Protocol of the Session on December 12, 2014

Diese Norm verhindert, dass theoretisch denkbare Briefwahlmissbräuche durch Massenvollmachten, bei denen eine Person eine Vielzahl von Wahlberechtigten vertreten will, auftreten können. Zudem grenzt sie die Herausgabe an andere Personen als den Wahlberechtigten auf einen kleinen Personenkreis von vier Wählerinnen oder Wählern ein. Diese Regelung findet sich auch so im Bundes- und im Europawahlrecht und in unserem Landeswahlrecht wieder und hat sich bei zahlreichen Wahlen bewährt.

Auch bei Einhaltung aller Rechtsvorschriften seitens der Wahlbehörden können - das ist banal,

aber ich sage es trotzdem noch einmal - leider bei entsprechender krimineller Energie Wahlfälschungen als strafbare Handlung nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Deswegen - ich glaube, darin sind wir uns einig - müssen sie, wenn sie erwiesen sind, auch konsequent geahndet und hart bestraft werden.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist es!)

Gesetz- und Verordnungsgeber sind gleichwohl gehalten, die Regelung der Briefwahl regelmäßig in Anbetracht neu auftretender Entwicklungen zu überprüfen und fortzuentwickeln. Das ist ja, wie gesagt, auch gerade geschehen vor den Ereignissen in Stendal; es wird auch jetzt wieder geschehen. Die Notwendigkeit einer maßvollen Anpassung der Vorschriften der Kommunalwahlordnung wird daher derzeit vom Wahlbereich des Innenministeriums abermals geprüft.

Wichtig ist jedoch auch dabei eine Abwägung der verschiedenen Wahlrechtsgrundsätze, um zu verhindern, dass einzelne dieser Grundsätze unverhältnismäßig stark eingeschränkt werden oder in erheblichem Maße leerzulaufen drohen. Ich sage deswegen noch einmal: Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen darf nicht unverhältnismäßig in das Briefwahlverfahren eingegriffen werden.

(Zuruf: Eben!)

Die Zulassung der Briefwahl dient dem Ziel einer umfassenden Wahlbeteiligung, also der Gewährleistung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl. Daher müssen gerade auch die Regelungen zu den Vollmachten einigermaßen praktikabel ausgestaltet sein, um das Briefwahlverfahren nicht faktisch ins Leere laufen zu lassen.

Insofern darf der Einzelfall Stendal nicht Anlass für eine generelle Verdächtigung aller an der Briefwahl teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger als potenzielle Wahlfälscher sein und nicht zu einer massiven Erschwerung der Briefwahl für alle gesetzestreuen Wähler führen.

Es bedarf einer fundierten Prüfung, um zu entscheiden, ob eine erneute maßvolle Fortentwicklung der Schutzvorschriften zur Briefwahl erforderlich und sinnvoll ist. Daran arbeitet das Innenministerium zurzeit. Es ist gern bereit - das darf ich in Vertretung des Innenministers sagen -, den Innenausschuss über weitere Einzelheiten zu unterrichten und ihn natürlich auch in die weitere Auswertung einzubeziehen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Staatsminister Robra. Es gibt zwei Nachfragen. - Zunächst der Abgeordnete Steppuhn.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, zunächst einmal möchte ich dem Kollegen Striegel darin Recht geben, was ich nicht oft tue, dass die Wahlfälscheraffäre in Stendal untrennbar mit dem Namen der CDU in Sachsen-Anhalt verbunden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU - Unruhe)

- Bleibt mal ruhig. - Ich würde Ihnen gern eine Frage stellen. Heute Morgen war in der „Volksstimme“ in Stendal zu lesen, dass Innenminister Stahlknecht den CDU-Kreisvorsitzenden auf der letzten Aschermittwochsveranstaltung in Stendal als „guten Netzwerker“ und als „Paten von Stendal“ gelobt hat. Können Sie mir erklären, was darunter zu verstehen ist?

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Herrn Felke, SPD)

Ich kann Ihnen dazu sagen, dass ich weder Aschermittwochsveranstaltungen durchführe noch Veranstaltungen kommentiere, die Dritte durchgeführt haben.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Das überrascht nicht! Das würde auch mein Vorstellungsvermögen sprengen! - Heiterkeit)

- Das war ja fast ein Beitrag zum Aschermittwoch.

Herr Staatsminister, dann möchte ich Sie fragen: Wie würden Sie denn eine solche Aussage interpretieren?

(Zurufe von der CDU)

Herr Steppuhn, ich habe Ihnen gerade gesagt, dass ich das nicht tue.

(Zurufe von der CDU)

Sie sollten die Landesregierung mal antworten lassen.

Nein, ich kommentiere Aschermittwochsveranstaltungen nicht, egal, wo sie stattfinden und wer dabei redet.

(Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Augenblick mal! Es gibt das Recht zu fragen. Es ist nicht mein Recht zu werten, aber es ist unser Recht, alles zu hören, wenn eine Antwort gegeben wird. Von daher bitte ich zuzuhören.

Ich denke, ich habe das beantwortet.

Ist das akustisch angekommen?

(Herr Lange, DIE LINKE: Ich habe es nicht gehört!)

