Protocol of the Session on February 26, 2015

Drittens. Obwohl der offene Vollzug sogar als Regelvollzugsform im bisher geltenden Strafvollzugsgesetz vorgesehen war, wenn der Gefangene den besonderen Anforderungen dieser Vollzugsform genügt, spielte er in der Vollzugspraxis eine eher nachgeordnete Rolle. Die Anzahl der dafür vorgehaltenen Haftplätze ist deutlich geringer als die Anzahl der Haftplätze im geschlossenen Vollzug.

Ziel muss es sein, auch gesetzgeberisch bessere Voraussetzungen für den offenen Vollzug zu schaffen. Der Gefangene muss einen Anspruch darauf haben, im offenen Vollzug untergebracht zu werden, soweit er die gesetzlich möglichst präzise zu formulierenden Voraussetzungen dafür erfüllt. Gerade im Vorfeld einer anstehenden Entlassung ist der offene Vollzug die geeignetere Vollzugsform, um den Betroffenen auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten.

Viertens. Der Strafvollzug muss so weit wie möglich individualisieren. Dies erfordert einen hinlänglich differenzierten Vollzug, der nicht nur grob nach Vollzug von Freiheits- und Jugendstrafen und nach Männern und Frauen unterteilt, sondern der auf ein abgestuftes Sicherheitskonzept nach Straflänge, Behandlungs-, Ausbildungs- und Überleitungsbedarf ausgerichtet ist. Individualisierung gelingt letztlich nur in überschaubaren Vollzugseinheiten.

Fünftens. Die Gestaltung der Haftbedingungen muss mit den sich inhaltlich verändernden Anforderungen an die Vollzugsgestaltung einhergehen. Dabei geht es nicht nur um vollzugstechnische Standards wie angemessene Mindestgröße von Hafträumen, die grundsätzliche Einzelunterbringung zu Ruhezeiten, das Tragen eigener Kleidung und anderes mehr, sondern auch um qualitativ bessere Haftbedingungen.

Ebenso wenig, wie die heutige Vollzugsgestaltung mit der aus Kaisers Zeiten gleichgesetzt werden kann, sind die damals gebauten Gefängnisse geeignet, moderne und menschenwürdige Haftbedingungen zu schaffen. Kleine Zellen, auch wenn sie die Einzelunterbringung ermöglichen, in denen die Toilette mitten im Raum, unweit vom Bett steht und Tageslicht nur durch kleine Fenster eindringt, gehören nicht mehr in unsere Zeit.

Sechstens. Eine wirksame Resozialisierungsarbeit innerhalb des Justizvollzuges kann ihre Wirkung verlieren, wenn der Betroffene nach der Entlassung nicht weiter beraten und unterstützt wird. Die Abläufe nach seiner Entlassung sind entscheidend für sein weiteres Schicksal. Das Ziel sollte eine möglichst nahtlose Betreuung und Begleitung der Gefangenen unmittelbar vor und nach ihrer Entlassung sein.

Dazu ist ein abgestimmtes Vorgehen der sozialen Dienste, der freien Träger der Straffälligen- und Bewährungshilfe und der für Maßnahmen der Wiedereingliederung zuständigen Behörden anzustreben. Es muss sichergestellt sein, dass Wiedereingliederungsmaßnahmen vor der Haftentlassung beginnen und danach nicht abreißen. Der gesamte Übergang von der Haft in die Freiheit sollte koordiniert in einer Hand liegen.

Meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Aufgrund der Länderzuständigkeit für die Justizvollzugsgesetze haben sich mehrere Bundesländer zusammengetan. Es liegt ein Musterentwurf für ein Landesstrafvollzugsgesetz vor. Dieser trägt den von mir eben vorgetragenen Anforderungen an einen konsequent auf die Resozialisierung ausgerichteten Strafvollzug weitgehend Rechnung und berücksichtigt auch die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten rechts- und sozialstaatlichen Forderungen.

Wir haben im Landtag bereits ein Jugendstrafvollzugsgesetz beschlossen. Ein Untersuchungshaft

vollzugsgesetz wurde ebenso beschlossen. Heute liegt der Entwurf eines Justizvollzugsgesetzbuches vor, das als Kodifikation diese Bereiche mit erfassen und die Lücke im Erwachsenenvollzug entsprechend schließen soll. Der Gesetzentwurf enthält einige Abweichungen vom Musterentwurf. Davon war hier auch schon die Rede. Ich könnte jetzt noch einige Beispiele nennen, aber hier leuchtet schon die rote Lampe. Deswegen werden wir die Punkte im Ausschuss erörtern müssen, bei denen auch ich noch Änderungsbedarf sehe.

