Protocol of the Session on January 30, 2015

Aus diesen Forderungen ergibt sich - das haben wir in der Diskussion zu dem vorherigen Tagesordnungspunkt schon gesehen - eben die Bestandsobergrenze. Jetzt eine Zahl zu nennen, wie

Frau Frederking es getan hat, ist sicherlich eine Forderung der berufsständischen Vertretungen - ich nenne einmal Herrn Klamroth -, die Sie gern aufmachen können. Aber letztendlich gibt es auch andere berufsständische Vertretungen, die eine andere Meinung vertreten.

Ich denke, wir sollten hier das breite Spektrum der Meinungen einfließen lassen.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb habe ich immer ein Problem zu sagen: Das ist die Obergrenze.

Wie gesagt, aus den genannten Punkten - sie wurden genannt: Bindung an den Boden, Umwelt etc.; ich will das alles nicht wieder aufzählen - ergibt sich die Obergrenze. Wir wollen, wie gesagt, auch keine Konzentration von Massentierhaltung in einem Raum. Wir wollen keine holländischen Verhältnisse und auch keine Verhältnisse wie in Vechta. Ich denke, darin sind wir uns einig.

Herr Krause, ich wollte Sie jetzt eigentlich noch einmal ein bisschen kritisieren. Leider sind Sie in Ihrer Rede aber darauf eingegangen. Es geht hierbei um die Wirtschaftlichkeit, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit. Diese haben Sie nämlich in Ihrem Antrag nicht berücksichtigt. Ich denke, auch das ist sicherlich ein wichtiger Aspekt. Sie sind jetzt in Ihrer Rede darauf eingegangen. Trotzdem möchte ich anhand einiger Tatsachen noch einmal auf die Wirtschaftlichkeit eingehen.

Meine Damen und Herren! Es ist so: Wenn wir über Tierschutzfragen sprechen, dürfen wir dies nicht losgelöst aus dem Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Kaufkraft der Verbraucher und dem Verbraucherverhalten tun.

Wir müssen uns die Frage stellen, was sich in den vergangenen Jahrzehnten diesbezüglich verändert hat. Lag im Jahr 1960 der jährliche Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers bei 3 000 €, so sind dies heute 35 000 €. Man glaubt es kaum, aber wir müssen jetzt alles einbeziehen; dann ist das so.

Der Butterpreis lag im Jahr 1960 bei 3,30 €. Er schwankt heute um etwa 4 €. Wenn er über die 5-€-Marke hinausklettert, wird der Eindruck erweckt, die Verbraucher werden abgezockt und das Kartellamt muss einschreiten.

Meine Damen und Herren! Nach diesem Plädoyer für höhere Lebensmittelpreise muss ich aber allerdings feststellen, dass es so einfach leider nicht ist. Das jährliche Bruttodurchschnittseinkommen in den neuen Ländern liegt ca. 5 000 € unter dem Westniveau, also bei 30 000 €.

Beim Mindestlohn von 8,50 € reden wir nur noch über ein Jahresgehalt von ca. 15 000 €, von dem Miete, Heizkosten, Strom, Wasser, Kleidung usw. zu finanzieren sind. Ich glaube, da wird jedem klar, dass es zum Hackfleisch für 3,99 € für diese

Klientel kaum eine sinnvolle Alternative gibt. Wir dürfen das bei der Debatte um die Tierhaltung nicht vergessen.

(Frau Frederking, GRÜNE: Es gibt doch das Hackfleisch für 1,99 €!)

- Ja, das war das Sonderangebot, das Herr Graner angesprochen hat. Aber der Regelfall liegt bei 3,99 €, Frau Frederking, zu Ihrer Aufklärung. Ich gehe auch nicht einkaufen; ich weiß das aber.

(Herr Borgwardt, CDU: Dann kann man in der Kantine kein Schnitzel mehr essen! - Zu- rufe von Herrn Czeke, DIE LINKE, und von Frau Frederking, GRÜNE)

Dessen ungeachtet haben wir das Recht, kritisch zu hinterfragen, was wir mit unseren Tieren in den vergangenen Jahrzehnten gemacht haben.