Es ist vielleicht akustisch nicht angekommen. Ich sage es jetzt zum dritten Mal: Aschermittwochsveranstaltungen kommentiere ich nicht, egal wo sie durchgeführt werden, egal wer dort redet, und egal was dort jemand sagt - und hier im Landtag schon gar nicht.

Das ist auch eine Aussage, Herr Staatsminister.

Ja.

Das soll ja kein Dialog werden. - Es gibt noch eine weitere Nachfrage von Frau Kollegin Dr. Paschke.

(Herr Schwenke, CDU: So viel Geistlosigkeit!)

Herr Staatsminister, die Regelung des § 25 Abs. 6a der Kommunalwahlordnung - Sie haben darauf verwiesen - ist relativ spät vor der Kommunalwahl, nämlich im Dezember 2013, verabschiedet worden. Im Mai 2014 fand dann die Kommunalwahl statt. Können Sie kurz darstellen, wie das Ganze zwischen den Ebenen, die damit befasst sind, kommuniziert wurde? Was hat das Innenministerium außer der Veröffentlichung unternommen, damit alle Bescheid wissen?

Ich frage das vor dem Hintergrund, dass die Mitarbeiter der Stadt Stendal angeblich vor der Situation standen, dass sie das nicht wussten, und dass es nach Zeitungsinformationen auch eine Anfrage an den Kreis gab, und zwar zu dem Zeitpunkt, als die erste Mitarbeiterin der CDU mit mehr als vier Vollmachten in der Stadt aufgetaucht ist. Nach Presseinformationen hat der Kreis gesagt, das könne man ruhig.

Deshalb meine Frage: Was wird seitens der Landesebene zwischen den Ebenen an Kommunika

tion geleistet, damit dies tatsächlich in den Gemeinden und Kreisen ankommt? Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage: Können Sie mir sagen, warum auf den Wahlunterlagen, im Gegensatz zur Europawahl, nicht ausdrücklich gekennzeichnet ist, dass ein einzelner Beauftragter nur vier Vollmachten einholen darf? Das ist nach meinen Informationen auf dem Wahlschein der Europawahl gängige Praxis. Auf dem Wahlschein zur Kommunalwahl war das nicht der Fall. Liegt das an den Vorgaben aus dem Ministerium? Oder liegt das an den Ebenen, die darunter aktiv sind?

Lassen Sie mich zunächst sagen, dass die Verwaltung - das steht in der Landesverfassung - an Recht und Gesetz gebunden ist. Das schließt die Verpflichtung ein - ich habe kein Verständnis dafür, wenn dies nicht geschieht -, dass Verwaltungsmitarbeiter zumindest die gesetzlichen Grundlagen, die ihren Fachbereich betreffen, im Gesetz- und Verordnungsblatt nachvollziehen, nachverfolgen. So kompliziert - darin bin ich mit Ihnen einig - ist das, was im Gesetz steht, nicht.

Ich weiß, dass doppelt genäht manchmal besser hält. Welche zusätzlichen Informationen aus dem Innenministerium zur Erläuterung oder Erklärung dieser Norm abgegeben worden sind, kann ich jetzt auf Anhieb nicht sagen. Dazu müsste ich mich selbst erst sachkundig machen. Aber der Grundsatz muss sein - das ist für mich schlicht und ergreifend eine Frage der Leistungsfähigkeit unserer kommunalen Verwaltung -, dass die den jeweiligen Fachbereich betreffenden gesetzlichen, verordnungsrechtlichen und auch Erlassregelungen kontinuierlich beobachtet, verarbeitet und umgesetzt werden.

Wenn der Wahlschein bei der Kommunalwahl unter den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen anders gestaltet war als bei der Europawahl, der Bundestagswahl oder der Landtagswahl, dann könnte das eine der Fragen sein, die man bei der weiteren Verifikation des Verfahrensstandes und der Verbesserungsmöglichkeiten unterhalb der gesetzlichen Ebene in die Überlegungen einbezieht. Einen wirklich zwingenden Grund für eine andere Gestaltung sehe jedenfalls ich nicht.

Es gibt noch eine Nachfrage der Kollegin Frau Dr. Paschke, und dann Herr Kollege Gallert.

Ich habe das vorhin vergessen. Ich möchte noch etwas fragen. Sie haben gesagt, die Landesregierung sei derzeit bezüglich der Fragen der rechtlichen Gestaltung der Wahlverfahren im Prüfver

fahren. Würden Sie mit mir darin übereinstimmen, dass wir bei den Punkten 2 und 3 unseres Antrags im Wesentlichen konform gehen?

Das kann und will ich jetzt nicht sagen. Das Innenministerium prüft die Dinge und ist auch bereit, dieses Thema im Innenausschuss weiter zu behandeln. Mehr möchte ich hier im Moment auch mangels unmittelbarer Zuständigkeit für das Wahlrecht gar nicht sagen.

Kollege Gallert.

Herr Robra, Sie sprechen hier heute nicht als Jurist, sondern als Vertreter der Landesregierung, die politisch zu Verfahren Stellung nimmt.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Das musste ich vorausschicken, weil man das bei Ihnen sonst nicht so genau weiß.