Aber auf eine Sache muss ich noch hinweisen. Es sei mir gestattet, dies zum Abschluss noch vorzutragen. Allen sollte klar sein, dass der vorliegende Gesetzentwurf gegenüber der bisherigen Vollzugspraxis ein Mehr für einen auf Behandlung ausgerichteten und freiheitsorientierten Strafvollzug formuliert. Dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen wird nur gelingen, wenn wir die dafür notwendigen sachlichen und personellen Voraussetzungen

Daraus ergeben sich zwei Folgerungen. Das Erste - damit kommen wir auf den vorherigen Tagesordnungspunkt zurück - hat etwas mit der JVA-Strukturreform zu tun. Um es einmal konkret zu machen: Wenn ich einen Wohngruppenvollzug haben möchte, dann brauche ich Haftanstalten, die das auch hergeben.

Zweitens müssen wir - das ist offensichtlich das politisch Schwierige - auch das für diese Aufgaben erforderliche Personal bereitstellen. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf findet sich der schöne Satz: Der Mehraufwand für das Personal wird mit dem vorhandenen Personalbestand insbesondere im Fachbereich der Fachdienste durch weitere Strukturkonzentrationen und Optimierungen innerhalb des Justizvollzuges des Landes umgesetzt werden. Da könnte auch stehen, dass am PEK nicht gerüttelt werden soll. Das hat das Justizministerium bislang auch nicht getan.

Herr Dr. Brachmann, Sie haben nicht mehr die Zeit zu sagen, was dort alles hätte stehen können.

Ja, okay. Dann sei mir aber abschließend der Gedanke gestattet, dass wir, wenn wir dieses Gesetz ernst nehmen, auch über Nachbesserungen am PEK diskutieren müssen. Das ist bislang nur für die Polizei und für die Lehrer öffentlich geschehen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um deutlich zu machen, dass wir, wenn wir eine neue Qualität im Justizvollzug erreichen wollen, das dafür notwendige Personal bereitstellen müssen. Auch wenn man wegen der Personalkosten tief in die Tasche greifen muss, ist das mittel- und langfristig die trag

fähigere Lösung, weil eine wirksame Resozialisierung die Rückfallquote senkt und zu erwarten ist, dass die Zahl der Gefangenen künftig weiter - nicht nur wegen der demografischen Entwicklung - sinken wird. - Vielen Dank.

Danke schön, Herr Kollege Dr. Brachmann. - Damit schließen wir die Aussprache ab. Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Es wurde eine Überweisung an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung beantragt. Auch hierbei gilt § 28 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung, die Mitüberweisung zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Damit ist der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und zur Mitberatung an den Finanzausschuss überwiesen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 - Zur aktuellen Hochschulstrukturdebatte in Sachsen-Anhalt - auf.

(Zuruf: Nein, Tagesordnungspunkt 9! - Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Was ist mit dem Landesweingut? - Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff: Das machen wir jetzt nicht!)

- Entschuldigung, es folgt die Beratung zum Landesweingut.

Das Landesweingut lasse ich mir nicht nehmen. Deshalb rufe ich jetzt den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Beratung

Landesweingut und Landgestüt nicht veräußern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/538

Beschlussempfehlung Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Drs. 6/3810

Die erste Beratung fand in der 13. Sitzung des Landtages am 11. November 2011 statt. Berichterstatterin ist die Kollegin Brakebusch. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der 13. Sitzung am 11. November 2011 zur federführenden Beratung an den

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und zur Mitberatung an den Ausschuss für Finanzen überwiesen.

Die erste Beratung im federführenden Ausschuss fand am 1. Februar 2012 statt. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt führte aus, das Vorhaben, das Landgestüt und das Landesweingut zu veräußern und entsprechende Einnahmen zu erzielen, sei von der Landesregierung bestätigt worden. Einzelheiten zur Umsetzung des Vorhabens würden noch geprüft.

Die Fraktion DIE LINKE beantragte daraufhin, die Prüfergebnisse abzuwarten und danach im Ausschuss erneut über den Antrag zu beraten. Dieser Vorschlag fand im Ausschuss keine Menschheit. Der Ausschuss beschloss mit 8 : 3 : 1 Stimmen, den Antrag abzulehnen, und leitete das Votum an den Finanzausschuss weiter. Der Finanzausschuss beschäftigte sich erstmals am 4. April 2012 mit dem Antrag und empfahl, diesen abzulehnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Zeit von Mai 2012 bis Februar 2015 fanden im Landwirtschaftsausschuss elf Beratungen zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE statt. Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich nicht auf alle Einzelheiten der elf Beratungen eingehe.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Oh, schade!)

