Protocol of the Session on January 29, 2015

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bergmann, schauen wir mal, ob ich Ihrer Bitte nachkommen kann.

Aufgrund der mehrfachen Landtagsdebatten kennen wir alle die dramatische Situation der Honigbienen im Land. Statt der erforderlichen drei bis vier Bienenvölker pro 100 ha erreichen wir in Sachsen-Anhalt nicht einmal ein Volk. So haben wir diverse Maßnahmen angeschoben, um die Situation zu verbessern. Bienen brauchen nicht nur ein reichhaltiges Angebot an Nektar und Pollen, sie dürfen auch durch Pflanzenschutzmittel nicht gefährdet werden.

Bereits im März 2013 haben wir in unserem Antrag zur Förderung der Bienenhaltung, dem die Fraktion DIE LINKE übrigens zugestimmt hat, gefordert, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die für Bienen gefährlich sind, EU-weit verboten wird. Die Neonikotinoide gehören dazu.

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit schreibt diesen Insektiziden in Bezug auf die Entwicklung und das Überleben von Bienen inakzeptable akute und chronische Risiken zu. Beobachtet wird, dass das Nervensystem der Insekten überlastet ist, was zum Tod führt. Auch die chronischen Wirkungen sind gravierend. Die Bienen werden aggressiv. Ihr Lernvermögen und ihre Orientierung nehmen ab.

Die EU-Kommission entschied daraufhin, den genauen Einfluss der Neonikotinoide durch ein zweijähriges Moratorium festzustellen. Seit dem 1. Dezember 2013 gilt das zweijährige Verbot. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Die vollständigen Auswirkungen des Verbots auf die Rapsbeizung können allerdings frühestens mit der Ernte im Jahr 2015 festgestellt werden, auch wenn schon nach der Aussaat im Jahr 2014 ein erhöhter Befall erkennbar ist und deutlich mehr Behandlungen erforderlich waren.

Es ist jedoch nicht sachgerecht, dass die Fraktion DIE LINKE aufgrund der ersten Erkenntnisse, die noch nicht vollumfänglich sind, eben mal eine neue Chemikalie fordert, die Rapsschädlinge bekämpfen

soll. Wir halten es auch deshalb nicht für sachgerecht, weil eine neue Chemikalie natürlich auch ein Zulassungsverfahren durchlaufen muss. Das ist nicht so schnell möglich, auch wenn - Herr Minister, Sie haben es ausgeführt - eine Notfallzulassung in Aussicht gestellt ist. Aus diesem Grund lehnen wir die erste Forderung im Antrag der Fraktion DIE LINKE ab.

Außerdem muss die Alternative zu den Neonikotinoiden doch nicht zwangsläufig ein Insektizid sein, das womöglich wieder negative Einflüsse auf die Nichtzielorganismen, wie die Bienen, hat. Warum nicht den Schädlingsdruck durch alternative Anbauverfahren und erweiterte Fruchtfolgen mindern?

Daher ist die dritte Forderung in dem Antrag vernünftig, den Leguminosenanbau zu forcieren; die neuen Greening-Regeln werden hierzu hoffentlich positiv beitragen.

Auch der zweiten Forderung im Antrag der Fraktion DIE LINKE können wir zustimmen, dass nach der ersten Ernte ohne Rapsbeizung über die Auswirkungen auf die Rapserträge, den Einsatz von Spritzmitteln und die Bienengesundheit berichtet wird.

Allerdings halten wir den im Antrag genannten Zeitpunkt für einen solchen Bericht, nämlich am Ende des zweiten Quartals 2015, für verfrüht. Daher beantragen wir eine Änderung des Antrags, Herr Czeke, die darauf abzielt, diesen Bericht im dritten Quartal des Jahres 2015 zu erstatten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Im Übrigen meine ich, dass wir in Sachsen-Anhalt mehr Leguminosen anbauen sollten. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Frederking. - Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU Abgeordneter Herr Geisthardt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte heute Mittag eine elfte Klasse eines Gymnasiums zu Besuch. Ich habe die Schüler gefragt, ob sie wüssten, was Neonikotinoide seien. Es hat niemand gewusst, aber man kann Biologie ja auch abwählen. Ich denke, die Mehrzahl der Bürger im Land wird mit diesem Begriff ebenfalls nicht viel anfangen können. Es ist aber wichtig, dass wir darüber sprechen; denn es geht dabei um die Bienengesundheit, es geht um Bestäubungseffekte und es geht natürlich auch um den Pflanzenschutz.

