Meine Damen und Herren! Der Staatsvertrag ist mittlerweile - das ist schon erwähnt worden - in sieben Bundesländern mit ganz unterschiedlichen politischen Konstellationen und zum Teil mit einer breiteren als der jeweiligen Regierungsmehrheit verabschiedet worden. Ich denke, auch das ist beachtenswert.
Dessen ungeachtet aber waren in den letzten Tagen und Wochen vermehrt kritische Töne zu hören. Uns erreichte eine Reihe von Anschreiben. Dabei sind meiner Meinung nach einige Kritikpunk
te überzogen. Einiges lässt sich bei einem genaueren Blick in den Staatsvertrag entkräften. Es gibt aber auch Punkte, die es verdienen, noch einmal im Ausschuss vertieft behandelt zu werden.
Konkret die §§ 8 und 9 zur Anzeigepflicht bzw. zum Auskunftsrecht sollten uns noch einmal beschäftigen. Hier steht im Raum, dass die neuen Regelungen über das bisherige Verfahren im Rundfunkgebührenstaatsvertag hinausgehen. Dem sollten wir nachgehen. Ich plädiere deshalb dafür, sowohl die GEZ als auch unseren Landesdatenschutzbeauftragten noch einmal konkret dazu anzuhören.
Meine Damen und Herren! Es ist bereits erwähnt worden: In der Drucksache liegt uns der Entwurf eines Artikelgesetzes vor. Bei genauerem Studium fällt auf, dass neben dem, was für die Umsetzung des Staatsvertrages erforderlich ist, auch Punkte Eingang gefunden haben, die damit nichts zu tun haben. Diese Punkte sollten wir abkoppeln und uns dafür mehr Zeit nehmen. Auch spricht vieles dafür, dann eine größere Anhörung durchzuführen. Ich denke, dies würde auch der Opposition entgegenkommen.
Lassen Sie mich kurz auf das Landespressegesetz eingehen. Wenn wir novellieren wollen, dann sollten wir uns die Frage stellen, ob es allein bei den sicherlich berechtigten Änderungen des vorgelegten Artikels 7 bleiben sollte oder ob uns nicht auch andere Aspekte beschäftigen müssen.
Vielen dürfte die Situation von Redakteuren einer unserer großen Tageszeitungen im Land bekannt sein, die von immer schwierigeren Arbeitsbedingungen geprägt ist. Dessen sollten wir uns annehmen. Fragen der inneren Pressefreiheit spielen damit zum Beispiel eine viel größere Rolle.
Meine Damen und Herren! Ich plädiere für eine Überweisung dieses Gesetzentwurfes in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien. Lassen Sie uns dort die angesprochenen Punkte weiter verfolgen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Felke. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Kollege Herbst. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stellt neben dem verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrag von Information und Bildung einen unentbehrlichen Bestandteil der Medienbreite dar. Dafür muss er über eine ausreichende und stabile finanzielle Ausstattung verfügen. Das Medienrechts
änderungsgesetz soll diese finanzielle Ausstattung für die Zukunft gewährleisten und damit auch einen Beitrag dazu leisten, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihren verfassungsmäßigen Auftrag noch angemessen erfüllen kann.
Eine Reform ist schon seit der Festigung des dualen Rundfunksystems überfällig. Die Ausbreitung der privaten Konkurrenz macht es immer schwieriger zu rechtfertigen, dass die Bürgerinnen und Bürger für Radio und Fernsehen Gebühren zahlen sollen. Das grundsätzliche Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk jedoch ist eine Konstante in der deutschen Politik; und das zu Recht.
Öffentlich und rechtlich - das verpflichtet auch zu Transparenz und Rechtschaffenheit. Das heißt auch, dass neben einem hohen Nutzwert für die Bürgerinnen und Bürger stets erkennbar sein muss, warum sie Beiträge in welcher Höhe zu entrichten haben, was damit geschieht und weshalb die öffentlich-rechtlichen Anstalten eine wichtige Rolle bei der Meinungsbildung in einer Demokratie wie der Bundesrepublik Deutschland spielen.