Ich komme noch einmal zum Huhn. Ein Huhn hat im Jahr 1960 durchschnittlich 130 Eier im Jahr gelegt; heute sind es 300 Eier. Kühe haben im Jahr 1960 im Durchschnitt 4 000 l Milch pro Jahr gegeben; heute sind es 10 000 l Milch. Wir können festhalten, dass im Jahr 1960 etwa 900 kg dem jährlichen Durchschnitt der gekauften Lebensmittel entsprochen haben. Heute sind es 8 700 kg. Die Kaufkraft der Menschen in Bezug auf Lebensmittel hat sich also fast verzehnfacht.

Wie war eine solche Entwicklung möglich? - Sie war möglich, weil die Agrarpreise in den vergangenen Jahren nicht in dem erforderlichen Maße gestiegen sind und der Zuwachs an Wertschöpfung fast ausschließlich auf der Grundlage der Effizienz- und Produktionssteigerung erfolgte.

Das heißt, wir müssen mit dem Berufsstand dafür sorgen, dass dem entgegengesteuert wird. Dies setzt voraus, dass die Landwirte nicht durch den Wunsch der Verbraucher nach billigen Lebensmitteln in ihrer notwendigen Existenz weitergetrieben werden. Dazu gehört die Aufklärung, Frau Frederking, wie Sie es angesprochen haben usw.

Ein letzter Punkt, den ich hier noch einwerfen möchte. Wir haben das Nutztier-Forum bei uns im Land. Im denke, mithilfe von wissenschaftlicher Begleitung sollten wir auch in diesem Forum darüber diskutieren, wie bei uns zukünftig die Tierobergrenzen festgelegt und an welchen Kriterien diese bemessen werden sollen. Ich denke, das ist ein gutes Mittel.

Ich bitte um die Überweisung des Antrages in die Ausschüsse, die in dem Antrag aufgeführt sind. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Barth. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Frau Kollegin Frederking das Wort. Bitte, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE zielt im Wesentlichen, wie der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Tierfabriken stoppen und Landwirtschaft schützen“, auf verbesserte Tierhaltungsbedingungen und Obergrenzen bei den Tierhaltungsanlagen und eine flächenbezogene Begrenzung der Viehdichte.

Allerdings habe ich jetzt, Herr Krause, in Ihrem Beitrag zu den Obergrenzen bei Tierhaltungsanlagen nichts gehört. Ich habe jetzt vernommen, dass Sie das doch wieder zurücknehmen; das hat mich ein bisschen irritiert.

Bei der flächenbezogenen Begrenzung sprechen Sie von Region. Der Begriff „Region“ ist sehr unspezifisch. Wenn der Antrag umgesetzt werden würde, wäre das nicht handelbar. „Region“ ist zu unspezifisch. Deshalb hatten wir vorgeschlagen, das auf das Gemeindegebiet zu beziehen; das ist ein klar definierter Begriff; der kann dann auch gehandhabt werden. Darüber könnten wir im Detail auch noch im Ausschuss reden.

Der Antrag der LINKEN enthält zwei Aspekte, die wir in unserem Antrag nicht aufgegriffen haben. Es ist richtig, dass die Lebendtiertransporte minimiert werden sollten. Wir halten innerhalb von Deutschland vier Stunden statt der heutigen acht Stunden für sachgerecht. Das würde auch die Schlachthofkonzentration aufbrechen und damit einen Baustein aus der Kette der industriellen Fleischproduktion herausbrechen; denn wir müssen weg von den gigantischen Großstrukturen und Konzentrationsentwicklungen, weil diese eben gravierende Schäden für Tiere, die Menschen und die Umwelt verursachen.

Wir brauchen mehr regionales Wirtschaften, mehr Wertschöpfung in der Region. Also weg von Sojafutter aus Brasilien mit Gentechnik und Regenwaldabholzung, weg von beengten und strukturlosen Haltungsbedingungen ohne Auslauf und Tageslicht, weg von großen Mengen Antibiotika und den damit verbundenen multiresistenten Keimen und auch weg von den qualvoll langen Tiertransporten; darin stimmen wir Ihnen zu. Wie das im Detail umgesetzt werden soll, müssten wir im Ausschuss besprechen.

Der zweite Aspekt ist die Seuchenprävention, die Sie angesprochen haben. Der Seuchen- und Krankheitsdruck steigt natürlich mit der Größe der Ställe. Je mehr Tiere an einem Ort sind, umso schneller und einfacher können sich Seuchen und Krankheiten ausbreiten. Daher spielt auch hierbei die Stallgröße eine entscheidende Rolle als präventive Maßnahme.

