Protocol of the Session on September 8, 2011

Nun erlauben Sie mir, dass ich heute einmal etwas ablese, um die Gefühlslage von Beamtinnen und Beamten klar zu machen. - Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung lese ich ab. - Das Zitat ist auf der Homepage „linksunten.indymedia.org“ zu finden. Es ist vom 31. August 2011. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ganz aktuell.

„Tod den deutschen Polizisten. Wir fordern den Tod der Berliner Polizisten. Insbesonde

re von den Polizisten, die am vergangenen Freitag auf dem Alexanderplatz in Berlin mehrere Leute brutal angegangen sind.“

(Herr Weihrich, GRÜNE: Was wollen Sie damit sagen?)

- Das sage ich Ihnen gleich.

„Diese menschenverachtenden Missgeburten“

- gemeint sind die Polizeibeamten -

„haben nur den Tod verdient. Jetzt wird keine ruhige Hand mehr gehalten. Die Berliner Bullen sollen in Zukunft auf ihrem Nachhauseweg am Feierabend lieber etwas aufpassen oder privat, wenn sie unterwegs sind, denn es könnte unangenehm für sie werden. Wir wissen, wo bekannte Bullen wohnen und werden Besuche durchführen. Und diese Besuche werden nicht gut ausgehen.“

(Herr Weihrich, GRÜNE: Wir wollen, dass sie anonym bleiben!)

- Jetzt lassen Sie mich reden. Es kann sein, dass Sie es gut finden, dass ich das vorgelesen habe, dann sagen Sie mir das bitte lieber erst nachher.

Jetzt versetzen Sie sich einmal in die Lage von Polizeibeamtinnen und -beamten, die in dem Einsatz sind und die so etwas lesen müssen. Dann sind wir bei der Frage der Notwendigkeit; denn wenn man bei einem geschlossenen Einsatz plötzlich einen Aufruf hat „Tod dem Polizisten mit der Nummer 07 85“ oder „Tod dem Polizisten mit der Nummer 137“, dann ist dieser möglicherweise nicht unbedingt identifizierbar, weil man die Nummer hinterher austauschen kann. Aber, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die individuelle Betroffenheit dürfte bei demjenigen Beamten, der die Nummer getragen hat, doch wohl ganz entscheidend vorhanden sein.

Insofern bin ich der Auffassung: Solange wir keine zwingende Notwendigkeit in diesem Land haben, weil wir jede gegen einen Beamten angezeigte Straftat auch im geschlossenen Einsatz aufklären können,

(Herr Striegel, GRÜNE: Das können Sie nicht aufklären!)

- Sie können doch nicht die Statistik verändern - müssen wir doch nicht den Beamtinnen und Beamten, die täglich draußen sind, die unter diesen Umständen arbeiten müssen, noch eine zusätzliche Erschwerung ihrer Arbeit zumuten. Deshalb wollen wir es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, es gibt eine Frage.

Am Ende. - Ich kann mir vorstellen, dass man bis auf Gruppenstärke identifiziert, bis auf sieben und dann ist das weiter eingrenzbar.

Aber ich habe Verständnis für die Emotionen und auch für die innere psychische Einstellung derjenigen, die wir jede Woche in diesem Lande rausschicken müssen, weil Gewalt auf Demonstrationen mittlerweile so gesellschaftsfähig ist, dass das keiner von Ihnen hier wirklich - bis auf Frau Tiedge - erwähnt hat.

Wir müssten eher die Frage stellen: Warum brauchen wir in diesem Land überhaupt vermummte Beamte? In Artikel 8 des Grundgesetzes, meine Damen und Herren, steht: Demonstrationsfreiheit ist friedlich und ohne Waffen. Warum müssten wir dann vermummte Beamte rausschicken, wenn alle friedlich und ohne Waffen demonstrieren würden?

