Meine Damen und Herren! Mir war es wichtig, die finanzpolitische Linie meiner Fraktion darzulegen. Generationengerechte Finanzpolitik ist für uns der richtige Weg auch für die Zukunft und auch, um das Jahr 2020 zu überstehen und unsere Gestaltungskraft schrittweise zu verbessern und zurückzugewinnen.
Deshalb bitte ich Sie, lassen Sie uns heute gemeinsam den Haushalt, das Haushaltsgesetz, das Haushaltsbegleitgesetz sowie unsere Änderungsanträge beschließen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Kollege Barthel. Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Gallert. Sie bleiben am Pult, also sind Sie einverstanden. Das hatten Sie bereits erklärt. - Bitte sehr, Herr Gallert.
Herr Barthel, ich will bezugnehmend auf Ihre Rede sagen, wenn wir wirklich über Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit reden, dann verstehe ich - ehrlich gesagt - Ihre Attacke auf die globale Minderausgabe, die Sie zu Beginn Ihrer Rede gegen uns geritten sind, nicht.
Ihr zentrales Argument war: Wenn es denn einen solchen Bodensatz oder solche Ausgabereste gibt, dann müssten diese in die Tilgung gesteckt werden. Nun wissen Sie aber - das haben Sie am Ende Ihrer Rede auch ausgeführt -, dass Sie mit dieser Position nicht einmal die eigene Koalition und die eigene Landesregierung überzeugen. Die tut das nämlich nicht.
Dazu sage ich: Gegenüber dem, was im Haushaltsplan praktiziert wird, ist unsere Variante, dies in eine globale Minderausgabe fließen zu lassen, die deutlich ehrlichere Variante. Deswegen verstehe ich - ehrlich gesagt - Ihre Attacke auf uns nicht. Punkt eins.
Punkt zwei. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit. Ich habe Sie als jemanden kennengelernt, der versucht, diese Dinge mit Blick auf den technischen Ablauf und auf die Transparenz relativ stark zu thematisieren und nach vorn zu bringen. Herr Barthel, ganz ehrlich: Diese Variante - -
fehlen werden, aber wir tun so, als würden wir das nicht wissen; denn wenn wir es wüssten, dann müssten wir dies einplanen und auch das Geld dafür bereitstellen. Deswegen schreiben wir in den Haushaltsplan, wenn Lehrer benötigt werden, dann können sie eingestellt werden, allerdings wissen wir noch nicht, womit wir sie bezahlen. Das hat doch nichts mit Haushaltswahrheit und Haushaltklarheit zu tun. Das ist doch ein Offenbarungseid. Den können Sie doch nicht ernsthaft mittragen, Herr Barthel.
Mich überrascht, dass Sie diese Zahlen offenbar genau kennen. Ich kenne sie nicht. Ich habe auch kein Papier gesehen, in dem diese schulscharfe Übersicht über Lehrerbedarfe und über die Frage, wo sind zu viele und wo sind zu wenige Lehrer, dargestellt ist.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Haben Sie einmal einen Haushaltsplan gesehen, dem eine schulscharfe Übersicht über Lehrerbedarfe beigefügt war? - Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE - Unruhe)
- Herr Gallert, ich habe doch nicht gesagt, dass die schulscharfe Übersicht Bestandteil des Haushaltsplanes werden soll. Ich habe nur gesagt, dass die Grundlage für die Entscheidung darüber, ob wir einen Lehrer einstellen, transparent sein muss.
(Zustimmung von der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Dann zeigen Sie mir einmal, wo das schon einmal passiert ist!)
(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist doch kein Verdacht! So ein Quatsch! Sie tun so, als würde es vom Himmel fallen!)
Die Frage, woher die Mittel dafür kommen, wird im Haushaltsplan beantwortet, nämlich aus den Personalverstärkungsmitteln. Dies ist ausdrücklich als Deckungsquelle angegeben. Es ist doch nicht so, dass wir gesagt haben, wir wüssten nicht, woher wir das Geld nehmen. Es gibt im Haushaltsplan eine Position genau für solche Zwecke und die wird dann herangezogen.
