Protocol of the Session on February 27, 2015

Das würde schon zu gewaltigen Entlastungen führen. Eltern sollten nur so viel Betreuung bezahlen, wie sie wirklich in Anspruch nehmen, aber nicht mehr.

Außerdem möchte ich etwas in Bezug auf die Leistungsvereinbarungen deutlich machen. Ich verstehe, dass die Träger und die Einrichtungen alles hineinschreiben. Ich lese es selbst durch. Der eine hat die Forderungen und der andere hat jene Forderungen. Letztlich wird man sich einigen. Das sollte mit Augenmaß gemacht werden. Ich glaube, wir sitzen hierbei alle in einem Boot.

Das alles kann man noch in Ruhe im Ausschuss bereden. Das Ministerium ist bereit, vor Ort tätig zu sein, wenn es darum geht, Beratungsgespräche zu führen und einmal genau zu eruieren, was zur Kostensteigerung beigetragen hat. Erst wenn wir das wissen und das Gesetz evaluiert haben, sind wir ein Stückchen weiter hinsichtlich der Frage, ob die Höhe der Elternbeiträge gerechtfertigt ist.

Ich schaue ringsherum auch nach Thüringen, nach Sachsen und nach Brandenburg und stelle fest: Im Vergleich der Elternbeiträge liegt Sachsen-Anhalt im Mittelfeld. Mit den westlichen Ländern müssen wir uns nicht vergleichen. Dort besteht ein exorbitanter Unterschied zu den Elternbeiträgen in den östlichen Ländern, auch bei der Betrachtung einzelner Beispiele.

Nun zu der letzten Frage. Ich habe die Expertenrunde einberufen; sie wird auch weiterhin tagen. Dort muss das Thema auch diskutiert werden. Ich wollte den Dialog immer offen gestalten. Das wird auch weiterhin so sein. Ich kann es immer schwer verdauen, wenn gesagt wird, man habe das schon vorher gewusst. Mit Blick auf den ersten Gesetzentwurf, den die LINKEN damals eingebracht haben, habe ich gesagt, dass er auf der ersten Kabinettsbefassung beruhte. Damals wurden die Elternbeiträge noch gar nicht besprochen.

Frau Dalbert, auch Sie haben gesagt, Sie hätten das schon vorher gewusst. Ich habe einmal geschaut, ob diese Dinge in Ausschussberatungen oder Landtagsdebatten schon einmal angesprochen wurden. In den Protokollen habe ich nichts gefunden.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Aber hallo! - Zu- ruf von Frau Lüddemann, GRÜNE)

Das Gegenteil ist der Fall, Frau Dalbert.

(Zuruf von Frau Lüddemann, GRÜNE) - Seien Sie bitte ein bisschen ruhiger. - Sie sollten einmal in einem Protokoll einer Sitzung des Finanzausschusses nachlesen - daraus kann ich nicht zitieren -, was Herr Erdmenger dazu gesagt hat. Er hat nämlich das Gegenteil gesagt. Er hat gesagt, es könnte gut sein, dass Elternbeiträge erhöht werden müssten. Schauen Sie sich das Protokoll an. (Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Es ging um die Deckelung und die soziale Staffelung; das war schon immer unsere Position!)

Jedenfalls ist das von Herrn Erdmenger dort nicht gesagt worden. Eine soziale Staffelung können die Gemeinden bis heute festlegen. Sie können bis heute auch nach dem Einkommen staffeln. Sie haben es oft nicht gemacht, weil die bürokratischen Hürden sehr hoch sind.

Aber aus der Sicht des Landes wäre ich dafür, dass man eine soziale Staffelung nach dem Einkommen vornimmt. Ich hätte gern die Diskussion in der Öffentlichkeit erlebt, wenn diejenigen, die gut verdienen, für diejenigen bezahlen müssten, die zu Hause bleiben.

Frau Hohmann, ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass Sie klar Stellung genommen haben. Es ist schon harter Tobak, wenn Eltern sagen, andere sitzen zu Hause auf dem Sofa, gehen einer Schwarzarbeit nach und wir müssen die Beiträge für diejenigen mitfinanzieren.

Es geht um die Kinder, um alle Kinder in diesem Land, egal aus welchem Elternhaus sie kommen. Sie alle haben ein Recht auf eine gute Bildung.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU)

Herr Minister, es gibt noch zwei Nachfragen, und zwar von Herrn Gallert und von Frau Hohmann.