Aber wir sagen auch: Politik, Landesmedienanstalten und GEZ müssen in gleicher Weise ihrem Auftrag nachkommen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu einem zukunftsfähigen Konstrukt zu machen. Dass der Einfluss der Politik auf ein geringes Maß beschränkt ist, gibt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Freiheiten und die Unabhängigkeit, die ihn in unserer Medienlandschaft so wertvoll machen.
Wenn aber Intransparenz, Finanzskandale und undurchsichtige Transaktionen den Eindruck entstehen lassen, diese Verfehlungen seien dem öffentlich-rechtlichen System immanent, dann erschüttert dies nicht nur das Vertrauen der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, sondern dann ist dieses Verhalten in höchstem Maße geeignet, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk selbst das Wasser abzugraben.
Wir sagen entschieden: Nein, derartige Skandale sind nicht systemimmanent. Vielmehr zeugen sie von einer schlechten Gremienaufsicht, von mangelndem Aufklärungswillen und einem verqueren Verständnis von der Stellung einer mit öffentlichen Mitteln finanzierten Rundfunkanstalt in unserer Gesellschaft.
Mit dem bisherigen System des Gebühreneinzugs, mit der gerätebezogenen Erhebung für Fernsehgeräte, Radios und neuartige Rundfunkgeräte gelang es weder Vertrauen noch Transparenz noch Gebührengerechtigkeit zu vermitteln. Im neuen Gebührensystem der Haushaltsabgabe sehen wir ein gerechteres und einfacheres Finanzierungsmodell realisiert, das sich nahe an der grünen Idee einer Mediengebühr orientiert. Diesen Modellwechsel unterstützen wir.
Mit der Neuregelung erhoffen wir uns auch eine Abkehr von den bisherigen Praktiken der GEZ und der Landesrundfunkanstalten. Der Einsatz freiberuflicher Gebührenfahnder, die gegen Provision nach Beitragssündern suchen, ist eines der unrühmlichen Kapitel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, übrigens auch des MDR, der auf diesem Gebiet zeitweise sehr aktiv war. - So weit dann auch schon die begrüßenswerten Änderungen, die durch das Gesetz in Kraft gesetzt werden sollen. Eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jedoch bedarf weiterer deutlicher Schritte.
Natürlich muss ein Ziel auch im Bürokratieabbau bei der GEZ liegen. Stattdessen ist im Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein Personalaufwuchs geplant. Auch hat sich die GEZ in der Vergangenheit als Datenkrake herausgestellt mit einer der größten Datensammlungen über die Einwohner der Bundesrepublik. Aber statt mit einer Neuregelung einen Fokus auf die Datenvermeidung und auf Datensparsamkeit zu legen, streckt die Krake noch einmal richtig die Tentakeln aus. Dies bereitet uns Sorge.
Die sehr weitreichenden Befugnisse zur Datenerhebung stehen dem Prinzip der Datensparsamkeit entgegen. So wenden wir uns gegen die vorgesehene Auskunftspflicht von Vermieterinnen und Vermietern. Ebenso erforderlich wäre es, den Datentausch zwischen den Rundfunkanstalten zu unterbinden und die Datenabfrage auf die Meldeämter zu beschränken. Außerdem müssen die bei den Meldeämtern abgefragten Daten sofort nach ihrer Verwendung vernichtet werden. Es gibt keinen Grund dafür, sie zwölf Monate lang zu speichern. Auch die Möglichkeit des Datenerwerbs durch Adressenhandel sehen wir sehr kritisch.
Die Krönung der unnötigen Sammelwut aber verbindet sich wohl mit der vorgesehenen Pflicht, bei der Abmeldung einen - Zitat - „die Abmeldung begründenden Lebenssachverhalt“ anzugeben. Nicht nur Menschen, die ihr Leben nicht bloß in Abschnitte von Sachverhalten einteilen, dürfte dieser Passus zu Recht Bauchschmerzen bereiten.
Trotz des mit dem neuen Rundfunkstaatsvertrag einhergehenden Paradigmenwechsels in der Finanzierung sehen wir daher den vorliegenden Gesetzentwurf sehr kritisch und werden unser endgültiges Abstimmungsverhalten nach den Ausschussberatungen und einer hoffentlich stattfindenden Anhörung festlegen.