Anhand der Vielzahl der Beratungen ist erkennbar, dass sich der Ausschuss mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt hat. Die Diskussionen im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten waren von fachlicher Kompetenz und Detailwissen geprägt.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt legte immer wieder den aktuellen Sachstand dar. Es legte auf Bitten des Ausschusses und insbesondere der Opposition Gutachten und Unterlagen vor.

In der Sitzung am 26. November 2014 teilte das Ministerium mit, dass die Veräußerung der Geschäftsanteile des Landesweingutes an die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt am 18. März 2013 erfolgt sei. Die Geschäftsanteile seien für einen Erlös von 2,3 Millionen € veräußert worden. Eine weitere Veräußerung des Weingutes durch die Landgesellschaft sei nicht vorgesehen.

Zum Landgestüt berichtete das Ministerium, die Landgestüt Sachsen-Anhalt GmbH sei am 9. September 2014 in das Handelsregister Stendal eingetragen worden. Die Gründung der GmbH sei im Wege der Sachgründung mit einem Stammkapital in Höhe von 100 000 € erfolgt. Das Stammkapital habe die Gründerin, das Land Sachsen-Anhalt, in voller Höhe als Einlage übernommen.

Die Koalitionsfraktionen schlugen daraufhin vor, dem Finanzausschuss zu empfehlen, den Antrag

für erledigt zu erklären, da mit der Umwandlung des Landgestütes in eine landeseigene GmbH und mit der Übernahme des Landesweingutes durch die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt dem Anliegen des Antrages entsprochen worden sei.

Der Ausschuss beschloss die so formulierte zweite vorläufige Beschlussempfehlung mit 7 : 3 : 1 Stimmen. Der Finanzausschuss stimmte dieser Beschlussempfehlung am 14. Januar 2015 mit 7 : 4 : 1 Stimmen zu und empfahl ebenfalls, den Antrag für erledigt zu erklären.

Die abschließende Beratung im federführenden Ausschuss fand am 11. Februar 2015 statt. Der Erledigterklärung wurde im Ausschuss nicht widersprochen. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beschloss mit 6 : 3 : 1 Stimmen, den vorliegenden Antrag für erledigt zu erklären.

Wir, der Fachausschuss, haben uns dabei davon leiten lassen, dass die Geschäftsordnung davon ausgeht, dass der Widerspruch ausdrücklich hinsichtlich der Beantragung der Erledigterklärung zu äußern ist und dass Gegenstimmen gegen die Beschlussempfehlung keinen Widerspruch im Sinne der Geschäftsordnung darstellen. Ich bitte das Hohe Haus um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung.

Für den Fall, dass sich nunmehr gegen die Erledigterklärung als solche Widerspruch erhebt, bitte ich darum, nach den Regeln der Geschäftsordnung eine Sachentscheidung über den Ursprungsantrag in der Drs. 6/538 zu treffen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brakebusch. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Aeikens. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Verkauf an die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt kann das gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 1 der Landeshaushaltsordnung fortbestehende wichtige Landesinteresse am Landesweingut nun auch weiterhin gewährleistet werden.

Vor diesem Hintergrund wurde in den vergangenen Monaten die bauliche Weiterentwicklung des Landesweingutes von der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt und der Geschäftsführung des Landesweingutes Kloster Pforta geprüft.

Im Ergebnis wurden dem Aufsichtsrat der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt und dem Aufsichtsrat des Landesweingutes Kloster Pforta am 5. Dezember 2014 drei Varianten der baulichen Weiterent

wicklung des Landesweingutes Kloster Pforta vorgestellt. Eine Variante sah die Sanierung des Altstandortes vor, eine zweite einen Neubau am Köppelberg und eine dritte einen Neubau auf dem Gelände Kloster Pforta. Die Vor- und Nachteile der Varianten wurden ausführlich erörtert.

Die beiden Aufsichtsräte fassten einstimmig den Beschluss, dass die Geschäftsführung des Landesweingutes Kloster Pforta beauftragt wird, die Investitionsmaßnahme Neubau am Standort Kloster Pforta weiterzuverfolgen. Die Belange des Denkmalschutzes sowie der Schule bedürfen dabei der besonderen Beachtung. Ebenfalls muss eine sinnvolle Weiternutzung des Altstandortes vorgesehen werden.