Wir haben übrigens auch 150 Lehrer eingestellt und haben dies im laufenden Vollzug getan. Das haben wir auch hinbekommen. Ich verstehe die Aufregung nicht, warum das im Lehrerbereich nicht gehen soll.
Ich finde die Forderung, dass wir nur dann Lehrer einstellen, wenn wir auch wissen, ob und wie viele gebraucht werden, legitim. Ich kenne die Zahlen nicht, aber es mag sein, dass Sie sie kennen.
Mit Blick auf die globale Minderausgabe möchte ich fragen, an welcher Stelle dies ehrlich ist. Ich gebe jemandem 10 Millionen €, die er verplanen kann. Er bekommt eine Ausgabeermächtigung über den kompletten Betrag. Ich sage aber gleichzeitig, dass er 1 Million € davon nicht ausgeben darf.
Sie müssen doch eines wissen: Die Ausgabeermächtigung über 10 Millionen € ist keine Ausgabeverpflichtung.
Vielmehr ist es eine Ermächtigung, mit diesem Geld sinnvolle Dinge nach dem Sparsamkeitsgrundsatz zu finanzieren.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Deswegen wissen wir, dass wir im Normalfall eine globale Min- derausgabe von 1 % ausbringen können!)
- Aber Herr Gallert, dann kann ich diesem Haus doch gleich 9 Millionen € geben anstatt 10 Millionen €. Das, was Sie sagen, macht doch überhaupt keinen Sinn. Wenn ich sage, ich gebe dir 10 Millionen € und ziehe 1 Million € ab, dann gebe ich ihm doch am besten gleich 9 Millionen €.
(Lebhafter Beifall bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Das System hat fünf Jahre funk- tioniert!)
Danke sehr, Kollege Barthel. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird der Abgeordnete Herr Meister reden.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute setzt der Landtag den Schlusspunkt unter die mehrwöchigen Haushaltsberatungen und stellt die finanzpolitischen Weichen für die nächsten zwei Jahre.
Noch vor der Einbringung des Entwurfes umwehte den Haushalt schon der Begriff vom Wohlfühlhaushalt. Ich weiß nicht, wer diesen Begriff geprägt hat; wir waren es nicht. Das ist er - insoweit dürfte vielleicht sogar Einigkeit bestehen - nun wirklich nicht geworden.
Als der Entwurf des Doppelhaushaltes im September eingebracht worden ist, hieß es, dass es geschafft sei, dass sich die Sparanstrengungen der vergangenen Jahre gelohnt hätten, dass die Finanzpolitik in Sachsen-Anhalt ab jetzt auch Wachstumspolitik sein solle und das Land jetzt
Das klingt gut und war gegenüber der Einbringung des Haushaltsplanes für das Jahr 2014 - vor einem Jahr -, der vor allem durch harte Kürzungsdebatten in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Bildung in Erinnerung geblieben war, ein überraschender Wechsel der Sichtweise.
Wir hatten schon in der ersten Lesung des Haushaltsgesetzes deutliche Skepsis geäußert und sehen uns leider bestätigt. Tatsächlich traten in den Beratungen nicht zu knapp erhebliche Finanzierungslücken auf. Die Steuerschätzung, die zwar Mehreinnahmen prognostiziert, aber eben weniger als von der Regierungsseite geplant, tat ihr Übriges.