Die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den wir alle gern erhalten möchten, wird durch ein neues Gebührensystem allein nicht gesichert sein. „Öffentlich“ und „rechtlich“ verpflichtet auch zu mehr Leistung und zu mehr Service gegenüber den Beitragszahlern. Es verpflichtet zu einem Pro
gramm, das seinen Anspruch an Qualität nicht zunehmend der Bedeutung von Quoten unterwirft, zu einem Programm, das dem gesetzlich festgeschriebenen Bildungsauftrag gerecht wird und ausgewogen berichtet. Nicht zuletzt verpflichtet „öffentlich“ und „rechtlich“ zu einem verantwortungsvollen Management und zu einer funktionierenden Gremienaufsicht, damit sich die aktuellen und zahlreichen vergangenen Skandale auch in unserem Bundesland nicht wiederholen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Staatsminister Herr Robra hat in seiner Einbringung das Entscheidende zu diesem Vierten Medienrechtsänderungsgesetz gesagt. Zweifellos müssen in Umsetzung des Staatsvertrages auch Vorschriften im Mediengesetz, im Landespressegesetz, im Meldegesetz und in weiteren melderechtlichen Vorschriften sowie im Verwaltungsvollstreckungsgesetz umgesetzt werden.
Man kann das zusammengesetzte Gesetzeswerk der Landesregierung auch so deuten, dass die Landesregierung hinsichtlich der Ratifizierung in den Ländern weiter optimistisch bleibt. Die Hälfte der Bundesländer hat es bereits beschlossen, aber die Hälfte steht auch noch aus.
Trotzdem bin ich wie Sie, Herr Felke, dafür, die Zustimmung zum Staatsvertrag abzukoppeln von den Diskussionen über die sich aus dem Staatsvertrag ergebenden notwendigen Rechtsanpassungen.
Kernpunkt dieses Gesetzentwurfs ist, wie von allen Vorrednern schon angesprochen, Artikel 1, das Gesetz zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Ich möchte ganz kurz an die Situation vor mehreren Jahren erinnern, bevor die Diskussion in Gang gekommen ist. Wir hatten die gerätebezogene Erfassung für die Rundfunkgebühr, die parteiübergreifend als nicht mehr zeitgemäß eingeschätzt wird. Das sehen auch wir so.
Wir haben den Zustand gehabt, dass die GEZ mit Schnüffelaktionen versucht hat, die Gebühren einzutreiben und einzuziehen, was auf sehr viel Unverständnis in der Bevölkerung gestoßen ist. Wir, die CDU-Landtagsfraktion, haben schon im Jahr 2008 die Abschaffung der GEZ gefordert, weil uns das über war.
Die politische Entwicklung ging dann so weit, dass Herr Professor Dr. Kirchhof beauftragt wurde, ein Gutachten zu erstellen, wie denn die Rundfunk
gebühr zukünftig aussehen könnte. Er hat im Frühjahr 2010 sein Gutachten vorgestellt und die Haushaltsabgabe als die Lösung in den politischen Raum gegeben.
Meine Damen und Herren! Die Beratungen danach sind gelaufen. Wichtig war für uns als CDU immer, dass es bei allen Diskussionen über die Haushaltsabgabe nicht zu einer Erhöhung des Beitrages über 17,98 € hinaus kommt, dass wir also einen stabilen Beitrag behalten.
Der Landtag muss nun bis spätestens Dezember dieses Jahres eine positive Entscheidung treffen, wenn er dem Vertragswerk zustimmen will. Die übrigen Rechtsmaterien, die zweifellos geregelt werden müssen, können wir im Anschluss mit der notwendigen Sorgfalt diskutieren. Diese Zeit sollten wir uns, wenn notwendig, auch für jeden Fall nehmen.
Die Regierungschefinnen und -chefs der Länder haben den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in der Zeit vom 15. bis zum 21. Dezember 2010 unterzeichnet. Jeder Parlamentarier weiß um die begrenzte Mitbestimmung eines Landtages nach der Unterzeichnung durch die Ministerpräsidenten. Ratifizierung bedeutet, entweder zuzustimmen oder abzulehnen. Rechtliche Änderungen können wir nicht mehr vornehmen.