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wir müssten uns anstelle dieser Frage einmal mit der gleichen Intensität Gedanken darüber machen, ob wir das mittlerweile gesellschaftlich als normal empfinden, sogar dazwischenrufen, wenn ich so etwas vorlese. Nein, das tun wir nicht, sondern wir überlegen, ob die Polizei in diesem Lande, wenn sie Straftaten begeht, rechtsstaatlich verfolgt werden könnte.

Dafür habe ich Verständnis, aber über die Ursache dafür, dass wir das Grundgesetz in diesem Land in Teilen missachten, weil nicht mehr friedlich und ohne Waffen demonstriert wird, möchte ich reden. Solange wir keine Notwendigkeit haben, sage ich Ihnen aus der Sicht der CDU und auch aus der Sicht meines Hauses, wollen wir - darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein - keine individuelle Kennzeichnung.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Gestatten Sie mir noch einen Hinweis: Die Nummerierung von Polizeibeamten beinhaltet am Ende, auch aus Sicherheitsgründen gewollt, immer für den jeweiligen Moment die Entindividualisierung. Das ist so. Insofern habe ich Verständnis dafür, wenn der Herr Ministerpräsident eine Aversion dagegen hat. Nichts anderes hat er gesagt. In diesem Lande steht auch einem Ministerpräsidenten eine eigene Meinung zu.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Sie können ihm doch nicht unterstellen, nur weil er eine Aversion gegen eine Entindividualisierung hat, dass er auf Juden oder sonstiges angespielt habe. Das hat er nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich bitte Sie einfach, auch der parlamentarischen Fairness wegen, nicht jemandem etwas zu unter

stellen, was er zu keiner Zeit gesagt hat. Das wollte ich am Ende auch noch loswerden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, es gibt eine Frage vom Fraktionsvorsitzenden Gallert.

Bitte.

Herr Minister, vorweg eine Bemerkung: Ich glaube schon, dass es dringend notwendig ist, eine Versachlichung und eine Rationalisierung dieser Diskussion zu erreichen.

Das sehe ich genauso.

Dazu sage ich: Sie haben ein Zitat aus dem Internet vorgelesen. Wissen Sie, man könnte viele Zitate von Polizisten über Demonstranten, über Asylbewerber, über ausländische Mitbürger vorlesen, die Emotionen hochkochen lassen würden, die hier fehl am Platze sind. Deswegen haben wir es nicht getan.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer daran zweifelt, der möge sich dazu die Protokolle aus dem Untersuchungsausschuss angucken. Diese würden die gesellschaftliche Situation genauso völlig verfälscht darstellen. Wir sind nicht Wildwest. Wir sind eines der sichersten Länder der ganzen Welt. Das trifft übrigens auch auf Polizisten zu. Das sollte man an dieser Stelle einmal sagen dürfen.

Meine Frage betrifft aber etwas anderes. Wenn Ihre Argumentation so grundsätzlich ist, wie Sie dies vorgebracht haben, dann frage ich Sie, welche Argumentation Ihre Kollegen in Brandenburg dazu geführt hat, die genau gegenteilige Auffassung zu entwickeln. Ist es dort so, dass Polizisten nach Straftaten massenhaft nicht identifiziert werden konnten? Wenn das die Argumentation in Brandenburg ist, wird sie dann auf Dauer an der Landesgrenze Halt machen? - Das ist doch nicht schlüssig.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Herr Minister, bitte.

Herr Bullerjahn.

(Heiterkeit und Zurufe)

- Herr Gallert - -

Ich kriege nicht sein Gehalt.

Ich wollte Ihnen etwas Gutes tun.

(Heiterkeit bei der CDU und bei den GRÜ- NEN)

Herr Minister, wir machen das mit der individuellen Kennzeichnung und Namensschildern demnächst auch hier im Landtag.

(Heiterkeit)

Ich habe die Beamtinnen und Beamten im Land gebeten, Namensschilder zu tragen, genauso wie in Brandenburg, damit mir so etwas nicht passiert.

Ich habe hier doch nur davon gesprochen, dass wir das bei geschlossenen Einsätzen anders wollen.

(Herr Striegel, GRÜNE: Auch da wird in Brandenburg gekennzeichnet!)