Als gelernter Agrotechniker freue ich mich jetzt besonders darüber, dass wir Damen und Herren der Fachschule für Agrarwirtschaft Haldensleben begrüßen dürfen. Wir heißen Sie alle herzlich willkommen.
In der Debatte fahren wir fort, indem die Landesregierung das Wort erhält. Bitte Herr Minister Dr. Aeikens.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut und wichtig, dass in diesem Hohen Hause auf der Basis von zwei Anträgen wieder über das Thema landwirtschaftliche Tierhaltung gesprochen wird. Die Frage, wie unsere Nutztiere gehalten werden, ist ein Thema, das unsere Gesellschaft beschäftigt.
Leider schießen einige Akteure in dieser Diskussion über das Ziel hinaus. Vor wenigen Tagen wurde im Bergischen Land ein Bauer von einem Bullen attackiert und kam dabei ums Leben.
Die Tierrechtsorganisation Animal Peace feierte den Bullen daraufhin als Helden und bezeichnete den getöteten Bauern als Sklavenhalter.
Meine Damen und Herren! Diese Äußerungen sind widerlich, menschenverachtend und verunglimpfen einen verstorbenen Landwirt.
Ich bin sehr froh darüber, dass sich die Bundesregierung dieser Thematik angenommen hat, das Thema Tierwohl zu ihrem Thema erklärt hat und dieses durch vielfältige Aktivitäten untersetzt.
Die die Bundesregierung tragenden Parteien CDU und SPD haben in ihrer Koalitionsvereinbarung Folgendes festgelegt - ich darf mit der Genehmigung des Präsidenten zitieren -:
„Wir streben eine flächengebundene Nutztierhaltung an. Ziel ist es, eine tiergerechte Haltung in Deutschland zu fördern. Wir werden überdies einen wissenschaftlichen Diskurs über Größen tiergerechter Haltung von Nutztieren auf den Weg bringen.“
Auch wir in Sachsen-Anhalt widmen uns seit Jahren engagiert diesem Thema. Beginnend mit dem Forum „Nutztierhaltung“, das ich 2011 etabliert habe, haben wir eine breite Diskussion mit Schlussfolgerungen für weitere Arbeiten und Forschungsaufträge angestoßen. Ich freue mich, dass wir in diesem Bereich mithilfe unserer Wissenschaftler zu weiteren Erkenntnisgewinnen kommen.
Meine Damen und Herren! Sachsen-Anhalt hat bundesweit und darüber hinaus Aufmerksamkeit durch ein Tierhaltungsverbot gegenüber einem der größten Tierhalter in Europa erregt. Wie gestern über die Medien bekannt gegeben wurde, wird der Betrieb in Gladau aufgegeben.
Die Missstände hätten längst abgestellt werden können. Ich bedauere an dieser Stelle den Verlust von 40 Arbeitsplätzen. Die Verantwortung dafür trägt aber das Unternehmen, weder die Politik noch die Behörden, meine Damen und Herren.
Die Landesregierung unterstützt nachdrücklich die Bemühungen unserer zuständigen Landräte, das Tierschutzrecht in unseren Ställen durchzusetzen. Kontrollen werden in diesem Jahr übrigens schwerpunktmäßig in Schweinehaltungen durchgeführt.
In den letzten fünf Jahren wurden in SachsenAnhalt insgesamt 27 Tierhaltungsverbote ausgesprochen. Das zeigt einerseits die Sensibilität und die Konsequenz unserer Behörden, das zeigt andererseits aber auch - das sage ich mit Nachdruck -, dass die überwiegende Zahl unserer landwirtschaftlichen Betriebe Tierhaltung ernst nimmt und verantwortungsbewusst und tierschutzrechtskonform betreibt.
Tierhaltung ist eine ethische Verpflichtung. Tierhaltung hat im Rahmen der gesetzlichen Normen zu passieren. Sachsen-Anhalt ist - das will ich an dieser Stelle noch einmal betonen - das Flächenland mit dem niedrigsten Viehbesatz je Hektar. Wir haben allerdings sehr große Bestände an einzelnen Standorten; ein Erbe der DDR.
Leider mussten wir feststellen, dass gerade an Standorten mit sehr umfänglicher Tierhaltung einiges im Argen ist. Das hat uns bewogen, auf der Agrarministerkonferenz im Herbst in Potsdam richtungsweisende Vorschläge einzubringen, um gerade in auffälligen Großbeständen tierschutzkonforme Zustände durchzusetzen.
Ich frage Sie: Was spricht dagegen, in einem Betrieb, der mehrfach auffällig wird, einen über Kontrollgebühren finanzierten amtlichen Tierarzt tätig werden zu lassen, der für tierschutzkonforme Zustände sorgt, meine Damen und Herren?
