthalten. Von daher drängt sich der Verdacht auf, dass dieser Ansprechpartner tatsächlich die Kompensation für das Verbandsklagerecht sein soll.
Bei der Verbandsklage wäre es auch so installiert, dass die anerkannten Tierschutzverbände Ansprechpartner bei tierschutzrechtlichen Verstößen sind. Das soll offensichtlich nunmehr dieser Ansprechpartner beim Ministerium übernehmen.
Mit dem einen Unterschied, dass bei der Verbandsklage, so wie wir sie uns vorstellen, hinterher die anerkannten Tierschutzverbände eine Feststellungsklage erheben können. Dies ist hierbei nicht der Fall. Deswegen, Frau Frederking, ist es aus der Sicht der SPD-Fraktion keine Kompensation.
Danke sehr, Kollegin Hampel. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Frederking.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von der CDU und der SPD vorgelegte Antrag ist ein Sammelsurium von durchaus berechtigten Tierschutzaspekten, allerdings ohne roten Faden und ohne ausreichende inhaltliche Substanz. Noch dazu geht er am Kernthema vorbei, weil die akuten Probleme in den Ställen nahezu ausgeblendet werden. Die insgesamt 14 Punkte des Antrages müssen umfang
reich konkretisiert werden, damit am Ende überhaupt etwas für mehr Tierschutz herauskommen kann. Das sollten wir im Ausschuss tun.
Per Landtagsbeschluss soll nun der im Jahr 1994 von einem grün geführten Landwirtschaftsministerium eingesetzte Tierschutzbeirat aufgeweckt werden. Dass der Beirat lange Zeit in einen Dornröschenschlaf versinken konnte, zeigt die geringe Wertschätzung des Tierschutzes durch die Landesregierung.