Aber der Teufel steckt wie immer im Detail; es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, darum herumzureden. Schon im Vorfeld der Unterzeichnung des Staatsvertrages durch die Regierungschefs war insbesondere Kritik an der Einbeziehung der gewerblichen Wirtschaft in die Erhebung des Gesamtgebührenaufkommens laut geworden.
Deswegen hatte sich der Landtag von SachsenAnhalt auf Initiative der CDU-Fraktion und übrigens als einziges unter 16 Landesparlamenten bereits vor der Unterzeichnung des Staatsvertrages mit der Problematik durch eine umfangreiche Anhörung im Medienausschuss im November 2010 eingehend befasst. Bei dieser Anhörung ist vor allen Dingen deutlich geworden, dass zunächst der Übergang zur Wohnungsabgabe im privaten Bereich die Voraussetzung für ein gerechteres Finanzierungssystem schafft.
Es wurde aber auch Kritik geäußert. Kritisch beurteilt wurde, wie die Kfz-Regelungen für den nicht-privaten Bereich getroffen worden sind. Diese Kritik ist dann in den Landtagsbeschluss vom 9. Dezember 2010 geflossen. Daraus möchte ich kurz zitieren - das ist, wie gesagt, kein Antrag, sondern ein Beschluss dieses Landtages -:
„Die Einbeziehung von Kraftfahrzeugen im gewerblichen, selbständigen, gemeinnützigen und öffentlichen Bereich nach § 5 … des Entwurfs des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages in die Ermittlung
des Gesamtaufkommens entspricht nicht der Idee eines geräteunabhängigen Beitragssystems. Die Landesregierung ist aufgefordert, darauf hinzuwirken, insoweit eine aufkommensneutrale Änderung des Staatsvertragsentwurfs herbeizuführen.“
Auf die Frage an den Redner von der CDU-Fraktion, was er denn vom Ministerpräsidenten erwarte, wenn dies nicht durchsetzbar sei, hat der sehr geehrte Kollege Borgwardt, der gerade nicht anwesend ist, gesagt: Dann erwarten wir, dass der Staatsvertrag nicht unterzeichnet wird. - Aber er wurde unterzeichnet, und zwar aus den Gründen, die Staatsminister Robra in seiner Rede vorhin genannt hat.
Meine Damen und Herren! Auch ist es nicht das richtige Signal - so viel zur weiteren Kritik -, wenn die Pro-Kopf-Belastung eines kleinen Unternehmens bei der derzeitigen Gestaltung der Beitragsstaffelung deutlich höher ist als bei Großbetrieben mit 10 000 oder mehr Mitarbeitern.
Wir müssen in der ganzen Entwicklung aber auch deutlich sagen, dass es schon wesentliche Veränderungen zum Positiven gegeben hat. Dank der politischen Anstrengungen der CDU-Fraktion sind Anpassungen bei der Beitragsstaffelung vorgenommen worden. Für die Kleinstbetriebe war zunächst eine volle Beitragsstaffel vorgesehen. Diese hat man zwischenzeitlich auf einen ermäßigten Beitrag abgesenkt.
Auch bei vielen Ausnahmetatbeständen hat es erfreulicherweise Bewegung gegeben. Ich möchte nur daran erinnern, dass bei den Filialbetrieben pro Filiale ein Kfz freigestellt wird und dass auch die Zuordnung der Kraftfahrzeuge in diesen Betrieben frei gewählt werden kann. Das heißt also, dass ein Betrieb mit zehn Fahrzeugen und zehn Filialen für keines dieser Fahrzeuge eine Gebühr bezahlen muss.
Durchsetzen konnten wir aus dem politischen Raum auch, dass in zwei Jahren eine Evaluierung der Rundfunkgebühr zu erfolgen hat und dass dann auch eine Überprüfung der Kfz-Regelung mit dem Ziel, diese herauszunehmen, zu erfolgen hat.
Viele Bundesländer haben im Zuge der Ratifizierung einen Entschließungsantrag zu diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf den Weg gebracht, der zum Ziel hat, die Kfz-Regelungen wieder herauszunehmen, um politischen Druck aufzubauen, damit dies in zwei Jahren bei der Evaluierung so erfolgt. Meine Damen und Herren, das macht mir Hoffnung, dass wir bei der Evaluierung durchsetzen können, diese Regelung, die ich selbst nicht für richtig halte, herauszunehmen.