Im Fall eines Seuchenausbruchs müssen diese natürlich bekämpft werden. Im Ausschuss sollten

wir deshalb auch die Gelegenheit nutzen, um über die von Ihnen angesprochenen Bekämpfungskonzepte zu sprechen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Kollegin Frederking. - Der Kollege Daldrup hat sich in die Kollegin Brakebusch verwandelt.

(Zuruf von Frau Brakebusch, CDU)

- Bei mir nicht. Das macht aber nichts. Frau Kollegin, auf jeden Fall haben Sie jetzt für die CDUFraktion das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! DIE LINKE hat nicht nur einen ähnlichen Antrag gestellt wie die GRÜNEN,

(Zuruf von den GRÜNEN)

nein, er erinnert auch sehr an den Antrag der LINKEN, den diese im Juni in den Bundestag eingebracht haben. Trotzdem freue ich mich, dass die Landwirtschaft in diesem Hohen Hause heute eine so große Aufmerksamkeit erhält.

Ich hätte vorhin eigentlich sagen können: Wir haben sogar eine hohe Präsenz gehabt. Da sich die beiden Anträge vom Inhalt her sehr ähneln, hat die Präsenz schon wieder etwas nachgelassen, was ich bedaure. Aber ich denke, wir haben vorhin schon herausgestellt, dass es uns insgesamt auf jeden Fall um das Tierwohl geht.

Ich möchte daher in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es die Bäuerinnen und Bauern sowie die Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Betriebe sind, die mit der Tierhaltung und der Veredlung wesentlich zum Wohlstand unserer Gesellschaft beitragen.

Sie machen uns satt. Ich bekenne mich dazu, dass ich nicht Veganer oder Vegetarier bin; ich esse sehr gern Fleisch.

(Zustimmung von Herrn Kurze, CDU)

Daher möchte ich mich im Namen der CDU-Fraktion recht herzlich auch bei den Mitarbeitern, Bäuerinnen und Bauern bedanken.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie stellen die Frage, wie groß Anlagen für die landwirtschaftliche Nutztierhaltung sein dürfen. Wir sind bei Ihnen, wenn es darum geht, in einem gesellschaftlichen Diskurs Größen zu diskutieren. Hierbei ist auch die Große Koalition auf der Bundesebene auf einem guten Weg. Bundesagrarminister Schmidt setzt mit seiner Initiative Tierwohl sehr viele gute Akzente.

Angesichts von Vorbehalten der Bevölkerung gegenüber Stallneubauten geht eine Forderung nach

Bestandsobergrenzen locker von der Hand. Stallneubauten bedeuten aber auch, wie wir als Fachpolitiker alle wissen, gegenüber einem alten Stall immer ein Plus, immer eine Verbesserung an Tierschutz, da sie den gestiegenen Auflagen entsprechen, aber auch entsprechen müssen.

Sie wollen einen Gesetzentwurf, der pro Standort und pro Region Bestandsdichten nach verschiedenen Faktoren definiert. Offen bleibt hierbei: Was ist ein Standort und was ist eine Region? Sollen verschiedene Arten und verschiedene Ortschaften zusammengefasst werden?

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben solche Auflagen bereits,so dass nicht willkürlich in Deutschland Stallneubauten entstehen können.

Es gab in der letzten Legislaturperiode auf der Bundesebene eine Gesetzesänderung, die die Beteiligung der örtlichen Bevölkerung beim Bau großer gewerblichen Mastställe bereits verbessert hat. Für große gewerbliche Ställe im Außenbereich sind nun ein Bebauungs- sowie ein Vorhaben- und Erschließungsplan notwendig.

Angesichts neuer Entwicklungen, diesen Umstand zu umgehen, ist es jedoch eine Überlegung wert, ob auf Bundesebene - auch Sie wissen, dass es meist Europarecht und Bundesrecht ist, über das wir hierbei reden - die Regelungen nicht noch einmal angepasst werden müssen. Hierdurch würden dem Anliegen nach mehr Mitsprachemöglichkeiten für die Kommunen und die Öffentlichkeit geschaffen.