Die größte Baustelle sind die kommunalen Finanzen. Die Anhörung im Finanzausschuss zum Entwurf zur Änderung des Finanzausgleichgesetzes und auch die Demonstrationen auf dem Domplatz haben gezeigt, dass die finanzielle Lage der Kommunen in Sachsen-Anhalt mit dem Wort angespannt noch freundlich umschrieben ist. Eine steigende Anzahl der Kommunen hat große Schwierigkeiten, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
Die Stadt Magdeburg - sie wurde vorhin als Beispiel angeführt; in der Vergangenheit waren ihre Finanzen eher einer der Lichtblicke - hat vorgestern ihren ursprünglich ausgeglichenen Haushalt 2015 um die neuen Zahlen nach dem FAG korrigiert und weist nun 17 Millionen € Miese aus. Das machen sie ja nicht, um die Landesregierung zu ärgern. Es ist auch nicht so, dass sie 17 Millionen € aus einer Rücklage nehmen kann. Sie hat es von der Eröffnungsbilanz abgezogen; denn es gibt kein großes Sparschwein, aus dem das Geld entnommen werden kann. Tilgung und Investitionen sind so nicht möglich.
Die Kommunen im Land haben erhebliche Probleme, die notwendigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, wie zum Beispiel Spielplätze, Straßen oder kommunale Immobilien, noch zu bewerkstelligen. Die Folgen sind der zunehmende öffentliche Werteverzehr - abzulesen zum Beispiel am Zustand der kommunalen Straßen -, eine sinkende kommunale Dienstleistungsqualität und schließlich ein deutlicher Anstieg der kommunalen Verschuldung.
Die Kommunen sind strukturell auf Landeszuweisungen angewiesen und haben nur eingeschränkte Möglichkeiten, auf Haushaltsdefizite mit Mehreinnahmen oder Ausgabensenkungen zu reagieren. Die derzeit vorgesehenen Zuweisungen stellen sich als nicht ausreichend dar. Viele Kommunen werden so gezwungen sein, Liquiditätskredite aufzunehmen. Eine Rückführung der kommunalen Verschuldung rückt damit in weite Ferne.
Die im Landeshaushalt vorgesehene Tilgung von Schulden wird somit letztlich durch die Inkaufnahme der zunehmenden Neuverschuldung der kommunalen Haushalte ermöglicht. Dies ist aus bündnisgrüner Sicht finanzpolitisch nicht sinnvoll.
Die Tilgung der Landesschulden ist haushaltspolitisch grundsätzlich ein sinnvolles Ziel, da die Schuldenlast unsere Spielräume langfristig einengt und zukünftige Generationen mit Aufgaben belastet, die wir hätten lösen müssen.
Aber welchen Sinn hat die Absenkung der Schulden des Landes, wenn wir gleichzeitig die Verschuldung der Kommunen über die Kassenkredite hochfahren? - Wir müssen die öffentlichen Haushalte in unserem Land in der Gesamtheit betrachten.
Wir Bündnisgrünen wollen die kommunalen Zuweisungen deshalb um knapp 60 Millionen € pro Jahr über das jetzt vorgesehene Maß hinaus erhöhen. Als Deckungsquelle dafür haben wir - vor dem Hintergrund der von mir gerade geforderten einheitlichen Betrachtung - einen großen Teil der jetzt geplanten und zum Teil zum Dogma erklärten Tilgungsbeiträge vorgesehen.
Unabhängig von den grundsätzlichen Problematiken der Kommunalfinanzen gab es diverse weitere Finanzierungslücken. Ich nenne einige prägnante: So hat sich das Finanzministerium bei der Berechnung der Finanzausgleichsmasse für die kommunalen Zuweisungen zunächst um 10 Millionen € verrechnet. Das musste die Koalition mühsam im Haushalt korrigieren.
Die Finanzierung des DDR-Heimkinderfonds sollte zunächst durch einen Zugriff auf die Rücklagen der Salus gGmbH erfolgen, was zu erheblichen Protesten führte, die letztlich die Entnahme verhinderten.
Nun bedient sich die Koalition des Ansatzes der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Ob dies eine wirklich tragbare Finanzierung ist und der dort ursprünglich bestehende Haushaltsansatz tatsächlich derart übersetzt war, darf bezweifelt werden.
Die Antwort auf eine entsprechende Nachfrage im Ausschuss - wir wollen wissen, ob dies wirklich zu hoch angesetzt ist - wirkte alles andere als überzeugend.