Ich bedauere sehr, dass mein Vorschlag keine Mehrheit gefunden hat und an eine Arbeitsgruppe überwiesen wurde. Auf der Amtschefkonferenz anlässlich der Grünen Woche habe ich weitere konkrete Schwerpunktthemen benannt, wie die Einführung einer weisungsbefugten sachverständigen Person als Tierschutzbeauftragter in der Nutztierhaltung. Unsere konkreten Vorschläge wurden nur durch Nordrhein-Westfalen unterstützt.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, sehr verehrte Frau Professor Dalbert, verehrte Frau Frederking, dass mich dieses Stimmverhalten der übrigen grünen Agrarminister, die sonst das Thema Tierschutz wie eine Monstranz vor sich hertragen, sehr enttäuscht hat.
Ich will noch einmal etwas zum Thema Kennzeichnung sagen, Frau Frederking. Sie plädieren hier immer für Kennzeichnung dies, Kennzeichnung jenes, Kennzeichnung das. Ich habe auf der Agrarministerkonferenz auch mit Ihren grünen Kolleginnen und Kollegen Erfahrungen zu diesem Thema sammeln dürfen.
Ich bin sehr dafür, dass wir kennzeichnen, wenn Produkte unserer Nahrungsmittelwirtschaft irgendwo in ihrem Herstellungsprozess mit Gentechnik in Kontakt gekommen sind. Wie im letzten „Focus“ nachzulesen, meine Damen und Herren, sind das 70 bis 80 % unserer Nahrungsmittel, weil die Tiere, die unsere Milch geben oder von denen wir Fleischprodukte essen, ganz überwiegend mit genverändertem Soja gefüttert werden.
Dieser Antrag wurde von Ihren grünen Kolleginnen und Kollegen nicht unterstützt, Frau Frederking, meine Damen und Herren!
Was ist das denn, wenn Sie das eine hier fordern und Ihre grünen Kollegen, wenn es ernst wird, nicht mitmachen?
Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem Thema Tierhaltung weisen die vorliegenden Anträge auch die Forderung nach Standortobergrenzen sowie der Anzahl von Standorten auf. Ich sage ganz deutlich: Auch die Vielzahl von Standorten einzelner Tierhalter scheinen nicht immer dem Tierwohl dienlich zu sein.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Herr Rukwied, hat dazu kommentiert, dass diese Art von Satellitenbetrieben nicht dem Leitbild des Deutschen Bauernverbandes entspricht.
Aus den Erkenntnissen der jüngsten Zeit stellen sich Fragen. Rechtssichere Antworten, meine Damen und Herren, erfordern aber mehr als das Nennen einzelner möglicher Bestandsobergrenzen. Meine Damen und Herren, bei diesem Thema müssen wir wissenschaftsbasiert arbeiten.
Es stellt sich natürlich die Frage: Wie ist Tierschutzrecht besser durchzusetzen und zu verbessern? - Ich habe dazu Vorschläge unterbreitet. Sie werden jetzt in den Arbeitsgruppen diskutiert.
Wir werden auch die Diskussion fortsetzen müssen: Was ist Anwohnern und was ist der Umwelt zuzumuten? - Wir sind dort in den Bereichen des Bau-, des Immissionsschutzrechts und im Bereich des Raumordnungsrechtes unterwegs.
Natürlich ist die Frage wichtig, was passiert mit den Exkrementen unserer Tiere, wie steht es um die Stoffkreisläufe. Das Thema Düngeverordnung und die dazu sehr kontrovers geführte Diskussion bewegt zurzeit die agrarpolitische Szene.
besondere in den Regionen mit einem sehr hohen Viehbesatz pro Flächeneinheit, ist nachvollziehbar, dass die EU-Kommission darauf drängt, die Düngung in Deutschland mit strikteren Vorgaben zu versehen.
Meines Erachtens ist der zwischen Bundesminister Schmidt und der Bundesministerin Frau Dr. Hendricks abgestimmte Vorschlag ein Weg, den man beschreiten kann. Der Entwurf der Düngeverordnung ist ein guter Kompromiss zwischen den ökonomischen Interessen der Landwirtschaft und den Umweltinteressen.
Ich möchte als Landwirtschaftsminister des Bundeslandes mit dem niedrigsten Viehbesatz eines deutlich sagen: Vorschriften und Genehmigungsverfahren dürfen nicht zu einem Investitionsverhinderungsprogramm in der Tierproduktion ausarten, meine Damen und Herren.
Die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung konsumiert tierische Produkte. Mir ist lieber, dass die Produktion dieser tierischen Produkte hier erfolgt statt in anderen Regionen,