Da die meisten wenig von den biochemischen Dingen wissen, die sich in diesem Zusammenhang er

geben, darf ich an dieser Stelle einen kleinen biochemischen Exkurs machen.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Diese Neonikotinoide sind Nervengifte.

(Unruhe)

Sie wirken relativ selektiv auf das Nervensystem der Insekten und wirken wie das Acetylcholin - -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es wird sicherlich auch fachlich sehr anstrengend. Eine gute Akustik ist daher angebracht.

Neonikotinoide blockieren die Nervenzellen. Es erfolgt kein Abbau durch die Cholinesterase. Somit wirken die Neonikotinoide genauso wie Nervenkampfstoffe. Es kommt zu einem Dauerreiz, es kommt zu Krämpfen und zum Tod der Insekten. Das soll dieses Insektizid auch erreichen. Aber diese Substanzen sind wichtig für den Pflanzenschutz und für den Ernteerfolg; ansonsten hätte man sie wahrscheinlich auch nicht auf den Markt gebracht.

In einem Einzelfall hat eine Verkettung unglücklicher Umstände im Jahr 2008 am Oberrheingraben zu einem Bienensterben geführt. Daraufhin ist der Einsatz der drei bereits genannten Substanzen verboten worden.

Das Problem, das sich insbesondere beim Rapsanbau stellt, ist, dass es nur noch eine Substanz gibt, die verwendet werden darf, und zwar die Pyrethroide. Gegen diese Substanz ist der Rapsfloh in Mecklenburg-Vorpommern bereits resistent. Das heißt, diese Stoffe wirken schon gar nicht mehr. Wir haben keine alternativen Beizen zur Verfügung. Es ist also ein schmaler Grat. Letztlich kann man nur sagen, man hat gut gezielt, aber schlecht getroffen.

Das Verbot dieser Substanzen durch die EU-Kommission - das muss man der Wahrheit halber auch einmal sagen - ist auf einer relativ dünnen Datenlage erfolgt. Alternativen stehen derzeit nicht zur Verfügung. Dadurch wird die ganze Sache deutlich problematischer.

Es gibt Ausnahmenregelungen zur Weiterverwendung dieser Substanzen. Man darf Zierpflanzen und Gartenpflanzen weiterhin damit behandeln. Man kann damit Ameisen bekämpfen. Ich habe den Eindruck, dass die Bienen ganz genau wissen, wohin sie nicht fliegen dürfen. Auch diese Dinge müssen in der Diskussion einmal angesprochen werden.

Es gibt eine Untersuchung, bei der deutsche Landwirte befragt wurden. Im Ergebnis zeigt sich, dass

etwa ein Viertel der Befragten die Entscheidung der EU-Kommission als gut ansehen. Ein weiteres Viertel meint, die Entscheidung sei großer Unsinn. Ein Anteil von 50 % der Befragten meinen, wir müssten unsere Pflanzenschutzregimes umstellen; ob sie dadurch besser würden, wisse man aber nicht; da die Spritzmenge anderer Pestizide zwangsläufig ansteigen werde. Ich glaube nicht, dass das der Bienengesundheit gut tut.

Der Vollständigkeit halber darf ich noch sagen, dass es eine Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen den Beschluss der EU-Kommission gibt. Dieser Klage hat sich auch der englische Bauernverband angeschlossen. Ich denke, im Sinne unserer Landwirtschaft ist es nötig, dass rasch Lösungen gefunden werden. Diese müssen, sofern dies nötig ist, auch unkonventionell sein.

Ich denke, wir sollten das Thema zügig in den Ausschüssen für Landwirtschaft und Forsten - er sollte federführend sein - sowie für Umwelt - er sollte mitberatend sein - erörtern. Wir sollten uns von nichtwissenschaftlichen Überlegungen zu diesem Thema fernhalten; alles andere wäre von Schaden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Kollege Geisthardt. - Zum Abschluss der Debatte spricht der Abgeordnete Herr Czeke für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als sich Frau Dalbert vorhin für die Überweisung ihres Antrages bedankt hat, habe ich gedacht: Wenn ich das heute noch erleben kann, wäre ich zufrieden. Ich habe es fast nicht geglaubt. Ich bedanke mich hiermit genauso für die Überweisung des Antrages und für seine Behandlung im Ausschuss.