Herr Minister, wir liegen mit Blick auf einen Punkt in unserer Einschätzung auseinander. Wir glauben - das werden die nächsten Wochen bringen -, dass wir bei den Elternbeiträgen ein strukturelles Problem im Land Sachsen-Anhalt haben und dies nicht nur bei zwei Ausnahmekommunem, die exorbitant belastet sind, besteht.

Ich habe mich mit der Landrätin darüber unterhalten, warum das so ist. An dieser Stelle liegen unsere Einschätzungen auseinander.

Wir glauben, es deutet sich landesweit eine Entwicklung an, die wir nicht akzeptieren.

(Herr Leimbach, CDU: Wer ist wir?)

- DIE LINKE. Ich würde Sie dort nicht unbedingt einordnen, Herr Leimbach.

In Bezug auf die Ursache für die aktuelle Entwicklung der Elternbeiträge liegen unsere Einschätzungen sehr dicht beieinander. Die Ursache liegt nicht primär beim Kinderförderungsgesetz. Darin haben Sie völlig Recht. Sie liegt auch nicht in der von uns

hart kritisieren Berechnungs- und Aushandlungsmodalität. Diese kann man zwar kritisieren, aber sie schluckt nicht wirklich Geld. Das zentrale Problem, mit dem wir es hierbei zu tun haben, ist die Auswirkung des Finanzausgleichgesetzes, die den Gemeinden die Chance nimmt, diese Dinge auszugleichen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Frau Lüddemann, GRÜNE - Herr Leimbach, CDU: Ach nee!)

Insofern hätte hierzu auch der Finanzminister reden können; denn dort liegen die wirklichen Ursachen für diese Situation.

Ich wollte darauf hinweisen, dass das Kinderförderungsgesetz in meinen Zuständigkeitsbereich fällt, und dieses Gesetz ist nicht dafür da, die Haushalte der kommunalen Ebene zu konsolidieren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Herr Lange, DIE LINKE: Dazu wird der Minister- präsident sicherlich noch etwas sagen!)

Frau Hohmann.

Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass ich sowohl bei den Expertinnenrunden als auch im Sozialausschuss, wenn das Thema Kinderförderungsgesetz behandelt worden ist, immer auf den Betreuungsumfang hingewiesen habe, und zwar im Zusammenhang mit der Frage, warum Eltern, wenn sie nur eine siebenstündige Betreuung benötigen, acht Stunden bezahlen müssen?

Auf diese Frage wurde jedes Mal geantwortet, dass es sich dabei um kommunale Selbstverwaltung handele und eine Staffelung durchaus vorgenommen werden könne. Wir haben schon sehr zeitig genau auf dieses Problem hingewiesen. In dem Gesetz ist eine stundengenaue Abrechnung vorgesehen, allerdings ist die Staffelung am Anfang nur von einigen Gemeinden vorgenommen worden. Dann hat das Ministerium gesagt, man könne das auch anders machen.

Wir hatten zudem schon sehr zeitig, und zwar vor dem 1. August 2013, auf die Regelung der Defizitfinanzierung, nämlich 50 % von den Eltern und 50 % von der Gemeinde, hingewiesen, weil schon damals klar war, dass sich einige Gemeinden in der Konsolidierung befanden. Wir haben diesbezüglich darauf gedrungen, zu einer Entscheidung zu kommen, um in Bezug auf die Gebühren nicht unbedingt die Kommunalaufsichten heranziehen zu müssen, damit diese entscheiden, dass dies nicht zulässig ist, sondern man müsse sich an das Gesetz halten.

Das war ein Beispiel. Sie können gern nachlesen. Im Mai 2013 hatten wir das Innenministerium und auch das Landesverwaltungsamt genau zu dieser Frage im Ausschuss befragt. Wenn Sie jetzt sagen, heute würden sich alle hinstellen und sagen, sie hätten es besser gewusst, dann kann ich dazu sagen, dass wir schon damals genau auf diese Knackpunkte aufmerksam gemacht haben.

(Beifall bei der LINKEN)

In Bezug auf die letzten Punkte gebe ich Ihnen Recht. Wir haben auch mit dem Innenministerium gesprochen und haben vom Innenminister einen Brief erhalten, in dem sehr deutlich stand, dass dies nicht zu einer Steigerung der Elternbeiträge führen muss. Ich bin dankbar dafür, dass sie sich dazu geäußert haben.

In der Zwischenzeit ist der Konsolidierungsdruck gestiegen - das gebe ich auch zu. Wir konnten damals nicht genau berechnen, wie hoch der Anteil der Gemeinden und der Träger ist. Das war das Problem. Es gab auch die Befürchtung, dass die Gemeinden sehr wenig zahlen und die Elternbeiträge - diese waren unterschiedlich hoch -, höher ausfielen und darin dann die Crux liegt.