(Herr Borgwardt, CDU: Tiefstapler!)

Dass der Minister die Zahlen bereits genannt hat, ist gut. Wir dürfen wahrscheinlich auch mit Ausfällen am Raps von über 30 % rechnen. Das ist nur eine erste Schätzung. Es besteht wieder dieses Dilemma: Die Landwirte sagen, die Biene müsse natürlich geschützt werden; denn wir brauchen sie als Bestäuber. Wir haben diese Thematik bereits besprochen. Aber die Kosten tragen die Landwirte dann auch allein.

Herr Geisthardt, ich bin bei Ihnen. Sicherlich kann man Biologie in der elften Klase abwählen. Aber ein Abitur nur mit den Fächern Schulgarten - Schulgarten wird nicht mehr unterrichtet, weil wir keine Lehrer haben - und Nadelarbeit abzulegen, ist naturwissenschaftlich nicht mehr viel wert. Aber wenn

Sie den Schülern mit den Bienen und mit der Bestäubungsmethodik gekommen wären, hätten sie auch gewusst, wovon Sie reden.

Herr Bergmann, es trennt uns das sagenumwobene Blatt Papier und seine Stärke nicht voneinander; denn ein Totalverbot halte ich für sehr schwierig. Kollege Geisthardt hat die dünne Datenlage ebenfalls angesprochen. Auch die EFSA widerspricht sich in diesem Punkt ein wenig: Es wird von einer Gefährdung gesprochen, ein anderes Mal von einem hochgradigen Risiko. Das wird auch begründet.

Vielleicht kommen wir um ein Totalverbot nicht umhin, solange keine andere Möglichkeit geschaffen wurde, und wenn diese nur phytosanitär daherkommen kann, und zwar durch eine bestimmte Fruchtfolge oder durch eine Zwischenfrucht, die wir jetzt noch nicht kennen.

Frau Kollegin Frederking, es muss nicht immer die chemische Keule sein. Aber wenn der vom Minister erwähnte Erdfloh in einer enormen Größenordnung zuschlägt - - Vielleicht gibt es auch einen „Piepmatz“, der sich auf diesen Erdfloh spezialisiert.

Die EFSA ist wahrlich nicht als die Speerspitze der ökologischen Bewegung bekannt. Angesichts ihrer konservativen Grundeinstellung ist ein temporär befristetes Verbot angezeigt. Ich stimme zu, dass eine Alternative sofort ohnehin nicht verfügbar ist.

Die Wissenschaft kann man nicht zwingen; das ist auch gut so. Aber man kann das eine oder andere befördern oder auch fördern und hierfür Mittel einsetzen. Das wäre vielleicht auch möglich.

Kollegin Frederking, es gab keine Antwort auf die Frage, was mit denjenigen passiert, die diese Anwendung nicht mehr haben und die Schäden hinnehmen müssen. Die Ernten fehlen in der Weiterverarbeitung und in der Ernährungskette. Auch Einrichtungen der Weiterverarbeitung stehen dann leer und die Wertschöpfung bleibt aus. An dieser Stelle ist es dann tatsächlich nötig, umzusteuern.

Herr Minister, die Durchführungsverordnung der EU-Kommission stammt aus dem Jahr 2013; so ganz überraschend lag sie also nicht vor. Außerdem wurde das schon im Deutschen Bundestag erörtert. Der damalige Staatssekretär hat erklärt, dass er das Begehren der GRÜNEN und der LINKEN unterstütze. In meinem Papier steht aber auch, dass die damalige Bundesministerin auf der EU-Ebene den Prozess blockiert hat. Wenn Sie das ein wenig unterstützen könnten, dann haben wir für die Sache viel gewonnen.

Wie sollten uns in den Ausschüssen darüber verständigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Kollege Czeke. - Damit ist die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 14 beendet. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren. - Kollege Striegel, bitte.

Wir bitten darum, über die einzelnen Punkte des Antrages separat abzustimmen.