Deshalb ist die Regelung „bis zu 50 %“ in das Gesetz aufgenommen worden. Wenn man im Gesetz festlegen würde - das hätten die kommunalen Spitzenverbände gerne -, dass nur noch 40 % gezahlt werden müssen, dann wird sofort das Konnexitätsprinzip wirksam. Das halte ich für eine schwierige Sache, weil es sich um eine kommunale Aufgabe handelt.

Wir haben auch - darin gebe ich Ihnen Recht - über die Staffelung geredet. Das Sozialministerium hält die Staffelung für absolut richtig. Es lässt sich nur nicht rechtlich durchsetzen. Von daher ist es lediglich eine Empfehlung an die Gemeinden. Ich kann jetzt nicht nachlesen, ob Sie darauf hingewiesen haben, aber ich denke, es wird stimmen.

Es gibt eine weitere Frage, nämlich von der Abgeordneten Frau Lüddemann.

Herr Minister, ich habe in meiner Rede extra versucht, den Terminus, „Wir haben es schon immer gewusst!“ zu vermeiden, aber Sie haben ihn jetzt eingeführt, weshalb ich zwei Sätze dazu sagen will.

Was der Kollege Erdmenger in einer Sitzung des Finanzausschusses gesagt, entzieht sich meiner Kenntnis. Das könnten wir zwar nachlesen, aber es ist, glaube ich, unstrittig - das können Sie sehr wohl nachlesen -, dass wir die soziale Staf

felung bereits zu Beginn der Debatte eingeführt haben.

Zudem haben wir darauf verwiesen, was jetzt auch eine aktuelle Studie des Allensbacher Institutes - darauf werde ich nachher im Rahmen der Debatte über Hartz IV noch einmal zurückkommen - nachgewiesen hat, dass 75 % der sogenannten gutverdienenden Schichten in Deutschland bereit sind, mehr zu zahlen, um einen Beitrag zum sozialen Frieden in Deutschland zu leisten. Ich glaube nicht, dass es diese furchtbare „Aufschrei-Debatte“ gegeben hätte, wenn wir diese soziale Staffelung eingeführt hätten.

Stimmen Sie mir zu, dass ich damals auch dafür plädiert habe - das haben wir selbst wieder verworfen -, eine Deckelung bei der Höhe des Kindergeldes einzuführen? - Damals haben alle gesagt, der Betrag sei zu hoch und alle müssten 180 € zahlen. Wenn wir uns die heute zu zahlenden Beiträge ansehen, dann wären manche Gemeinden froh darüber, wenn sie eine solche Deckelung hätten.

Der Vorwurf, dass sich nun einige hinstellen und sagen, sie hätten es immer gewusst, bezog sich auf einen Artikel in der Zeitung. Ich weiß, dass nicht alles, was in der Zeitung steht, wörtlich von Ihnen gesagt worden sein muss. Deshalb nehme ich diese Einschränkung vor. In der Expertenrunde werden immer bestimmte Themen benannt. Dies war aber kein zentrales Thema.

Das Land kann nicht vorschreiben, den Elternbeitrag zu deckeln; denn dann wäre das Land sofort in der Pflicht. Denn dann stellt sich die Frage, wer den Rest bezahlt. Die Gemeinden werden dann sagen, wenn das Land dies gesetzlich regelt, dann muss es auch zahlen. Das geht nicht.

(Herr Borgwardt, CDU: Richtig!)

Zum Schluss möchte ich noch einmal sagen, dass es eine kommunale Aufgabe bleibt, zu entscheiden, welche Aufgabe besonders wichtig ist und welche vielleicht weniger wichtig ist.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. Weitere Nachfragen gibt es nicht. - Wir fahren in der Aussprache zur Aktuellen Debatte fort. Es spricht jetzt für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Kurze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, was momentan passiert. Das Land gibt jährlich 200 Millionen € für die Kinderbetreuung aus und sattelt jetzt noch einmal 60 Millionen € drauf und

es entsteht im Land ein Sturm der Unzufriedenheit und der Entrüstung, wie wir ihn lange nicht mehr erlebt haben.

Vielleicht haben wir einen ähnlichen Sturm im Jahr 2004 erlebt, als das Kinderförderungsgesetz schon einmal novelliert worden ist. Dies geschah mit dem Unterschied, dass wir damals nicht 60 Millionen € drauf gesattelt haben, sondern 80 Millionen DM, also 40 Millionen €, eingespart haben.